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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
NAG 2005 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des N M, geboren 1962, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 29. September 2006, Zl. 312.387/3-III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 29. September 2006 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. März 2003 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1, § 11 Abs. 2 Z. 1 iVm Abs. 4 Z. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei laut seinen Angaben im Jahr 1985 als Tourist (laut Niederschrift vom 20. November 2003 ohne Sichtvermerk) erstmals in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seit damals durchgehend hier auf.
Mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 5. Dezember 1985 sei über ihn gemäß § 83 Abs. 1 und § 125 StGB eine Geldstrafe rechtskräftig verhängt worden.
Am 21. Februar 1989 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 15, 144 Abs. 1, § 107 Abs. 1, §§ 15, 105 Abs. 1, § 99 Abs. 1 und § 83 Abs. 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten rechtskräftig verurteilt worden.
Am 28. November 1990 habe er die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen, von der er mit Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 12. April 2000 geschieden worden sei.
Am 17. Dezember 1991 sei über ihn vom Bezirksgericht Hernals gemäß § 83 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe rechtskräftig verhängt worden.
Am 3. November 1995 sei er vom Bezirksgericht Floridsdorf gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden.
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 25. März 1999 sei über ihn gemäß § 223 Abs. 2 und §§ 15, 224 StGB eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verhängt worden.
Während seiner Ehe mit der genannten österreichischen Staatsbürgerin hätte er nicht um einen Aufenthaltstitel angesucht, weil über ihn ein von 1989 bis 1999 gültiges Aufenthaltsverbot verhängt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 14. November 2001 habe der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an ihn durch die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 4 FrG mit dem Vorbringen angeregt, dass er im Jahr 1985 eingereist wäre, die genannte österreichische Staatsbürgerin geheiratet hätte, mit dieser zwei Kinder, die ebenso österreichische Staatsbürger wären, hätte, in weiterer Folge aufrechte Arbeitsverhältnisse gehabt hätte und es irrtümlicherweise unterlassen hätte, um einen Aufenthaltstitel anzusuchen. Die belangte Behörde habe mit Erledigung vom 20. Februar 2002 der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 10 Abs. 4 FrG nicht zugestimmt.
Am 5. Dezember 2002 habe der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Wien (Erstbehörde) einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 2002 gemäß § 14 Abs. 2 FrG rechtskräftig abgewiesen worden sei.
Am 26. März 2003 habe er bei der Erstbehörde den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt, wozu er am 20. November 2003 niederschriftlich als gewünschten Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG" angegeben habe.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 8. Jänner 2004 sei über den Beschwerdeführer gemäß § 198 Abs. 1 StGB eine bedingte Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verhängt worden.
Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 14. Mai 2004 sei der gegenständliche Antrag vom 26. März 2003 gemäß § 19 Abs. 2 Z. 6 iVm § 90 Abs. 1 FrG abgewiesen worden, wogegen er Berufung erhoben habe.
Am 17. Mai 2005 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht Salzburg gemäß § 88 Abs. 1 und 4 zweiter Fall (§ 81 "Abs. 2 Z. 1"), § 88 Abs. 1 und 3 (§ 81 Abs. 1 Z. 1) StGB (qualifizierte fahrlässige Körperverletzung, "berauscht" und unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen mit schwerer Körperverletzung als Folge) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt worden.
Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. März 2003 als Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu werten sei. Da er unbestritten noch nie im Besitz eines Aufenthaltstitels gewesen sei, handle es sich bei diesem Antrag um einen Erstantrag, bei dem § 21 Abs. 1 NAG zu beachten sei.
Da der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine Inlandsantragstellung nicht erfülle, hätte er den Antrag vor seiner Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einbringen und die Entscheidung im Ausland abwarten müssen. Er habe jedoch den Antrag nicht während seines rechtmäßigen Aufenthaltes gestellt und warte die Entscheidung im Inland ab.
Eine besondere Berücksichtigungswürdigkeit seines Falles im Sinn des § 72 Abs. 1 NAG sei derzeit nicht erkennbar. Der Umstand allein, dass er im Jahr 1990 die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen habe, von der er am 12. April 2000 geschieden worden sei, und er seine aus dieser Ehe stammenden Kinder ansonsten nicht 3-4 mal wöchentlich sehen könnte, er über einen noch bis 26. November 2006 gültigen Befreiungsschein verfüge und sein Bruder, seine Schwägerin, seine Neffen und Nichten im Bundesgebiet lebten, sei nicht besonders berücksichtigungswürdig, und es liege kein besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt vor. Die Tatsache seiner einstmaligen - mittlerweile wegen durch ihn ausgeübter psychischer und physischer Gewalt gegen seine Ehefrau am 12. April 2000 geschiedenen - Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin sei unbeachtlich.
Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen, und es werde eine Niederlassungsbewilligung gemäß § 73 Abs. 1 leg. cit. nicht erteilt. Diese Entscheidung der belangten Behörde gründe sich aus formaler Sicht auf § 75 leg. cit. Im Hinblick auf § 11 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 4 Z. 1 leg. cit. werde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die migrationsrechtlichen Normen seit 1985 völlig missachtet habe, er sich, ohne jemals über einen hiefür erforderlichen Sichtvermerk oder Aufenthalttitel verfügt zu haben, in Österreich aufgehalten habe und sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung jedenfalls gefährde. Darüber hinaus ließen seine zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch seinen Aufenthalt in der Vergangenheit erkennen und müsse aus seinem bisher im Bundesgebiet gesetzten Verhalten der Schluss gezogen werden, dass sein künftiger Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Auch aus diesen Gründen sei die Berufung abzuweisen gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer, über den ein von 1989 bis 1999 gültiges Aufenthaltsverbot verhängt worden sei, noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt habe.
Beim gegenständlichen Antrag handelt es sich - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - somit um einen Erstantrag, der gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet im Ausland einzubringen und dessen Entscheidung im Ausland abzuwarten ist. Dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 leg. cit., in denen es zulässig ist, einen Erstantrag vom Inland aus zu stellen, vorliege, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich kein Hinweis darauf.
2. Das Recht, den Antrag vom Inland aus zu stellen - und die Entscheidung hierüber im Inland abzuwarten - käme daher fallbezogen nur gemäß § 74 NAG in Betracht. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde bei Vorliegen humanitärer Gründe die Inlandsantragstellung von Amts wegen zulassen. Ein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung wird dem Fremden damit jedoch nicht eingeräumt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. September 2006, Zl. 2006/18/0255, mwN).
Da eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung - und des Abwartens des Verfahrens im Inland - unstrittig nicht erfolgte, steht der Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung der Grundsatz der Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG entgegen.
3. Die Ansicht der belangten Behörde, dass bei Abweisung eines Antrages wegen Inlandsantragstellung keine Abwägung der persönlichen Interessen des Fremden mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen stattzufinden habe, ist unbedenklich (vgl. auch dazu das vorzitierte Erkenntnis).
Im Hinblick darauf ist auch der vom Beschwerdeführer in Bezug auf die von ihm behaupteten persönlichen Interessen erhobene Beschwerdevorwurf der Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör wie auch der Vorwurf der mangelhaften Bescheidbegründung nicht zielführend.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 29. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180412.X00Im RIS seit
27.12.2006