TE OGH 1999/12/15 6Ob252/99y

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Veröffentlicht am 15.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma G***** Kommanditgesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Rudolf F*****, vertreten durch Dr. Gerhard Kornek, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,054.618 S, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 2. Juni 1999, GZ 17 R 92/99w-26, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. Februar 1999, GZ 9 Cg 192/95m-21, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Beklagte wendete gegen das am 3. August 1995 erhobene Klagebegehren auf Zahlung von 1,054.618 S sA als Entgelt für im Zeitraum 1992 bis 1995 erbrachte grafische Leistungen neben deren Mangelhaftigkeit auch Schuldtilgung (Überzahlung durch aconti) ein.

Während des anhängigen Verfahrens bot der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 17. Februar 1997 eine Verfahrensbeendigung durch die Vereinbarung "ewigen Ruhens" bei gegenseitiger Kostenaufhebung an, was der Beklagtenvertreter mit Schreiben vom 9. Mai 1997 ablehnte. Der Klagevertreter vertrat in seinem Schreiben vom 8. Oktober 1997 nochmals den Standpunkt, dass der klagenden Partei eine restliche Kapitalforderung von 185.008 S zustehe, dessen ungeachtet aber angeboten werde, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, wenn der Beklagte keine Kostenersatzforderung erhebe. Mangels Einigung der Streitteile wurde die Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. Oktober 1997 besucht. Mit Schreiben vom 7. Dezember 1997 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter auf Grund der Weigerung der Rechtsschutzversicherung mit, dass das Verfahren nicht durch "ewiges Ruhen" bei gegenseitiger Kostenaufhebung beendet werden könne. In Direktgesprächen der Streitteile vor Weihnachten 1997 deutete der Geschäftsführer der klagenden Partei seine Bereitschaft an, allenfalls einen Teil der Kosten des Beklagtenvertreters zu bezahlen, wenn der Beklagte bereit wäre, auch einen Teil derselben zu übernehmen. Der Beklagtenvertreter gab dem Klagevertreter mit Schreiben vom 29. Dezember 1997 den damals aktuellen Kostenendbetrag bekannt und schloss dieses Schreiben mit dem Satz: "Wenn unsere beiden Mandanten jeweils einen Teil meiner Kosten übernehmen, dann würde ich nochmals an die Rechtsschutzversicherung mit der Frage herantreten, auch einen Teil der Kosten zu übernehmen." Die nächste Tagsatzung war für den 13. Jänner 1998 anberaumt. Der Klagevertreter antwortete auf das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 29. Dezember 1997 mit Fax vom 5. Jänner 1998, dass er dessen Brief mit seinem Mandanten nicht mehr rechtzeitig erörtern könne, weil dieser erst unmittelbar vor dem Verhandlungstag wieder erreichbar sei. Er mache deshalb den Vorschlag, durch Nichtbesuch dieser Tagsatzung einfaches Ruhen des Verfahrens eintreten zu lassen, "dies verbunden mit einem Verzicht ihrer Mandantschaft auf einen Verjährungseinwand, zeitlich begrenzt mit der dreimonatigen Ruhensfrist". Mit Antwortfax vom 9. Jänner 1998 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit, dass sein Mandant mit einem einfachen Ruhen des Verfahrens durch Nichtbesuch der Tagsatzung vom 13. Jänner 1998 einverstanden sei.

Im Februar 1998 erklärte der Beklagte dem Geschäftsführer der klagenden Partei in einem persönlichen Gespräch, eine Lösung könnte so ausschauen, dass die klagende Partei für den Beklagten unentgeltliche Leistungen im Wert von 35.000 S erbringe, der Beklagte nichts auf die Klageforderung, aber einen Kostenbeitrag von 50.000 S an den Beklagtenvertreter bezahle und der Restbetrag (etwa 100.000 S) auf das Anwaltshonorar vom Rechtsschutzversicherer des Beklagten bezahlt werde. Nach diesem Gespräch gab es eine "Pattstellung" wegen der Rechtsschutzversicherung, die ja an der Lösung mitzuwirken hatte. Im September 1998 - bis dahin gab es abgesehen von einem beruflichen Gespräch über einen anderen Auftrag kein weiteres Gespräch der Streitteile - fragte der Beklagtenvertreter seinen Mandanten, ob er sich mit der klagenden Partei schon geeinigt habe, weil es um die Verfahrensfortsetzung ginge; der Beklagte erwiderte, keine Einigung erzielt zu haben. Bei einem Gespräch der Streitteile im September 1998 waren beide der Meinung, dass jetzt bei der Rechtsschutzversicherung des Beklagten Druck gemacht werden müsse, um die ganze Sache zu Ende zu bringen. Ein oder zwei Tage später erfuhr der Beklagte vom zuständigen Referenten der Rechtsschutzversicherung, dass diese keinerlei Kosten übernehme und teilte dies dem Geschäftsführer der klagenden Partei telefonisch mit. Die Streitteile vereinbarten daraufhin zwei Freitagstermine, die jedoch auf Grund beruflicher Verhinderung des Beklagten nicht zu Stande kamen. Bei diesen Terminen wollte der Beklagte den Geschäftsführer der klagenden Partei von der Richtigkeit seines Standpunktes, bereits eine Überzahlung geleistet zu haben, überzeugen. Der Geschäftsführer der klagenden Partei war aber weiterhin der Auffassung, dass der klagenden Partei jedenfalls noch eine Forderung von etwa 185.000 S zustehe.

