Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Nathalie H*****, geboren am 6. August 1988, ***** vertreten durch den Unterhaltssachwalter Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie für den 19. Bezirk, 1190 Wien, Gatterburggasse 14, über den Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. August 1999, GZ 45 R 567/99m-95, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Döbling vom 11. Juni 1999, GZ 7 P 1097/95g-85, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die mj Nathalie ist das eheliche Kind des Andreas und der Rosa Maria H*****, deren Ehe am 12. 7. 1994 geschieden wurde. Nach der Trennung der Eheleute wurde die Obsorge mit Beschluss vom 8. 2. 1994 dem Vater zuerkannt. Die von der Mutter zu leistenden Unterhaltsbeiträge wurden zuletzt mit Beschluss vom 4. 9. 1996 auf 2.600 S monatlich erhöht.
Am 17. 3. 1998 wurde Nathalie in Heimpflege übernommen. Am 26. 3. 1999 wurde sie aus der Heimpflege entlassen und lebt seither bei ihrer väterlichen Großmutter.
In der am 17. 5. 1999 mit dem Unterhaltssachwalter geschlossenen Vereinbarung verpflichtete sich der Vater zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 1.000 S.
Mit Beschluss vom 11. 5. 1999 wurden Unterhaltsvorschüsse auf Grund des gegen die Mutter bestehenden Unterhaltstitels von 2.600 S monatlich, und zwar für die Zeit vom 1. 4. 1999 bis 31. 3. 2002 bewilligt.
Am 8. 6. 1999 teilte der Unterhaltssachwalter mit, dass die väterliche Großmutter seit 1. 4. 1999 ein Pflegegeld gemäß § 27 Abs 6 Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz (Wr JWG) von 1.000 S monatlich beziehe.Am 8. 6. 1999 teilte der Unterhaltssachwalter mit, dass die väterliche Großmutter seit 1. 4. 1999 ein Pflegegeld gemäß Paragraph 27, Absatz 6, Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz (Wr JWG) von 1.000 S monatlich beziehe.
Daraufhin stellte das Erstgericht die Vorschüsse rückwirkend ab 1. 4. 1999 ein, weil die Gewährung von Pflegegeld der Zuerkennung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UVG entgegenstehe.Daraufhin stellte das Erstgericht die Vorschüsse rückwirkend ab 1. 4. 1999 ein, weil die Gewährung von Pflegegeld der Zuerkennung von Unterhaltsvorschüssen gemäß Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG entgegenstehe.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss ersatzlos auf. Die Pflege und Erziehung des Kindes durch seine Großmutter sei nicht als Maßnahme der vollen Erziehung anzusehen, weil die mit dem Kind bis zum dritten Grad Verwandten gemäß § 20 Wr JWG nicht unter den Begriff der Pflegeeltern, die gemäß § 27 Abs 1 Wr JWG zur Durchführung der vollen Erziehung einen Pflegegeldanspruch hätten, fielen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht im Ergebnis von der Entscheidung 7 Ob 5/99g abgewichen sei.Das Rekursgericht hob diesen Beschluss ersatzlos auf. Die Pflege und Erziehung des Kindes durch seine Großmutter sei nicht als Maßnahme der vollen Erziehung anzusehen, weil die mit dem Kind bis zum dritten Grad Verwandten gemäß Paragraph 20, Wr JWG nicht unter den Begriff der Pflegeeltern, die gemäß Paragraph 27, Absatz eins, Wr JWG zur Durchführung der vollen Erziehung einen Pflegegeldanspruch hätten, fielen. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil das Rekursgericht im Ergebnis von der Entscheidung 7 Ob 5/99g abgewichen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof hatte in jüngster Zeit in mehreren vergleichbaren Fällen die Frage zu entscheiden, ob ein gemäß § 27 Abs 6 Wr JWG gewährtes Pflegegeld der Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UVG entgegensteht (7 Ob 224/99p; 1 Ob 243/99p ua). Die Ansicht des Rekursgerichtes entspricht den nunmehr in Abkehr von 7 Ob 5/99g ergangenen Entscheidungen, denen sich auch der erkennende Senat anschließt.Der Oberste Gerichtshof hatte in jüngster Zeit in mehreren vergleichbaren Fällen die Frage zu entscheiden, ob ein gemäß Paragraph 27, Absatz 6, Wr JWG gewährtes Pflegegeld der Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen gemäß Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG entgegensteht (7 Ob 224/99p; 1 Ob 243/99p ua). Die Ansicht des Rekursgerichtes entspricht den nunmehr in Abkehr von 7 Ob 5/99g ergangenen Entscheidungen, denen sich auch der erkennende Senat anschließt.
