TE OGH 1999/12/22 7Ob302/99h

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Veröffentlicht am 22.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj 1. Jürgen B*****, geboren am 20. März 1988, und 2. Jan B*****, geboren am 14. September 1991, beide vertreten durch ihre Mutter C***** P*****, diese vertreten durch Dr. Anton Moser, Rechtsanwalt in Traun, über den Antrag des Vaters E***** B*****, Moskau, Russische Förderation, vertreten durch Dr. Erwin Höller, Dr. Reinhold Lingner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Herabsetzung des Anspruches auf Unterhalt, infolge Revisionsrekurses des Vaters E***** B***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 22. Juli 1999, GZ 14 R 317/99g-137, als Rekursgericht womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 3. Mai 1999, GZ 2 P 261/96s-126, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Festsetzung der Unterhaltsbeiträge für die Zeit vom 17. 6. 1997 bis 31. 5. 1998 und hinsichtlich der Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichtes für den Zeitraum ab 26. 3. 1999 als unangefochten unberührt bleiben, werden insoweit aufgehoben, als das Unterhaltsenthebungsbegehren des Vaters für die Zeit vom 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999

hinsichtlich des mj Jürgen B***** auf monatlich S 1.800 und

hinsichtlich des mj Jan B***** auf monatlich S 1.450 abgewiesen wurde. In diesem Umfang wird dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Enthebungsantrag nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Zuletzt wurde der von dem antragstellenden Vater an die beiden Minderjährigen zu leistende Unterhalt mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 24. 4. 1997 (ON 38) für den älteren Sohn mit S 6.300 und für den jüngeren mit S 5.000 monatlich festgesetzt. Das Landesgericht Linz ging dabei im Wesentlichen davon aus, dass der Vater als Monteur in Moskau 1996 ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 48.027 netto erzielt hat.

In weiterer Folge stellte dieser am 16. 6. 1997 (ON 39) einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhaltes auf S 3.800 bzw S 3.200, den er damit begründete, dass er nunmehr seine Lebensgefährtin geheiratet habe und im Jahre 1997 nur noch über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von S 29.341,06 verfüge. Dabei seien die Taggelder, die er zur Finanzierung seines Auslandsaufenthalts in Moskau, der extrem kostspielig sei, von seinem Arbeitgeber bekomme, nicht zu berücksichtigen. Miteinzubeziehen sei aber die weitere Unterhaltspflicht, die er gegenüber seinem 1995 geborenen weiteren Sohn habe.

Seinen (weiteren) Herabsetzungsantrag vom 29. 7. 1997 (ON 43) stützte der Antragsteller auf einen durchschnittlichen Monatsbezug von S 31.077,93, wobei noch zu berücksichtigen sei, dass ihm an Steuer von der Zentraladministration für den Wohnbezirk in Moskau umgerechnet S 176.200, also monatlich S 14.683,33 vorgeschrieben worden seien, weshalb nur noch ein monatlicher Nettoverdienst von S 16.394,62 verbleibe. Erneut hielt er fest, dass die von ihm erhaltenen Taggelder in Höhe von S 984 täglich, monatlich S 29.520, derzeit nicht miteinbezogen werden könnten, da er für Wohnungsmiete S 16.800, an Reinigungskosten S 2.790, Wäschereikosten von S 1.966,51 und Telefonkosten von S 5.893,60, insgesamt sohin monatlich S 27.450,71 an Kosten für die Finanzierung seines Lebensunterhaltes durch seinen Aufenthalt in Moskau habe. Über weiteres Einkommen verfüge er nicht. In seinem Antrag auf Unterhaltsherabsetzung vom 26. 1. 1998 (ON 71) stützte sich der Vater darauf, dass er nun nur noch ein monatliches Durchschnittseinkommen von S 12.709 netto habe, woraus sich dann ein Unterhaltsanspruch von S 1.650 bzw S 1.250 ergebe.

