Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Helga N*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Dartmann und Dr. Haymo Modelhart, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dipl. Ing. Walter K*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, sowie der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Parteien 1.) K***** Bau Gesellschaft mbH & Co KG, *****vertreten durch DDr. Heinz Mück, Rechtsanwalt in Linz, und 2.) Franz W*****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, wegen 958.000 S sA infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 1. Juli 1999, GZ 6 R 84/99m, 85/99h-55, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ließ von zwei Architekten, dem vormals Erst- und dem vormals Zweitbeklagten, ein Einfamilienwohnhaus planen und durch die beiden Nebenintervenienten auf Seiten des Beklagten auf ihrer Liegenschaft errichten, wogegen der (vormals dritt-)beklagte Zivilingenieur für Bauwesen die Statik erstellte. Der in den fehlerhaften Statik des Beklagten wurzelnde Mangel in der Bauausführung (teilweise Minderbewehrung der Stahlbetondecke über dem Erdgeschoss mit fehlender Standsicherheit laut Ö-Norm) ist mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht zu sanieren. Von den Vorinstanzen wurde nur der Beklagte zur Leistung einer begehrten "Wertminderung" von 958.000 S an die Klägerin verhalten; allein dieser Zuspruch ist Revisionsgegenstand.
Die außerordentliche Revision bringt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.Die außerordentliche Revision bringt keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zur Darstellung.
Rechtliche Beurteilung
a) Die zweite Instanz führte aus, die Klägerin habe nicht etwa eine merkantile Wertminderung nach kompletter Sanierung ihres Hauses begehrt, sondern Schadenersatz für einen Mangel, der nach ihrem eigenen Vorbringen mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht zu sanieren ist, in der Höhe der Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Sache im mängelfreien und jenem im mangelhaften Zustand. Diesen Minderwert habe der Sachverständige (SV) Dipl. Ing. Rudolf Edinger in seinem Gutachten ON 21 ermittelt. Auch wenn der SV von der Ermittlung des "merkantilen" Minderwerts spreche, ergebe sich doch aus den umfangreichen Äußerungen des SV in seinem Gutachten ON 21 und in der mündlichen Streitverhandlung (ON 34), dass er in Wahrheit die Differenz zwischen dem gemeinen Wert der Liegenschaft der Klägerin im mängelfreien und im mangelhaften Zustand gemeint und berücksichtigt habe.
Dieser vom Beklagten als Aktenwidrigkeit gerügte Vorgang betrifft eine Frage der nicht revisiblen Beweiswürdigung durch die Tatsacheninstanzen. Im Übrigen hat die zweite Instanz keine Vermengung der merkantilen Wertminderung mit dem technischen Minderwert vorgenommen: Ein auf der gefühlsmäßiger Abneigung des Käuferpublikums, gegen beschädigte, aber instandgesetzte Sachen deshalb, weil trotz Schadensbehebung doch noch verborgene Mängel vorhanden sein oder künftige Schäden entstehen könnten, beruhendes Marktverhalten kann auch bei Liegenschaften zu einer Minderung des Verkehrswerts einer Liegenschaft, bei der die Schäden einwandfrei und
vollständig behoben wurden, führen (5 Ob 47/98t = Jus-Extra OGH-Z
2524, 10 Ob 113/98k = ecolex 1999, 86, je mwN; RIS-Justiz RS0109556;
Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 10/21). Von dieser als merkantile Wertminderung bezeichneten Schadensposition, die den (zusätzlichen) Schaden ausgleichen soll, der dem Geschädigten nach (und trotz) einwandfreier und vollständiger Reparatur der beschädigten (wieder instandgesetzten) Sache verbleibt, ist der technische Minderwert einer Liegenschaft zu unterscheiden, die aus dem (noch) nicht vollständig sanierten Zustand resultiert (10 Ob 113/98k = ecolex 1999, 86). Die für die Berechnung des merkantilen Minderwerts maßgeblichen Komponenten sind weder in das Vorbringen der Klägerin noch in die Bewertung durch den Sachverständigen (Verkehrswert der gesamten verbauten Liegenschaft ohne den Mangel 10,267 Mio S, mit dem Mangel 9,309,250 S) noch in die erstinstanzlichen Urteilsannahmen eingeflossen. Auf die Rechtsmittelausführungen zur unrichtigen Berechnung der merkantilen Wertminderung, im besonderen, dass bei einem Baumangel der Bodenwert nicht einzubeziehen sei, kommt es demnach nicht an.
