Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) T*****, Großbritannien, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, und 2) S*****, Slowakei, vertreten durch Dr. Haimo Puschner, Mag. Martin Spernbauer und Mag. Nikolaus Rosenauer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien 1., Singerstraße 17-19, und 2) Ö***** Aktiengesellschaft, *****, die klagende Partei zu 1) wegen 22,681.196 S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S) sowie die klagende Partei zu 2) wegen 31 Mio S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S) infolge außerordentlicher Revisionsrekurse der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 15. Dezember 1999, GZ 14 R 238/99v-9, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Gesetz vom 30. Jänner 1937 über das Verfahren in Binnenschifffahrtssachen DRGBl I S 97/1937 und die Vierte Verordnung vom 26. Juni 1941 zu dessen Durchführung stehen nach wie vor als Bundesrecht in Geltung. Das wird nunmehr auch durch § 1 iVm Pkt. 94. 02. 05 und 94. 02. 05/001 des Anhangs des 1. BRBG BGBl I 191/1999 verdeutlicht (siehe zur Rsp vor dem 1. BRBG SZ 65/80).
Jenes Gesetz gilt nach dessen § 1 Abs 1 Z 1 "für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die sich aus der Benutzung von Binnengewässern durch Schifffahrt ... ergeben" und "Schadenersatzansprüche aus Zusammenstößen oder anderen Schifffahrtsunfällen sowie aus unerlaubten Handlungen, die sonst mit der Benutzung der Gewässer zusammenhängen" zum Gegenstand haben (SZ 56/52; Sinzinger, Die Zuständigkeit in privatrechtlichen Schifffahrtssachen, JBl 1975, 172 [173]). Schifffahrtsgericht für die Donau zur Verhandlung und Entscheidung über eine Schifffahrtssache im Sinne des erörterten Verfahrensgesetzes ist - unabhängig vom Wert des Streitgegenstands - das Bezirksgericht für Handelssachen Wien (SZ 65/80).
1. 1. Die Rechtsmittelwerber sind der Ansicht, die voranstehend erläuterte Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien erfasse nur Ansprüche, die auf die Bestimmungen des Binnenschifffahrtsgesetzes vom 20. Mai 1898 DRGBl S 868/1898 = GBlÖ Nr. 1454/1939 gestützt werden. Solche Ansprüche würden gegen die zweitbeklagte Partei aber gerade nicht geltend gemacht.
Wie bereits das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, wird diese Ansicht durch den klaren Wortlaut des Gesetzes widerlegt, der sich auch auf alle Schadenersatzansprüche aus "anderen Schifffahrtsunfällen sowie aus unerlaubten Handlungen, die sonst mit der Benutzung der Gewässer zusammenhängen", bezieht. Solche Schadenersatzansprüche sind aber Gegenstand der gegen die zweitbeklagte Partei erhobenen Klage. Welche konkreten Rechtsverletzungen als Klagegründe behaupten, ist vor diesem Hintergrund nicht von Belang.
2. Der Gerichtsstand nach § 93 Abs 1 JN setzt eine (passive) materielle Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO voraus (Mayr in Rechberger, Kommentar zur ZPO2 Rz 1 zu § 93 JN mwN). Die beklagten Parteien werden als Haftpflichtige zwar solidarisch in Anspruch genommen und wären insofern materielle Streitgenossen im Sinne des § 11 Z 1 ZPO, der erörterte Gerichtsstand bedingt jedoch ferner, dass das angerufene Gericht für den - hier zusammen mit einem Rechtsträger nach § 1 Abs 1 AHG - geklagten Streitgenossen nicht unprorogabel unzuständig ist (Mayr aaO Rz 3 zu § 93 JN), worauf Schragel (AHG2 Rz 255), auf den sich die Rechtsmittelwerber berufen, nicht Bedacht nimmt.