In seinem letzten Antrag vom 25. 3. 1999 (ON 122), mit dem er die Herabsetzung des Unterhalts ab 26. 3. 1999 auf S 1.300 bzw S 950 begehrte, machte der Antragsteller geltend, dass sich im Jahre 1998 sein durchschnittlicher Monatslohn auf S 9.867,42 vermindert habe und betonte erneut, dass im Hinblick auf die extrem hohen Lebenserhaltungskosten für Ausländer in Moskau die Taggelder keinen Einkommensbestandteil bildeten.

Die Minderjährigen wandten sich in ihren Stellungnahmen stets gegen die Anträge auf Herabsetzung des Unterhaltes und behaupteten zusammengefasst, dass ihr Vater wesentliche Einkommensbestandteile verschleiere; auch sei jedenfalls die Hälfte der Taggelder in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Es entspreche nicht den Lebenserfahrungen, dass das Entgelt des Vaters durch den Wegfall von Überstunden derart herabgesunken sei. Die Mietkosten und die Telefonkosten seien überhöht.

Das Erstgericht gab den Herabsetzungsanträgen teilweise Folge und setzte unter anderem den Unterhalt für die Zeit ab 1. 1. 1998 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit für den älteren Sohn mit S 3.300 monatlich und für den jüngeren Sohn ab 1. 1. 1998 mit S 2.800 bzw ab 31. 3. 1998 mit S 2.600 fest. Es ging dabei von weiteren Unterhaltspflichten sowie davon aus, dass das Einkommen des Vaters im Jahre 1998 inclusive des halben Taggelds S 21.552 netto betragen habe.

Den gegen diese Entscheidung sowohl vom Kindesvater als auch den beiden Minderjährigen erhobenen Rekursen gab das Gericht zweiter Instanz teilweise Folge und änderte für den hier maßgeblichen Zeitraum die Entscheidung dahin ab, dass es den Vater unter anderem zur Zahlung für den älteren Sohn für die Zeit vom 27. 1. 1998 bis 31. 3. 1998 von S 2.000 monatlich, für die Zeit vom 1. 4. bis 31. 5. 1998 von S 2.200 und dann für die Zeit vom 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 von S 5.000 monatlich verpflichtete. Hinsichtlich des jüngeren Sohnes setzte es für die gleichen Zeiträume die monatliche Unterhaltspflicht mit S 2.000, dann S 1.800 und ab 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 mit S 4.000 monatlich fest. Für den Zeitraum ab 26. 3. 1999 hob es den erstgerichtlichen Beschluss als nichtig auf. Es traf dabei ergänzende Feststellungen dahin, dass der Vater im Jahre 1997 inclusive der Taggelder, jedoch unter Abzug der Sozialversicherungsbeiträge S 623.760,60 erhielt und an Steuer 75.766 alter Rubel (eine Umrechnung in Schilling unterblieb) zu bezahlen hatte. Für 1998 stellte es dieses Einkommen mit S 566.735,40 und die Steuerpflicht mit 81.896 neuer Rubel fest (eine Umrechnung in Schilling unterblieb). Die Wohnung des Vaters in Moskau kostet 1.400 US-Dollar (eine Umrechnung unterblieb); woraus das Rekursgericht eine Belastung von S 16.800 errechnete. In diese ist er im Mai 1998 übersiedelt.

Es folgerte rechtlich ausgehend von diesen Feststellungen hinsichtlich des hier noch maßgeblichen Zeitraumes, dass bei Taggeldern eine Heranziehung wenigstens zur Hälfte als Zweifelsregelung dann nicht in Betracht komme, wenn konkrete Ausgaben nachgewiesen werden, wobei sich der Vater nunmehr im Rekurs nicht auf einen höheren Umrechnungskurs berufen könne. Für den Zeitraum nach dem 1. 6. 1998 verliere das Taggeld im Hinblick auf die Verlegung des Wohnsitzes im Mai 1998 des Vaters nach Moskau den Charakter eines Aufwandersatzes und sei zur Gänze in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen. Es sei allgemein bekannt, dass die Aufwendungen an einem auswärtigen Dienstort im Vergleich zum üblichen Dienstort im Laufe der Zeit immer geringer werden. Die erhöhten Ausgaben für zwei Wohnsitze fielen aber mit der Verlegung des Wohnsitzes nach Moskau weg. Ab diesem Zeitpunkt seien nur noch in einem gewissen Betrag die Telefonkosten zu berücksichtigen.