Die Versagung der Vorschüsse gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UVG setzt jedenfalls voraus, dass die Unterbringung "auf Grund einer Maßnahme" der Jugendwohlfahrtspflege (oder Sozialhilfe), somit einer entsprechenden Anordnung mit Kostenfolgen erfolgt. So genügt es nach der Rechtsprechung nicht, dass bloß die Obsorge über ein Pflegekind nach § 186a ABGB auf Pflegeeltern übertragen, eine Pflegebewilligung nach § 16 JWG erteilt und die Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe getragen werden (ÖA 1991, 22), sofern nicht auch die Pflege und Erziehung eines Kindes in einer Pflegefamilie ausdrücklich als Maßnahme der vollen Erziehung statuiert und erfasst wird (so etwa § 14 Tir JWG LGBl 1991/18). (Nur) in einem solchen Fall vermag dann konsequenter Weise auch die Unterlassung einer Antragstellung auf Pflegegeld den Unterhaltsvorschussanspruch nicht aufrecht zu erhalten (ÖA 1996, 127/UV 1991).Die Versagung der Vorschüsse gemäß Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG setzt jedenfalls voraus, dass die Unterbringung "auf Grund einer Maßnahme" der Jugendwohlfahrtspflege (oder Sozialhilfe), somit einer entsprechenden Anordnung mit Kostenfolgen erfolgt. So genügt es nach der Rechtsprechung nicht, dass bloß die Obsorge über ein Pflegekind nach Paragraph 186 a, ABGB auf Pflegeeltern übertragen, eine Pflegebewilligung nach Paragraph 16, JWG erteilt und die Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe getragen werden (ÖA 1991, 22), sofern nicht auch die Pflege und Erziehung eines Kindes in einer Pflegefamilie ausdrücklich als Maßnahme der vollen Erziehung statuiert und erfasst wird (so etwa Paragraph 14, Tir JWG LGBl 1991/18). (Nur) in einem solchen Fall vermag dann konsequenter Weise auch die Unterlassung einer Antragstellung auf Pflegegeld den Unterhaltsvorschussanspruch nicht aufrecht zu erhalten (ÖA 1996, 127/UV 1991).
Im vorliegenden Fall ist zwar die Rechtsgrundlage der Unterbringung der Minderjährigen bei seiner väterlichen Großmutter nicht - wie etwa in jenen Fällen, die den Entscheidungen 7 Ob 224/99p und 1 Ob 243/99p zugrundelagen - die Obsorgeübertragung an diese. Es ist hier jedoch der Vater auf Grund des Umstandes, dass ihm die Obsorge übertragen wurde, berechtigt, die Person auszuwählen, der er die Pflege und Erziehung des Kindes überlässt. Wie aus der Mitteilung des Unterhaltssachwalters über die Pflegegeldgewährung hervorgeht, sollte mit der Unterbringung der Minderjährigen bei ihrer Großmutter gerade keine Maßnahme der vollen Erziehung gesetzt, sondern im Gegenteil verhindert werden, dass eine solche Maßnahme (nämlich die Heimunterbringung) weiterhin aufrecht erhalten werden muss.
