TE OGH 2000/1/12 9Ob293/99z

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Veröffentlicht am 12.01.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brunhilde K*****, Friseurin, ***** vertreten durch Dr. Josef Klaunzer und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Hermann N*****, Musiker, ***** vertreten durch Dr. Andreas Fink und andere, Rechtsanwälte in Imst, wegen Herausgabe (Streitwert S 250.000 sA), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. Juli 1999, GZ 4 R 155/99x-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. April 1999, GZ 14 Cg 94/98p-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass der zeitlich unbegrenzte Fortbestand der Lebensgemeinschaft mangels ausdrücklicher Vereinbarung bei einem hier vorliegenden entgeltlichen Geschäft nicht eine typische Erwartung ist, die jedermann mit einem solchen Geschäft verbindet. Soweit die Klägerin von diesem Motiv ausging, sei es nicht typische Geschäftsgrundlage geworden und damit unbeachtlich. Die Anfechtung des Vertrages über die Übertragung der Liegenschaftshälfte an den Beklagten wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage infolge Auflösung der Lebensgemeinschaft sei daher zum Scheitern verurteilt.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes über das Schicksal entgeltlicher Verträge bei Auflösung einer Ehe längere Zeit zurücklägen und die Auswirkung einer bloßen Lebensgemeinschaft auf einen entgeltlichen Vertrag noch nicht durch die Rechtsprechung abgeklärt sei.

Ungeachtet des Zulassungsausspruches, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, ist die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.Ungeachtet des Zulassungsausspruches, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, ist die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht folgt der Rechtsprechung, dass ein Irrtum über das Motiv der absoluten Dauerhaftigkeit der Lebensgemeinschaft, das nicht typische Geschäftsgrundlage ist, nur dann beachtlich ist, wenn dieser Beweggrund ausdrücklich zur Bedingung gemacht wurde (9 Ob 194/98i). Nicht einmal der Fortbestand einer Ehe, die ihrer Natur nach auf Dauerhaftigkeit gerichtet ist, umsoweniger der Bestand einer Wohngemeinschaft sind nach der Rechtsprechung typische Geschäftsgrundlagen (NZ 1977, 81 f; 1 Ob 2342/96k ua). Gerade bei Vorliegen entgeltlicher Verträge, bei denen Leistung durch Gegenleistung bedingt ist und bei denen mangels Unentgeltlichkeit das Motiv, soferne es nicht vereinbart ist, grundsätzlich unbeachtlich ist, ist das über die Leistung und Gegenleistung hinausgehende Motiv nicht als selbstverständlich anzusehen.

