TE OGH 2000/2/22 10ObS365/99w

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Veröffentlicht am 22.02.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf und die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Heinrich Lahounik (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. Winfried Kmenta (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Erwin H*****, Kraftfahrer, *****, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen Invaliditätspension, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. September 1999, GZ 25 Rs 96/99z-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Mai 1999, GZ 43 Cgs 312/97z-18, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der vom Berufungsgericht für zulässig erklärte Rekurs gegen den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss ist nach § 47 Abs 2 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen vorliegt. Er ist aber nicht berechtigt.Der vom Berufungsgericht für zulässig erklärte Rekurs gegen den Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluss ist nach Paragraph 47, Absatz 2, ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zulässig, weil ein Verfahren über wiederkehrende Leistungen in Sozialrechtssachen vorliegt. Er ist aber nicht berechtigt.

Die im angefochtenen Beschluss enthaltene rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz iVm § 528a ZPO). Ergänzend ist den Rechtsausführungen der beklagten Partei entgegen zu halten:Die im angefochtenen Beschluss enthaltene rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz in Verbindung mit Paragraph 528 a, ZPO). Ergänzend ist den Rechtsausführungen der beklagten Partei entgegen zu halten:

Rechtliche Beurteilung

Wie im angefochtenen Beschluss richtig dargelegt wurde, muss im Zusammenhang mit der Prüfung der Verweisbarkeit eines Versicherten nach § 255 Abs 1 und 2 ASVG unterschieden werden, ob ein Berufsschutz im Sinne eines gelernten oder angelernten Berufes erst zu erwerben ist oder ob ein bereits erworbener Berufsschutz durch später ausgeübte Teiltätigkeiten weiterhin erhalten bleibt.Wie im angefochtenen Beschluss richtig dargelegt wurde, muss im Zusammenhang mit der Prüfung der Verweisbarkeit eines Versicherten nach Paragraph 255, Absatz eins und 2 ASVG unterschieden werden, ob ein Berufsschutz im Sinne eines gelernten oder angelernten Berufes erst zu erwerben ist oder ob ein bereits erworbener Berufsschutz durch später ausgeübte Teiltätigkeiten weiterhin erhalten bleibt.

Nach den insoweit ausreichenden Feststellungen sind sowohl das Erstgericht wie auch das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der beklagten Partei mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Kläger, der übrigens den Beruf des Elektroinstallateuers erlernt, wenn auch nicht ausgeübt hat, bereits vor dem 1. 7. 1982 (also 15 Jahre vor dem Stichtag 1. 7. 1997) durch seine konkrete berufliche Tätigkeit die Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet hatte, über die ein qualifizierter gelernter Kraftfahrer verfügt (vgl die einen Berufsschutz als angelernter Kraftfahrer bejahende Entscheidung SSV-NF 4/80). In der vom Erstgericht zitierten - aufhebenden - Entscheidung 10 ObS 435/97m (SSV-NF 12/5) ging es ausschließlich um den Erwerb des Berufsschutzes. Der Senat führte dort unter anderem aus: Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei der Berufsschutz nicht erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitze, die nach den Ausbildungsvorschriften (hier: Ausbildungsverordnung BGBl 1995/902; gleichermaßen auch die hiedurch aufgehobenen Verordnungen BGBl 1987/396 und 1992/508) zum Berufsbild des Lehrberufes zählten und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln seien. Es komme vielmehr darauf an, dass er über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, die üblicherweise von Ausgelernten (etwa Facharbeitern) des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppe) unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden. Es reiche allerdings nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränkten, der von Ausgelernten (Facharbeitern) allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht werde (SSV-NF 2/78, 3/70, 10 ObS 301/97f). Das Fehlen von einzelnen, nicht zentralen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Lehrberufes stehe dagegen der Annahme des Berufsschutzes nicht entgegen. ............ Ein Versicherter genieße dann keinen Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer, wenn er die am Berufsbild des Lehrberufes eines Berufskraftfahrers entsprechend der Ausbildungsverordnung zu messenden üblicherweise und allgemein beherrschten Kenntnisse und Fähigkeiten nicht zu erfüllen vermöge. Dabei komme es in erster Linie darauf an, was von gelernten Arbeitern am Arbeitsmarkt üblicherweise verlangt werde. Die Feststellungen reichten nicht aus, um beurteilen zu können, ob der Versicherte Berufsschutz als angelernter Kraftfahrer erworben habe.Nach den insoweit ausreichenden Feststellungen sind sowohl das Erstgericht wie auch das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der beklagten Partei mit Recht davon ausgegangen, dass sich der Kläger, der übrigens den Beruf des Elektroinstallateuers erlernt, wenn auch nicht ausgeübt hat, bereits vor dem 1. 7. 1982 (also 15 Jahre vor dem Stichtag 1. 7. 1997) durch seine konkrete berufliche Tätigkeit die Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet hatte, über die ein qualifizierter gelernter Kraftfahrer verfügt vergleiche die einen Berufsschutz als angelernter Kraftfahrer bejahende Entscheidung SSV-NF 4/80). In der vom Erstgericht zitierten - aufhebenden - Entscheidung 10 ObS 435/97m (SSV-NF 12/5) ging es ausschließlich um den Erwerb des Berufsschutzes. Der Senat führte dort unter anderem aus: Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei der Berufsschutz nicht erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitze, die nach den Ausbildungsvorschriften (hier: Ausbildungsverordnung BGBl 1995/902; gleichermaßen auch die hiedurch aufgehobenen Verordnungen BGBl 1987/396 und 1992/508) zum Berufsbild des Lehrberufes zählten und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln seien. Es komme vielmehr darauf an, dass er über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge, die üblicherweise von Ausgelernten (etwa Facharbeitern) des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppe) unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden. Es reiche allerdings nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränkten, der von Ausgelernten (Facharbeitern) allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht werde (SSV-NF 2/78, 3/70, 10 ObS 301/97f). Das Fehlen von einzelnen, nicht zentralen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Lehrberufes stehe dagegen der Annahme des Berufsschutzes nicht entgegen. ............ Ein Versicherter genieße dann keinen Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer, wenn er die am Berufsbild des Lehrberufes eines Berufskraftfahrers entsprechend der Ausbildungsverordnung zu messenden üblicherweise und allgemein beherrschten Kenntnisse und Fähigkeiten nicht zu erfüllen vermöge. Dabei komme es in erster Linie darauf an, was von gelernten Arbeitern am Arbeitsmarkt üblicherweise verlangt werde. Die Feststellungen reichten nicht aus, um beurteilen zu können, ob der Versicherte Berufsschutz als angelernter Kraftfahrer erworben habe.