Entgegen der zu 7 Ob 5/99g vertretenen Auffassung liegt hier keine bescheidmäßige und damit der Rechtskraft fähige, einen Rechtsanspruch des Empfängers erledigende Pflegegeldzuerkennung vor. Während nämlich nach § 27 Abs 1 Wr JWG "Pflegeeltern" (Pflegepersonen) zur Durchführung der vollen Erziehung - eine solche liegt nicht vor - auf Antrag zur Erleichterung der mit der Pflege verbundenen Lasten Pflegegeld gebührt, diesen also ausdrücklich ein Rechtsanspruch zuerkannt wird (so auch die Materialien zum Wr JWG, § 27, 57), statuiert § 27 Abs 6 Wr JWG, dass (sonstigen) Personen, die mit den von ihnen betreuten Kindern bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind - unter welchen Personenkreis die Großmutter eines Kindes fällt - vom Magistrat unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Pflegegeld bis zur Höhe des - auf Grund des § 27 Abs 5 Wr JWG durch Verordnung der Wiener Landesregierung festzusetzenden - Richtsatzes gewährt werden kann, somit kein Rechtsanspruch besteht (Materialien zum Wr JWG zu § 27 Abs 6). Diese rechtliche Ausgestaltung als nicht bescheidmäßiger Gewährungsakt der Privatwirtschaftsverwaltung entspricht übrigens auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum BundespflegegeldG BGBl 1993/110, wonach die Zuerkennung von Pflegegeldern in der Zeit bis zum 30. Juni 1995 (BGBl 1995/131) über die Stufe 2 hinaus mittels bloßer Mitteilungen (der gewährenden Pflegegeldträger) ebenfalls ohne Bescheidcharakter erfolgte; derartige, über der Stufe 2 liegende Pflegegelder wurden daher vom zuständigen Sozialversicherungsträger bloß als Träger von Privatrechten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt (SSV-NF 10/110 uva).Entgegen der zu 7 Ob 5/99g vertretenen Auffassung liegt hier keine bescheidmäßige und damit der Rechtskraft fähige, einen Rechtsanspruch des Empfängers erledigende Pflegegeldzuerkennung vor. Während nämlich nach Paragraph 27, Absatz eins, Wr JWG "Pflegeeltern" (Pflegepersonen) zur Durchführung der vollen Erziehung - eine solche liegt nicht vor - auf Antrag zur Erleichterung der mit der Pflege verbundenen Lasten Pflegegeld gebührt, diesen also ausdrücklich ein Rechtsanspruch zuerkannt wird (so auch die Materialien zum Wr JWG, Paragraph 27,, 57), statuiert Paragraph 27, Absatz 6, Wr JWG, dass (sonstigen) Personen, die mit den von ihnen betreuten Kindern bis zum dritten Grad verwandt oder verschwägert sind - unter welchen Personenkreis die Großmutter eines Kindes fällt - vom Magistrat unter Berücksichtigung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Pflegegeld bis zur Höhe des - auf Grund des Paragraph 27, Absatz 5, Wr JWG durch Verordnung der Wiener Landesregierung festzusetzenden - Richtsatzes gewährt werden kann, somit kein Rechtsanspruch besteht (Materialien zum Wr JWG zu Paragraph 27, Absatz 6,). Diese rechtliche Ausgestaltung als nicht bescheidmäßiger Gewährungsakt der Privatwirtschaftsverwaltung entspricht übrigens auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum BundespflegegeldG BGBl 1993/110, wonach die Zuerkennung von Pflegegeldern in der Zeit bis zum 30. Juni 1995 (BGBl 1995/131) über die Stufe 2 hinaus mittels bloßer Mitteilungen (der gewährenden Pflegegeldträger) ebenfalls ohne Bescheidcharakter erfolgte; derartige, über der Stufe 2 liegende Pflegegelder wurden daher vom zuständigen Sozialversicherungsträger bloß als Träger von Privatrechten im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt (SSV-NF 10/110 uva).
