TE OGH 1999/11/23 7Ob258/99p

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Veröffentlicht am 23.11.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Martin B*****, über dessen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 23. August 1999, GZ 1 Nc 21/99b-1, womit die Ablehnung sämtlicher Richter des Landesgerichtes Feldkirch als nicht gerechtfertigt zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Beim Bezirksgericht Bregenz ist zur GZ 7 P 760/98p ein Sachwalterschaftsverfahren betreffend Martin B***** anhängig. In einer Eingabe vom 2. 8. 1999, ON 27, führte der Betroffene unter anderem aus, infolge einer Information des Dr. S***** vom 24. 3. 1993 liege hinsichtlich des Bezirksgerichtes Bregenz und des Landesgerichtes Feldkirch "intensive Befangenheit vor, sodass durch das BG Bregenz etc keinerlei wirksame Besorgung oder Durchführung hinsichtlich meiner Agenden erfolgen kann". Das erwähnte - an ihn und Klaus B***** adressierte - Schreiben des Rechtsanwalts Dr. Ingobert S***** vom 24. 3. 1993 hatte der Betroffene schon einer Eingabe an das Bezirksgericht Bregenz vom 17. 5. 1999, ON 21, beigeschlossen. In diesem Schreiben wird ua ausgeführt: "Im übrigen möchte ich Ihnen zur Kenntnis bringen, dass ich kürzlich ein privates Gespräch mit einem Vorarlberger Richter geführt habe; dieser brachte mir sinngemäß zur Kenntnis, dass meine Bemühungen in Ihrer Sache vom Inhalt her zwar sehr geschätzt würden, doch könne man denselben nicht entsprechen, weil Sie "von der Zeit eingeholt worden seien"; es könne sich in Vorarlberg kein Richter mehr leisten, Sie in Ihrem "Amoklauf gegen den Zeitgeist" zu unterstützen". Zur Begründung "voller Befangenheit" bezog sich der Betroffene in seiner Eingabe ON 27 weiters auf ein in Kopie beigeschlossenes Schreiben des Rechtsanwalts Dr. J***** vom 4. 10. 1967, in dem es heißt: "Es kommt ja ohnehin nur ein Sachverständiger in Betracht, der nicht im Lande Vorarlberg ansässig ist, weil infolge des überragenden Einflusses der Stadtgemeinde B*****, Zweifel in die Unbefangenheit eines Vorarlberger Sachverständigen sich leicht einstellen könnten".

Das Bezirksgericht Bregenz legte den Akt zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen seine Richter dem Landesgericht Feldkirch vor, das ihn gemäß § 23 JN zur Entscheidung über seine Ablehnung dem Oberlandesgericht Innsbruck vorlegte.Das Bezirksgericht Bregenz legte den Akt zur Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen seine Richter dem Landesgericht Feldkirch vor, das ihn gemäß Paragraph 23, JN zur Entscheidung über seine Ablehnung dem Oberlandesgericht Innsbruck vorlegte.

Dieses wies die Ablehnung aller Richter des Landesgerichts Feldkirch als nicht gerechtfertigt zurück. Die Ablehnung eines ganzes Gerichtes könne grundsätzlich nur durch die Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter, konkreter Ablehnungsgründe gegen jeden von diesen erfolgen. Eine unzulässige, undifferenzierte Pauschalablehnung eines Gerichtshof als Institution liege allerdings dann nicht vor, wenn dem Antrag zu entnehmen sei, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorlägen. Diesbezügliche ausdrückliche Behauptungen habe der Ablehnungswerber nicht aufgestellt. Selbst wenn man aber den Inhalt des Schreibens Dris. S***** vom 24. 3. 1993 als ausreichendes Vorbringen in diesem Sinne werten wollte, könnte dies nicht zur Stattgebung des Ablehnungsantrages führen. Die in diesem Schreiben wiedergegebene angebliche Äußerung eines Vorarlberger Richters, die nur dessen subjektive Meinung wiedergeben habe können (dass es sich dabei um einen Richter des Landesgerichtes Feldkirch handelte, sei nicht behauptet worden), rechtfertige nicht den Schluss, die Richter des Landesgerichtes Feldkirch würden bei Befassung mit der vorliegenden Rechtssache nicht sachlich und objektiv entscheiden. Dasselbe gelte für den Inhalt des Schreibens des Rechtsanwalts Dr. J***** vom 4. 10. 1967, in dem lediglich mögliche Zweifel an der Unbefangenheit eines Vorarlberger Sachverständigen in einer nicht nachzuvollziehenden Angelegenheit geäußert würden. Damit würden aber konkrete Ablehnungsgründe gegen Richter des Landesgerichtes Feldkirch in nachvollziehbarer Weise weder behauptet noch bescheinigt.

