Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 500.000 S), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 19. Oktober 1999, GZ 2 R 122/99x-15, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 8. Juli 1999, GZ 17 Cg 21/99s-10, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig:Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 526, Absatz 2, ZPO) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 528, Absatz eins, ZPO nicht zulässig:
Die Beklagte behauptet, dass die Klägerin die wettbewerbliche Eigenart ihres Produkts nicht bescheinigt habe. Die Frage der wettbewerblichen Eigenart ist jedoch eine Rechtsfrage, deren Beurteilung die Feststellung bestimmter Tatumstände voraussetzt.
Derartige Tatumstände hat die Klägerin behauptet und bescheinigt: Sie hat vorgebracht und auch bescheinigt, 1992 eine Knetpresse auf den österreichischen Markt gebracht zu haben, die sich in Form- und Farbgebung von allen Konkurrenzerzeugnissen deutlich unterschieden hat. In diesem Sinn hat das Rekursgericht die Feststellungen ergänzt und daraus zu Recht den Schluss gezogen, dass der Knetpresse der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zukommt.
"Wettbewerblich eigenartig" ist ein Erzeugnis nämlich dann, wenn es bestimmte Merkmale und Gestaltungsformen aufweist, die im Geschäftsverkehr seine Unterscheidung von gleichartigen Erzeugnissen anderer Herkunft ermöglichen (stRsp ua ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN). Trifft dies - wie im vorliegenden Fall - für ein Erzeugnis zu, dann liegt kein Massenartikel vor. Mit ihren auf dem Vorliegen eines Massenartikels aufbauenden Ausführungen geht die Beklagte nicht vom festgestellten Sachverhalt aus; sie sind schon deshalb unbeachtlich.
Dass die Klägerin in Österreich Knetpressen auch in anderer Ausführung vertreibe, spricht nicht gegen, sondern für die wettbewerbliche Eigenart des streitgegenständlichen Produkts. Der Vertrieb verschiedener Knetpressen, von denen jedenfalls die streitgegenständliche Knetpresse in Farbe und Form auffällt, zeigt, dass voneinander abweichende Gestaltungen möglich sind und kein ununterscheidbarer Massenartikel vorliegt.
Die in diesem Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit ist für die Entscheidung ohne Bedeutung. Im übrigen ist nicht nachvollziehbar, inwiefern die Behauptung und Bescheinigung, die Klägerin biete auf dem österreichischen Markt auch Knetpressen in anderer Ausführung an, zu der als fehlend gerügten Feststellung hätte führen können, "dass am Markt eine Vielzahl von gleichartigen Knetpressen angeboten wird".
Mit ihrer Auffassung, Verkehrsbekanntheit liege nur vor, wenn das Publikum das Erzeugnis einem bestimmten Unternehmen zuordne, setzt sich die Beklagte in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung. Danach muss das Produkt bereits in Verkehr gesetzt und auf diese Weise dem Publikum bekannt geworden sein, ohne dass aber Verkehrsgeltung im Sinne des § 9 Abs 3 UWG erforderlich wäre; die notwendige "Verkehrsbekanntheit" ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn das Publikum das Erzeugnis (noch) nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnet (ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN).Mit ihrer Auffassung, Verkehrsbekanntheit liege nur vor, wenn das Publikum das Erzeugnis einem bestimmten Unternehmen zuordne, setzt sich die Beklagte in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung. Danach muss das Produkt bereits in Verkehr gesetzt und auf diese Weise dem Publikum bekannt geworden sein, ohne dass aber Verkehrsgeltung im Sinne des Paragraph 9, Absatz 3, UWG erforderlich wäre; die notwendige "Verkehrsbekanntheit" ist vielmehr auch dann anzunehmen, wenn das Publikum das Erzeugnis (noch) nicht einem bestimmten Unternehmen zuordnet (ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN).
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, dass die unterschiedliche Verpackung jede Verwechslungsgefahr ausschließe. Der Behauptung des Rekursgerichts, die Kunden kämen auch mit unverpackten Knetpressen in Berührung, liege kein entsprechendes Bescheinigungsergebnis zugrunde. In Spielzeuggeschäften würden die (verpackten) Produkte der verschiedenen Hersteller jeweils voneinander getrennt aufgestellt.
