TE OGH 1999/11/23 4Ob288/99b

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Veröffentlicht am 23.11.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann B*****, vertreten durch Dr. Erich Proksch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Franz M*****, 2. Bruno B*****,

3. Anna B*****, alle vertreten durch Dr. Albert Feichtner und Dr. Anneliese Lindorfer, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Teilung eines Grundstückes und Abschreibung des neuen Grundstückes (Streitwert 274.500 S), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Juli 1999, GZ 1 R 103/99v-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 5. März 1999, GZ 1 Cg 160/98s-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 52.989,86 S (darin 13.250 S Barauslagen und 6.623,31 S USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17. 12. 1997, 3 Ob 12/98f, wurde in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen der nunmehrige Kläger als damaliger Beklagter schuldig erkannt, auf jenem Teil des Grundstücks 334/1, Grundbuch *****, der durch die Beilage ./A als annähernd trapezförmige Fläche durch Schraffierung gekennzeichnet ist, Bewirtschaftungshandlungen jeder Art, insbesondere das Errichten von Zäunen, die Entfernung von Stauden, Strauchwerk und jungen Bäumen sowie das Auftreiben von Vieh, bei sonstiger Exekution zu unterlassen. Der Oberste Gerichtshof begründete dieses Urteil, welches infolge Klage des jetzigen Zweitbeklagten ergangen war, rechtlich damit, dass dieser durch den Kaufvertrag vom 2. 1. 1983 und die nachfolgende Einverleibung des Eigentums auch an jenem Teil des Grundstücks 334/1 Eigentum erworben habe, auf den sich das Urteilsbegehren bezogen hatte.

Unstrittig ist, dass der Kläger Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** ("T*****-Alpe"/"A*****-Alpe") ist, zu welcher unter anderem die südlich und östlich des Grundstücks 334/1 gelegenen Grundstücke 333, 335, 336, 337/3 und das westlich davon gelegene Grundstück 337/1 gehören. Der Zweitbeklagte, vormals Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** ("W*****-Alpe im F*****") mit dem darin vorgetragenen Grundstück 334/1, hat (mit Tauschvertrag vom 1. 7. 1996 bzw mit Schenkungsvertrag und Urkunde vom 21. 7. 1997) Anteile an dieser Liegenschaft in das Eigentum des Erstbeklagten und der Drittbeklagten übertragen. Beim im Teilungsausweis des DI Heinz E***** vom 10. 4. 1998, GZl 1926/98, aufscheinenden Grundstück 334/3 handelt es sich um jenes Teilstück des Grundstücks 334/1, hinsichtlich dessen dem Unterlassungsbegehren im Verfahren 1 Cg 366/93b des Erstgerichts mit Urteil des Obersten Gerichtshof vom 17. 12. 1997, 3 Ob 12/98f, mit der Begründung stattgegeben wurde, der dortige Kläger sei Eigentümer dieser Teilfläche.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger (= Beklagter des Vorprozesses), die Beklagten (darunter auch den Kläger des Vorprozesses) schuldig zu erkennen, der Teilung des Grundstückes 334/1 in das alte Grundstück 334/1 und das neue Grundstück 334/3 laut Teilungsplan des DI Heinz E***** vom 10. 4. 1998, GZ 1926/98, und der Abschreibung des Grundstücks 334/3 vom Gutsbestand der EZ *****, im Eigentum der Beklagten, und Zuschreibung zum Gutsbestand der EZ *****, im Eigentum des Klägers, zuzustimmen. Er behauptet, auf Grund einer im vorigen Jahrhundert mit unzulänglichen Mitteln durchgeführten Grundsteuerkatastererhebung im Messtischverfahren seien die Grenzen zwischen den beiden Liegenschaften bzw Almen ungenau dargestellt und völlig willkürlich Linien von Gipfel zu Gipfel gezogen worden, die den Naturgrenzen nicht entsprächen. Tatsächlich sei eine Teilfläche des in der Mappe unrichtig dargestellten Grundstücks 334/1, Grundbuch F*****, im Ausmaß von rund 18,3 ha vom Kläger bzw seinen Rechtsvorgängern seit 200 Jahren alleine bewirtschaftet worden, während für die Beklagten bzw deren Rechtsvorgänger keine Möglichkeit der Nutzung dieser Teilfläche bestanden habe. Der Kläger sei seit jeher Eigentümer der strittigen Fläche, er habe sie durch jahrzehntelange gutgläubige Bewirtschaftung ersessen. Das im Vorprozess ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17. 