b) Bereits in der Entscheidung 1 Ob 620/94 = SZ 68/101 hat der erkennende Senat ausgesprochen: Biete die Naturalrestitution den vollkommensten Ausgleich, so sei sie auch durchzuführen, auch wenn sie teurer sei als Geldersatz, und zwar selbst dann, wenn der gesamte Schaden nicht ersetzt werden könne. Nur wenn die Wiederherstellung einen unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühen erfordere, scheide sie wegen Untunlichkeit aus. Diesen auf dem Vorrang der Naturalrestitution abstellenden Grundsätzen ist im besonderen Maß bei Liegenschaften Geltung zu verschaffen: Anders als Kraftfahrzeuge und ähnliche Gebrauchsgüter seien sie nicht nur keine vertretbaren Sachen, für die durch Austausch voller Ersatz geleistet werden kann, sondern überdies als knappe Wirtschaftsgüter nur in weitaus geringerer Zahl vorhanden und überhaupt nicht vermehrbar. Bei Beschädigung solcher Güter sei deshalb - ähnlich wie bei Sachen ohne Verkehrswert - zu fragen, ob ein verständiger Eigentümer in der Lage des Geschädigten die Kosten aufwenden, ob also ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Mensch, der den Schaden selbst zu tragen hat, diesen Aufwand gleichfalls bestreiten würde. Da der Beklagte das gesamte subjektiv zu berechnende Interesse zu ersetzen habe, dürften der Tunlichkeit der Wiederherstellung (§ 1323 ABGB) keine engen Grenzen gezogen werden. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Die Höhe eines solchen durch Differenzrechnung - wie hier - zu ermittelnden Schadens ist Tatfrage und entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof.b) Bereits in der Entscheidung 1 Ob 620/94 = SZ 68/101 hat der erkennende Senat ausgesprochen: Biete die Naturalrestitution den vollkommensten Ausgleich, so sei sie auch durchzuführen, auch wenn sie teurer sei als Geldersatz, und zwar selbst dann, wenn der gesamte Schaden nicht ersetzt werden könne. Nur wenn die Wiederherstellung einen unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühen erfordere, scheide sie wegen Untunlichkeit aus. Diesen auf dem Vorrang der Naturalrestitution abstellenden Grundsätzen ist im besonderen Maß bei Liegenschaften Geltung zu verschaffen: Anders als Kraftfahrzeuge und ähnliche Gebrauchsgüter seien sie nicht nur keine vertretbaren Sachen, für die durch Austausch voller Ersatz geleistet werden kann, sondern überdies als knappe Wirtschaftsgüter nur in weitaus geringerer Zahl vorhanden und überhaupt nicht vermehrbar. Bei Beschädigung solcher Güter sei deshalb - ähnlich wie bei Sachen ohne Verkehrswert - zu fragen, ob ein verständiger Eigentümer in der Lage des Geschädigten die Kosten aufwenden, ob also ein wirtschaftlich vernünftig handelnder Mensch, der den Schaden selbst zu tragen hat, diesen Aufwand gleichfalls bestreiten würde. Da der Beklagte das gesamte subjektiv zu berechnende Interesse zu ersetzen habe, dürften der Tunlichkeit der Wiederherstellung (Paragraph 1323, ABGB) keine engen Grenzen gezogen werden. An dieser Auffassung ist festzuhalten. Die Höhe eines solchen durch Differenzrechnung - wie hier - zu ermittelnden Schadens ist Tatfrage und entzieht sich einer Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Anmerkung
E5734501a03219Schlagworte
Kennung XPUBLDiese Entscheidung wurde veröffentlicht inbbl 2000,166 = ZLB 2009,49XPUBLENDEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00321.99H.0222.000Zuletzt aktualisiert am
08.06.2009