Ob dies für Spielzeuggeschäfte ganz allgemein gilt, kann offen bleiben. Das Angebot in Spielzeuggeschäften ist jedenfalls nicht die einzige Möglichkeit, das Publikum auf Spielzeug aufmerksam zu machen und zu einem allfälligen Kauf zu veranlassen. Genauso häufig wird es vorkommen, dass Kinder - sei es bei Freunden, im Kindergarten oder bei anderer Gelegenheit - mit (naturgemäß unverpacktem) Spielzeug in Berührung kommen und es dann auch selbst haben wollen. Dies ist eine allgemein bekannte Tatsache; einer besonderen Bescheinigung hat es daher nicht bedurft. Kommt aber das Publikum mit Knetpressen auch in unverpacktem Zustand in Berührung, so kann ein hiebei entstehender Irrtum einen späteren Kaufentschluss beeinflussen (s ÖBl 1983, 70 - Spielkarten mwN).
Keine der von der Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen befasst sich mit der Frage, ob keine Verwechslungsgefahr besteht, wenn zwei in Farbe und Form verwechselbar ähnlich gestaltete Produkte verschieden verpackt sind:
Die Entscheidung JBl 1936, 256 verneint die sittenwidrige Nachahmung einer Damensportbluse, weil es sich dabei um einen Massenartikel handelte; die Entscheidungen ÖBl 1975, 110 - Bilder-Bonbonnieren; ÖBl 1982, 64 - Uhrarmband-Verkaufsautomaten und ecolex 1991, 330 - Früchte-Riegel betreffen jeweils die Nachahmung einer Verpackung und nicht die des verpackten Gegenstands.
Der Beurteilung des Rekursgerichts, die Beklagte hätte die Knetpresse bewusst nachgeahmt, hält die Beklagte entgegen, dass sich das Rekursgericht dabei auf keine entsprechende Feststellung stützen könne. Die Klägerin habe eine bewusste Nachahmung ihrer Knetpresse durch die Beklagte nicht bescheinigt.
Die Klägerin hat bescheinigt, dass die Knetpresse der Beklagten nunmehr jener der Klägerin verwechselbar ähnlich ist, während sie ursprünglich anders gestaltet war. Das Maß der Übereinstimmung schließt ein zufälliges Angleichen aus; die Tatsache, dass die Beklagte ursprünglich eine anders gestaltete Knetpresse vertrieben hat, zeigt, dass ihr eine andersartige Gestaltung nicht nur möglich und zumutbar war, sondern für sie auch nahe lag. Bei dieser Sachlage ist ein bewusstes Nachahmen zu vermuten; diese Vermutung entkräftende Umstände hat die Beklagte weder behauptet noch bescheinigt.
Die Beklagte wiederholt ihre Behauptung, dass zwischen ihr und der Klägerin kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Als bloße Vertriebsfirma befinde sich die Klägerin nicht auf derselben Absatzstufe wie die Beklagte als unmittelbare Herstellerin. Die Beklagte verweist auf Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht18 EinldUWG Rz 216, wonach ein Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn der Kundenkreis gleich ist. Sie unterlässt es aber, auch Baumbach/Hefermehl aaO Rz 226 zu zitieren, wonach auch Gewerbetreibende verschiedener Wirtschaftsstufen miteinander im Wettbewerb stehen können und ein mittelbares Wettbewerbsverhältnis, wie es zwischen einem Hersteller und einem Einzelhändler besteht, genügt. Diese Auffassung vertreten Baumbach/Hefermehl auch in der aktuellen Auflage (Wettbewerbsrecht21 EinldUWG Rz 226); sie entspricht der ständigen Rechtsprechung (ÖBl 1998, 26 - Entec 2500 mwN).
Die Beklagte beanstandet die der Klägerin auferlegte Sicherheitsleistung von 150.000 S als zu gering, ohne überzeugend darlegen zu können, dass ihr ein wesentlich höherer Schaden drohe. Es besteht daher derzeit kein Anlass, der Klägerin eine höhere Sicherheitsleistung aufzuerlegen. Sollte sich in Zukunft zeigen, dass dieser Betrag nicht ausreichen wird, einen der Beklagten drohenden Schaden abzudecken, so kann die Beklagte jederzeit eine Erhöhung der Sicherheitsleistung beantragen.
Der Revisionsrekurs war zurückzuweisen.
Eine Entscheidung über die Kosten der Klägerin hatte zu entfallen, weil die Klägerin für ihre Revisionsrekursbeantwortung keine Kosten verzeichnet hat.
Anmerkung
E56699 04A00020European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0040OB00002.00Y.0118.000Dokumentnummer
JJT_20000118_OGH0002_0040OB00002_00Y0000_000