TE Vwgh Erkenntnis 2006/11/29 2006/18/0341

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Veröffentlicht am 29.11.2006
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Index

41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §20 Abs1 Z3;
NAG 2005 §21 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der M S in W, geboren 1964, vertreten durch Dr. Gerfried Höfferer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20/1/6b, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 10. August 2006, Zl. 144.654/7-III/4/06, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 10. August 2006 wurde der Bescheid dieser Behörde vom 3. Mai 2006 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben und die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. Oktober 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 11 Abs. 1 Z. 5 und Abs. 2 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin habe am 1. Juli 2003 über die österreichische Botschaft in Ankara einen Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gestellt. Dieser Antrag sei vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben, die von der belangten Behörde mit Bescheid vom 3. Mai 2006 abgewiesen worden sei. Einer dagegen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 3. Juni 2006 habe die belangte Behörde entnommen, dass die Beschwerdeführerin am 10. Oktober 2003 mit einem Visum der Kategorie C nach Österreich gekommen sei. Sie sei seither im Bundesgebiet aufhältig und lebe mit ihren Kindern zusammen. Somit seien bereits zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 3. Mai 2006 geänderte Voraussetzungen vorgelegen. Daher sei gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen ein Verfahren durchgeführt und die Entscheidung der belangten Behörde vom 3. Mai 2006 im Hinblick auf die nunmehr gegebenen Voraussetzungen abgeändert worden.

Die Beschwerdeführerin halte sich seit dem 10. Oktober 2003 ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Sie habe die Dauer ihres durch Erteilung eines befristeten Sichtvermerkes erlaubten Aufenthaltes (90 Tage) erheblich überschritten. Der in § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG normierte Grund für die Versagung eines Aufenthaltstitels beziehe sich zwar (lediglich) auf die Überschreitung der Dauer eines erlaubten sichtvermerksfreien Aufenthaltes in Österreich. Es sei aber (allgemein) das Ziel dieser Regelung, dem Fremden ein Aufenthaltsrecht für einen bestimmten Zeitraum zu gewähren, jedoch eine Legalisierung seines Aufenthaltes über diesen genehmigten Zeitraum hinaus zu verhindern. Mit § 21 Abs. 4 (NAG) beabsichtige der Gesetzgeber, dem Fremden einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und an diesen in der Folge gewisse Privilegien (wie zB eine zulässige Inlandsantragstellung) zu knüpfen. Dies solle aber nicht dazu führen, dass durch das Stellen eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Anschluss an einen zeitlich beschränkten Aufenthalt (sei dieser nun sichtvermerksfrei oder durch ein Visum genehmigt) ein illegaler Aufenthalt so ohne weiteres legalisiert werden könne bzw. irgendwelche Aufenthaltsrechte begründet werden könnten. Wenn schon die Überschreitung der Dauer eines sichtvermerksfreien Aufenthaltes nicht gewollt sei und zu einer Versagung eines beantragten Aufenthaltstitels führe, dann müsse das umso mehr für einen erst mit Sichtvermerk genehmigten Aufenthalt gelten. Somit sei auf Grund des illegalen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin seit Ablauf des Einreisevisums von einem zwingenden Versagungsgrund im Sinn des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG auszugehen. Der illegale Aufenthalt der Beschwerdeführerin stelle überdies einen schweren Verstoß gegen das österreichische Fremdenrecht dar. Damit widerstreite der Aufenthalt der Beschwerdeführerin dem öffentlichen Interesse gemäß § 11 Abs. 4 Z. 1 NAG und die Beschwerdeführerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG für die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Anzuführen sei noch, dass die Beschwerdeführerin zwar ihren Antrag vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt habe, die Entscheidung jedoch nicht im Ausland abgewartet habe. Gemäß § 21 Abs. 1 NAG seien Erstanträge vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen. Die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihrer Berufung gegen den ihren Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung abweisenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. Oktober 2005 mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 3. Mai 2006 kein Recht erwachsen ist, bestehen gegen die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG keine Bedenken.

2. Die Beschwerdeführerin wendet sich auch nicht gegen die Annahme der belangten Behörde, dass es sich bei ihrem Antrag vom 1. Juli 2003 um einen Erstantrag im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handelt und sie diesen zwar vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland eingebracht, jedoch die Entscheidung darüber nicht im Ausland abgewartet hat.

Die Beschwerde behauptet nicht, dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 NAG vorliegen würde, in denen es zulässig ist, einen Erstantrag vom Inland aus zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten. Auch aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich dafür keine Hinweise. Fremde, die mit einem Reisevisum (Visum C) in das Bundesgebiet eingereist sind, sind nicht berechtigt, während ihres durch das Visum erlaubten Aufenthalts in Abweichung von § 21 Abs. 1 NAG einen Erstantrag im Inland zu stellen bzw. die Entscheidung über einen (wenngleich im Ausland gestellten) Antrag über den Ablauf der Gültigkeit des Visums hinaus im Inland abzuwarten. Soweit die Beschwerde betreffend ein Recht, den Antrag vom Inland aus zu stellen und die Entscheidung hierüber im Inland abzuwarten, auf § 74 NAG verweist, ist ihr zu erwidern, dass diese Bestimmung dem Fremden kein durchsetzbares (und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes) Recht auf Inlandsantragstellung einräumt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153). Von daher liegt auch der in der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensmangel, der Beschwerdeführerin hätte Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden müssen, "da sich dabei jedenfalls die Frage ergeben hätte, ob die belangte Behörde nicht von Amts wegen § 74 NAG anwenden hätte müssen", nicht vor.

3. Gegen die Abweisung des Antrages auf Niederlassungsbewilligung vom 1. Juli 2003 bestehen im Hinblick darauf, dass die Beschwerdeführerin entgegen § 21 Abs. 1 zweiter Satz NAG die Entscheidung darüber nicht im Ausland abgewartet hat, keine Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob bei ihr (auch) der absolute Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z. 5 NAG vorliegt bzw. ob die relative Erteilungsvoraussetzung des § 11 Abs. 2 Z. 1 NAG gegeben ist. Eine Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen war nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0295).

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 29. November 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006180341.X00

Im RIS seit

08.01.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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