TE OGH 1999/12/14 10Ob333/99i

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Veröffentlicht am 14.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kreditverein der B*****, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalt-Kommandit-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Gerhard K*****, Angestellter, *****, wegen S 445.322 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 18. Oktober 1999, GZ 13 R 150/99w-6, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. August 1999, GZ 19 Cg 38/99v-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos behoben. Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei begehrt vom Beklagten - der im Rubrum als Angestellter bezeichnet wird - S 445.322,07 sA mit der Begründung, sie habe der C***** C***** und V***** GesmbH in Wien (im folgenden Darlehensnehmerin) einen Kredit in Höhe des Klagsbetrages gewährt. Der Beklagte habe sich als Schuldner zur ungeteilten Hand mit der Darlehensnehmerin zur Rückzahlung des Kredites verpflichtet.

Über entsprechende Aufforderung durch das Erstgericht gab die klagende Partei noch ergänzend bekannt, dass der Beklagte vom 29. 12. 1994 bis zur Eröffnung des Anschlusskonkurses am 28. 4. 1999 die Darlehensnehmerin selbständig als Geschäftsführer vertreten habe. Der Beklagte könne jedenfalls seit der Konkurseröffnung keine Organfunktion mehr ausüben und sei auch kein Kaufmann, sodass die Zuständigkeit des angerufenen allgemeinen Zivilgerichtes gegeben sei.

Das Erstgericht wies die Klage nach § 51 Abs 1 Z 6 JN wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.Das Erstgericht wies die Klage nach Paragraph 51, Absatz eins, Ziffer 6, JN wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Es vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, der von der Judikatur für die Zuständigkeit des Kausalgerichtes verlangte enge Konnex zwischen der privatrechtlichen gesellschaftsbezogenen Verpflichtung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft und der zumindest allfälligen auch deliktischen Haftung des Beklagten für das Darlehen der Gesellschaft sei im vorliegenden Fall nicht von der Hand zu weisen, zumal der Beklagte die Mithaftung zur ungeteilten Hand für den gegenständlichen Kredit zu einem Zeitpunkt übernommen habe, als er selbständig vertretender Geschäftsführer der Darlehensnehmerin gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Nach § 51 Abs 1 JN gehören vor die selbständigen Handelsgerichte,

falls der Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert den Betrag von

130.000 S übersteigt, unter anderem (Z 6) Streitigkeiten aus dem

Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft

oder zwischen dieser und ihren Mitgliedern, zwischen den Mitgliedern

der Verwaltung und den Liquidatoren der Gesellschaft und der

Gesellschaft oder deren Mitgliedern, ....... sowie Streitigkeiten aus

Rechtsverhältnissen aller dieser Personen zu Dritten, denen sie sich

in dieser Eigenschaft verantwortlich gemacht haben, ....... sofern es

sich nicht um eine Arbeitsrechtssache (§ 50 Abs 1 ASGG) handelt. Wie

der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 526/95 (=

JBl 1995, 467 = ecolex 1995, 561 = GesRZ 1996, 116) dargelegt hat,

wurden die Worte: "....... sowie Streitigkeiten aus

Rechtsverhältnissen aller dieser Personen zu Dritten, denen sie sich in dieser Eigenschaft verantwortlich gemacht haben" durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingefügt. In den Erläuterungen (1337 BlgNR 15. GP, 4) wird dazu ausgeführt, dass Angestellte einer Gesellschaft, die sich deren Vertragspartnern, also Dritten, durch rechtswidriges Verhalten im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft verantwortlich gemacht haben, nach § 51 Abs 1 Z 3 JN - so wie die Gesellschaft selbst - vor dem Handelsgericht geklagt werden können. Für die Vorstandsmitglieder, die Geschäftsführer und sonstigen Funktionären oder die Mitglieder einer Gesellschaft, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit Dritten gegenüber verantwortlich gemacht haben, fehle nach herrschender Rechtsprechung eine solche Bestimmung, sie könnten wegen dieser deliktischen Schädigung nur vor dem allgemeinen Gericht geklagt werden. Es solle daher in der Z 6 des § 51 nach dem Vorbild der Z 3 auch das Rechtsverhältnis der hier genannten Personen zu Dritten in die Handelsgerichsbarkeit einbezogen werden.Rechtsverhältnissen aller dieser Personen zu Dritten, denen sie sich in dieser Eigenschaft verantwortlich gemacht haben" durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingefügt. In den Erläuterungen (1337 BlgNR 15. GP, 4) wird dazu ausgeführt, dass Angestellte einer Gesellschaft, die sich deren Vertragspartnern, also Dritten, durch rechtswidriges Verhalten im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft verantwortlich gemacht haben, nach Paragraph 51, Absatz eins, Ziffer 3, JN - so wie die Gesellschaft selbst - vor dem Handelsgericht geklagt werden können. Für die Vorstandsmitglieder, die Geschäftsführer und sonstigen Funktionären oder die Mitglieder einer Gesellschaft, die sich im Rahmen ihrer Tätigkeit Dritten gegenüber verantwortlich gemacht haben, fehle nach herrschender Rechtsprechung eine solche Bestimmung, sie könnten wegen dieser deliktischen Schädigung nur vor dem allgemeinen Gericht geklagt werden. Es solle daher in der Ziffer 6, des Paragraph 51, nach dem Vorbild der Ziffer 3, auch das Rechtsverhältnis der hier genannten Personen zu Dritten in die Handelsgerichsbarkeit einbezogen werden.

