TE OGH 2000/2/8 Bsw23867/94

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Veröffentlicht am 08.02.2000
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Kopf

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer III, Beschwerdesache Prinz gegen Österreich, Urteil vom 8.2.2000, Bsw. 23867/94.Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer römisch III, Beschwerdesache Prinz gegen Österreich, Urteil vom 8.2.2000, Bsw. 23867/94.

Spruch

Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK, § 296 Abs. 3 StPO, § 21 StGB, § 35 StGB - Persönliche Teilnahme an einer Verhandlung vor dem OGH.Artikel 6, Absatz eins, EMRK, Artikel 6, Absatz 3, Litera c, EMRK, Paragraph 296, Absatz 3, StPO, Paragraph 21, StGB, Paragraph 35, StGB - Persönliche Teilnahme an einer Verhandlung vor dem OGH.

Keine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK iVm. Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK (einstimmig).Keine Verletzung von Artikel 6, Absatz eins, EMRK in Verbindung mit Artikel 6, Absatz 3, Litera c, EMRK (einstimmig).

Text

Begründung:

Sachverhalt:

Am 4.10.1993 ordnete das LG Krems gemäß § 21 (1) StGB die Einweisung des Bf. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an. Dagegen erhob der Amtsverteidiger des Bf. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Dabei beantragte er nicht die Teilnahme des Bf. in der Verhandlung vor dem OGH. Diese beantragte der Bf. am 15.2.1994 persönlich, jedoch erfolglos.Am 4.10.1993 ordnete das LG Krems gemäß Paragraph 21, (1) StGB die Einweisung des Bf. in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an. Dagegen erhob der Amtsverteidiger des Bf. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Dabei beantragte er nicht die Teilnahme des Bf. in der Verhandlung vor dem OGH. Diese beantragte der Bf. am 15.2.1994 persönlich, jedoch erfolglos.

Am 2.3.1994 führte der OGH eine Verhandlung in Abwesenheit des Bf. durch, der jedoch von seinem Verteidiger vertreten wurde. Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wurden zurückgewiesen

Rechtliche Beurteilung

Rechtsausführungen:

Der Bf. behauptet, eine Verletzung von Art. 6 (1) EMRK und Art. 6 (3) (c) EMRK (hier: Recht auf Verteidigung in eigener Person oder durch einen Verteidiger), da ihm die Teilnahme an der Verhandlung vor dem OGH verwehrt wurde.Der Bf. behauptet, eine Verletzung von Artikel 6, (1) EMRK und Artikel 6, (3) (c) EMRK (hier: Recht auf Verteidigung in eigener Person oder durch einen Verteidiger), da ihm die Teilnahme an der Verhandlung vor dem OGH verwehrt wurde.

Die Reg. wendet ein, der Bf. hätte gemäß § 296 (3) StPO die Teilnahme an der Verhandlung in seiner Berufung oder Gegenausführung beantragen müssen. Der OHG sei nicht verpflichtet gewesen, den Bf. vorzuladen.Die Reg. wendet ein, der Bf. hätte gemäß Paragraph 296, (3) StPO die Teilnahme an der Verhandlung in seiner Berufung oder Gegenausführung beantragen müssen. Der OHG sei nicht verpflichtet gewesen, den Bf. vorzuladen.

A.) Anwesenheit bei der Verhandlung über die Nichtigkeitsbeschwerde:

Der OGH ist bei der Behandlung von Nichtigkeitsbeschwerden in erster Linie zur Prüfung von Rechtsfragen berufen, die sich bezüglich der Durchführung der Hauptverhandlung und anderer Fragen ergeben. Weder Art. 6 (1) EMRK noch Art. 6 (3) (c) EMRK erfordern die Anwesenheit des von einem Rechtsanwalt vertretenen Bf.Der OGH ist bei der Behandlung von Nichtigkeitsbeschwerden in erster Linie zur Prüfung von Rechtsfragen berufen, die sich bezüglich der Durchführung der Hauptverhandlung und anderer Fragen ergeben. Weder Artikel 6, (1) EMRK noch Artikel 6, (3) (c) EMRK erfordern die Anwesenheit des von einem Rechtsanwalt vertretenen Bf.

