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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §73 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khozouei, über die Beschwerde des Prof. Dipl. Ing. W F in B, vertreten durch Mag. Andrea Willmitzer, Rechtsanwalt in Baden, Erzherzog-Rainer-Ring 3, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulten vom 5. Oktober 2004, Zl. 222-2/2004, betreffend Beitragsvorschreibungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten angefochtenen Bescheides und des vorliegenden Verwaltungsaktes geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer ist Geometer. Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 4. Dezember 2003 wurden dem Beschwerdeführer die für das Jahr 2004 zu leistenden Beiträge für die Wohlfahrtseinrichtungen vorgeschrieben. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben, was näher begründet wurde. Zuvor hatte der Beschwerdeführer am 25. Juni 2004 beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten als Aufsichtsbehörde einen Devolutionsantrag eingebracht (weil die belangte Behörde bis dahin über die Berufung nicht entschieden hatte).
Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der nach Durchführung eines Vorverfahrens mit Beschluss vom 25. September 2006, B 1441/04-9, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der für den Fall der Abtretung bereits ausgeführten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist das Ziviltechnikerkammergesetz 1993, BGBl. Nr. 157/1994 (ZTKG), in der Fassung BGBl. I Nr. 44/2004, anzuwenden.
Die gegenständliche Verwaltungsangelegenheit (Vorschreibung von Beiträgen zu den Wohlfahrtseinrichtungen) ist, wie sich aus § 18 (insbesondere Abs. 2 Z 2) ZTKG ergibt, eine solche des selbständigen Wirkungsbereiches der Bundeskammer.
§ 54 ZTKG lautet:
"Aufsichtsbehörde
§ 54. (1) Die Aufsicht über die Kammern wird vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ausgeübt. Die Kammern sind verpflichtet, der Aufsichtsbehörde die zur Wahrnehmung der Aufsicht erforderlichen Auskünfte zu erteilen und sie von der Einberufung der Sitzungen der Kammerorgane angemessene Zeit vorher zu benachrichtigen.
(2) Die Aufsichtsbehörde ist insbesondere berechtigt:
1. zu den Sitzungen der Kammerorgane Vertreter zu entsenden, Berichte über die Tätigkeit der Kammerorgane einzuholen und in alle Kammerakten Einsicht zu nehmen;
2. gesetzwidrige Beschlüsse und Anordnungen mit Ausnahme jener des Disziplinarausschusses und der Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten aufzuheben;
3. Organe zu entheben, wenn sie ihre Befugnisse überschreiten, ihre Aufgaben vernachlässigen oder beschlussunfähig werden.
(3) Die Kammern sind verpflichtet, auf Verlangen der Aufsichtsbehörde die Aufhebung gesetzwidriger Beschlüsse und Anordnungen in ihren Kammernachrichten zu verlautbaren."
Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde sei im Hinblick auf den von ihm eingebrachten Devolutionsantrag (sinngemäß zu ergänzen: über den nicht abweislich oder zurückweisend entschieden worden sei) zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unzuständig gewesen. Der Devolutionsantrag sei zulässig gewesen, weil der Bundesminister als Aufsichtsbehörde kraft Aufsichtsrechtes auch Oberbehörde (im Sinne des § 73 AVG) sei.
Die Auffassung des Beschwerdeführers trifft nicht zu. Die Aufsichtsbehörde ist gegenüber einem Selbstverwaltungskörper nicht jedenfalls (zwingend) auch Oberbehörde im Sinne des § 73 AVG. Im Beschwerdefall ist nämlich wesentlich, dass die zugrundeliegende Verwaltungsangelegenheit (Beitragsvorschreibung für den Wohlfahrtsfonds) eine solche des selbständigen Wirkungsbereiches der Bundeskammer ist. So ist in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ein Devolutionsantrag bei Säumnis der Obersten Gemeindebehörde an eine staatliche Behörde unzulässig, weil den staatlichen Behörden insoweit gemäß Art. 119a B-VG lediglich ein Aufsichtsrecht, nicht aber eine Befugnis zur Entscheidung in der Sache selbst zukommt (siehe dazu beispielsweise die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, in E 222 zu § 73 AVG wiedergegebene hg. Judikatur; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0014, betreffend die Arbeiterkammer). Dies muss in gleicher Weise für das Aufsichtsrecht staatlicher Behörden gegenüber sonstigen Selbstverwaltungskörpern gelten. Die dem Bundesminister gemäß § 54 ZTKG zustehenden Aufsichtsmittel enthalten keine Befugnis (und eine solche ist aus dieser Gesetzesstelle auch nicht ableitbar), dass er an Stelle eines säumigen Organes der Bundeskammer einen Bescheid erlassen könnte. Der Devolutionsantrag an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten war daher unzulässig. Ein unzulässiger Devolutionsantrag führt aber keinen Zuständigkeitsübergang herbei (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 9. September 2001, Zl. 99/10/0239, mwN).
Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. November 2006
Schlagworte
Organisationsrecht Körperschaften des öffentlichen Rechtes Selbstverwaltung VwRallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006060256.X00Im RIS seit
27.12.2006