TE OGH 1999/12/22 7Ob203/99z

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Veröffentlicht am 22.12.1999
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Brita B*****, vertreten durch Dr. Margot Tonitz, Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Dr. Erwin B*****, vertreten durch Dr. Michael Mülner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Vergleichsanfechtung (Streitwert S 30.000,--) und Unterhaltsleistung (Revisionsinteresse S 318.000,--), über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 23. April 1999, GZ 4 R 116/99x-62, womit das Urteil des Bezirksgerichts Völkermarkt vom 20. Jänner 1999, GZ 1 C 96/96f-56, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, dessen Punkte 1), 2) und 4) bereits in Rechtskraft erwachsen sind, wird in seinem Punkt 3) und im Kostenpunkt (Punkt 5)) aufgehoben und die Rechtssache insoweit (nach allenfalls vorzunehmender Ergänzung der Berufungsverhandlung) zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Streitteile haben in dem anlässlich der einvernehmlichen Scheidung ihrer Ehe am 5. 10. 1993 geschlossenen Vergleich ua einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht vereinbart, dazu aber mündliche Nebenabreden getroffen, die von den Vorinstanzen als Unterhaltsvereinbarungen zugunsten der Klägerin qualifiziert wurden.

Das vom Erstgericht im zweiten Rechtsgang gefällte Urteil blieb insoweit unbekämpft und ist daher in folgenden Punkten in Rechtskraft erwachsen: als 1. der den Unterhaltsverzicht betreffende Punkt 2) des Scheidungsvergleichs für nichtig erklärt und 2. der Beklagte schuldig erkannt wurde, der Klägerin vom 1. 3. 1996 bis 3. 11. 1996 einen monatlichen Unterhalt von S 9.348,50 (einschließlich der aliquoten Sonderzahlungen) zu bezahlen. Die Abweisung des betreffenden Mehrbegehrens auf Weiterzahlung dieses Betrages über den 3. 11. 1996 hinaus wurde von der zweiten Instanz bestätigt. In Abänderung des Ersturteils hat das Berufungsgericht allerdings unter dem Punkt 3. den Beklagten (unter Abweisung des Mehrbegehrens) weiters schuldig erkannt, der Klägerin einen zusätzlichen Unterhalt, und zwar für das Jahr 1996 von S 90.000,--, für das Jahr 1997 von S 30.000,-- und ab 1998 von S 66.000,-- jährlich zu bezahlen.

Nur mehr dieser Punkt des Berufungsurteils und die Kostenentscheidung sind im Revisionsverfahren noch streitumfangen.

Das Erstgericht hatte die betreffende Forderung der Klägerin auf Zahlung eines - ihr angeblich vom Beklagten mündlich versprochenen - Zusatzunterhalts von jährlich S 100.000,-- ab 1. 1. 1997 (zur Gänze) abgewiesen und dazu folgende Feststellungen getroffen:

Die Klägerin hatte die Umstände ihrer Scheidung Bekannten mitgeteilt und war verschiedentlich beeinflusst worden, dass sie bei der Scheidung schlecht weggekommen sei. Daraufhin begann sie im ersten Halbjahr 1994 dem Beklagten Vorhaltungen in dieser Richtung zu machen. Der Beklagte wollte sich ein Wohlverhalten der Klägerin erkaufen und äußerte darauf ihr gegenüber, dass er ihr jährlich S 100.000,-- bezahlen werde, wenn die Sommersaison gut sei, wenn seine Berechtigung die gemeinsame Tochter Diana besuchen zu dürfen, sich reibungslos abwickeln lasse, wenn die Klägerin keine Angaben gegenüber dem Finanzamt mache und sich überhaupt ihm gegenüber wohlverhalte. Die Klägerin hat dies zustimmend zur Kenntnis genommen. Eine nähere Vereinbarung, wann ein Sommer für den Beklagten als gut zu gelten habe, wie lange dieser Betrag zu bezahlen sei und was als Wohlverhalten der Klägerin zu gelten habe, wurde nicht getroffen. Der Beklagte zahlte im Jahr 1994 auf einmal und im Jahr 1995 in zwei Raten jeweils S 100.000,-- an die Klägerin. Auch im Jahre 1996 hätte er der Klägerin S 100.000,-- bezahlt, wenn sie nicht mit der vorliegenden Klage gegen ihn vorgegangen wäre. Im Jahr 1996 betrug das Einkommen des Beklagten, ebenso wie zum Zeitpunkt der Scheidung rund S 1,100.000,-- netto. 1997 und 1998 waren dies jeweils knapp S 900.000,-- jährlich netto. Der Beklagte hat auf Grund eines den Unterhalt für die Tochter Diana aber auch den Unterhaltsanspruch der Klägerin betreffenden Forderungsschreibens der Klagevertreterin Dr. Tonitz letztere am 3. 2. 1995 aufgesucht. Dr. Tonitz hat über die Vorsprache des Beklagten vom 3. 2. 1995 einen Aktenvermerk verfasst, wonach dieser damals (ua) erklärt habe, dass er zusichere, der Klägerin aus dem Titel des Unterhalts einmal jährlich noch weitere S 100.000,-- zu bezahlen. Das habe er im Jahre 1994 eingehalten und werde er auch im Jahre 1995 einhalten.

Im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht betreffend den Anspruch auf Zahlung des (weiteren) Unterhalts von S 100.000,-- jährlich aus, dass diese Zusage des Beklagten undeutlich und unbestimmt sei. Der Beklagte habe für die Zahlung weiterer S 100.000,-- jährlich verschiedene Bedingungen gestellt, er habe niemals gesagt, für welchen Zeitraum er diese Zusage mache. Daher sei "ab dem Jahre 1996 diese Zusage nicht gegeben". Es habe sich um eine freiwillige unverbindliche Leistung des Beklagten für die Jahre 1994 und 1995 gehandelt und sei dies auch von der Klägerin so gesehen worden. Wann die Sommersaison des Beklagten noch als gut zu betrachten sei, sei in keiner Weise nachvollziehbar. Wann das Verhalten der Klägerin als ein Wohlverhalten anzusehen sei, könne auch nicht überprüft werden. Es handle sich also um eine sowohl hinsichtlich der Dauer als auch des Inhalts nicht nachvollziehbare Zusage des Beklagten. Eine derartige Zusage müsse auch unter der Umstandsklausel gesehen werden. Die Einkünfte des Beklagten hätten sich von S 1,100.000,-- im Jahre 1993 und 1996 auf etwas unter S 900.000,-- in den Jahren 1997 und 1998 reduziert. Der Beklagte habe neuerlich geheiratet, seine nunmehrige Ehefrau sei auch als Halbtagsordinationsgehilfin bei ihm angestellt. Ihre Unterhaltsansprüche seien also höher als die Einkünfte. Weiters sei aus der zweiten Ehe ein Kleinkind hervorgegangen. Es sei daher das betreffende Klagebegehren abzuweisen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, als dass es den Beklagten neben der in Rechtskraft erwachsenen monatlichen Unterhaltsverpflichtung von S 9.348,50 für die Zeit vom 1. 3. 1996 bis 3. 11. 1996 bei gleichzeitig ebenfalls in Rechtskraft erwachsener Abweisung dieses Begehrens über den 3. 11. 1996 hinaus noch zu jährlichen Unterhaltsleistungen von S 90.000,-- für 1996, von S 30.000,-- für 1997 und ab 1998 von S 66.000,-- unter jeweiliger Abweisung des jährlichen Mehrbegehrens verpflichtete. Es sprach aus, dass die Erhebung der ordentlichen Revision unzulässig sei. Es erklärte ausdrücklich, den vom Erstgericht festgestellten, nicht ergänzungsbedürftigen Sachverhalt als Ergebnis einer unbedenklichen und zutreffenden Beweiswürdigung zu übernehmen und ihn seiner rechtlichen Beurteilung zugrundezulegen.