Ob Motiv für den Abschluss eines Vertrages eine Ehe, eine Wohngemeinschaft oder eine Lebensgemeinschaft ist, so bewirkt dies nur austauschbare Umstände des Einzelfalles und begründet bei Beachtung der vorhandenen grundsätzlichen Rechtsprechung keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Auch die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat durch die Würdigung der Nichtentbindung des vertragsverfassenden Rechtsanwaltes durch die Klägerin keine Beweislastverteilung vorgenommen, sondern diesen Umstand neben anderen dafür berücksichtigt, dass die Darstellung des Beklagten in diesem Zusammenhang ungeachtet seiner sonstigen Unglaubwürdigkeit als plausibel anzusehen ist. Dabei handelt es sich um einen Punkt der Beweisfrage, so dass mit dessen Bemängelung kein Verfahrensmangel geltend gemacht wird. Soweit das Berufungsgericht von Investitionen des Beklagten in einer Höhe, die zumindest in keinem großen Missverhältnis zum Wert der übergebenen Liegenschaftshälfte stand, ausgeht, so legte es seinen Überlegungen nicht nur das von der Klägerin vorgelegte Schätzungsgutachten über S 241.816,50 zugrunde, sondern auch den Umstand, dass sie diesen Anteil knapp zuvor auf Grund eines anderen Gutachtens um S 200.000 erworben hat. Demgemäß liegt keine Aktenwidrigkeit vor, soweit das Berufungsgericht seinen Überlegungen das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zugrunde legte. Dass dieses nicht den tatsächlichen Wert wiedergab, hätte die Klägerin behaupten und beweisen müssen. Die Ermittlung des Investitionsvolumens ist eine Folge der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Da das Berufungsgericht die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens verneint hat, liegt ein durch das Berufungsgericht verneinter Mangel erster Instanz vor, der in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Der Vertragswortlaut, wonach der Beklagte diverse Leistungen bereits erbracht hat, steht der Feststellung, dass er entsprechende Leistungen erst (nach Vertragsabschluss) erbringen wird, nicht entgegen und ist nicht aktenwidrig. Das Berufungsgericht hat sich nämlich dazu auf eine vom Vertragswortlaut abweichende mündliche Vereinbarung gestützt. Die Bestimmbarkeit der Gegenleistung mit etwa dem Wert der Liegenschaftshälfte nach dem Inhalt und Zweck des Vertrages ist von der Fälligkeit und der Art derselben unabhängig, zumal die Parteien von der Erbringung der Gegenleistung durch entsprechende Investitionen an der gemeinsamen Liegenschaft ausgingen. Da der weitergehende Zweck der Leistungen des Beklagten hier die Gegenleistung aus dem Übergabsvertrag war, hielt sich das Berufungsgericht im Rahmen der Rechtsprechung, dass diese Leistungen sowie auch die Gegenleistung der Klägerin, nämlich die Übertragung der Liegenschaftshälfte, nicht zweckverfehlt und daher nicht rückforderbar waren.Ob Motiv für den Abschluss eines Vertrages eine Ehe, eine Wohngemeinschaft oder eine Lebensgemeinschaft ist, so bewirkt dies nur austauschbare Umstände des Einzelfalles und begründet bei Beachtung der vorhandenen grundsätzlichen Rechtsprechung keine Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO. Auch die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat durch die Würdigung der Nichtentbindung des vertragsverfassenden Rechtsanwaltes durch die Klägerin keine Beweislastverteilung vorgenommen, sondern diesen Umstand neben anderen dafür berücksichtigt, dass die Darstellung des Beklagten in diesem Zusammenhang ungeachtet seiner sonstigen Unglaubwürdigkeit als plausibel anzusehen ist. Dabei handelt es sich um einen Punkt der Beweisfrage, so dass mit dessen Bemängelung kein Verfahrensmangel geltend gemacht wird. Soweit das Berufungsgericht von Investitionen des Beklagten in einer Höhe, die zumindest in keinem großen Missverhältnis zum Wert der übergebenen Liegenschaftshälfte stand, ausgeht, so legte es seinen Überlegungen nicht nur das von der Klägerin vorgelegte Schätzungsgutachten über S 241.816,50 zugrunde, sondern auch den Umstand, dass sie diesen Anteil knapp zuvor auf Grund eines anderen Gutachtens um S 200.000 erworben hat. Demgemäß liegt keine Aktenwidrigkeit vor, soweit das Berufungsgericht seinen Überlegungen das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zugrunde legte. Dass dieses nicht den tatsächlichen Wert wiedergab, hätte die Klägerin behaupten und beweisen müssen. Die Ermittlung des Investitionsvolumens ist eine Folge der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Da das Berufungsgericht die Notwendigkeit eines weiteren Gutachtens verneint hat, liegt ein durch das Berufungsgericht verneinter Mangel erster Instanz vor, der in der Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Der Vertragswortlaut, wonach der Beklagte diverse Leistungen bereits erbracht hat, steht der Feststellung, dass er entsprechende Leistungen erst (nach Vertragsabschluss) erbringen wird, nicht entgegen und ist nicht aktenwidrig. Das Berufungsgericht hat sich nämlich dazu auf eine vom Vertragswortlaut abweichende mündliche Vereinbarung gestützt. Die Bestimmbarkeit der Gegenleistung mit etwa dem Wert der Liegenschaftshälfte nach dem Inhalt und Zweck des Vertrages ist von der Fälligkeit und der Art derselben unabhängig, zumal die Parteien von der Erbringung der Gegenleistung durch entsprechende Investitionen an der gemeinsamen Liegenschaft ausgingen. Da der weitergehende Zweck der Leistungen des Beklagten hier die Gegenleistung aus dem Übergabsvertrag war, hielt sich das Berufungsgericht im Rahmen der Rechtsprechung, dass diese Leistungen sowie auch die Gegenleistung der Klägerin, nämlich die Übertragung der Liegenschaftshälfte, nicht zweckverfehlt und daher nicht rückforderbar waren.

Da der Beklagte in seiner Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hinwies, hat er ihre Kosten selbst zu tragen.

Anmerkung

E56581 09A02939

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0090OB00293.99Z.0112.000

Dokumentnummer

JJT_20000112_OGH0002_0090OB00293_99Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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