12. 1997, 3 Ob 12/98f, entfalte keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit, weil darin die Frage des Eigentums nur als Vorfrage und nicht als Hauptfrage behandelt worden sei.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Im Verfahren über die vom Zweitbeklagten zu 1 Cg 366/93b des Landesgerichts Salzburg erhobene Eigentumsfreiheitsklage sei über dessen Eigentumsrecht als Vorfrage mit Rechtskraftwirkung entschieden worden. Die Rechtskraft dieses Urteils erstrecke sich auch auf den Erstbeklagten und die Drittbeklagte als Einzelrechtsnachfolger des Zweitbeklagten. Soweit der Kläger sein Klagebegehren neuerlich mit Eigentumserwerb durch Ersitzung begründe, beschränke er sich auf die Wiederholung des bereits im Vorprozess erstatteten Vorbringens, ohne nach Schluss der Verhandlung im Vorprozess neu eingetretene Tatsachen zu behaupten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab. Der vom nunmehr Zweitbeklagten im Vorprozess erhobenen Eigentumsfreiheitsklage gegen den (nunmehrigen) Kläger sei rechtskräftig stattgegeben worden. Die Eigentumsfreiheitsklage in ihrer negatorischen Form sei eine Leistungsklage, in der auch ein Feststellungsbegehren stecke. Eine Leistungsklage, mit der eine Verurteilung des Beklagten zu einer bestimmten Leistung, einem Handeln, Dulden oder Unterlassen, begehrt werde, enthalte einerseits das Feststellungsbegehren, dass der behauptete Anspruch zustehe, andererseits ein Leistungsbegehren. Dieses nicht ausdrücklich formulierte Feststellungsbegehren sei automatisch im Leistungsbegehren enthalten. Die Eigentumsfreiheitsklage setze ein Feststellungsinteresse voraus, das vom Kläger nicht gesondert behauptet werden müsse. Der Oberste Gerichtshof habe in seinem Teilurteil über das Unterlassungsbegehren daher auch das Eigentum des nunmehr Zweitbeklagten an der strittigen Fläche, auf welches in den Entscheidungsgründen ausdrücklich verwiesen worden sei, festgestellt. Da der Spruch nur selten zur Bestimmung des Rechtskraftumfangs einer Entscheidung ausreiche, seien zu dessen Auslegung die ihn tragenden Gründe heranzuziehen. Daher erstrecke sich die materielle Rechtskraft und damit die Bindungswirkung jedenfalls soweit auf die Entscheidungsgründe, als diese der Individualisierung des Urteilsspruches dienten, weil sich nur dann der Umfang der Rechtskraft bestimmen lasse. Da die Eigentumsfrage im Vorprozess mit dem eigentlichen Unterlassungsbegehren untrennbar verbunden gewesen und somit das Eigentum nicht als Vorfrage zu klären gewesen sei, liege eine rechtskräftige Entscheidung über das Eigentum an der strittigen Fläche dahin vor, dass dieses dem Zweitbeklagten gemeinsam mit seinen Einzelrechtsnachfolgern zustehe. Die Entscheidung im Vorprozess führe zur Abweisung des Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof auf Grund der besonderen Verhältnisse des Falles zulässig sei. Die objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft würden grundsätzlich durch die - hier nicht vorliegende - Identität des Anspruchs bedingt. Die materielle Rechtskraft wirke allerdings auch im Fall des "begrifflichen Gegenteils" und - lediglich als Bindungswirkung - im Falle der Präjudizialität, also