Zur Forderung auf jährliche Unterhaltszahlungen von S 100.000,-- führte es im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge der Klägerin nach Wiedergabe der betreffenden erstgerichtlichen Feststellungen im Wesentlichen wie folgt aus: Durch die Zusage des Beklagten von jährlichen Zahlungen von S 100.000,--, durch die Annahme dieser Unterhaltszusage seitens der Klägerin und letztlich auch durch die Erfüllung in den Jahren 1994 und 1995 hätten die Parteien nach der Scheidung zumindest konkludent zum laufenden Unterhalt eine Zusatzvereinbarung geschlossen, der ebenfalls Unterhaltscharakter zukomme. Danach habe sich der Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen zusätzlichen jährlichen Unterhalt von S 100.000,-- zu leisten, wobei diese Verpflichtung jedoch an die angeführten, auflösenden Bedingungen geknüpft gewesen sei. Dass die Vereinbarung zur Leistung des zusätzlichen Unterhalts deshalb nicht mehr wirksam sei, weil die ohnehin recht unbestimmten, auflösenden Bedingungen eingetreten seien bzw die Geschäftsgrundlage dazu weggefallen sei, habe der Beklagte gar nicht geltend gemacht, sondern in diesem Zusammenhang lediglich eingewendet, dass die Klägerin seit Aufnahme ihrer Halbtagsbeschäftigung ohnehin versorgt sei, selbst über ein ausreichendes Einkommen verfüge und sein Einkommen 1996 gesunken sei; der Beklagte habe also Umstände geltend gemacht, die der sogenannten Umstandsklausel zu unterstellen seien. Im Sinne der Umstandsklausel, also der stillschweigend vereinbarten Abänderbarkeit periodisch wiederkehrender Unterhaltszahlungen bei geänderten Lebensverhältnissen, sei der Unterhaltsanspruch bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu zu bestimmen. Die festgestellte Minderung des Jahreseinkommens des Beklagten von netto rund S 1,100.000,-- auf knapp S 900.000,-- stelle keine wesentliche Änderung dar. Eine solche ergebe sich jedoch durch das von der Klägerin erzielte Eigeneinkommen von S 13.340,-- vierzehnmal jährlich ab 4. 11. 1996 bzw von S 10.437,60 vierzehnmal jährlich ab 1. 12. 1997. Dies führe zu einer Neubemessung ihrer bedungenen Unterhaltsansprüche, wenngleich nicht völlig losgelöst von der bestehenden vergleichsweisen Regelung und der in ihr zum Ausdruck kommenden Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze. Ausgehend von einem vereinbarten (zusätzlichen) jährlichen Unterhaltsbetrag von S 100.000,-- ergebe sich unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens der Klägerin ab 4. 11. 1996 ein zusätzlicher jährlicher Unterhaltsanspruch von S 90.000,-- für das Jahr 1996, von S 30.000,-- für das Jahr 1997 und von S 66.000,-- ab dem Jahr 1998.