Gemäß § 104 Abs 2 Satz 2 JN können u. a. Rechtssachen, für die ein Bezirksgericht eigenzuständig ist, nicht vor einen Gerichtshof erster Instanz gebracht werden (Mayr aaO Rz 12 zu § 104 JN). Die unter 1. erörterten gesetzlichen Bestimmungen begründen aber eine sachliche Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und sind - entgegen der Ansicht der klagenden Parteien - nicht bloß als Regeln einer "besonderen Verfahrensart" zu verstehen.
Die klagenden Parteien streben weiters eine teleologische Reduktion der Regelung des § 104 Abs 2 Satz 2 JN auf "Zwangsgerichtsstände" an. Ein solches Ergebnis wäre jedoch keine teleologische Reduktion, sondern entzöge der erörterten Bestimmung jeden Anwendungsbereich, kann sich doch die Frage einer Prorogation bei einem gesetzlichen Zwangsgerichtsstand gar nicht mehr stellen. Der Gesetzgeber hat ferner durch das unter 1. erwähnte 1. BRBG klargestellt, die auch im Anlassfall maßgebende Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien beibehalten zu wollen, obgleich Sinzinger bereits 1975 nach eingehender Erörterung der Rechtslage resümierte, unterschiedliche Zuständigkeitsregeln für Binnenschifffahrtsachen im engeren und im weiteren Sinn seien nicht überzeugend begründbar (JBl 1975, 174, 177), eigene Schifffahrtsgericht seien an sich überflüssig und unübersichtliche Zuständigkeitsbestimmungen würden die Rechtssicherheit einschränken (JBl 1975, 177).Die klagenden Parteien streben weiters eine teleologische Reduktion der Regelung des Paragraph 104 &, #, 160 ;, A, b, s, &, #, 160 ;, 2 &, #, 160 ;, S, a, t, z, &, #, 160 ;, 2, JN auf "Zwangsgerichtsstände" an. Ein solches Ergebnis wäre jedoch keine teleologische Reduktion, sondern entzöge der erörterten Bestimmung jeden Anwendungsbereich, kann sich doch die Frage einer Prorogation bei einem gesetzlichen Zwangsgerichtsstand gar nicht mehr stellen. Der Gesetzgeber hat ferner durch das unter 1. erwähnte 1. BRBG klargestellt, die auch im Anlassfall maßgebende Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien beibehalten zu wollen, obgleich Sinzinger bereits 1975 nach eingehender Erörterung der Rechtslage resümierte, unterschiedliche Zuständigkeitsregeln für Binnenschifffahrtsachen im engeren und im weiteren Sinn seien nicht überzeugend begründbar (JBl 1975, 174, 177), eigene Schifffahrtsgericht seien an sich überflüssig und unübersichtliche Zuständigkeitsbestimmungen würden die Rechtssicherheit einschränken (JBl 1975, 177).
3. Erstmals in den außerordentlichen Revisionsrekursen versuchen die klagenden Parteien die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtshofs für die zweitbeklagte Partei auf Art 6 Z 1 EuGVÜ/LGVÜ zu stützen. Diese Vorschrift regelt aber nur die internationale und die örtliche Zuständigkeit (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht6 Rz 5 zu Art 6), was hier bedeutet, dass die unter 2. erläuterte Einschränkung des Gerichtsstands der Streitgenossenschaft gemäß § 93 Abs 1 JN mit Art 6 Z 1 EuGVÜ/LGVÜ nicht kollidiert.
4. Nach allen voranstehenden Erwägungen wurde die vom Erstgericht zufolge sachlicher Unzuständigkeit ausgesprochene Zurückweisung der Klage gegen die zweitbeklagte Partei im Rekursverfahren zutreffend bestätigt.
Somit sind aber die außerordentlichen Revisionsrekurse gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels Verwirklichung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.Somit sind aber die außerordentlichen Revisionsrekurse gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels Verwirklichung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Absatz eins, ZPO zurückzuweisen.
Textnummer
E57249European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0010OB00045.00Z.0222.000Im RIS seit
23.03.2000Zuletzt aktualisiert am
28.02.2011