Es lagen keine besonderen Umstände für die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit des Bf. vor, va. gab es keinen Hinweis darauf, dass der Amtsverteidiger die Verteidigung des Bf. nicht wirksam wahrgenommen hätte. Insoweit die Nichtigkeitsbeschwerde betroffen war, stellte die Abwesenheit des Bf. bei der Verhandlung vor dem OGH keine Verletzung von Art. 6 EMRK dar.Es lagen keine besonderen Umstände für die Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit des Bf. vor, va. gab es keinen Hinweis darauf, dass der Amtsverteidiger die Verteidigung des Bf. nicht wirksam wahrgenommen hätte. Insoweit die Nichtigkeitsbeschwerde betroffen war, stellte die Abwesenheit des Bf. bei der Verhandlung vor dem OGH keine Verletzung von Artikel 6, EMRK dar.

B.) Anwesenheit bei der Verhandlung über die Berufung:

Entscheidend ist, dass der Bf. wegen seiner Geisteskrankheit mangels Schuldfähigkeit nicht verurteilt wurde. Die Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist eine präventive Maßnahme. Obwohl für eine unbestimmte Zeit angeordnet, hat das Gericht gemäß § 35 (3) StGB von Amts wegen mindestens einmal jährlich zu prüfen, ob die Unterbringung noch notwendig ist. Da dieser Entzug der persönlichen Freiheit jedes Jahr gerichtlich überprüft werden muss, war die Abwesenheit des Bf. für die Fairness des Verfahrens vor dem OGH nicht ausschlaggebend. Da die Gefährlichkeitsprognose einer geisteskranken Person hauptsächlich von der Einschätzung von Sachverständigen abhängt, konnte der OGH die Entscheidung des LG Krems in adäquater Weise anhand der Aktenlage (inklusive zweier Gutachten) überprüfen. Da eine formelle Anfrage gemäß § 296 (3) StPO fehlte, war der OGH nicht verpflichtet, den Bf. von sich aus vorzuladen, damit sich dieser selbst verteidigen konnte. Keine Verletzung von Art. 6 (1) EMRK iVm. Art. 6 (3) (c) EMRK (einstimmig).Entscheidend ist, dass der Bf. wegen seiner Geisteskrankheit mangels Schuldfähigkeit nicht verurteilt wurde. Die Unterbringung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist eine präventive Maßnahme. Obwohl für eine unbestimmte Zeit angeordnet, hat das Gericht gemäß Paragraph 35, (3) StGB von Amts wegen mindestens einmal jährlich zu prüfen, ob die Unterbringung noch notwendig ist. Da dieser Entzug der persönlichen Freiheit jedes Jahr gerichtlich überprüft werden muss, war die Abwesenheit des Bf. für die Fairness des Verfahrens vor dem OGH nicht ausschlaggebend. Da die Gefährlichkeitsprognose einer geisteskranken Person hauptsächlich von der Einschätzung von Sachverständigen abhängt, konnte der OGH die Entscheidung des LG Krems in adäquater Weise anhand der Aktenlage (inklusive zweier Gutachten) überprüfen. Da eine formelle Anfrage gemäß Paragraph 296, (3) StPO fehlte, war der OGH nicht verpflichtet, den Bf. von sich aus vorzuladen, damit sich dieser selbst verteidigen konnte. Keine Verletzung von Artikel 6, (1) EMRK in Verbindung mit Artikel 6, (3) (c) EMRK (einstimmig).

Anm.: Vgl. die vom GH zitierten Fälle Kremzow/A, Urteil 21.9.1993, A/268-B (= NL 93/5/13 = EuGRZ 1995, 537 = ÖJZ 1994, 210).Anmerkung, Vgl. die vom GH zitierten Fälle Kremzow/A, Urteil 21.9.1993, A/268-B (= NL 93/5/13 = EuGRZ 1995, 537 = ÖJZ 1994, 210).

Anm.: Die Kms. hatte in ihrem Ber. v. 20.5.1998 eine Verletzung von Art. 6 (1) EMRK iVm. Art. 6 (3) (c) EMRK festgestellt (mehrheitlich).Anmerkung, Die Kms. hatte in ihrem Ber. v. 20.5.1998 eine Verletzung von Artikel 6, (1) EMRK in Verbindung mit Artikel 6, (3) (c) EMRK festgestellt (mehrheitlich).

Hinweis:

Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 8.2.2000, Bsw. 23867/94, entstammt der Zeitschrift „ÖIMR-Newsletter" (NL 2000, 28) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.

Das Urteil im englischen Originalwortlaut (pdf-Format):

www.menschenrechte.ac.at/orig/00_1/Prinz.pdf

Das Original des Urteils ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.

Anmerkung

EGM00281 Bsw23867.94-U

Dokumentnummer

JJT_20000208_AUSL000_000BSW23867_9400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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