TE OGH 1999/11/24 3Ob99/99a

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Veröffentlicht am 24.11.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ö*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen die verpflichtete Partei Peter G*****, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, wegen Räumung, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 2. Dezember 1998, GZ 22 R 429/98i-18, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bad Ischl vom 15. Oktober 1998, GZ 4 E 2745/98t-9, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und die dazu erstattete "Äußerung" der betreibenden Partei werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist die zwangsweise Räumung von Grundstücksflächen samt einem darauf befindlichen Haus mit Waschküche, Nebengebäude und Flugdach auf Grund eines gerichtlichen Vergleiches.

Das Erstgericht bewilligte auf Antrag des Verpflichteten die Aufschiebung der Exekution bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreites über eine vom Verpflichteten eingebrachte Klage wegen Ungültig- bzw Unwirksamerklärung des Exekutionstitels, falls der Verpflichtete eine Sicherheitsleistung von S 340.000 erlegt.

Das Erstgericht stellte zum Zustand des Objektes am 4. 9. 1997 fest:

Der Kanalanschluss ist seit 1995 gegeben. Die Isolierarbeiten im Dachgeschoss wurden durchgeführt. Die Rauchrohranschlüsse, Kamine und Öfen sind saniert. Die Öfen sind betriebsbereit. Die elektrische Anlage ist geprüft, kontrolliert und betriebsbereit. Es ist kein Stromzähler vorhanden, weil der Verpflichtete den Strom nie angemeldet hat. Die Wasserbenützung im Haus ist gegeben. Das Objekt ist völlig verwildert, verwachsen und durch die Untätigkeit des Verpflichteten völlig verwahrlost. Der Verpflichtete hat seit dem Winter 1991/1992 nicht einmal mehr versucht, das Objekt zu beheizen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, bei einer Räumungsexekution sei im Hinblick auf die damit verbundene Unmöglichkeit, das Objekt weiterhin zu benützen, die Gefährdung immer gegeben und offenkundig, weshalb es auch keiner entsprechenden Behauptung und Bescheinung bedürfe. Entgegen dem Vorbringen des Verpflichteten werde die Benutzbarkeit und Bewohnbarkeit des Objektes als gegeben erachtet. Wäre dies nicht der Fall, wäre der Antrag auf Aufschiebung jedenfalls abzuweisen gewesen. Mangels entsprechender Behauptungen und Bescheinigungen der betreibenden Partei könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Verpflichtete die der Aufschiebung zugrundeliegende Klage nur deshalb erhoben habe, um die Exekution in letzter Sekunde zu vereiteln. Die Aufschiebung sei jedoch zwingend vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen. Die Sicherheitsleistung errechne sich aus dem erzielbaren monatlichen Benützungsentgelt von S 10.000. Dies ergebe bei einer voraussichtlichen Dauer des Verfahrens auf Ungültig- bzw Unwirksamerklärung des Exekutionstitels einen Betrag von S 240.000. Weiters lasse der Verpflichtete das Haus samt Umgebung völlig verwahrlosen, obwohl er nach dem ursprünglichen Bestandvertrag zur Instandsetzung und Instandhaltung verpflichtet wäre. Auch daraus entstehe der betreibenden Partei ein Schaden, der nach freier Überzeugung mit S 100.000 festgesetzt werde. Die Sicherheitsleistung betrage daher insgesamt S 340.000.

Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass der Aufschiebungsantrag abgewiesen wurde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in einem vergleichbaren Fall nicht habe gefunden werden können und der Frage, ob in einem solchen Fall auch bei einer Räumungsexekution die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils behauptet und nötigenfalls bescheinigt werden müsse, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, bei Erhebung einer Klage, mit der die Rechtsgültigkeit eines gerichtlichen Vergleichs bekämpft werde, könne zwar eine auf Grund dieses Vergleichs eingeleitete Exekution nach § 42 Abs 1 Z 1 EO aufgeschoben werden. Die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung habe jedoch auch im Fall einer solchen Klage gemäß § 44 Abs 1 EO zu unterbleiben, wenn die Exekution begonnen oder fortgeführt werden könne, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlangt, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre. Die Gefahr solcher Vermögensnachteile brauche nicht bescheinigt zu werden, wenn es offenkundig sei, dass der Schaden eintreten müsste. So sei insbesondere bei einer Räumungsexekution der Vermögensnachteil durch Verlust der Wohnung oder der Geschäftsräumlichkeiten in der Regel offenkundig. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht uneingeschränkt und insbesondere dann nicht, wenn es sich um einen Bestandgegenstand handle, der nicht einem dringenden Wohnbedürfnis diene. Wenn nun ein Aufschiebungswerber selbst langjährige Unbenützbarkeit und Unbewohnbarkeit des zu räumenden Bestandobjekts behaupte, wäre es an ihm, im Aufschiebungsantrag zugleich ein dennoch bestehendes dringendes Wohnbedürfnis hinsichtlich des Bestandobjektes oder sonstige Umstände, die die genannte Gefahr begründen könnten, zu behaupten. Der Verpflichtete habe hier aber nicht einmal behauptet, dass das angeführte Bestandobjekt der Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses diene. Für den Fall, dass seiner Klage auf Unwirksamerklärung bzw Aufhebung des Vergleichs Erfolg beschieden sein sollte, sei die Durchsetzung allfällige Schadenersatzansprüche gegen die betreibende Partei auch nicht gefährdet, weil eine Insolvenz derselben wohl ausgeschlossen werden könne. Der durch den möglichen Wegfall der Wohnmöglichkeit im angeführten Objekt allenfalls entstehende Schaden könne grundsätzlich auch in Geld ausgeglichen werden. Für die Annahme des Erstgerichtes, die Benutzbarkeit und Bewohnbarkeit des Bestandobjekts sei gegeben, fehle jede Begründung.Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge Rekurses der betreibenden Partei dahin ab, dass der Aufschiebungsantrag abgewiesen wurde. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in einem vergleichbaren Fall nicht habe gefunden werden können und der Frage, ob in einem solchen Fall auch bei einer Räumungsexekution die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils behauptet und nötigenfalls bescheinigt werden müsse, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, bei Erhebung einer Klage, mit der die Rechtsgültigkeit eines gerichtlichen Vergleichs bekämpft werde, könne zwar eine auf Grund dieses Vergleichs eingeleitete Exekution nach Paragraph 42, Absatz eins, Ziffer eins, EO aufgeschoben werden. Die Bewilligung der Exekutionsaufschiebung habe jedoch auch im Fall einer solchen Klage gemäß Paragraph 44, Absatz eins, EO zu unterbleiben, wenn die Exekution begonnen oder fortgeführt werden könne, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlangt, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteils verbunden wäre. Die Gefahr solcher Vermögensnachteile brauche nicht bescheinigt zu werden, wenn es offenkundig sei, dass der Schaden eintreten müsste. So sei insbesondere bei einer Räumungsexekution der Vermögensnachteil durch Verlust der Wohnung oder der Geschäftsräumlichkeiten in der Regel offenkundig. Dieser Grundsatz gelte jedoch nicht uneingeschränkt und insbesondere dann nicht, wenn es sich um einen Bestandgegenstand handle, der nicht einem dringenden Wohnbedürfnis diene. Wenn nun ein Aufschiebungswerber selbst langjährige Unbenützbarkeit und Unbewohnbarkeit des zu räumenden Bestandobjekts behaupte, wäre es an ihm, im Aufschiebungsantrag zugleich ein dennoch bestehendes dringendes Wohnbedürfnis hinsichtlich des Bestandobjektes oder sonstige Umstände, die die genannte Gefahr begründen könnten, zu behaupten. Der Verpflichtete habe hier aber nicht einmal behauptet, dass das angeführte Bestandobjekt der Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses diene. Für den Fall, dass seiner Klage auf Unwirksamerklärung bzw Aufhebung des Vergleichs Erfolg beschieden sein sollte, sei die Durchsetzung allfällige Schadenersatzansprüche gegen die betreibende Partei auch nicht gefährdet, weil eine Insolvenz derselben wohl ausgeschlossen werden könne. Der durch den möglichen Wegfall der Wohnmöglichkeit im angeführten Objekt allenfalls entstehende Schaden könne grundsätzlich auch in Geld ausgeglichen werden. Für die Annahme des Erstgerichtes, die Benutzbarkeit und Bewohnbarkeit des Bestandobjekts sei gegeben, fehle jede Begründung.

Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 78 EO, § 528 Abs 1 ZPO) nicht zulässig.Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (Paragraph 78, EO, Paragraph 528, Absatz eins, ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Auf Grund einer Klage, mit der die Rechtsgültigkeit eines gerichtlichen Vergleiches bekämpft wird, kann ein auf Grund dieses Vergleiches eingeleitete Exekution nach § 42 Abs 1 Z 1 EO aufgeschoben werden (SZ 24/241). Bei einer Räumungsexekution ist zwar die Gefahr eines Nachteils im Sinn des § 44 Abs 1 EO durch Verlust der Wohnung oder der Geschäftsräumlichkeit in der Regel offenkundig (Miet 41.597 = RPflE 1989/167). Dies gilt nach der Entscheidung MietAuf Grund einer Klage, mit der die Rechtsgültigkeit eines gerichtlichen Vergleiches bekämpft wird, kann ein auf Grund dieses Vergleiches eingeleitete Exekution nach Paragraph 42, Absatz eins, Ziffer eins, EO aufgeschoben werden (SZ 24/241). Bei einer Räumungsexekution ist zwar die Gefahr eines Nachteils im Sinn des Paragraph 44, Absatz eins, EO durch Verlust der Wohnung oder der Geschäftsräumlichkeit in der Regel offenkundig (Miet 41.597 = RPflE 1989/167). Dies gilt nach der Entscheidung Miet

27.730 aber nicht, soweit es sich bei einer eine Wohnung betreffenden Räumungsexekution um Räume handelt, die nicht der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des Aufschiebungswerbers dienen. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht daher im Grundsätzlichen der - entgegen seiner Meinung schon vorhandenen - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wobei weder die Ausführungen in der Revision noch die Verhältnisse des hier zu entscheidenden Falles einen Anlass bieten, sich hiemit auseinanderzusetzen. Bei der Beurteilung im Einzelfall, dass hier die Gefahr eines Nachteils im Sinn des § 44 Abs 1 EO nicht offenkundig sei, ist dem Rekursgericht keine auffallende Fehlbeurteilung, die Voraussetzung für die Zulässigkeit des Revisionsrekurse wäre (RZ 1994/45 ua), vorzuwerfen.27.730 aber nicht, soweit es sich bei einer eine Wohnung betreffenden Räumungsexekution um Räume handelt, die nicht der Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses des Aufschiebungswerbers dienen. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht daher im Grundsätzlichen der - entgegen seiner Meinung schon vorhandenen - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wobei weder die Ausführungen in der Revision noch die Verhältnisse des hier zu entscheidenden Falles einen Anlass bieten, sich hiemit auseinanderzusetzen. Bei der Beurteilung im Einzelfall, dass hier die Gefahr eines Nachteils im Sinn des Paragraph 44, Absatz eins, EO nicht offenkundig sei, ist dem Rekursgericht keine auffallende Fehlbeurteilung, die Voraussetzung für die Zulässigkeit des Revisionsrekurse wäre (RZ 1994/45 ua), vorzuwerfen.

Der Revisionsrekurs ist daher mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung als unzulässig zurückzuweisen, ebenso die im Gesetz nicht vorgesehene Äußerung der betreibenden Partei.

Anmerkung

E56102 03A00999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0030OB00099.99A.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19991124_OGH0002_0030OB00099_99A0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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