Bereits in der E SSV-NF 4/80 hat der Senat aber ausgesprochen, dass auch bei einem angelernten Beruf der einmal erworbene Berufsschutz erhalten bleibt, wenn sich die Tätigkeit später zwar inhaltlich ändert, in ihrer Gesamtheit aber noch als Ausübung des angelernten Berufes anzusehen ist. Deshalb darf auch ein Versicherter, der überwiegend in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig war, nicht auf Teiltätigkeiten dieses Berufes verwiesen werden, bei deren Ausübung er diesen Berufsschutz verlieren würde (stRspr seit SSV-NF 3/29 = SZ 62/37). Hingegen vermag die Ausübung einer Teiltätigkeit des erlernten oder angelernten Berufes, die sich qualitativ nicht hervorhebt und bloß untergeordnet ist, einen vorher bestandenen Berufsschutz nicht aufrecht zu erhalten (SSV-NF 9/40 ua). Für die Erhaltung des Berufsschutzes ist entscheidend, ob ein "Kernbereich" der Ausbildung auch bei Ausübung der Teiltätigkeit verwertet werden muss (SSV-NF 12/47: Servieren von Speisen und Getränken als Haupttätigkeit eines Kellners). Die Tätigkeit eines Tankwartes an einer Bedienungstankstelle wurde dagegen für ungeeignet gehalten, den Berufsschutz eines Kraftfahrzeugmechanikers zu bewahren (10 ObS 411/98h - ARD 5061/13/99).

Im Fall des Klägers, der zuletzt als Buschauffeur im gesamten europäischen Raum (Europatouren) tätig war, ist der Rechtsansicht der zweiten Instanz beizustimmen, dass die in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend ausgeübte Tätigkeit eines Autobusfahrers zum "Kernbereich" der Tätigkeit eines Berufskraftfahrers gehört, die zwar allein nicht ausreichen würde, den Berufsschutz zu erwerben, durch die aber der bereits erworbene Berufsschutz nicht verloren geht, weil sie nicht als bloß "untergeordnet" angesehen werden kann. Der Senat hat in einem anderen Fall übrigens - wenn auch dort ohne ausdrückliche Prüfung der Bewahrung des Berufsschutzes - die Verweisung eines Berufskraftfahrers auf die Tätigkeiten eines Fahrers von Dienstpersonenkraftwagen und eines Direktionschauffeurs nicht beanstandet (10 ObS 205/97p - unveröffentlicht).

In der Entscheidung des Senates vom 9. 11. 1999, 10 ObS 290/99s, wurde dem Erstgericht im fortgesetzten Verfahren aber auch aufgetragen, gegebenenfalls weiters zu prüfen, ob nicht auch noch andere einschlägige, wenn auch nicht unmittelbar mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Verweisungsberufe, wie beispielsweise der Fuhrparkleiter, für den Kläger in Betracht kämen.

Zusammenfassend erweist sich, dass das Berufungsgericht in richtiger rechtlicher Beurteilung die Frage der Verweisbarkeit des Klägers im Rahmen des erlernten Berufes für noch aufklärungsbedürftig angesehen hat. Dem Rekurs der beklagten Partei kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind nicht entstanden.

Anmerkung

E57041 10C03659

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00365.99W.0222.000

Dokumentnummer

JJT_20000222_OGH0002_010OBS00365_99W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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