TE OGH 1999/12/14 4Ob298/99y

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Veröffentlicht am 14.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Ivo Greiter und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 550.000 S), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 2. August 1999, GZ 2 R 139/99d-14, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 29. März 1999, GZ 64 Cg 233/98w-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 21.510 S (darin 3.585 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Medieninhaberin und Herausgeberin der "Bezirkszeitung Schwaz", einer Gratiszeitung, die einmal wöchentlich im Postversand an die Haushalte im Bezirk Schwaz und im Großraum Rattenberg abgegeben wird. Die Beklagte ist Medieninhaberin und Herausgeberin der Wochenzeitungen "Bezirksblatt Schwaz" und "Brennpunkt Tirol", welche - gleichfalls als Gratiszeitungen - an die Haushalte im Bezirk Schwaz versandt werden; das "Bezirksblatt Schwaz" erscheint darüber hinaus auch im Großraum Wattens-Kollsass. Sowohl die Zeitungen der Beklagten als auch jene der Klägerin finanzieren sich aus Werbeeinschaltungen.

Die Beklagte bewirbt ihre Zeitschrift "Brennpunkt Tirol" in einer breit angelegten Werbekampagne mit der Behauptung, diese sei die beliebteste Wochenzeitung im Bezirk Schwaz, und zwar habe die Bevölkerung in diesem Bezirk nachstehende Zeitungen als die beliebtesten bezeichnet: 43 % den "Brennpunkt Tirol", 29 % das "Bezirksblatt Schwaz", 15 % sonstige Zeitungen und 13 % die "Bezirkszeitung Schwaz". Diese Aussage unterstützte die Beklagte durch eine den Prozentzahlen entsprechende größenabhängige Darstellung von Heißluftballons. Sie wies in den Werbeeinschaltungen auch darauf hin, dass die Daten aus einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Soziologie der Universität Innsbruck und des Instituts Imas International Linz stammten. Tatsächlich erfolgte die Umfrage aber nicht nur im politischen Bezirk Schwaz sondern auch im Großraum Wattens-Kollsass, in dem das Medium der Klägerin nicht verbreitet wird. Die so errechneten Prozentzahlen beziehen sich auf das gesamte Umfragegebiet (nicht nur auf den Bezirk Schwaz).

Die Klägerin begehrt die Unterlassung der Behauptung, der "Brennpunkt Tirol" sei die beliebteste Wochenzeitung im Bezirk Schwaz in Verbindung mit unrichtigen und/oder irreführenden Umfragedaten, insbesondere in Verbindung mit der unrichtigen und/oder irreführenden Behauptung, die Bevölkerung über 14 Jahre in Schwaz habe zu 43 % den Brennpunkt, zu 29 % das Bezirksblatt, zu 15 % sonstige und zu 13 % die Bezirkszeitung als am liebsten gelesene Wochenzeitung angegeben. Die Klägerin begehrt ferner, die jeweils einmalige Urteilsveröffentlichung in der "Bezirkszeitung Schwaz" und im "Brennpunkt Tirol". Die Inserate der Beklagten seien wettbewerbswidrig, weil sie mangels Angabe der Schwankungsbreite von +/- 7 % den Eindruck erweckten, es handle sich um exakte Ergebnisse. Unrichtig werde auch behauptet, die angeführten Prozentzahlen bezögen sich auf den Bezirk Schwaz, obwohl sie aus einem tatsächlich größeren geografischen Einzugsgebiet abgeleitet würden.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Es sei wohl richtig, dass sich die angeführten Prozentwerte auf eine Umfrage stützten, die über den politischen Bezirk Schwaz hinausgegangen sei, das Erscheinungsgebiet der Zeitschrift der Klägerin "Brennpunkt Tirol" decke sich jedoch mit jenem der Beklagten, sodass die veröffentlichten Zahlen nicht unrichtig seien. Mangels Überschneidung der Schwankungsbreiten sei eine Irreführung nicht gegeben. Im Übrigen sei das Veröffentlichungsbegehren zu weit gefasst, die Veröffentlichung in einer Zeitung reiche aus.

Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Der Werbevergleich der Beklagten sei irreführend. Zum einen erwecke die Beklagte mangels Anführung der Schwankungsbreiten den Eindruck, die angeführten Prozentanteile seien richtig und exakt erwiesen; sie verstoße schon damit gegen § 2 UWG. Zum anderen bezögen sich die veröffentlichten Prozentsätze auch auf den Großraum Wattens-Kollsass, in dem die Bezirkszeitung der Klägerin nicht erscheine. Die Beklagte erweckte demgegenüber aber den Eindruck, die Prozentsätze seien ausschließlich im politischen Bezirk Schwaz ermittelt worden. Indem zwei der drei genannten Lokalblätter in diesem erweiterten Erscheinungsgebiet nicht verteilt würden, beruhten die veröffentlichten Umfrageergebnisse nicht auf gleichartigen Grundlagen, weshalb die veröffentlichten Zahlen miteinander nicht vergleichbar seien. Demgegenüber werde bei einem durchschnittlichen Leser jedoch der Eindruck erweckt, die Zahlen seien miteinander vergleichbar und richtig.Das Erstgericht gab der Klage zur Gänze statt. Der Werbevergleich der Beklagten sei irreführend. Zum einen erwecke die Beklagte mangels Anführung der Schwankungsbreiten den Eindruck, die angeführten Prozentanteile seien richtig und exakt erwiesen; sie verstoße schon damit gegen Paragraph 2, UWG. Zum anderen bezögen sich die veröffentlichten Prozentsätze auch auf den Großraum Wattens-Kollsass, in dem die Bezirkszeitung der Klägerin nicht erscheine. Die Beklagte erweckte demgegenüber aber den Eindruck, die Prozentsätze seien ausschließlich im politischen Bezirk Schwaz ermittelt worden. Indem zwei der drei genannten Lokalblätter in diesem erweiterten Erscheinungsgebiet nicht verteilt würden, beruhten die veröffentlichten Umfrageergebnisse nicht auf gleichartigen Grundlagen, weshalb die veröffentlichten Zahlen miteinander nicht vergleichbar seien. Demgegenüber werde bei einem durchschnittlichen Leser jedoch der Eindruck erweckt, die Zahlen seien miteinander vergleichbar und richtig.

Die Urteilsveröffentlichung in je einer Ausgabe im "Brennpunkt" und in der "Bezirkszeitung" sei ausreichend und angemessen, um Leser und Interessierte entsprechend aufzuklären.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob es wettbewerbswidrig sei, sich bei vergleichender Werbung auf Prozentsätze von Lesern zu berufen, ohne statistische Schwankungsbreiten anzuführen, wenn sich diese Schwankungsbreiten nicht überschneiden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Unter Hinweis auf die gleichzeitig angeführten Umfrageergebnisse nimmt die Beklagte mit ihrer Behauptung, die Zeitschrift "Brennpunkt Tirol" sei die beliebteste Wochenzeitung im Bezirk Schwaz, eine Spitzenstellung in Anspruch. Eine solche Werbung ist nach ständiger Rechtsprechung primär nach § 2 UWG zu beurteilen und daher wettbewerbsrechtlich (nur) dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Werbebehauptung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist (MR 1990, 195 - Tanzstudio; ÖBl 1993, 237 - Reichweitenvergleich; MR 1995, 233 - Meistzitierte Tageszeitung; 4 Ob 157/98m ua). Sie ist insbesondere dann zur Irreführung geeignet, wenn vorgetäuscht wird, es werde Vergleichbares verglichen (ÖBl 1991, 71 - tele-Wien; RIS-Justiz RS0078318).Unter Hinweis auf die gleichzeitig angeführten Umfrageergebnisse nimmt die Beklagte mit ihrer Behauptung, die Zeitschrift "Brennpunkt Tirol" sei die beliebteste Wochenzeitung im Bezirk Schwaz, eine Spitzenstellung in Anspruch. Eine solche Werbung ist nach ständiger Rechtsprechung primär nach Paragraph 2, UWG zu beurteilen und daher wettbewerbsrechtlich (nur) dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete Spitzenstellung nicht den Tatsachen entspricht oder die Werbebehauptung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet ist (MR 1990, 195 - Tanzstudio; ÖBl 1993, 237 - Reichweitenvergleich; MR 1995, 233 - Meistzitierte Tageszeitung; 4 Ob 157/98m ua). Sie ist insbesondere dann zur Irreführung geeignet, wenn vorgetäuscht wird, es werde Vergleichbares verglichen (ÖBl 1991, 71 - tele-Wien; RIS-Justiz RS0078318).

