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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl sowie die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher und Dr. Berger und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des P in M, geboren 1974, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 6. September 2005, Zl. 263.612/0-V/15/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsbürger, reiste am 17. Jänner 2005 in das Bundesgebiet ein und stellte am nächsten Tag einen Asylantrag, zu dem er am 20. Jänner 2005 und am 15. Juli 2005 vom Bundesasylamt vernommen wurde. Zur Begründung brachte der Beschwerdeführer (zusammengefasst) vor, er sei Lehrer und habe einem ihn provozierenden Schüler am 24. November 2004 eine Ohrfeige gegeben, die einen epileptischen Anfall ausgelöst habe, an dessen Folgen der Schüler im Krankenhaus verstorben sei. Dessen Vater, ein einflussreicher Geschäftsmann und PDP-Politiker, habe gedroht, den Beschwerdeführer durch seine "Schläger" und mit Hilfe der Polizei zu töten, weshalb der Beschwerdeführer aus Nigeria geflohen sei.
Mit Bescheid vom 9. August 2005 wies das Bundesasylamt diesen Asylantrag gemäß § 7 des Asylgesetzes 1997 - AsylG ab (Spruchpunkt I.). Weiters stellte es gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria fest (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Das Bundesasylamt hielt das Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund näher dargestellter Widersprüche und Ungereimtheiten in seinen Angaben (v.a. in Bezug auf das Alter des Schülers, zum Zeitraum, in dem er vom Beschwerdeführer unterrichtet worden sei, und hinsichtlich des Transportmittels zum Krankenhaus), die bei den beiden Vernehmungen hervorgekommen seien, für nicht glaubwürdig. Demzufolge kam das Bundesasylamt rechtlich zur Abweisung des Asylantrages und in Verbindung mit Feststellungen zur Lage in Nigeria zur Versagung von Refoulement-Schutz. Da der Beschwerdeführer über "keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich" verfüge, hielt das Bundesasylamt schließlich auch seine Ausweisung für gerechtfertigt.
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen - angefochtenen Bescheid vom 6. September 2005 "gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG" ab. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf die für zutreffend erachteten Ausführungen des Bundesasylamtes und betonte, dass die Berufung auf die schlüssige Beweiswürdigung "in keiner Weise eingegangen" sei und "nicht einmal den geringsten Versuch unternommen" habe, das "individuelle Vorbringen des Berufungswerbers zu untermauern und als glaubhaft erscheinen zu lassen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Beschwerde bemängelt lediglich, die belangte Behörde habe nicht geklärt, welche Strafe (allenfalls die Todesstrafe) der Beschwerdeführer wegen "dieser Körperverletzung mit tödlichem Ausgang" bei einer Rückkehr nach Nigeria zu erwarten habe. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass die Asylbehörden sein Vorbringen für nicht glaubhaft angesehen haben. Der dieser Einschätzung zugrunde liegenden Beweiswürdigung tritt die Beschwerde aber - wie schon die Berufung - mit keinem Wort entgegen, sodass die erwähnte Rüge eines Feststellungsmangels jedenfalls ins Leere geht. Soweit die Beschwerde noch die Feststellungen zur aktuellen "Sicherheitssituation" in Nigeria für unzureichend hält, wird nicht aufgezeigt, welche fallbezogen relevanten Feststellungen diesbezüglich von der belangten Behörde zu treffen gewesen wären.
Die Beschwerde vermag daher insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des Bescheides des Bundesasylamtes richtet, keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen und kann somit in Bezug auf die Asyl- und Refoulement-Entscheidung nicht erfolgreich sein.
Mit Rechtswidrigkeit belastet ist hingegen der im Bescheid des Bundesasylamtes vorgenommene Ausspruch nach § 8 Abs. 2 AsylG über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet". Diesbezüglich wurde nämlich verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere unter Bedachtnahme auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 23. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005200584.X00Im RIS seit
29.01.2007