TE OGH 1999/11/23 7Ob296/99a

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Veröffentlicht am 23.11.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Georg Gorton und Dr. Birgit Gorton, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Walter R*****, vertreten durch Dr. Rudolf Pototschnig und Dr. Hans Winkler, Rechtsanwälte in Villach, wegen S 1,000.000 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 15. September 1999, GZ 2 R 117/99i-15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Inanspruchnahme einer Garantie, die befristet ist, bedarf zu

ihrer Wirksamkeit durch Fristwahrung des Zuganges beim Garanten (=

Beklagten; SZ 59/217; ÖBA 1988, 601/90 = RdW 1988, 160; ÖBA 1997,

191/603); sie muss, um rechtzeitig beansprucht zu sein, also vor Fristablauf dem Garanten zugekommen sein (RIS-Justiz RS0014108).

Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen kann zwar noch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte den Empfang des Schreibens (Einschreibebrief) der klägerischen Bank auf Abruf der bis 31. 12. 1997 befristeten Garantiehaftung absichtlich (wider Treu und Glauben) - indem er sich der Zustellung entzog - verhinderte. In solchen Fällen entspricht es der Rechtsprechung, dass die Zustellung als in jenem Zeitpunkt wirksam angesehen wird, in dem sie dem Empfänger unter gewönlichen Umständen zugegangen wäre (SZ 36/118, 68/85, 70/89, 70/238). Der Oberste Gerichtshof hat jedoch auch in Fällen, in denen ein Adressat (bloß) im Besonderen aber dann, wenn sich eine solche Verpflichtung schon aus dem Vertrag ergibt mit dem Einlangen eines an ihn richtig adressierten Schreibens rechnen musste, die Verpflichtung eines solcher Art Betroffenen, für die ordnungsgemäße Möglichkeit des Zuganges solcher rechtsgeschäftlicher Erklärungen vorzusorgen, durchaus bejaht (EvBl 1995/43; SZ 70/89, 70/238; 9 ObA 124/97v, 9 ObA 349/98h). In derartigen Fällen muss es - im Sinne der Empfangstheorie - genügen, wenn die Willenserklärung in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, selbst wenn sie dieser persönlich nicht erhalten hat, aber die Möglichkeit bestand, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen (SZ 53/28; RS0014071).