Es trifft zwar zu, dass damit - sofern es sich nicht um

Arbeitsrechtssachen handelt -, ganz offensichtlich eine gewisse

Konzentration solcher Streitigkeiten vor den Kausalgerichten

herbeigeführt werden sollte. Dennoch fallen Kontraktansprüche nicht

schlechthin unter diese Bestimmung (7 Ob 592/93 = RdW 1994, 177; EvBl

1992/146; Fasching, ZPR**2 Rz 254), wie sich ja aus den Erläuternden

Bemerkungen (aaO) gerade durch die Bezugnahme auf ein "rechtswidriges

Verhalten" von Angestellten und "deliktische Schädigung" ergibt. Der

Oberste Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass

Klagen der Sozialversicherungsträger gegen Prokuristen (7 Ob 527/92)

bzw Geschäftsführer (EvBl 1992/146) einer GmbH, die Bürgschaften für

Beitragsrückstände ihrer Gesellschaft übernommen hatten, vor die

selbständigen Handelsgerichte gehören. Hingewiesen wurde aber

gleichzeitig auf den spezifischen Anspruch, der mit solchen Klagen

geltend gemacht werde: Die für die Gesellschaft tätigen Prokuristen

und Geschäftsführer hafteten nämlich dem Sozialversicherungsträger

gegenüber deliktisch, falls sie sich einer Konkursverschleppung

schuldig gemacht hätten; ebenso seien sie bei Einbehaltung und

Vorenthaltung der Dienstnehmeranteile für den strafbaren Tatbestand

des § 114 Abs 1 ASVG verantwortlich. Der enge Konnex zwischen

deliktischer Haftung und vertraglicher Verpflichtung sowie die

möglichen Auswirkungen der vertraglichen Verpflichtung auf einen

deliktischen Haftungsgrund gebiete es, derartige Streitigkeiten vor

den Handelsgerichten auszutragen. In der Entscheidung 7 Ob 592/93

wurde dagegen das Versprechen des Prokuristen einer mit der

Vermittlung des Verkaufs von Gesellschaftsanteilen beauftragten

Immobilienfirma, privat eine zur Verbesserung und somit zur

leichteren Vermittlung beitragende Leistung zu erbringen, nicht unter

§ 51 Abs 1 Z 6 JN fallend beurteilt (6 Ob 526/95 = JBl 1995, 467 =

ecolex 1995, 561 = GesRZ 1996, 116).

Bei Anwendung dieser Rechtssätze kommt aber für den vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Kausalgerichte nicht in Betracht.

Bei der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung ist von den für wahr zu haltenden Angaben in der Klage auszugehen (vgl Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 f zu § 41 JN mwN; RIS-Justiz RS0046236 uva).Bei der amtswegigen Zuständigkeitsprüfung ist von den für wahr zu haltenden Angaben in der Klage auszugehen vergleiche Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 f zu Paragraph 41, JN mwN; RIS-Justiz RS0046236 uva).

