TE OGH 1999/12/14 4Ob323/99z

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Veröffentlicht am 14.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei t***** Verlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** KG, ***** vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 500.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 24. September 1999, GZ 4 R 143/99z-9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird auf "t***** KG" berichtigt.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß Paragraphen 78,, 402 EO in Verbindung mit Paragraph 526, Absatz 2, Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 528 a, in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Klägerin hat ihre Firma geändert. Ihre Parteibezeichnung war daher gem § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen (SZ 53/64; EvBl 1986/163; ecolex 1992, 243 uva).1. Die Klägerin hat ihre Firma geändert. Ihre Parteibezeichnung war daher gem Paragraph 235, Absatz 5, ZPO zu berichtigen (SZ 53/64; EvBl 1986/163; ecolex 1992, 243 uva).

2. Bescheinigt ist, dass die Beklagte zumindest seit 1997 in rund 14% aller Gemeinden Tirols die von ihr verlegten Tageszeitungen "N*****" und "K*****" neben den üblichen Vertriebswegen (Trafiken, Supermärkte usw) auch über Selbstbedienungstaschen zum Verkauf anbietet; nicht alle im Wege von Selbstbedienungstaschen angebotenen Zeitungen werden auch bezahlt, doch ist die Diebstahlsquote nicht feststellbar. Die Anzahl der im Einzelverkauf abgegebenen Exemplare des von der Klägerin einmal wöchentlich herausgegebenen Medienmagazins ist zwischen erstem Quartal 1996 und viertem Quartal 1998 von 119.237 auf

134.860 gestiegen; in Tirol stieg die Reichweite zwischen 1996 und 1998 von 8,9% auf 11,3%; innerhalb eines Jahres ab dem vierten Quartal 1997 erreichte das Medienmagazin eine Steigerung um 18.483 Exemplaren.

Die Vorinstanzen haben den Sicherungsantrag, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die von ihr verlegten Tageszeitungen "N*****" und "K*****" sowie die diesen freitags beigelegte Fernsehzeitung "TV" in Tirol täglich in Selbstbedienungstaschen zu vertreiben, wenn dabei nicht sichergestellt ist, dass eine Entnahme nur gegen Entgelt erfolge, in eventu, dies zu verbieten, sofern diese Vertriebsmethode aufgrund der erfahrungsgemäß hohen Diebstahlsquote einer Gratisverteilung gleichkomme, abgewiesen.

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen höchstgerichtlicher

Rechtsprechung, wonach die Gratisabgabe von Waren unter dem Aspekt

der Bedarfsdeckung ("Marktverstopfung") nicht unter allen Umständen

verboten ist. Der Markt kann nämlich nur "verstopft" werden, wenn das

in Frage stehende Angebot quantitativ ausreicht, den freien

Wettbewerb auszuschalten (Koppensteiner, Österreichisches und

Europäisches Wettbewerbsrecht3 Rz 38 zu § 33; SZ 61/5 = WBl 1988, 195

= MR 1988, 56 [Korn] = ÖBl 1988, 69 - Zeitungs-Super-Angebot; 4 Ob

22/99k); die Beweislast für das Vorliegen besonderer Umstände, die zu

einer Behinderung durch die Gefahr einer Marktverstopfung führen,

liegt dabei beim Kläger (4 Ob 417/77; SZ 61/5 = WBl 1988, 195 = MR

1988, 56 [Korn] = ÖBl 1988, 69 - Zeitungs-Super-Angebot; 4 Ob 102/91;

4 Ob 22/99k).

Wenn das Rekursgericht unter den vorliegenden Umständen des Einzelfalls davon ausgegangen ist, dass durch die beanstandete Vertriebsmethode eine die Klägerin im Absatz ihres Medienmagazins behindernde Bedarfsdeckung in Tirol weder besteht noch droht, kann darin keine im Rahmen des § 528 Abs 1 ZPO wahrzunehmende Fehlbeurteilung erblickt werden, zumal weder eine flächendeckende Gratisabgabe noch eine Stagnation oder ein Rückgang bei den Verkaufszahlen des Medienmagazins der Klägerin bescheinigt ist.Wenn das Rekursgericht unter den vorliegenden Umständen des Einzelfalls davon ausgegangen ist, dass durch die beanstandete Vertriebsmethode eine die Klägerin im Absatz ihres Medienmagazins behindernde Bedarfsdeckung in Tirol weder besteht noch droht, kann darin keine im Rahmen des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO wahrzunehmende Fehlbeurteilung erblickt werden, zumal weder eine flächendeckende Gratisabgabe noch eine Stagnation oder ein Rückgang bei den Verkaufszahlen des Medienmagazins der Klägerin bescheinigt ist.

Die beanstandete Vertriebsmethode ist als eine für Marktstruktur und Marktgeschehen nur potentiell schädliche Maßnahme (sogenannte "marktbezogene Unlauterkeit", dazu Koppensteiner aaO § 32 Rz 53) auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht schon per se sittenwidrig, sondern erst dann, wenn sie als Technik eingesetzt würde, die mit den Kernelementen eines leistungsbezogenen Wettbewerbs nichts zu tun hat (vgl etwa ÖBl 1990, 14 - Zeitung zum Kennenlernen; ÖBl 1993, 21 - Jahresbonifikation; ÖBl 1987, 67 - Gratis-Kleinanzeigen); letzteres kann nach dem bescheinigten Sachverhalt nicht unterstellt werden.Die beanstandete Vertriebsmethode ist als eine für Marktstruktur und Marktgeschehen nur potentiell schädliche Maßnahme (sogenannte "marktbezogene Unlauterkeit", dazu Koppensteiner aaO Paragraph 32, Rz 53) auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht schon per se sittenwidrig, sondern erst dann, wenn sie als Technik eingesetzt würde, die mit den Kernelementen eines leistungsbezogenen Wettbewerbs nichts zu tun hat vergleiche etwa ÖBl 1990, 14 - Zeitung zum Kennenlernen; ÖBl 1993, 21 - Jahresbonifikation; ÖBl 1987, 67 - Gratis-Kleinanzeigen); letzteres kann nach dem bescheinigten Sachverhalt nicht unterstellt werden.

Eine wettbewerbswidrige Handlung ist nicht bescheinigt; damit ist aber die Frage des Bestehens eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen einer Tageszeitung und einer Programmzeitschrift (vom erkennenden Senat erst jüngst zu 4 Ob 259/99p unter Hinweis auf den Wettbewerb um Inserenten bejaht; der Entscheidung MR 1999, 114 - TV-movie lag insoweit ein anderer Gesichtspunkt zugrunde, als dort zu beurteilen war, ob die durch ein ausländisches Medium auch im Inland eingeräumte Gewinnchance zu einer Verlagerung der Nachfrage führen kann) für die Entscheidung unerheblich.

Anmerkung

E56624 04A03239

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00323.99Z.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19991214_OGH0002_0040OB00323_99Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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