dann, wenn der rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage für den neuen Anspruch sei und der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der mit der neuen Klage begehrten Rechtsfolge gehöre. Die in der Rechtsprechung vertretene und in der Lehre überwiegend abgelehnte Ansicht, selbst ohne Identität des Begehrens könne das Urteil eines Vorprozesses zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entschiedenen Gerichts führen, und zwar insbesondere dann, wenn Parteien und rechtserzeugender Inhalt identisch seien und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stünden, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben, in beiden Fällen entschiedenen Rechtsfrage nicht gestatteten, werde von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eingeschränkt. Danach reiche es nicht aus, dass eine im Vorprozess relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses sei. Bilde eine bestimmte Tatsache im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens, sondern sei sie lediglich eine Vorfrage, komme der Entscheidung dieser Vorfrage keine bindende Wirkung im folgenden Prozess zu. Ausnahmsweise eröffne ein Zwischenantrag auf Feststellung die Möglichkeit einer rechtskräftigen Feststellung von Vorfragen. Dieses Rechtsinstitut würde völlig entwertet, wollte man annehmen, dass auch die Feststellungen über eine Vorfrage im Vorprozess selbstständig rechtskräftig werden können; auch widerspräche dies § 411 ZPO. Gegenstand des Vorprozesses sei eine Eigentumsfreiheitsklage als ein Anwendungsfall der Eigentumsklage. Die Feststellung des Eigentums des Klägers erfolge im Rahmen der Eigentumsklage als Vorfrage, nicht aber als Gegenstand des Urteils. Letzteres sei nur bei Erhebung einer Eigentumsfeststellungsklage (die aber an das Vorhandensein eines Feststellungsinteresses geknüpft sei) oder durch einen im Verlaufe des Rechtsstreits gestellten Zwischenantrag auf Feststellung der Fall. Es treffe im Sinne der Argumentation des Erstgerichts durchaus zu, dass die Eigentumsfreiheitsklage als Leistungsklage ein Feststellungsbegehren enthalte, jedoch sei dies für jede Leistungsklage charakteristisch. Das Gericht habe daher in seiner Entscheidung über eine Leistungsklage einerseits festzustellen, dass und inwieweit der Anspruch des Klägers bestehe, dem Beklagten andererseits mit einem Leistungsbefehl aufzutragen, den Anspruch im festgestellten Ausmaß zu erfüllen. Da Klagebegehren und Urteilsspruch einer Leistungsklage nur den Leistungsbefehl enthielten, erfolge die Anspruchsfeststellung nur in den Entscheidungsgründen des Urteils. Die Feststellung des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses sei daher nur bedingende Vorfrage für Bestand und Umfang des Leistungsanspruchs selbst, ohne dass sie selbstständig in Rechtskraft erwächst. Zutreffend sei weiters, dass es sich bei der Eigentumsfreiheitsklage um eine sogenannte "materiellrechtliche Feststellungsklage" handle. Dies bedeute, dass der materiellrechtliche Tatbestand alle Voraussetzungen des § 228 ZPO erfülle, sodass das Feststellungsinteresse fast nie fehlen könne und daher vom Kläger nicht noch gesondert behauptet werden müsse. Allerdings habe der Zweitkläger im Vorprozess keine auf § 523 ABGB gestützte Feststellungsklage, sondern vielmehr eine Unterlassungsklage (Leistungsklage) erhoben, sodass über die Eigentumsfrage nur als Vorfrage abgesprochen worden sei. Im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 17. 12. 