Mit Schreiben vom 17. September 1998 teilte der Beklagtenvertreter dem Klagevertreter mit, unter einem die Fortsetzung des Gerichtsverfahrens zu beantragen, weil er nicht auf Dauer auf die Bezahlung seiner Kosten warten wolle und die Rechtsschutzversicherung signalisiert habe, bei der gegebenen Situation zu einer Kostenübernahme nicht bereit zu sein. Die Parteien trafen in Direktgesprächen keine ausdrücklichen Vereinbarungen in Ansehung der Verjährung. Das erstinstanzliche Verfahren ruhte vom 13. Jänner 1998 (Nichtbesuch der Verhandlung) bis 18. September 1998 (Fortsetzungsantrag des Beklagten).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung zufolge nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung ab.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, weil es den Verjährungseintritt aus im wesentlichen folgenden Erwägungen verneinte: Triftige Gründe für ein längeres Ruhen könnten außergerichtliche Vergleichsverhandlungen sein; würden sie nicht ernsthaft geführt oder zeige sich bei objektiver Betrachtung ihre Aussichtslosigkeit, so habe der Kläger zur Wahrung der Unterbrechungswirkung das Verfahren im frühestmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen. Hier sei es zu einer Einigung der Streitteile gekommen, deren Realisierung von einer Kostenübernahme durch den Rechtsschutzversicherer des Beklagten abhängig gewesen sei. Unter diesem Aspekt sei bis zur Klärung der Kostenübernahme durch den Rechtsschutzversicherer des Beklagten nach Treu und Glauben für den Kläger kein Grund gegeben, das Verfahren fortzusetzen. Die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung sei im September 1998 erfolgt, nachdem die Streitteile im selben Monat in einem persönlichen Gespräch die übereinstimmende Meinung geäußert hätten, dass jetzt bei der Rechtsschutzversicherung des Beklagten Druck gemacht werden müsse, um die ganze Sache zu Ende zu bringen. Ein oder zwei Tage später habe der Beklagte dann mit dem zuständigen Referenten seiner Rechtsschutzversicherung gesprochen und die Auskunft erhalten, dass der Versicherer keine Kosten übernehme. Da bis zu dieser Ablehnung eine vergleichsweise Bereinigung des Prozesses durchaus realistisch gewesen sei, könne in der Untätigkeit der klagenden Partei vom Jänner bis September 1998 kein Hinweis darauf erblickt werden, an der Verfahrensfortsetzung kein Interesse zu haben, lege man den Maßstab des § 863 ABGB an ihr Verhalten an. Nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv sei offenbar auch der Beklagte der Auffassung gewesen, noch mit der klagenden Partei im Gespräch zu sein, weil sonst die Gesprächstermine an den zwei Freitagen unverständlich wären. Im fortgesetzten Verfahren werde daher zu klären sein, ob und allenfalls welchen Betrag der Beklagte der klagenden Partei schulde.Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, weil es den Verjährungseintritt aus im wesentlichen folgenden Erwägungen verneinte: Triftige Gründe für ein längeres Ruhen könnten außergerichtliche Vergleichsverhandlungen sein; würden sie nicht ernsthaft geführt oder zeige sich bei objektiver Betrachtung ihre Aussichtslosigkeit, so habe der Kläger zur Wahrung der Unterbrechungswirkung das Verfahren im frühestmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen. Hier sei es zu einer Einigung der Streitteile gekommen, deren Realisierung von einer Kostenübernahme durch den Rechtsschutzversicherer des Beklagten abhängig gewesen sei. Unter diesem Aspekt sei bis zur Klärung der Kostenübernahme durch den Rechtsschutzversicherer des Beklagten nach Treu und Glauben für den Kläger kein Grund gegeben, das Verfahren fortzusetzen. Die Ablehnung der Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung sei im September 1998 erfolgt, nachdem die Streitteile im selben Monat in einem persönlichen Gespräch die übereinstimmende Meinung geäußert hätten, dass jetzt bei der Rechtsschutzversicherung des Beklagten Druck gemacht werden müsse, um die ganze Sache zu Ende zu bringen. Ein oder zwei Tage später habe der Beklagte dann mit dem zuständigen Referenten seiner Rechtsschutzversicherung gesprochen und die Auskunft erhalten, dass der Versicherer keine Kosten übernehme. Da bis zu dieser Ablehnung eine vergleichsweise Bereinigung des Prozesses durchaus realistisch gewesen sei, könne in der Untätigkeit der klagenden Partei vom Jänner bis September 1998 kein Hinweis darauf erblickt werden, an der Verfahrensfortsetzung kein Interesse zu haben, lege man den Maßstab des Paragraph 863, ABGB an ihr Verhalten an. Nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv sei offenbar auch der Beklagte der Auffassung gewesen, noch mit der klagenden Partei im Gespräch zu sein, weil sonst die Gesprächstermine an den zwei Freitagen unverständlich wären. Im fortgesetzten Verfahren werde daher zu klären sein, ob und allenfalls welchen Betrag der Beklagte der klagenden Partei schulde.