Den Revisionsrekurs erachtete das Zweitgericht über Antrag schließlich für zulässig, da eine Rechtsprechung zur Frage des Aufwandersatzcharakters von Taggeldern zur Finanzierung von Wohnungen im Ausland, wenn der Betreffende seinen Wohnsitz im Ausland habe, ebenso fehle wie zur Frage, ob die Behauptung einer Kursschwankung auch noch erstmals im Rekurs geltend gemacht werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Vaters, der sich gegen die Abweisung seines weiteren Herabsetzungsbegehrens für die Zeit vom 1. 6. 1997 bis 25. 3. 1999 richtet, ist zulässig und auch im Sinne einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Als Unterhaltsbemessungsgrundlage gemäß § 140 ABGB sind sämtliche tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann, heranzuziehen, soweit es sich nicht bloß um die Abgeltung von effektiven Auslagen handelt (vgl RS0107262, Schwimann in Schwimann, ABGB2 § 140 Anm 46). Bei unselbständigen Erwerbstätigen fällt darunter das Arbeitsentgelt, also das, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft leistet, soweit damit nicht tatsächliche Aufwände abgegolten werden. Es wird an den arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff angeknüpft (vgl Schwimann aaO Anm 47).Als Unterhaltsbemessungsgrundlage gemäß Paragraph 140, ABGB sind sämtliche tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann, heranzuziehen, soweit es sich nicht bloß um die Abgeltung von effektiven Auslagen handelt vergleiche RS0107262, Schwimann in Schwimann, ABGB2 Paragraph 140, Anmerkung 46). Bei unselbständigen Erwerbstätigen fällt darunter das Arbeitsentgelt, also das, was der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft leistet, soweit damit nicht tatsächliche Aufwände abgegolten werden. Es wird an den arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff angeknüpft vergleiche Schwimann aaO Anmerkung 47).

Dabei werden regelmäßig Auslandszulagen, Entfernungszulagen, Montagezulagen oder Taggelder zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen, sofern der Unterhaltspflichtige nicht nachweist, dass er mehr als die Hälfte zur Abdeckung seines berufsbedingten Mehraufwandes bedarf (vgl Schwimann aaO Anm 55 mwN).Dabei werden regelmäßig Auslandszulagen, Entfernungszulagen, Montagezulagen oder Taggelder zur Hälfte in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen, sofern der Unterhaltspflichtige nicht nachweist, dass er mehr als die Hälfte zur Abdeckung seines berufsbedingten Mehraufwandes bedarf vergleiche Schwimann aaO Anmerkung 55 mwN).

Hinsichtlich von Auslandsverwendungszulagen wurde nun ausgesprochen, dass diese dann, wenn sie mehr als den Ersatz des dem Unterhaltspflichtigen durch den Auslandsaufenthalt tatsächlich entstehenden Mehraufwandes enthalten, im übersteigenden Teil in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind (vgl RS0110703 = OGH 2 Ob 216/98y, 2 Ob 39/99w und 2 Ob 153/99k; vgl weiters EFSlg 83.486 zur Kaufkraftausgleichszulage).Hinsichtlich von Auslandsverwendungszulagen wurde nun ausgesprochen, dass diese dann, wenn sie mehr als den Ersatz des dem Unterhaltspflichtigen durch den Auslandsaufenthalt tatsächlich entstehenden Mehraufwandes enthalten, im übersteigenden Teil in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind vergleiche RS0110703 = OGH 2 Ob 216/98y, 2 Ob 39/99w und 2 Ob 153/99k; vergleiche weiters EFSlg 83.486 zur Kaufkraftausgleichszulage).