Die Aussage der Beklagten erweckt in ihrem - für das Verständnis der Durchschnittsleser maßgeblichen - Gesamtzusammenhang den Eindruck, die wiedergegebenen Umfragedaten seien (nur) im Bezirk Schwaz erhoben worden. Sie verschweigt dabei jedoch, dass sich die Umfrage und dementsprechend auch die Ergebnisse auch auf den Großraum Wattens und Kollsass bezogen hatten, in welchem Bereich die Zeitschrift der Klägerin (wie auch der "Brennpunkt Tirol") nicht verbreitet werden. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Werbeaussage der Beklagten vergleiche nicht Vergleichbares miteinander und verstoße schon aus diesem Grund gegen § 2 UWG steht mit der dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang. Eine auffallende - im Rahmen des § 502 Abs 1 ZPO aufgreifende - Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.Die Aussage der Beklagten erweckt in ihrem - für das Verständnis der Durchschnittsleser maßgeblichen - Gesamtzusammenhang den Eindruck, die wiedergegebenen Umfragedaten seien (nur) im Bezirk Schwaz erhoben worden. Sie verschweigt dabei jedoch, dass sich die Umfrage und dementsprechend auch die Ergebnisse auch auf den Großraum Wattens und Kollsass bezogen hatten, in welchem Bereich die Zeitschrift der Klägerin (wie auch der "Brennpunkt Tirol") nicht verbreitet werden. Die Auffassung der Vorinstanzen, die Werbeaussage der Beklagten vergleiche nicht Vergleichbares miteinander und verstoße schon aus diesem Grund gegen Paragraph 2, UWG steht mit der dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang. Eine auffallende - im Rahmen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO aufgreifende - Fehlbeurteilung ist nicht zu erkennen.

Damit erweist sich aber die Werbeaussage der Beklagten schon aus diesen Gründen als unzulässig, ohne dass es noch auf die (vom Berufungsgericht erörterte) Rechtsfrage ankäme, ob der unterlassene Hinweis auf Schwankungsbreiten der Umfrageergebnisse auch dann zur Irreführung geeignet sein kann, wenn sich diese Schwankungsbreiten nicht überschneiden.

Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht; diese Frage hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN; 4 Ob 183/97h). Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (EB zu Z 12 der Regierungsvorlage zur UWG-Novelle 1980, 249 Blg 15. GP 7). Ob nun ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Aufklärung des Publikums durch Veröffentlichung sowohl in der Zeitschrift der Beklagten als auch in ihrem eigenen Medium besteht, richtet sich nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls. Dieser Frage kommt - abgesehen vom Fall einer groben Fehlbeurteilung - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Vorinstanzen haben eine zweimalige Urteilsveröffentlichung zur entsprechenden Aufklärung der durch die Werbeaussage der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise als gerechtfertigt erkannt. Angesichts der massiven Werbemaßnahmen der Beklagten ist eine auffallende Fehlbeurteilung nicht zu erkennen.Die Berechtigung des Begehrens auf Urteilsveröffentlichung hängt davon ab, ob an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht; diese Frage hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (ÖBl 1980, 73 - Nerzölcreme "Mona Lisa" mwN; 4 Ob 183/97h). Bei der dabei vorzunehmenden Interessenabwägung sind den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen (EB zu Ziffer 12, der Regierungsvorlage zur UWG-Novelle 1980, 249 Blg 15. GP 7). Ob nun ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Aufklärung des Publikums durch Veröffentlichung sowohl in der Zeitschrift der Beklagten als auch in ihrem eigenen Medium besteht, richtet sich nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls. Dieser Frage kommt - abgesehen vom Fall einer groben Fehlbeurteilung - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Die Vorinstanzen haben eine zweimalige Urteilsveröffentlichung zur entsprechenden Aufklärung der durch die Werbeaussage der Beklagten angesprochenen Verkehrskreise als gerechtfertigt erkannt. Angesichts der massiven Werbemaßnahmen der Beklagten ist eine auffallende Fehlbeurteilung nicht zu erkennen.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage ist daher die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen.

Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung als der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich zugesprochen werden können (§§ 41, 50 Abs 1 ZPO).Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, sodass die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung als der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich zugesprochen werden können (Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO).

Anmerkung

E56347 04A02989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0040OB00298.99Y.1214.000

Dokumentnummer

JJT_19991214_OGH0002_0040OB00298_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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