TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/29 2006/18/0354

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Veröffentlicht am 29.11.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs1;
NAG 2005 §11 Abs2;
NAG 2005 §11 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/18/0355 2006/18/0357 2006/18/0356

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerden

1. des FK (geboren 1960), 2. der DK (geboren 1956), 3. des DK (geboren 1996), und 4. der MK (geboren 1990), alle in M, alle vertreten durch Dr. Margit Stüger, Rechtsanwältin in 4890 Frankenmarkt, Hauptstraße 102, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom 8. Juni 2006, Zl. 314.585/9- III/4/06 (betreffend den Erstbeschwerdeführer, hg. Zl. 2006/18/0354), Zl. 314.585/10-III/4/06 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2006/18/0355), Zl. 314.585/12- III/4/06 (betreffend den Drittbeschwerdeführer, hg. Zl. 2006/18/0356), und Zl. 314.585/11-III/4/06 (betreffend die Viertbeschwerdeführerin, hg. Zl. 2006/18/0357), jeweils betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 8. Juni 2006 wurden die auf § 19 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz 1997 gestützten Anträge der Beschwerdeführer vom 8. November 2004 auf quotenfreie Erteilung von Erstniederlassungsbewilligungen gemäß § 21 Abs. 1 (betreffend den Drittbeschwerdeführer: gemäß § 26 und § 24 Abs. 4) des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer, ein kroatischer und bosnienherzegowinischer (Doppel)Staatsbürger, dessen Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, und deren Tochter, die Viertbeschwerdeführerin, seien am 5. Juni 1992 mit einem Ausnahmevisum nach Deutschland eingereist und dort bis zum 31. Juli 1997 geduldet worden. Ein Sohn, der Drittbeschwerdeführer, sei am 24. April 1996 in Deutschland geboren worden. Die Beschwerdeführer hätten sich bis ca. Mai 1999 in Deutschland aufgehalten. Am 24. April 1999 seien sie über Slowenien in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hätten am 8. Juli 1999 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 mit der Begründung eingebracht, dass zwischen Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin eine Mischehe vorliege, weshalb die Rückkehr der Familie in ihren Herkunftsstaat mit Nachteilen bzw. Gefahren verbunden sei.

Dem Erstbeschwerdeführer seien ab dem 20. Jänner 2000 "Beschäftigungsbewilligungen (Saisonbewilligungen)" erteilt worden. Sodann habe er Aufenthaltserlaubnisse für den Aufenthaltszweck "Saisonarbeitskraft" bzw. für "befristete Beschäftigung, § 12 Abs. 2 FrG", erhalten, und zwar vom 4. Dezember 2001 bis zum 20. April 2002, vom 29. April 2002 bis zum 19. Oktober 2002, vom 2. Dezember 2002 bis zum 15. Mai 2003, vom 12. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2003, vom 18. Dezember 2003 bis zum 30. April 2004, vom 13. Mai 2004 bis zum 4. Oktober 2004 und vom 2. Dezember 2004 bis zum 15. Mai 2005.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe ebenfalls derartige Aufenthaltstitel erhalten, und zwar vom 5. April 2002 bis zum 20. Mai 2002, vom 14. Mai 2002 bis zum 19. Oktober 2002, vom 2. Dezember 2002 bis zum 15. Mai 2003, vom 12. Mai 2003 bis zum 31. Oktober 2003, vom 9. Februar 2004 bis zum 15. Mai 2004, vom 11. Mai 2004 bis zum 31. Oktober 2004 und vom 2. Februar 2005 bis zum 15. Mai 2005.

Der Drittbeschwerdeführer habe am 13. Mai 2004 vom Inland aus einen Antrag auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gestellt. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe diesem Antrag stattgegeben und ihm eine Erstaufenthaltserlaubnis mit Gültigkeit vom 13. Mai 2004 bis zum 30. September 2004 erteilt. Auf Grund eines Verlängerungsantrages vom 28. September 2004 sei die Aufenthaltserlaubnis des Drittbeschwerdeführers vom 28. September 2004 bis zum 27. März 2005 verlängert worden. Nach den Regelungen des § 14 Abs. 2 und 6 Fremdengesetz 1997 seien sowohl die Inlandsantragstellung als auch die Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis gesetzwidrig gewesen. Der Antrag des Drittbeschwerdeführers wäre vielmehr wegen Inlandsantragstellung gemäß § 14 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 abzuweisen gewesen.