Nach den Angaben in der Klage, die demnach der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legen sind, hat sich der Beklagte als Mitschuldner zur ungeteilten Hand, somit auf Grund einer im eigenen Namen eingegangenen vertraglichen Verpflichtung, zur Rückzahlung des Kredites verpflichtet. Zutreffend verweist die klagende Partei darauf, dass sie nicht vorgebracht habe, den Beklagten aus dem Titel des deliktischen Schadenersatzes auf Grund seiner Organstellung bei der Darlehensnehmerin in Anspruch nehmen zu wollen oder dass dieser vertraglichen Vereinbarung ein solcher deliktischer Schadenersatzanspruch zu Grunde liege. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch die in der Zivilrechtsverfahrens-Novelle 1983 vorgenommene Ausdehnung der in § 51 Abs 1 Z 6 JN normierten handelsgerichtlichen Zuständigkeit auf Rechtstreitigkeiten aus Rechtsverhältnissen zwischen Organen und Mitgliedern von Handelsgesellschaften zu Dritten, denen sie sich in dieser Eigenschaft verantwortlich gemacht haben, lediglich die Möglichkeit geschaffen werden sollte, Ansprüche wegen deliktischer Schädigung der Handelsgerichtsbarkeit zu unterstellen (vgl auch 2 Ob 601/90). Solche Ansprüche werden von der klagenden Partei jedoch nicht geltend gemacht. Nach dem Klagsvorbringen ist vielmehr ein Kontraktanspruch der klagenden Partei ohne jeden erkennbaren Bezug zu einem deliktischen Verhalten des Beklagten zu beurteilen. Auch wenn die Verpflichtung vom Beklagten im Interesse der Darlehensnehmerin eingegangen wurde, fehlt doch der für die Zuständigkeit des Handelsgerichtes notwendige enge Konnex zwischen der privatrechtlichen gesellschaftsbezogenen Verpflichtung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft und seiner zumindest allfälligen deliktischen Haftung, wie er von der Rechtsprechung im speziellen Fall der Übernahme einer Bürgschaft des Geschäftsführers gegenüber einem Sozialversicherungsträger für Beitragsschulden der Gesellschaft angenommen wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich hingegen um "gewöhnliche" vertragliche Ansprüche zwischen einem Geschäftsführer und seinem Gläubiger aus einer Solidarhaftung für einen Kredit, für deren Beurteilung nicht das Handelsgericht sondern das allgemeine Zivilgericht zuständig ist (vgl auch Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 2/492).Nach den Angaben in der Klage, die demnach der Zuständigkeitsprüfung zugrunde zu legen sind, hat sich der Beklagte als Mitschuldner zur ungeteilten Hand, somit auf Grund einer im eigenen Namen eingegangenen vertraglichen Verpflichtung, zur Rückzahlung des Kredites verpflichtet. Zutreffend verweist die klagende Partei darauf, dass sie nicht vorgebracht habe, den Beklagten aus dem Titel des deliktischen Schadenersatzes auf Grund seiner Organstellung bei der Darlehensnehmerin in Anspruch nehmen zu wollen oder dass dieser vertraglichen Vereinbarung ein solcher deliktischer Schadenersatzanspruch zu Grunde liege. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass durch die in der Zivilrechtsverfahrens-Novelle 1983 vorgenommene Ausdehnung der in Paragraph 51, Absatz eins, Ziffer 6, JN normierten handelsgerichtlichen Zuständigkeit auf Rechtstreitigkeiten aus Rechtsverhältnissen zwischen Organen und Mitgliedern von Handelsgesellschaften zu Dritten, denen sie sich in dieser Eigenschaft verantwortlich gemacht haben, lediglich die Möglichkeit geschaffen werden sollte, Ansprüche wegen deliktischer Schädigung der Handelsgerichtsbarkeit zu unterstellen vergleiche auch 2 Ob 601/90). Solche Ansprüche werden von der klagenden Partei jedoch nicht geltend gemacht. Nach dem Klagsvorbringen ist vielmehr ein Kontraktanspruch der klagenden Partei ohne jeden erkennbaren Bezug zu einem deliktischen Verhalten des Beklagten zu beurteilen. Auch wenn die Verpflichtung vom Beklagten im Interesse der Darlehensnehmerin eingegangen wurde, fehlt doch der für die Zuständigkeit des Handelsgerichtes notwendige enge Konnex zwischen der privatrechtlichen gesellschaftsbezogenen Verpflichtung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft und seiner zumindest allfälligen deliktischen Haftung, wie er von der Rechtsprechung im speziellen Fall der Übernahme einer Bürgschaft des Geschäftsführers gegenüber einem Sozialversicherungsträger für Beitragsschulden der Gesellschaft angenommen wird. Im vorliegenden Fall handelt es sich hingegen um "gewöhnliche" vertragliche Ansprüche zwischen einem Geschäftsführer und seinem Gläubiger aus einer Solidarhaftung für einen Kredit, für deren Beurteilung nicht das Handelsgericht sondern das allgemeine Zivilgericht zuständig ist vergleiche auch Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 2/492).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E56412 10A03339

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0100OB00333.99I.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19991214_OGH0002_0100OB00333_99I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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