Rechtliche Beurteilung

Der - jedenfalls zulässige (vgl RIS-Justiz RS0046010 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen) - Rekurs des Ablehnungswerbers ist nicht berechtigt.Der - jedenfalls zulässige vergleiche RIS-Justiz RS0046010 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen) - Rekurs des Ablehnungswerbers ist nicht berechtigt.

Ein Richter ist als befangen anzusehen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dabei genügt schon die Besorgnis, dass bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten (stRsp, zuletzt etwa 1 Ob 42/99d). Die Beantwortung der Frage, ob der abgelehnte Richter befangen ist, ist stets in Bezug auf die Rechtssache zu prüfen, in welcher er wegen Befangenheit abgelehnt wurde (8 Ob 3/89; 6 Ob 15/89 uva). Eine Mehrzahl von Richtern kann nur durch Ablehnung jedes einzelnen von ihnen sowie durch Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe in Ansehung jedes einzelnen Richters erfolgreich abgelehnt werden (EFSlg 72.770 ua). Die Ablehnung eines ganzen Gerichtes ist daher nur möglich, wenn für jede einzelne Person detaillierte Ablehnungsgründe angegeben werden (Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 165; EvBl 1989/18 uva). Eine unzulässige indifferente Pauschalablehnung etwa eines Gerichtshofes als Institution ist aber dann nicht gegeben, wenn dem Antrag zu entnehmen ist, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorliegen (3 Ob 2228/96k ua).

Das Vorliegen einer solchen Situation wird vom Ablehnungswerber im Rekurs behauptet und dazu im Wesentlichen ausgeführt, er habe schon in einer "in Beantwortung von 10 Cg 434/93b-56 erstatteten" Note vom 1. 2. 1995 erklärt, dass eine Ablehnung des "derzeitigen Richters" ihm vermutlich nur wenig helfen würde. Der nächste Richter würde, demselben Druck ausgesetzt, dieselbe Befangenheit aufweisen. Er käme nie zu seinem Recht auf einen unbefangenen Richter. "Zur Schonung der Richter Vorarlbergs" lehne er sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch, somit den gesamten Gerichtshof, wegen Zweifels über ihre volle Unbefangenheit ab, weil die bisherigen Verfahren mit Richtern des Landesgerichtes Feldkirch immer zu seinem Nachteil ausgegangen seien, "obwohl der objektive Sachverhalt mein Obsiegen verlangt hätte". Mächtige Politiker Vorarlbergs hätten ihre Absicht, sich seines Fischereirechts zu bemächtigen, wiederholt deutlich zum Ausdruck gebracht. Nur ein Verlagern seines Rechtsstreites in ein anderes Bundesland könne ihm das Recht auf einen unbefangenen Richter bescheren.

Damit werden vom Ablehnungswerber aber keine konkreten Ablehnungsgründe hinsichtlich jedes einzelnen Richters des abgelehnten Gerichtshofs dargetan, sondern stellen diese Ausführungen bloße Vermutungen, Verdächtigungen und Beschuldigungen dar, die wegen ihres mangelnden Tatsachensubstrats nicht überprüft werden können. Entgegen seiner Behauptung wird vom Rekurswerber eine unzulässige Pauschalablehnung des Landesgerichtes Feldkirch vorgenommen. Die in keiner Weise näher erläuterte, sondern nur ganz allgemein erhobene Behauptung, dass Richter unter (politischen) Druck gesetzt würden, reicht, worauf der Ablehnungswerber vom Obersten Gerichtshof bereits in der E 7 Ob 2388/96v hingewiesen wurde, für die Annahme einer Befangenheit - namentlich aller Richter des Landesgerichtes Feldkirch - nicht aus.

Soweit der Rekurswerber schließlich noch mit der Behauptung, eine Behinderung gemäß § 273 ABGB liege bei ihm nicht vor, die Einstellung des Sachwalterschaftsverfahrens fordert, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Frage nicht im Ablehnungsverfahren entschieden werden kann, sondern in dem gemäß § 6a ZPO eingeleiteten Verfahren vom Pflegschaftsgericht zu entscheiden sein wird.Soweit der Rekurswerber schließlich noch mit der Behauptung, eine Behinderung gemäß Paragraph 273, ABGB liege bei ihm nicht vor, die Einstellung des Sachwalterschaftsverfahrens fordert, ist er darauf hinzuweisen, dass diese Frage nicht im Ablehnungsverfahren entschieden werden kann, sondern in dem gemäß Paragraph 6 a, ZPO eingeleiteten Verfahren vom Pflegschaftsgericht zu entscheiden sein wird.

Der Rekurs des Ablehnungswerbers muss erfolglos bleiben.

Anmerkung

E56056 07A02589

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00258.99P.1123.000

Dokumentnummer

JJT_19991123_OGH0002_0070OB00258_99P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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