Die Viertbeschwerdeführerin habe am 13. Mai 2004 einen Antrag auf Erteilung einer Erstaufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gestellt. Dieser Antrag sei von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck noch nicht erledigt worden.

Am 8. November 2004 hätten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck einen Antrag auf quotenfreie Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 Fremdengesetz 1997 (ohne Angabe des Aufenthaltszwecks) gestellt. Die belangte Behörde habe der Erteilung mit Erledigung vom 21. März 2005 nicht zugestimmt.

Gemäß § 81 NAG seien Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten des NAG anhängig seien, nach den Bestimmungen NAG zu Ende zu führen. Die Anträge der beschwerdeführenden Parteien seien als Erstanträge auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten. Die Anträge vom 8. November 2004 seien im Inland eingebracht worden. Die beschwerdeführenden Parteien hätten sich vor, zum und nach dem Zeitpunkt ihrer Antragstellung dauernd im Inland aufgehalten.

Die dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin erteilte Aufenthaltserlaubnis entspreche im (fiktiven) Fall ihrer Weitergeltung gemäß § 11 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - NAG-DV, BGBl. II Nr. 451/2005, einem Aufenthalts-Reisevisum (Visum D+C, § 24 FPG), nicht aber einem Aufenthaltstitel iSd § 24 NAG. Da der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sowie die Viertbeschwerdeführerin noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen seien, seien ihre Anträge vom 8. November 2004 Erstanträge. Als kroatischer Staatsangehöriger sei der Erstbeschwerdeführer an sich zur sichtvermerksfreien Einreise berechtigt. Er hätte jedoch seinen Antrag nicht während seines erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthaltes eingebracht. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG hätten die genannten Beschwerdeführer ihre Anträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung im Ausland abwarten müssen.

Der Antrag des Drittbeschwerdeführers vom 8. November 2004 sei auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage als zulässiger Verlängerungs- und Zweckänderungsantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 11 NAG sei ein Verlängerungsantrag der Antrag auf Verlängerung des gleichen oder Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels (§ 24 NAG). Gemäß § 24 Abs. 1 NAG könne mit einem Verlängerungsantrag die Änderung des Aufenthaltszwecks des bisher innegehabten Aufenthaltstitels oder die Änderung des Aufenthaltstitels verbunden werden, wenn der beantragte andere Aufenthaltstitel nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes im Anschluss an den bisherigen Aufenthaltstitel erteilt werden könne. Seien die Voraussetzungen für den anderen Aufenthaltszweck oder Aufenthaltstitel nicht erfüllt, so sei darüber gesondert mit Bescheid abzusprechen. Der bisherige Aufenthaltstitel sei mit dem gleichen Aufenthaltszweck zu verlängern, soweit die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen würden. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 12 NAG sei ein Zweckänderungsantrag der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels mit einem anderen Zweckumfang während der Geltung eines Aufenthaltstitels (§ 26 NAG). Gemäß § 26 NAG habe der Fremde, wenn er den Aufenthaltszweck während seines Aufenthaltes in Österreich ändern wolle, dies der Behörde im Inland unverzüglich bekannt zu geben. Eine Zweckänderung sei nur zulässig, wenn der Fremde die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel erfülle und ein gegebenenfalls erforderlicher Quotenplatz zur Verfügung stehe. Seien alle Voraussetzungen gegeben, habe der Fremde einen Rechtsanspruch auf Erteilung dieses Aufenthaltstitels. Lägen die Voraussetzungen nicht vor, sei der Antrag abzuweisen. Die Abweisung habe keine Auswirkung auf das bestehende Aufenthaltsrecht.