1997, 3 Ob 12/98f, sei deshalb auch nicht mit Bindungswirkung über das Eigentum an der strittigen Fläche entschieden worden. Auch eine Frage der Auslegung des im Vorprozess ergangenen Spruchs anhand der Entscheidungsgründe liege nicht vor. Selbst wenn sich aus den Entscheidungsgründen des im Vorprozess ergangenen Urteils ergebe, dass vom Eigentum des Zweitbeklagten an der strittigen Fläche ausgegangen worden sei, ändere dies nichts daran, dass die Eigentumsfrage nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung für das nunmehr vorliegende Verfahren entschieden worden sei. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des nunmehr geltend gemachten Anspruchs nach Aufnahme der dazu angebotenen Beweise selbstständig zu prüfen haben.Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof auf Grund der besonderen Verhältnisse des Falles zulässig sei. Die objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft würden grundsätzlich durch die - hier nicht vorliegende - Identität des Anspruchs bedingt. Die materielle Rechtskraft wirke allerdings auch im Fall des "begrifflichen Gegenteils" und - lediglich als Bindungswirkung - im Falle der Präjudizialität, also dann, wenn der rechtskräftig entschiedene Anspruch Vorfrage für den neuen Anspruch sei und der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der mit der neuen Klage begehrten Rechtsfolge gehöre. Die in der Rechtsprechung vertretene und in der Lehre überwiegend abgelehnte Ansicht, selbst ohne Identität des Begehrens könne das Urteil eines Vorprozesses zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur inhaltlichen Bindung des später entschiedenen Gerichts führen, und zwar insbesondere dann, wenn Parteien und rechtserzeugender Inhalt identisch seien und beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang stünden, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben, in beiden Fällen entschiedenen Rechtsfrage nicht gestatteten, werde von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eingeschränkt. Danach reiche es nicht aus, dass eine im Vorprozess relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses sei. Bilde eine bestimmte Tatsache im Vorprozess nicht den Hauptgegenstand des Verfahrens, sondern sei sie lediglich eine Vorfrage, komme der Entscheidung dieser Vorfrage keine bindende Wirkung im folgenden Prozess zu. Ausnahmsweise eröffne ein Zwischenantrag auf Feststellung die Möglichkeit einer rechtskräftigen Feststellung von Vorfragen. Dieses Rechtsinstitut würde völlig entwertet, wollte man annehmen, dass auch die Feststellungen über eine Vorfrage im Vorprozess selbstständig rechtskräftig werden können; auch widerspräche dies Paragraph 411, ZPO. Gegenstand des Vorprozesses sei eine Eigentumsfreiheitsklage als ein Anwendungsfall der Eigentumsklage. Die Feststellung des Eigentums des Klägers erfolge im Rahmen der Eigentumsklage als Vorfrage, nicht aber als Gegenstand des Urteils. Letzteres sei nur bei Erhebung einer Eigentumsfeststellungsklage (die aber an das Vorhandensein eines Feststellungsinteresses geknüpft sei) oder durch einen im Verlaufe des Rechtsstreits gestellten Zwischenantrag auf Feststellung der Fall. Es treffe im Sinne der Argumentation des Erstgerichts durchaus zu, dass die Eigentumsfreiheitsklage als Leistungsklage ein Feststellungsbegehren enthalte, jedoch sei dies für jede Leistungsklage charakteristisch. Das Gericht habe daher in seiner Entscheidung über eine Leistungsklage einerseits festzustellen, dass und inwieweit der Anspruch des Klägers bestehe, dem Beklagten andererseits mit einem Leistungsbefehl aufzutragen, den Anspruch im festgestellten Ausmaß zu erfüllen. Da Klagebegehren und Urteilsspruch einer Leistungsklage nur den Leistungsbefehl enthielten, erfolge die Anspruchsfeststellung nur in den Entscheidungsgründen des Urteils. Die Feststellung des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses sei daher nur bedingende Vorfrage für Bestand und Umfang des Leistungsanspruchs selbst, ohne dass sie selbstständig in Rechtskraft erwächst. Zutreffend sei weiters, dass es sich bei der Eigentumsfreiheitsklage um eine sogenannte "materiellrechtliche Feststellungsklage" handle. Dies bedeute, dass der materiellrechtliche Tatbestand alle Voraussetzungen des Paragraph 228, ZPO erfülle, sodass das Feststellungsinteresse fast nie fehlen könne und daher vom Kläger nicht noch gesondert behauptet werden müsse. Allerdings habe der Zweitkläger im Vorprozess keine auf Paragraph 523, ABGB gestützte Feststellungsklage, sondern vielmehr eine Unterlassungsklage (Leistungsklage) erhoben, sodass über die Eigentumsfrage nur als Vorfrage abgesprochen worden sei. Im Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 17. 12. 1997, 3 Ob 12/98f, sei deshalb auch nicht mit Bindungswirkung über das Eigentum an der strittigen Fläche entschieden worden. Auch eine Frage der Auslegung des im Vorprozess ergangenen Spruchs anhand der Entscheidungsgründe liege nicht vor. Selbst wenn sich aus den Entscheidungsgründen des im Vorprozess ergangenen Urteils ergebe, dass vom Eigentum des Zweitbeklagten an der strittigen Fläche ausgegangen worden sei, ändere dies nichts daran, dass die Eigentumsfrage nur als Vorfrage ohne Bindungswirkung für das nunmehr vorliegende Verfahren entschieden worden sei. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des nunmehr geltend gemachten Anspruchs nach Aufnahme der dazu angebotenen Beweise selbstständig zu prüfen haben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Berufungsgericht den Umfang der Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils zu eng beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Die Beklagten vertreten die Ansicht, im Verfahren über eine Eigentumsfreiheitsklage könne die Prüfung des Eigentumsrechts des Klägers keine vom Hauptbegehren auf Unterlassung eigentumsbeschränkender Handlungen zu trennende Vorfrage sein; ein dort ergangenes Urteil sei daher, soweit es über die Eigentumsfrage abspreche, auch in Folgeprozessen zwischen denselben Parteien bindend. Dem ist im Ergebnis zuzustimmen.

Das Berufungsgericht hat die in Lehre und Rechtsprechung zur Bindungswirkung von gerichtlichen Entscheidungen vertretenen Positionen grundsätzlich richtig wiedergegeben. Die Rechtsprechung bejaht demnach eine Bindungswirkung an die Vorentscheidung, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher Qualifikation) gegeben sind, aber anstelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschieden Anspruchs bedeutet (SZ 68/103; SZ 68/2 = JBl 1995, 458 [Oberhammer]; 4 Ob 132/98k ua; vgl Fasching, Lehrbuch2 Rz 1518).Das Berufungsgericht hat die in Lehre und Rechtsprechung zur Bindungswirkung von gerichtlichen Entscheidungen vertretenen Positionen grundsätzlich richtig wiedergegeben. Die Rechtsprechung bejaht demnach eine Bindungswirkung an die Vorentscheidung, wenn sowohl die Identität der Parteien als auch des rechtserzeugenden Sachverhalts (verbunden mit notwendig gleicher Qualifikation) gegeben sind, aber anstelle der inhaltlichen und wörtlichen Identität der Begehren ein im Gesetz gegründeter Sachzusammenhang zwischen beiden Begehren besteht. Ein solcher ist anzunehmen, wenn die Entscheidung über den neuen Anspruch vom Inhalt der bereits rechtskräftig entschiedenen Streitsache abhängig ist (Präjudizialität der rechtskräftigen Entscheidung) oder wenn das Begehren das begriffliche Gegenteil des rechtskräftig entschieden Anspruchs bedeutet (SZ 68/103; SZ 68/2 = JBl 1995, 458 [Oberhammer]; 4 Ob 132/98k ua; vergleiche Fasching, Lehrbuch2 Rz 1518).

Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, sind Entscheidungselemente, wie die Tatsachenfeststellungen, für sich allein (isoliert) nicht rechtskraftfähig (RdW 1996, 475 = ecolex 1996, 600; JBl 1995, 458; Fasching, LB2 Rz 1520; Rechberger/Simotta, ZPO4 Rz 701; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 10 zu § 411). Auf die Entscheidungsgründe und damit die Tatsachenfeststellungen erstreckt sich die materielle Rechtskraft aber (jedenfalls) so weit, als diese der Individualisierung des Urteilsspruchs dienen (verst Senat SZ 70/60 mwN = JBl 1997, 368 [373] = ecolex 1997, 422 [Oberhammer]; NZ 1998, 242), nach - zutreffender - Ansicht des zweiten Senates genauer: als diese zur Individualisierung des Spruches der Entscheidung notwendig und damit entscheidungswesentlich sind (EvBl 1999/16 = RdW 1998, 912 mN aus der deutschen Lehre bei vergleichbarer Rechtslage). Zu fragen ist daher, inwieweit die Feststellung des Eigentums des dortigen Klägers (nunmehr Zweitbeklagten) am strittigen Liegenschaftsteil im Vorprozess für die dort getroffene Entscheidung wesentlich und zur Individualisierung ihres Spruchs notwendig war. Ob die Eigentumsfrage als Vor- oder Hauptfrage im Vorprozess behandelt worden ist (worauf Berufungsgericht und Kläger den Schwerpunkt ihrer Argumentation richten), ist in diesem Zusammenhang hingegen ohne Bedeutung.Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, sind Entscheidungselemente, wie die Tatsachenfeststellungen, für sich allein (isoliert) nicht rechtskraftfähig (RdW 1996, 475 = ecolex 1996, 600; JBl 1995, 458; Fasching, LB2 Rz 1520; Rechberger/Simotta, ZPO4 Rz 701; Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 10 zu Paragraph 411,). Auf die Entscheidungsgründe und damit die Tatsachenfeststellungen erstreckt sich die materielle Rechtskraft aber (jedenfalls) so weit, als diese der Individualisierung des Urteilsspruchs dienen (verst Senat SZ 70/60 mwN = JBl 1997, 368 [373] = ecolex 1997, 422 [Oberhammer]; NZ 1998, 242), nach - zutreffender - Ansicht des zweiten Senates genauer: als diese zur Individualisierung des Spruches der Entscheidung notwendig und damit entscheidungswesentlich sind (EvBl 1999/16 = RdW 1998, 912 mN aus der deutschen Lehre bei vergleichbarer Rechtslage). Zu fragen ist daher, inwieweit die Feststellung des Eigentums des dortigen Klägers (nunmehr Zweitbeklagten) am strittigen Liegenschaftsteil im Vorprozess für die dort getroffene Entscheidung wesentlich und zur Individualisierung ihres Spruchs notwendig war. Ob die Eigentumsfrage als Vor- oder Hauptfrage im Vorprozess behandelt worden ist (worauf Berufungsgericht und Kläger den Schwerpunkt ihrer Argumentation richten), ist in diesem Zusammenhang hingegen ohne Bedeutung.

Der Zweitbeklagte hat als Kläger im Vorprozess sein Unterlassungsbegehren inhaltlich - ohne sich freilich ausdrücklich darauf zu stützen - als Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria) iSd § 523 ABGB darauf gegründet, daß der dortige Beklagte (und nunmehrige Kläger) durch Bewirtschaftungshandlungen in das Eigentum des Klägers an Teilen eines durch Kaufvertrag erworbenen Grundstücks eingreife. Solche Unterlassungsansprüche, deren Voraussetzungen dem materiellen Recht angehören, können ua aus der Beeinträchtigung eines absolut wirkenden Rechts wie des Eigentumsrechts abgeleitet werden (SZ 69/187; JBl 1996, 454 mwN; SZ 64/137 ua). Denknotwendige Voraussetzung für die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens ist dann, soweit sich die Klage auf Teile eines im bücherlichen Eigentum des Klägers stehendes Grundstück bezieht, das Eigentumsrecht des Klägers: Der Klage kann nur dann Erfolg beschieden sein, wenn der Kläger das Eigentumsrecht an den vom Beklagten bewirtschafteten Grundstücksteilen erworben hat. Dabei trifft die Kläger die Beweislast