Daraus folgt, dass den von den Ländern nach ihren jeweiligen Jugendwohlfahrtsgesetzen bloß auf Grund von "Kannbestimmungen" und damit ohne Rechtsanspruch gewährten Pflegegeldern kein bescheidmäßiger Zuweisungsakt zugrundeliegt. Im übrigen ist Leistungsempfänger nach § 2 Abs 1 UVG das Kind, nach § 27 Wr JWG die Pflegeperson.Daraus folgt, dass den von den Ländern nach ihren jeweiligen Jugendwohlfahrtsgesetzen bloß auf Grund von "Kannbestimmungen" und damit ohne Rechtsanspruch gewährten Pflegegeldern kein bescheidmäßiger Zuweisungsakt zugrundeliegt. Im übrigen ist Leistungsempfänger nach Paragraph 2, Absatz eins, UVG das Kind, nach Paragraph 27, Wr JWG die Pflegeperson.
Die Einschränkung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG soll nach den Materialien (JAB 199 BlgNR XIV. GP 5) sicherstellen, dass die Kosten der Unterbringung eines Kindes in einem Heim oder bei Pflegeeltern nicht vom Träger der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe, den diese Kosten nach der geltenden Rechtslage treffen, auf den Bund überwälzt werden, weil der Unterhalt des Kindes durch öffentlich-rechtliche Leistungen der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrtspflege, die vom Unterhaltspflichtigen zu ersetzen sind, abgedeckt werden (RV 172 BlgNR XVII. GP 24), also das Kind aus öffentlichen Mitteln "voll versorgt wird" (Neumayr, Die neueste Rechtsprechung zum UVG in RpflSlgA 1999/2, 81 [83]). Bloß freiwillig gewährte Zuschüsse welcher Art immer treffen den Jugendwohlfahrtsträger jedenfalls nur wirtschaftlich, aber nicht "nach der Rechtslage". Dass dies - je nach dem anzuwendenden Landesrecht - zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, ist eine von den jeweiligen Landesgesetzgebern rechtspolitisch gewollte normative Ausgestaltung, deren Änderung der Gesetzgebung und nicht den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Rechtsprechung obliegt. Die Gewährung eines Verwandtenpflegegeldzuschusses nach § 27 Abs 6 Wr JWG an die Großmutter stellt demnach keinen Einstellungsgrund für die dem Kind gewährten Unterhaltsvorschüsse nach § 2 Abs 2 Z 2 UVG dar. Die in der Entscheidung 7 Ob 5/99g vertretene gegenteilige Auffassung kann nicht aufrecht erhalten werden.Die Einschränkung des Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG soll nach den Materialien (JAB 199 BlgNR römisch XIV. GP 5) sicherstellen, dass die Kosten der Unterbringung eines Kindes in einem Heim oder bei Pflegeeltern nicht vom Träger der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe, den diese Kosten nach der geltenden Rechtslage treffen, auf den Bund überwälzt werden, weil der Unterhalt des Kindes durch öffentlich-rechtliche Leistungen der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrtspflege, die vom Unterhaltspflichtigen zu ersetzen sind, abgedeckt werden (RV 172 BlgNR römisch XVII. GP 24), also das Kind aus öffentlichen Mitteln "voll versorgt wird" (Neumayr, Die neueste Rechtsprechung zum UVG in RpflSlgA 1999/2, 81 [83]). Bloß freiwillig gewährte Zuschüsse welcher Art immer treffen den Jugendwohlfahrtsträger jedenfalls nur wirtschaftlich, aber nicht "nach der Rechtslage". Dass dies - je nach dem anzuwendenden Landesrecht - zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann, ist eine von den jeweiligen Landesgesetzgebern rechtspolitisch gewollte normative Ausgestaltung, deren Änderung der Gesetzgebung und nicht den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Rechtsprechung obliegt. Die Gewährung eines Verwandtenpflegegeldzuschusses nach Paragraph 27, Absatz 6, Wr JWG an die Großmutter stellt demnach keinen Einstellungsgrund für die dem Kind gewährten Unterhaltsvorschüsse nach Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 2, UVG dar. Die in der Entscheidung 7 Ob 5/99g vertretene gegenteilige Auffassung kann nicht aufrecht erhalten werden.
Anmerkung
E56234 06A02789European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1999:0060OB00278.99X.1215.000Dokumentnummer
JJT_19991215_OGH0002_0060OB00278_99X0000_000