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10/10 Datenschutz;Norm
DSG 2000 §1 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des AA in W, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 12. März 2004, Zl. K 120.883/002- DSK/2004, betreffend Ansprüche nach dem Datenschutzgesetz 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Über Anzeige des Gendarmeriepostens V. (im Folgenden: GP) kam es zu einer Einvernahme des Beschwerdeführers durch die zuständige Untersuchungsrichterin am (seinerzeitigen) Jugendgerichtshof Wien. In der Folge legte die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien im August 2000 die Anzeige zurück und teilte der Untersuchungsrichterin unter Bezugnahme auf § 90 Abs. 1 StPO mit, dass kein Grund zu einer weiteren Verfolgung gefunden worden sei.
2. Am 28. Juli 2003 richtete der Beschwerdeführer an das Landesgendarmeriekommando NÖ (im Folgenden: LGK) ein Ansuchen auf Löschung sämtlicher zu seiner Person (im Zusammenhang mit den vom GP im Juni 2000 geführten Ermittlungen) verarbeiteten Daten.
Dieses Begehren lehnte das LGK mit Schreiben vom 31. Juli 2003 ab.
Mit Eingabe vom 19. August 2003 erhob der Beschwerdeführer
gegen das LGK Beschwerde an die belangte Behörde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. März 2004 gab
die belangte Behörde dieser "gegen das ... (LGK) (belangter
Auftraggeber) wegen Verletzung im Recht auf Löschung von Protokolldaten" erhobenen Beschwerde teilweise statt und trug dem LGK auf, binnen zwei Wochen a) die Karteikarte mit den personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers in der Indexkartei des genannten GP, die auf die im Juni 2000 gegen ihn geführten Ermittlungen hinweise, sowie b) die Eintragungen betreffend diese Ermittlungen zu näher genannten Geschäftszahlen im Protokollbuch des GP dahin gehend zu ergänzen, dass gemäß § 90 Abs. 1 StPO die vom GP an die Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien erstattete Strafanzeige zurückgelegt und die beim Jugendgerichtshof Wien eingeleiteten gerichtlichen Vorerhebungen gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden seien (Spruchpunkt 1). Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen (Spruchpunkt 2).
Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus, aus den §§ 10 und 13 SPG und der darauf beruhenden Kanzleiordnung der Bundesgendarmerie ergebe sich die Zugehörigkeit der Dokumentation im Protokoll und die Führung der Steckzettelkartei zum Inneren Dienst der Bundesgendarmerie und damit die - vom belangten Auftraggeber auch ausdrücklich in Anspruch genommene - Auftraggebereigenschaft des LGK für (die Verarbeitung) dieser manuellen Dateien. Die Datenschutzkommission vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, ein "behördenüblicher" Papierakt bilde weder eine automationsunterstützt geführte Datenanwendung noch eine manuelle Datei, sodass es keinen Anspruch auf Löschung von Daten aus einem solchen Akt, etwa durch Entfernen und Vernichten von einzelnen Blättern oder durch Unkenntlichmachung von einzelnen Schriftpassagen, gebe. Weder aus § 1 Abs. 3 Z. 2 noch aus § 27 Abs. 1 DSG 2000 ergebe sich ein Recht auf "Löschung" eines Papieraktes, sodass die Beschwerde hinsichtlich der Papierakten abzuweisen gewesen sei.
Sowohl die Eintragung im Protokollbuch als auch die Führung der Indexkartei diene nicht der inhaltlichen Verwendung der Daten, sondern lediglich zur Dokumentation bzw. zur Wiederauffindung der entsprechenden Papierakten. Somit stehe der Dokumentationszweck dieser Daten gemäß § 27 Abs. 3 erster Satz DSG 2000 einer Löschung entgegen. Es lägen jedoch im vorliegenden Fall auch die Voraussetzungen des zweiten Satzes dieser Bestimmung für eine Richtigstellung durch zusätzliche Anmerkung vor. Der Beschwerde sei daher soweit Folge zu geben, dass der belangte Auftraggeber (das LGK) im Protokoll und in der Indexkartei die im Spruch bezeichneten Anmerkungen vorzunehmen habe. Das darüber hinausgehende Begehren auf vollständige Löschung sei abzuweisen gewesen.
Gegen Spruchpunkt 2 dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, B 574/04, wies der Verfassungsgerichtshof die an ihn gerichtete Beschwerde ab.
In der vorliegenden Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich in seinem Recht auf "Löschung unzulässiger Weise verarbeiteter personenbezogener Daten (§ 1 Abs. 3 Z. 2 DSG, § 6 Abs. 1 Z. 5 DSG, § 27 Abs. 1 DSG, § 63 SPG, Art. 8 EMRK)" verletzt. Er bringt vor, seine Beschwerde sei hinsichtlich der Indexkarteiblätter (der Steckkarten), der Protokollbucheintragungen und auch des Kopienaktes (Erhebungsakte) insbesondere im Hinblick auf "§ 27 Abs. 1 DSG (2000), § 63 SPG" berechtigt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen, in eventu abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit mit der Beschwerde das Ziel verfolgt wird, die Vernichtung des "Kopienaktes" bzw. "Papieraktes" (Zweitschrift der Anzeige) sowie die Löschung (Schwärzung) der fraglichen Eintragung im Protokollbuch zu erwirken, gleicht der vorliegende Fall in sämtlichen entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 29. November 2005, Zl. 2004/06/0169, zu Grunde lag. Danach stellt ein Kopienakt keine manuelle Datei im Sinne des § 1 Abs. 3 DSG 2000 dar und lässt der Dokumentationszweck der Eintragungen im Protokollbuch eine Löschung nicht zu. Für die Indexkarte als Teil des "Aktenauffindungssystems" (siehe insofern das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2004, Zl. 2004/06/0018) gilt sinngemäß dasselbe wie für das Protokollbuch. Aus den in diesen Erkenntnissen genannten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ist die Abweisung der Anträge des Beschwerdeführers nicht als rechtswidrig zu erkennen. Dass ein Sachverhalt vorliege, wie er dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2005/06/0140, zu Grunde lag (in diesem Verfahren enthielt das Protokollbuch sensible Daten, weshalb der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid in diesem Umfang aufhob), ist nicht zu erkennen und wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004060073.X00Im RIS seit
17.01.2007