Im vorliegenden Fall musste der Beklagte, der ja auch Geschäftsführer der Kreditnehmerin war, für deren Besicherung er die verfahrensgegenständliche Garantie übernommen hatte, nicht nur wegen der ihm aus dieser Stellung bekannten Zahlungssäumigkeit der Schuldnerin (die im Übrigen bereits ein Monat später zur Konkurseröffnung führte), sondern auch auf Grund des Schreibens der klagenden Partei vom 2. 12. 1997, in dem ausdrücklich auf den Zeitablauf der Garantieerklärung und die mögliche Neuausstellung einer um ein Jahr verlängerten Bezug genommen worden war (Blg./B), mit dem unmittelbar bevorstehenden Abruf dieser Garantie für den Fall, dass er die neue Urkunde nicht unterfertigen würde, rechnen. Wenn er daher dessen ungeachtet nur kurze Zeit später, nämlich am Wochenende vor Weihnachten (also zum 20./21. 12.) 1997 aus ausschließlich privat motivierten Gründen (Besuch der Tochter) von seiner Wohn- und Zustelladresse in Kärnten nach Wien fuhr, sodass das am 19. 12. 1997 (somit fristgerecht) von der Klägerin abgeschickte und am 23. 12. 1997 (ebenfalls fristgerecht) beim Postamt hinterlegte Schreiben von ihm nicht bereits vor, sondern erst nach dem Jahreswechsel behoben wurde, dann hat der Beklagte tatsächlich im Sinne der wiedergegebenen Judikatur grundsätzlich nicht pflichtgemäß gehandelt. Dazu kommt, dass nach Punkt 12. der dem Beklagten bekannten Garantiebedingungen schriftliche Erklärungen der klagenden Partei als "nach dem gewöhnlichen Postlauf zugegangen gelten, wenn sie an die angegebene Adresse abgesandt worden sind", weil er der Klägerin ja seither nie eine andere Adresse als eben jene in Kärnten (schriftlich) mitgeteilt hatte. Die Vorgangsweise der klagenden Partei entsprach dieser Vereinbarung sowie den vereinbarten Formerfordernissen (§ 884 ABGB), wodurch aber die Erklärung noch fristgerecht in die persönliche Sphäre (den Machtbereich) des anderen Teiles gelangte und damit auch rechtswirksam wurde. Bereits in der Entscheidung SZ 44/1 = JBl 1971, 485 (zustimmend besprochen von Spielbüchler) hat der Oberste Gerichtshof es für durchaus rechtens erachtet, dass ein Hinauszögern der Abholung eines hinterlegten Poststückes unter Umständen (ebenfalls) eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten darstellen könne; eine derartige Rechtsfolgenqualifikation kann nach den wiedergegebenen Prämissen auch für die hier zu beurteilende Fallkonstellation angenommen werden.Im vorliegenden Fall musste der Beklagte, der ja auch Geschäftsführer der Kreditnehmerin war, für deren Besicherung er die verfahrensgegenständliche Garantie übernommen hatte, nicht nur wegen der ihm aus dieser Stellung bekannten Zahlungssäumigkeit der Schuldnerin (die im Übrigen bereits ein Monat später zur Konkurseröffnung führte), sondern auch auf Grund des Schreibens der klagenden Partei vom 2. 12. 1997, in dem ausdrücklich auf den Zeitablauf der Garantieerklärung und die mögliche Neuausstellung einer um ein Jahr verlängerten Bezug genommen worden war (Blg./B), mit dem unmittelbar bevorstehenden Abruf dieser Garantie für den Fall, dass er die neue Urkunde nicht unterfertigen würde, rechnen. Wenn er daher dessen ungeachtet nur kurze Zeit später, nämlich am Wochenende vor Weihnachten (also zum 20./21. 12.) 1997 aus ausschließlich privat motivierten Gründen (Besuch der Tochter) von seiner Wohn- und Zustelladresse in Kärnten nach Wien fuhr, sodass das am 19. 12. 1997 (somit fristgerecht) von der Klägerin abgeschickte und am 23. 12. 1997 (ebenfalls fristgerecht) beim Postamt hinterlegte Schreiben von ihm nicht bereits vor, sondern erst nach dem Jahreswechsel behoben wurde, dann hat der Beklagte tatsächlich im Sinne der wiedergegebenen Judikatur grundsätzlich nicht pflichtgemäß gehandelt. Dazu kommt, dass nach Punkt 12. der dem Beklagten bekannten Garantiebedingungen schriftliche Erklärungen der klagenden Partei als "nach dem gewöhnlichen Postlauf zugegangen gelten, wenn sie an die angegebene Adresse abgesandt worden sind", weil er der Klägerin ja seither nie eine andere Adresse als eben jene in Kärnten (schriftlich) mitgeteilt hatte. Die Vorgangsweise der klagenden Partei entsprach dieser Vereinbarung sowie den vereinbarten Formerfordernissen (Paragraph 884, ABGB), wodurch aber die Erklärung noch fristgerecht in die persönliche Sphäre (den Machtbereich) des anderen Teiles gelangte und damit auch rechtswirksam wurde. Bereits in der Entscheidung SZ 44/1 = JBl 1971, 485 (zustimmend besprochen von Spielbüchler) hat der Oberste Gerichtshof es für durchaus rechtens erachtet, dass ein Hinauszögern der Abholung eines hinterlegten Poststückes unter Umständen (ebenfalls) eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten darstellen könne; eine derartige Rechtsfolgenqualifikation kann nach den wiedergegebenen Prämissen auch für die hier zu beurteilende Fallkonstellation angenommen werden.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang; von einem Abweichen anerkannter Judikaturgrundsätze kann keine Rede sein. Für die Beurteilung, ob objektiv mit der Kenntnisnahme durch den Empfänger gerechnet werden konnte, sind überdies die Umstände des Einzelfalles maßgebend (RS0014089). Über einen solchen Einzelfall geht die vorliegende Entscheidung nicht hinaus.