Die, nur mehr zur Frage einer Zusage des Beklagten, der Klägerin zusätzlichen Unterhalt von S 100.000,-- jährlich zu bezahlen und den Kostenpunkt erhobene Revision des Beklagten ist, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung gegen einen wesentlichen Grundsatz des Verfahrensrechts verstoßen hat, zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die zitierten Ausführungen des Erstgerichtes im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung betreffend die Forderung der Klägerin nach Zahlung von S 100.000,-- jährlich an zusätzlichem Unterhalt, der Beklagte habe niemals gesagt, für welchen Zeitraum er die betreffende Zusage mache, die daher ab dem Jahre 1996 "nicht gegeben" sei und es habe sich dabei um eine freiwillige unverbindliche Leistung des Beklagten in den Jahren 1994 und 1995 gehandelt, was auch von der Klägerin so gesehen worden sei, stellen ergänzende Feststellungen dar. Davon hätte das Berufungsgericht nicht ohne Beweiswiederholung abgehen dürfen, zumal in diesem Punkte keineswegs ein reiner Urkundenbeweis vorlag. Das Erstgericht hat vielmehr ausdrücklich dazu auch auf die Zeugenaussagen der Töchter der Streitteile und die Parteienvernehmungen verwiesen und sich auch mit der Beweiskraft der betreffenden Angaben der als Zeugin vernommenen Klagevertreterin auseinandergesetzt. Bei Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts hätte das Berufungsgericht daher gemäß §§ 463 Abs 1 und 488 ZPO eine Beweiswiederholung durchführen müssen. Das Abgehen von den den Denkgesetzen nicht widersprechenden Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Beklagte der Klägerin zusätzliche jährliche Unterhaltszahlungen von S 100.000,-- ab dem Jahre 1996 nicht zugesagt und es sich bei den Zahlungen 1994 und 1995 um freiwillige unverbindliche Leistungen gehandelt habe, begründet ohne Wiederholung sämtlicher zu diesem Thema aufgenommener Beweise die vom Revisionswerber ausdrücklich gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens iSd § 503 Z 2 ZPO (vgl Fasching Zivilprozessrecht2 Rz 1806) und führt zur Aufhebung des Berufungsurteiles und Rückverweisung der Sache an das Gericht zweiter Instanz (RIS-Justiz RS0043461 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen).Die zitierten Ausführungen des Erstgerichtes im Rahmen seiner rechtlichen Beurteilung betreffend die Forderung der Klägerin nach Zahlung von S 100.000,-- jährlich an zusätzlichem Unterhalt, der Beklagte habe niemals gesagt, für welchen Zeitraum er die betreffende Zusage mache, die daher ab dem Jahre 1996 "nicht gegeben" sei und es habe sich dabei um eine freiwillige unverbindliche Leistung des Beklagten in den Jahren 1994 und 1995 gehandelt, was auch von der Klägerin so gesehen worden sei, stellen ergänzende Feststellungen dar. Davon hätte das Berufungsgericht nicht ohne Beweiswiederholung abgehen dürfen, zumal in diesem Punkte keineswegs ein reiner Urkundenbeweis vorlag. Das Erstgericht hat vielmehr ausdrücklich dazu auch auf die Zeugenaussagen der Töchter der Streitteile und die Parteienvernehmungen verwiesen und sich auch mit der Beweiskraft der betreffenden Angaben der als Zeugin vernommenen Klagevertreterin auseinandergesetzt. Bei Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts hätte das Berufungsgericht daher gemäß Paragraphen 463, Absatz eins und 488 ZPO eine Beweiswiederholung durchführen müssen. Das Abgehen von den den Denkgesetzen nicht widersprechenden Feststellungen des Erstgerichts, wonach der Beklagte der Klägerin zusätzliche jährliche Unterhaltszahlungen von S 100.000,-- ab dem Jahre 1996 nicht zugesagt und es sich bei den Zahlungen 1994 und 1995 um freiwillige unverbindliche Leistungen gehandelt habe, begründet ohne Wiederholung sämtlicher zu diesem Thema aufgenommener Beweise die vom Revisionswerber ausdrücklich gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens iSd Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO vergleiche Fasching Zivilprozessrecht2 Rz 1806) und führt zur Aufhebung des Berufungsurteiles und Rückverweisung der Sache an das Gericht zweiter Instanz (RIS-Justiz RS0043461 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen).

In Stattgebung der Revision war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E56379 07A02039

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0070OB00203.99Z.1222.000

Dokumentnummer

JJT_19991222_OGH0002_0070OB00203_99Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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