Das Trennungsgeld wurde als Aufwandsentschädigung qualifiziert, die nicht zum Entgelt zählt und die dem Umstand Rechnung trägt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Familie einen gemeinsamen Wohnsitz hat, dass er aber an einem Ort arbeitet, der von diesem Familienwohnsitz so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und er daher am Arbeitsort oder in dessen Nähe ständig zu wohnen gezwungen ist. Durch das Trennungsgeld sollen die mit der getrennten Haushaltsführung verbundenen Mehrkosten abgegolten werden (vgl RS0064158 insbesondere OGH 13. 10. 1999, 9 ObA 228/99s). Dem entsprechen im Wesentlichen regelmäßig auch die Taggelder (vgl dazu Arb 10.194; Hofstätter-Reichl, Die Einkommensteuer III C § 26 Z 7 Tz 4).Das Trennungsgeld wurde als Aufwandsentschädigung qualifiziert, die nicht zum Entgelt zählt und die dem Umstand Rechnung trägt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Familie einen gemeinsamen Wohnsitz hat, dass er aber an einem Ort arbeitet, der von diesem Familienwohnsitz so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und er daher am Arbeitsort oder in dessen Nähe ständig zu wohnen gezwungen ist. Durch das Trennungsgeld sollen die mit der getrennten Haushaltsführung verbundenen Mehrkosten abgegolten werden vergleiche RS0064158 insbesondere OGH 13. 10. 1999, 9 ObA 228/99s). Dem entsprechen im Wesentlichen regelmäßig auch die Taggelder vergleiche dazu Arb 10.194; Hofstätter-Reichl, Die Einkommensteuer römisch III C Paragraph 26, Ziffer 7, Tz 4).

Jene Aufwendungen der privaten Lebensführung, die aber zur Erhaltung des Einkommens aus der unselbständigen Tätigkeit zusätzlich erforderlich sind und durch diesen Aufwandersatz abgegolten werden sollen, sind also bei der Berechnung der Unterhaltsbemessungsgrundlage von dieser abzuziehen. Soweit ein Unterhaltsverpflichteter durch seine unselbständige Tätigkeit gezwungen ist, einen "zusätzlichen" Wohnsitz im Ausland zu begründen, kann er dessen Kosten auch von den dafür gewährten Taggeldern für die Berechnung der Unterhaltsbemessungsgrundlage abziehen.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher abzuklären sein, inwieweit der Vater für sich oder seine Familie in Österreich weiter einen Wohnsitz aufrecht erhält. Zu dessen Aufgabe wird er regelmäßig auch dann, wenn er sich überwiegend im Ausland aufhält, aber seine Familie sich hier in Österreich befindet, nicht gehalten sein.

Es wird daher festzustellen sein, inwieweit der Vater für einen weiteren Wohnsitz in Österreich für sich und seine Familie aufzukommen hat.

Bei der Feststellung der Unterhaltsbemessungsgrundlage wird jeweils auch genau anzugeben sein, mit welchem Umrechnungskurs etwaige relevante Belastungen in Moskau, für deren Vorliegen der Vater beweispflichtig ist (vgl EFSlg 65.880; 77.921 ua), berücksichtigt werden.Bei der Feststellung der Unterhaltsbemessungsgrundlage wird jeweils auch genau anzugeben sein, mit welchem Umrechnungskurs etwaige relevante Belastungen in Moskau, für deren Vorliegen der Vater beweispflichtig ist vergleiche EFSlg 65.880; 77.921 ua), berücksichtigt werden.

Anmerkung

E56253 07A03029

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00302.99H.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19991222_OGH0002_0070OB00302_99H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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