2. Soweit der Beklagte in seiner Revision - erstmalig - darauf verweist, bereits im Dezember 1997 "Privater" gewesen zu sein, sodass ihm gegenüber das KSchG zur Anwendung gelange und daher dessen § 6 Abs 1 Z 3 leg cit zu beachten gewesen wäre, ist entgegenzuhalten, dass derjenige, der den Schutz dieses Gesetzes für sich in Anspruch nehmen will, behaupten und beweisen muss, dass die Voraussetzungen für diesen Schutz gegeben sind, sofern sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ganz klar aus den Umständen ergibt (RS0065264; SZ 55/51; zuletzt 1 Ob 277/98m; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG Rz 12 zu § 1). Hievon kann nach der maßgeblichen Aktenlage nicht ausgegangen werden, zumal er die Garantie ja als GmbH-Geschäftsführer übernommen hatte. Ein KSchG-relevantes, auf seine Verbranchereigenschaft hinweisendes Vorbringen wurde bis Schluss der Verhandlung erster Instanz nicht erstattet, sodass es sich beim erstmals in der Revision hiezu Vorgetragenen um eine unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung handelt. Im Übrigen handelt es sich bei der hier von der klagenden Partei für ihr Schreiben benützten Anschrift des Beklagten ohnedies um dessen zuletzt bekanntgegebene Adresse, deren Änderung ihr gegenüber nie bekanntgegeben worden war.2. Soweit der Beklagte in seiner Revision - erstmalig - darauf verweist, bereits im Dezember 1997 "Privater" gewesen zu sein, sodass ihm gegenüber das KSchG zur Anwendung gelange und daher dessen Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 3, leg cit zu beachten gewesen wäre, ist entgegenzuhalten, dass derjenige, der den Schutz dieses Gesetzes für sich in Anspruch nehmen will, behaupten und beweisen muss, dass die Voraussetzungen für diesen Schutz gegeben sind, sofern sich die Eigenschaft als Verbraucher nicht ganz klar aus den Umständen ergibt (RS0065264; SZ 55/51; zuletzt 1 Ob 277/98m; Kosesnik-Wehrle/Lehofer/Mayer, KSchG Rz 12 zu Paragraph eins,). Hievon kann nach der maßgeblichen Aktenlage nicht ausgegangen werden, zumal er die Garantie ja als GmbH-Geschäftsführer übernommen hatte. Ein KSchG-relevantes, auf seine Verbranchereigenschaft hinweisendes Vorbringen wurde bis Schluss der Verhandlung erster Instanz nicht erstattet, sodass es sich beim erstmals in der Revision hiezu Vorgetragenen um eine unzulässige und damit unbeachtliche Neuerung handelt. Im Übrigen handelt es sich bei der hier von der klagenden Partei für ihr Schreiben benützten Anschrift des Beklagten ohnedies um dessen zuletzt bekanntgegebene Adresse, deren Änderung ihr gegenüber nie bekanntgegeben worden war.

3. Soweit schließlich als Verfahrensmangel (mit dem Gewicht einer Nichtigkeit) gerügt wird, dass das Erstgericht dem geladenen Zeugen (und Steuerberater) Mag. K***** ein Entschlagungsrecht zuerkannt habe, obwohl diesem ein vollständiges Aussageverweigerungsrecht nicht zugekommen wäre, ist zu entgegnen, dass ein derartiger Verfahrensmangel in der Berufung (die ausschließlich unrichtige rechtliche Beurteilung releviert hatte) nicht gerügt worden war. In der Berufung nicht geltend gemachte Verfahrensmängel des Verfahrens erster Instanz können aber nicht mit Erfolg in der Revision (erstmals) geltend gemacht werden (RS0043111). Selbst Nichtigkeiten, die im erstinstanzlichen Verfahren (angeblich) unterlaufen sind, können im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden, weil auch eine solche nicht im Berufungsverfahren gerügt wurde (RS0042925), wobei vorliegendenfalls der Revisionswerber selbst nicht einmal schlüssig zu behaupten vermag, welcher Nichtigkeitsgrund (im Sinne des § 477 ZPO) erfüllt sein soll. Schließlich hat er in der Streitverhandlung vom 10. 2. 1999 der Berufung des genannten Zeugen auf seine "Berufsverschwiegenheit" ohne weitere Fragestellung auch gar nicht widersprochen (ON 10).3. Soweit schließlich als Verfahrensmangel (mit dem Gewicht einer Nichtigkeit) gerügt wird, dass das Erstgericht dem geladenen Zeugen (und Steuerberater) Mag. K***** ein Entschlagungsrecht zuerkannt habe, obwohl diesem ein vollständiges Aussageverweigerungsrecht nicht zugekommen wäre, ist zu entgegnen, dass ein derartiger Verfahrensmangel in der Berufung (die ausschließlich unrichtige rechtliche Beurteilung releviert hatte) nicht gerügt worden war. In der Berufung nicht geltend gemachte Verfahrensmängel des Verfahrens erster Instanz können aber nicht mit Erfolg in der Revision (erstmals) geltend gemacht werden (RS0043111). Selbst Nichtigkeiten, die im erstinstanzlichen Verfahren (angeblich) unterlaufen sind, können im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden, weil auch eine solche nicht im Berufungsverfahren gerügt wurde (RS0042925), wobei vorliegendenfalls der Revisionswerber selbst nicht einmal schlüssig zu behaupten vermag, welcher Nichtigkeitsgrund (im Sinne des Paragraph 477, ZPO) erfüllt sein soll. Schließlich hat er in der Streitverhandlung vom 10. 2. 1999 der Berufung des genannten Zeugen auf seine "Berufsverschwiegenheit" ohne weitere Fragestellung auch gar nicht widersprochen (ON 10).

Anmerkung

E56177 07A02969

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00296.99A.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19991123_OGH0002_0070OB00296_99A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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