Die zuletzt vom 28. September 2004 bis zum 27. März 2005 gültig gewesene Aufenthaltserlaubnis des Drittbeschwerdeführers entspreche gemäß § 11 Abs. 1 NAG-DV einer "Aufenthaltsbewilligung -

Schüler". Der noch während der Gültigkeitsdauer am 8. November 2004 gestellte Antrag auf Änderung des Aufenthaltstitels sei gemäß § 11 Abs. 1 NAG (richtig: NAG-DV) als auf eine quotenpflichtige "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gerichtet zu werten. Es liege daher sowohl ein Verlängerungs- als auch ein Zweckänderungsantrag vor.

Der Drittbeschwerdeführer sei nicht Familienangehöriger eines Zusammenführenden im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 10 NAG, weil sich weder sein Vater, der Erstbeschwerdeführer, noch seine Mutter, die Zweitbeschwerdeführerin, rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, und von ihnen auch sonst kein Recht im Sinn des NAG abgeleitet werden könne. Gemäß § 3 Abs. 4 der Niederlassungsverordnung 2006 stehe für die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" an den Beschwerdeführer kein Quotenplatz zur Verfügung. Insbesondere komme § 3 Abs. 4 Z. 3 Niederlassungsverordnung 2006 nicht zum Tragen, weil § 46 Abs. 4 NAG die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nur an Familienangehörige im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG von Zusammenführenden im Sinn des (§ 2 Abs. 1 Z. 10 iVm) § 46 Abs. 4 Z. 3 NAG vorsehe und auf den Drittbeschwerdeführer somit nicht anzuwenden sei. Der Antrag des Drittbeschwerdeführers sei daher gemäß § 26 NAG abzuweisen.

Die Anträge sowie die Berufungen aller beschwerdeführenden Parteien würden die Behauptung eines Sachverhaltes enthalten, dessen Subsumtion unter § 10 Abs. 4 Fremdengesetz 1997 begehrt würde, um (Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin) gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 iVm Abs. 3 Fremdengesetz 1997 eine zur Ausübung unselbständiger Erwerbstätigkeit berechtigende Erstniederlassungsbewilligung quotenfrei erteilt zu erhalten bzw. um (Drittbeschwerdeführer und Viertbeschwerdeführerin) gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 iVm Abs. 3 Fremdengesetz 1997 eine zur Familienzusammenführung mit ihren Eltern berechtigende Erstniederlassungsbewilligung quotenfrei erteilt zu erhalten.

Die Beschwerdeführer hätten im Wesentlichen behauptet, auf Grund einer Mischehe zwischen der Zweitbeschwerdeführerin als bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger und dem Erstbeschwerdeführer als kroatischem (gleichzeitig auch bosnischherzegowinischem) Staatsangehörigen nicht nach Bosnien-Herzegowina zurückkehren zu können. Der Erstbeschwerdeführer wäre katholischer Religionszugehörigkeit. Die Zweitbeschwerdeführerin wäre serbischer Volkszugehörigkeit und serbisch-orthodoxen Glaubensbekenntnisses. Ihr Haus in Bosnien wäre zerstört. Im Fall der Heimkehr wären die beschwerdeführenden Parteien der Gefahr von Verfolgung, jedenfalls aber von Anschlägen, ausgesetzt. Mischehen wären durch den letzten Bosnienkrieg zum großen ethnischen Problem geworden und die Angehörigen einer solchen würden diskriminiert bzw. schikaniert.

Die belangte Behörde gelange zur Ansicht, dass keine besondere Berücksichtigungswürdigkeit des Falles der Beschwerdeführer gegeben sei, welche die quotenfreie Erteilung eines Erstaufenthaltstitels als zulässig erscheinen ließe. Da die Voraussetzungen des § 72 NAG nicht erfüllt seien, sei die Erteilung eines jeden Aufenthaltstitels gemäß §§ 72 und 73 NAG, aber auch die Zulassung der Inlandsantragstellung gemäß § 74 NAG, nicht zulässig.

Die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zeitbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin seien wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG abzuweisen. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Ein weiteres Eingehen auf diese sei auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK entbehrlich.

Der Antrag des Drittbeschwerdeführers sei - wie erwähnt - gemäß § 26 NAG abzuweisen. Gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz NAG werde nunmehr die Behörde erster Instanz zu prüfen haben, ob bei ihm die Voraussetzungen für die Verlängerung seines bisherigen Aufenthaltstitels mit dem gleichen Aufenthaltszweck (gemäß § 11 Abs. 1 NAG-DV sei dies eine "Aufenthaltsbewilligung - Schüler") weiterhin vorlägen.

2. Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden mit dem Begehren, sie wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges wegen zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und darüber erwogen:

1. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin bestreiten nicht, sich sowohl bei Antragstellung als auch im gesamten Zeitraum danach bis zur Erlassung der angefochtenen Bescheide im Inland aufgehalten und bisher noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt zu haben. Bei den in Rede stehenden Anträgen handelt es sich daher um Erstanträge, bei denen gemäß § 21 Abs. 1 NAG die Verpflichtung zur Antragseinbringung vor der Einreise vom Ausland aus und zum Abwarten des Verfahrens im Ausland besteht.

Dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 NAG, in denen es zulässig ist, einen Erstantrag vom Inland aus zu stellen, vorliege, wird von diesen Beschwerdeführern nicht behauptet. Auch aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich dafür keine Hinweise.

An diesem Ergebnis ändert auch die Geltendmachung humanitärer Gründe durch die Beschwerdeführer nichts. Gemäß § 74 NAG kann bei Vorliegen humanitärer Gründe gemäß § 72 NAG die Inlandsantragstellung von Amts wegen zugelassen werden. Diese Regelung räumt dem Fremden jedoch kein durchsetzbares Recht auf Inlandsantragstellung ein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153). Damit hat die Behörde allein von sich aus (ohne dass eine Alternative in Form einer darauf abzielenden Antragstellung vorgesehen wäre) das Vorliegen der maßgeblichen Tatbestandselemente für die Annahme eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles aus humanitären Gründen gemäß § 72 NAG zu prüfen.

2. Der Drittbeschwerdeführer bestreitet nicht die Ansicht der belangten Behörde, dass für ihn für die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" kein Quotenplatz zur Verfügung stehe und insbesondere § 3 Abs. 4 Z. 3 NLV 2006 nicht zum Tragen komme. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde seinen mit einem Verlängerungsantrag verbundenen Zweckänderungsantrag gemäß § 24 Abs. 4 NAG abgewiesen hat. Über den Verlängerungsantrag wird gemäß § 24 Abs. 4 letzter Satz NAG noch zu entscheiden sein.

An diesem Ergebnis ändert aus den oben genannten Gründen auch hier die Geltendmachung humanitärer Gründe nichts.

3. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, es lägen keine absoluten Versagungsgründe im Sinn des § 11 Abs. 1 NAG vor, wohingegen die relativen Erteilungsvoraussetzungen des § 11 Abs. 2 NAG erfüllt wären, ist zu erwidern, dass aus dem Fehlen von Versagungsgründen und dem Vorliegen von (weiteren) Erteilungsvoraussetzungen kein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgeleitet werden kann. Dasselbe gilt - entgegen der Beschwerdeansicht - für § 11 Abs. 3 NAG. Nach dieser Gesetzesstelle kann auch bei Nichterfüllung der relativen Erteilungsvoraussetzungen iSd § 11 Abs. 2 NAG aus Gründen des Schutzes des Familienlebens (Art. 8 EMRK) ein Aufenthaltstitel erteilt werden. Daraus kann aber - bei Fehlen der Erteilungsvoraussetzung des § 21 Abs. 1 NAG - kein Rechtsanspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgeleitet werden.

4. Die Anträge des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführerin auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung hätten daher nur bei amtswegiger Zulassung vom Inland aus gestellt werden dürfen. Da eine solche Zulassung nicht erfolgte, steht der Erteilung der von diesen Beschwerdeführern jeweils beantragten Niederlassungsbewilligung der Grundsatz der Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG entgegen. Der Drittbeschwerdeführer war zwar berechtigt, seinen Verlängerungsantrag bzw. Zweckänderungsantrag im Inland zu stellen, die materiellen Voraussetzungen für die Erteilung eines Titels mit einem anderen Zweck als die für ihn zuletzt gültige "Aufenthaltsbewilligung - Schüler" sind jedoch aus den dargelegten Gründen nicht gegeben.

5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über die Begehren, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 29. November 2006

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006180354.X00

Im RIS seit

05.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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