für das verletzte Eigentumsrecht (SZ 69/187; SZ 63/73 = JBl 1991, 446 [Hoyer und Pfersmann] = EvBl 1990/141; Petrasch in Rummel, ABGB2 § 523 Rz 10 mwN) und den Eingriff (Petrasch aaO § 523 ABGB Rz 10 mwN; Klang in Klang2 II 604), den Beklagten für das Vorliegen rechtfertigender Gründe für den Eingriff (im Vorprozess:Der Zweitbeklagte hat als Kläger im Vorprozess sein Unterlassungsbegehren inhaltlich - ohne sich freilich ausdrücklich darauf zu stützen - als Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria) iSd Paragraph 523, ABGB darauf gegründet, daß der dortige Beklagte (und nunmehrige Kläger) durch Bewirtschaftungshandlungen in das Eigentum des Klägers an Teilen eines durch Kaufvertrag erworbenen Grundstücks eingreife. Solche Unterlassungsansprüche, deren Voraussetzungen dem materiellen Recht angehören, können ua aus der Beeinträchtigung eines absolut wirkenden Rechts wie des Eigentumsrechts abgeleitet werden (SZ 69/187; JBl 1996, 454 mwN; SZ 64/137 ua). Denknotwendige Voraussetzung für die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens ist dann, soweit sich die Klage auf Teile eines im bücherlichen Eigentum des Klägers stehendes Grundstück bezieht, das Eigentumsrecht des Klägers: Der Klage kann nur dann Erfolg beschieden sein, wenn der Kläger das Eigentumsrecht an den vom Beklagten bewirtschafteten Grundstücksteilen erworben hat. Dabei trifft die Kläger die Beweislast für das verletzte Eigentumsrecht (SZ 69/187; SZ 63/73 = JBl 1991, 446 [Hoyer und Pfersmann] = EvBl 1990/141; Petrasch in Rummel, ABGB2 Paragraph 523, Rz 10 mwN) und den Eingriff (Petrasch aaO Paragraph 523, ABGB Rz 10 mwN; Klang in Klang2 römisch II 604), den Beklagten für das Vorliegen rechtfertigender Gründe für den Eingriff (im Vorprozess:

das vom Beklagten behauptete Ersitzungseigentum; Petrasch aaO).

Daraus folgt, dass die klagestattgebende Entscheidung im Vorprozess notwendig und entscheidungswesentlich auf der Feststellung des Eigentums des Klägers an den strittigen Grundstücksteilen gründet, ohne die sie nicht denkbar wäre. Diese Feststellung ist damit ein der Individualisierung des Urteilsspruchs dienendes wesentliches Entscheidungselement iSd oben zitierten Rsp, auf das sich demnach auch die Rechtskraft der Entscheidung erstreckt. Nach ihren subjektiven Grenzen erfassen die Wirkungen der materiellen Rechtskraft neben den Prozessparteien auch deren Rechtsnachfolger (SZ 70/60 mwN). Das im Vorprozess rechtskräftig festgestellte Eigentum des dortigen Klägers und nunmehrigen Zweitbeklagten am strittigen Liegenschaftsteil steht demnach der hier geltend gemachten Klage auf (Teilung, Ab- und) Zuschreibung desselben Liegenschaftsteils zu einem Grundstück des im Vorprozess unterlegenen Beklagten und nunmehrigen Klägers entgegen.

Soweit der Entscheidung 9 ObA 205/98g = JBl 1999, 675 eine gegenteilige Rechtsauffassung zugrundeliegt, vermag dem der erkennenden Senat nicht zu folgen.

Da es somit der vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltenen Verfahrensergänzung nicht bedarf, war in der Sache selbst dahin zu entscheiden, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird (§ 519 Abs 2 letzter Satz ZPO).Da es somit der vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltenen Verfahrensergänzung nicht bedarf, war in der Sache selbst dahin zu entscheiden, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird (Paragraph 519, Absatz 2, letzter Satz ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 41, Absatz eins,, 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E56040 04A02889

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00288.99B.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19991123_OGH0002_0040OB00288_99B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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