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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher und Dr. Berger und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde der S in W, geboren 1965, vertreten durch Mag. Udo Hansmann, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 40, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 27. Juli 2005, Zl. 260.337/0-IV/44/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine chinesischer Staatsangehörige, reiste am 17. November 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am 24. Februar 2004 einen näher begründeten Asylantrag, zu dem sie vom Bundesasylamt am 15. März 2004 vernommen wurde.
Das Bundesasylamt wies diesen Asylantrag mit Bescheid vom 22. April 2005 gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 - AsylG ab (Spruchpunkt I.). Weiters stellte es gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin "nach VR - China" fest (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen - angefochtenen Bescheid vom 27. Juli 2005 gemäß "§§ 7, 8 (1) und 8 (2) AsylG" ab. Zur Begründung verwies sie zunächst auf die für zutreffend erachteten Ausführungen des Bundesasylamtes, wonach das Vorbringen der Beschwerdeführerin aufgrund näher dargestellter Plausibilitätsüberlegungen nicht glaubwürdig sei. Ergänzend begründete sie die Abweisung des Asylantrages noch damit, dass der behauptete Ausreisegrund der Beschwerdeführerin, sich den Forderungen ihrer Gläubiger zu entziehen, auch im Falle der Wahrunterstellung in keinem Zusammenhang mit einem der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe stehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Beschwerdeführerin machte zur Begründung ihres Asylantrages (auf das Wesentliche zusammengefasst) nur ihre wirtschaftlich triste Situation nach der - wegen Nichtzahlung einer Geldstrafe vorgenommenen - behördlichen Beschlagnahme ihres Restaurantbetriebes im April 2000 geltend. Da sie die bei Freunden aufgenommenen Kredite nicht mehr habe zurückzahlen können, habe sie im November 2003 China verlassen, um den andrängenden Gläubigern zu entkommen.
Der belangten Behörde ist dahin zuzustimmen, dass sich dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Ausreisegründen keine Behauptungen einer - die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv begründenden - asylrelevanten Verfolgung von ausreichender Intensität entnehmen lassen. Bei den diesbezügliche Beschwerdeausführungen wird außer Acht gelassen, dass die Beschwerdeführerin keine Bedrohungen behauptete, sondern lediglich einen einzigen tätlichen Übergriff eines Gläubigers erwähnte, der sie im Juli 2000 - somit mehr als drei Jahre vor der Ausreise - geschlagen habe, wobei sie die erlittene Verletzung (Nasenbluten) weder zu einem Arztbesuch noch zu einer polizeilichen Anzeige veranlasst habe. Im Übrigen gelingt es auch der Beschwerde nicht, einen möglichen Zusammenhang mit einem Konventionsgrund aufzuzeigen (vgl. zu einer ähnlichen Sachverhaltskonstellation das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2005/20/0551, mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 31. Mai 2006, Zl. 2004/20/0474).
Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde - entgegen der Beschwerdemeinung - auch von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen, ohne dadurch einen wesentlichen Verfahrensmangel zu begründen (vgl. zur Verhandlungspflicht bei einem in der Berufung gestellten diesbezüglichen Antrag grundlegend das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2003, Zl. 2002/20/0533). In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde auch noch zutreffend darauf hingewiesen, dass den in der Berufung zitierten Berichtsteilen keine fallbezogene Relevanz zukommt.
Dass sich in der Beschwerde letztlich auch angesprochene Fragen nach den Folgen einer illegalen Ausreise bei einer Rückkehr der Beschwerdeführerin nach China im vorliegenden Fall stellen könnten, ist angesichts der mit dem eigenen Reisepass (per Flugzeug von Peking nach Paris) vorgenommenen Ausreise der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich.
Die Beschwerde vermag daher insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des Bescheides des Bundesasylamtes richtet, keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, ohne dass es auf - in der Beschwerde im Übrigen nicht berührte - Gesichtspunkte der Glaubwürdigkeit des Vorbringens ankommt.
Mit Rechtswidrigkeit belastet ist hingegen der im Bescheid des Bundesasylamtes vorgenommene Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG über die Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet". Diesbezüglich wurde nämlich verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere unter Bedachtnahme auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 23. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005200580.X00Im RIS seit
24.01.2007