Der von der zweiten Instanz zugelassene Rekurs des Beklagten ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1497 ABGB wird die Verjährung durch Klageeinbringung und gehörige Fortsetzung der Klage unterbrochen. Ob und inwieweit das Zuwarten mit der Verfahrensfortsetzung als ungewöhnliche Untätigkeit des Klägers zu beurteilen ist, stellt wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles (SZ 45/97, SZ 58/112 uva, zuletzt 7 Ob 154/99v; RIS-Justiz RS0034805) jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar (1 Ob 291/97v uva; RIS-Justiz RS0044464).Gemäß Paragraph 1497, ABGB wird die Verjährung durch Klageeinbringung und gehörige Fortsetzung der Klage unterbrochen. Ob und inwieweit das Zuwarten mit der Verfahrensfortsetzung als ungewöhnliche Untätigkeit des Klägers zu beurteilen ist, stellt wegen der Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalles (SZ 45/97, SZ 58/112 uva, zuletzt 7 Ob 154/99v; RIS-Justiz RS0034805) jedenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar (1 Ob 291/97v uva; RIS-Justiz RS0044464).

Von einer auffallenden Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Beruft sich der Beklagte auf die Verjährung wegen nicht gehöriger Verfahrensfortsetzung, so ist es Sache des Klägers, beachtliche Gründe für die Untätigkeit nachzuweisen (JBl 1980, 98; SZ 52/30; ZVR 1997/63 uva), wobei es nicht auf die Dauer, sondern auf die Gründe der Untätigkeit ankommt (SZ 52/30, SZ 58/112 uva, zuletzt 7 Ob 154/99v). Für die Unterlassung der zur Fortsetzung des Verfahrens notwendigen Schritte müssen stichhaltige (triftige) Gründe gegeben sein (ZVR 1997/63 mwN ua). Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0034719) vermag der Eintritt des Ruhens des Verfahrens für sich allein die Unterbrechungswirkung der Klage noch nicht zu beseitigen, wenn das Verhalten des Klägers bis zum Eintritt des Ruhens des Verfahrens keinen Anhaltspunkt für die Annahme bietet, dass er "sein Recht nicht ausübe". Die Vereinbarung der Streitteile, das Verfahren ruhen zu lassen, um Vergleichsverhandlungen zu führen - oder wie hier weiter zu führen -, ist zunächst für die Beurteilung der Frage, ob das Verfahren gehörig fortgesetzt wurde, neutral, weil daraus noch nicht auf das mangelnde Interesse des Klägers an der weiteren Verfolgung seiner Ansprüche geschlossen werden kann. Werden jedoch die Vergleichsverhandlungen vom Kläger selbst nicht ernsthaft oder ohne stichhältige Gründe nur zögernd geführt oder ist bei objektiver Beurteilung des Verhaltens des Beklagten zu erkennen, dass weitere Vergleichsversuche des Klägers aussichtslos sind, dann hat der Kläger, der nicht im frühestmöglichen Zeitpunkt die Fortsetzung des Verfahrens begehrt, die Klage nicht gehörig fortgesetzt. In einem solchen Fall wird die Verjährungsfrist durch die Einbringung der Klage nicht unterbrochen (SZ 45/97, ZVR 1985/185, RZ 1992/85 uva; RIS-Justiz RS0034599). Im vorliegenden Fall hing der Erfolg der Vergleichsverhandlungen allein davon ab, dass der Rechtsschutzversicherer des Beklagten wenigstens einen Teil der Kosten des Beklagtenvertreters übernimmt. Entsprechende Verhandlungen mit dem Versicherer oblagen nach den vorher erfolgten Parteienerklärungen aber nur dem Beklagten und nicht dem Kläger. Insoweit bestand unbestritten eine Handlungspflicht des Beklagten, nur so ist die beiderseitige Erklärung zu verstehen, nun müsse Druck beim Versicherer gemacht werden. Nachdem der Beklagte dem Kläger im September 1998 mitgeteilt hatte, sein Rechtsschutzversicherer lehne im vorliegenden Verfahren jede Kostenbeteiligung ab, kam es zur unverzüglichen Verfahrensfortsetzung durch den Beklagten, sodass für einen entsprechende Antrag der klagenden Partei kein Anlass bestand.

Der Rekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Der Rekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41 und 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels nicht hingewiesen.

Anmerkung

E56637 06A02529

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0060OB00252.99Y.1215.000

Dokumentnummer

JJT_19991215_OGH0002_0060OB00252_99Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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