TE OGH 2000/1/12 9ObA256/99h

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Veröffentlicht am 12.01.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johann L*****, Selbständiger, *****, vertreten durch Zamponi Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei V***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 126.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Mai 1999, GZ 12 Ra 67/99f-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Dezember 1998, GZ 14 Cga 1/98f-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.112,-- (darin S 1.352,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger die Anwartschaftsvoraussetzungen für die künftige Gewährung einer (vertraglichen) betrieblichen Altersversorgung erfüllt, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger die Anwartschaftsvoraussetzungen für die künftige Gewährung einer (vertraglichen) betrieblichen Altersversorgung erfüllt, zutreffend bejaht. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Nach der Rechtsprechung ist eine Pensionsvereinbarung als entgeltliches Geschäft zu qualifizieren, bei welchem der Arbeitnehmer vorgeleistet hat und nun seinem Partner gleichsam "auf Gedeih und Verderb ausgeliefert ist" (RIS-Justiz RS0027950; insb SZ 61/119, SZ 70/213 uva). Daraus wird aber auch abgeleitet, dass eine Vereinbarung im Falle der Widerruflichkeit dann sittenwidrig ist, wenn der Arbeitgeber das einseitige Recht erhält, eine bereits erworbene Pensionsanwartschaft des Arbeitnehmers nach Willkür zunichtezumachen, worunter von der Rechtsprechung auch eine Kündigung verstanden wird (SZ 70/88 = DRdA 1998, 271 [Wöss] = Arb 11.601; zuletzt 8 ObA 277/98p). Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin bildet gerade der vorliegende Fall keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.

Zunächst ist nicht hervorgekommen, dass sich der Kläger einer groben Treuepflichtverletzung schuldig gemacht oder sonst einen Entlassungsgrund gesetzt hätte. Nach den Feststellungen hatte der Kläger im Zeitpunkt der Kündigung bereits das 6-fache der für das Entstehen einer Anwartschaft erforderlichen Punkteanzahl erreicht, hatte 21 Dienstjahre im Betrieb der Beklagten zurückgelegt und befand sich im 51. Lebensjahr. Die zur Vertragsbestimmung gewordene Richtlinie der beklagten Partei, wonach im Falle einer Vertragsauflösung die Anwartschaft auf Beihilfe nur bestehen bleibt, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet hat, erweist sich daher im Falle einer - dem Arbeitgeber unbenommenen - Kündigung jedenfalls dann als grobe Benachteiligung des Arbeitnehmers und daher sittenwidrig, wenn jemand im Vertrauen auf den weiterhin aufrechten Bestand seines Dienstverhältnisses eine derart lange Dienstzeit zurückgelegt hat. Das am 1. 7. 1990 in Kraft getretene BPG ist zwar auf Leistungszusagen, die vor seinem Inkrafttreten gemacht wurden, gemäß seinem Art V (Übergangs- und Schlussbestimmungen) Abs 3 nur hinsichtlich der seit dem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden; doch ergibt sich aus Abs 4 Z 2 leg cit, dass der Gesetzgeber frühere, von den Bestimmungen des BPG abweichende Regelungen in direkten Leistungszusagen über den Verlust bereits erworbener Anwartschaften nur in ganz bestimmten Fällen, nämlich bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder bei Arbeitgeberkündigung auf Grund eines in einem Disziplinarverfahren festgestellten schuldhaften Verhaltens, anerkennen wollte, im Übrigen somit als verpönt erachtete. Die Auffassung, dass die hier zu beurteilende Verlustregelung auch hinsichtlich der "alten" Anwartschaften sittenwidrig ist, findet daher auch im nachfolgend bekundeten Willen des Gesetzgebers eine maßgebliche Stütze.Zunächst ist nicht hervorgekommen, dass sich der Kläger einer groben Treuepflichtverletzung schuldig gemacht oder sonst einen Entlassungsgrund gesetzt hätte. Nach den Feststellungen hatte der Kläger im Zeitpunkt der Kündigung bereits das 6-fache der für das Entstehen einer Anwartschaft erforderlichen Punkteanzahl erreicht, hatte 21 Dienstjahre im Betrieb der Beklagten zurückgelegt und befand sich im 51. Lebensjahr. Die zur Vertragsbestimmung gewordene Richtlinie der beklagten Partei, wonach im Falle einer Vertragsauflösung die Anwartschaft auf Beihilfe nur bestehen bleibt, wenn der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt das 55. Lebensjahr vollendet hat, erweist sich daher im Falle einer - dem Arbeitgeber unbenommenen - Kündigung jedenfalls dann als grobe Benachteiligung des Arbeitnehmers und daher sittenwidrig, wenn jemand im Vertrauen auf den weiterhin aufrechten Bestand seines Dienstverhältnisses eine derart lange Dienstzeit zurückgelegt hat. Das am 1. 7. 1990 in Kraft getretene BPG ist zwar auf Leistungszusagen, die vor seinem Inkrafttreten gemacht wurden, gemäß seinem Art römisch fünf (Übergangs- und Schlussbestimmungen) Absatz 3, nur hinsichtlich der seit dem Inkrafttreten erworbenen Anwartschaften anzuwenden; doch ergibt sich aus Absatz 4, Ziffer 2, leg cit, dass der Gesetzgeber frühere, von den Bestimmungen des BPG abweichende Regelungen in direkten Leistungszusagen über den Verlust bereits erworbener Anwartschaften nur in ganz bestimmten Fällen, nämlich bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder bei Arbeitgeberkündigung auf Grund eines in einem Disziplinarverfahren festgestellten schuldhaften Verhaltens, anerkennen wollte, im Übrigen somit als verpönt erachtete. Die Auffassung, dass die hier zu beurteilende Verlustregelung auch hinsichtlich der "alten" Anwartschaften sittenwidrig ist, findet daher auch im nachfolgend bekundeten Willen des Gesetzgebers eine maßgebliche Stütze.

Die Vertragsklausel, wonach die Auflösung des Dienstverhältnisses vor Erreichen des 55. Lebensjahres jedenfalls zum Verlust einer bereits erworbenen Anwartschaft führt, kann daher infolge ihrer (Teil-)Nichtigkeit keine Wirkung auf die vertraglichen Pensionsansprüche des Klägers entfalten.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.Die Kostenentscheidung ist in den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO begründet.

Anmerkung

E56655 09B02569

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00256.99H.0112.000

Dokumentnummer

JJT_20000112_OGH0002_009OBA00256_99H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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