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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/19/1226Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über den Antrag des K in K, geboren am 17. Dezember 1987, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 14, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 5. Juli 2006, Zl. 268.474/0-XIII/65/06, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997, sowie über die mit diesem Antrag verbundene Beschwerde (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2006 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei, und gemäß § 8 Abs. 2 AsylG der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien ausgewiesen. Laut Rückschein wurde dieser Bescheid vom Beschwerdeführer am 7. Juli 2006 übernommen. Mit der am 25. August 2006 zur Post gegebenen Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, dass ihm der Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2006 am 7. Juli 2006 zugestellt worden sei. Die der Beschwerde zuliegende Kopie des angefochtenen Bescheides enthält einen mit 10. Juli 2006 datierten Eingangsstempel der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 2006 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer verspätet eingebrachten Beschwerde ausgehe. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, dazu innerhalb einer Frist von zwei Wochen Stellung zu nehmen.
Der Beschwerdeführer nahm fristgerecht zu diesem Sachverhalt Stellung, begehrte unter einem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und legte zugleich mit diesem Wiedereinsetzungsantrag die bereits eingebrachte Beschwerde wieder vor.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages bringt der Beschwerdeführer vor, dass ihm der Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juli 2006 tatsächlich am 7. Juli 2006 "persönlich ausgehändigt" worden sei. Der Beschwerdeführer habe sodann diesen Bescheid der Kanzlei des Beschwerdeführervertreters nach telefonischer Ankündigung am 10. Juli 2006 per Fax übermittelt. Unmittelbar nach Einlangen im Sekretariat des Beschwerdeführervertreters habe eine Sekretärin den Eingangsstempel "10. Juli 2006" angebracht und den Bescheid der für die Bearbeitung dieses Falles zuständigen Rechtsanwaltsanwärterin vorgelegt. Diese habe zunächst versucht, auch eine Kopie des Kuverts, auf dem der Zustellvermerk ersichtlich sei, zu erhalten. Nachdem ihr dies nicht möglich gewesen wäre, habe sie telefonisch sowohl beim Beschwerdeführer als auch bei der belangten Behörde Rücksprache gehalten und in Erfahrung gebracht, dass die Zustellung tatsächlich am 7. Juli 2006 durch persönliche Übergabe erfolgt sei.
Zur Fristenberechnung diene der Rechtsanwaltsanwärterin ein Stehkalender, bei dem die einzelnen Wochenblätter umzuschlagen seien. Dabei sei ihr insofern ein Fehler unterlaufen, als sie irrtümlich zwei Wochenblätter gleichzeitig umgeschlagen habe, sodass sie - anstatt richtigerweise den 18. August 2006 - als Fristende tatsächlich den 25. August 2006 vermerkt habe.
Nachdem die Rechtsanwaltsanwärterin eine Kopie der relevanten Aktenteile des Asylaktes erhalten hätte, habe sie die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde so verfasst, dass sie entsprechend ihres eigenen Terminvormerkes am 25. August 2006 dem Beschwerdeführervertreter die Beschwerde zur Überprüfung und Unterfertigung vorlegen habe können.
Der Beschwerdeführervertreter habe die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde inhaltlich überprüft, wobei die Rechtsanwaltsanwärterin hinsichtlich der Kontrolle der Rechtzeitigkeit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde auf den irrtümlich vorgenommenen Eintrag "25. August 2006" verwiesen habe. Die Fristversäumnis habe somit zum damaligen Zeitpunkt nicht auffallen können.
In der subjektiven Annahme, die Frist rechtzeitig wahrgenommen zu haben, hätten die juristischen Mitarbeiter des Beschwerdeführervertreters letztlich die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde am 25. August 2006 an den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt.
Der Umstand, dass eine an sich zuverlässige, gut ausgebildete juristische Mitarbeiterin irrtümlich zwei Kalenderblätter bei der Fristenberechnung gleichzeitig umgeschlagen habe, so zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen sei und letztlich bei Vorlage der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde zur Kontrolle und Unterfertigung an den Beschwerdeführervertreter unter Hinweis auf den selbst vorgenommenen Fristenvormerk auf die unrichtig eingetragene Frist verwiesen habe, stelle für den Beschwerdeführervertreter ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis dar, welches auch auf kein Organisationsverschulden des Beschwerdeführervertreters zurückzuführen sei; soweit überhaupt ein Verschulden erkennbar sei, sei dieses lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag bestand das "Hindernis" in einem durch das Verhalten einer Rechtsanwaltsanwärterin des Beschwerdeführervertreters verursachten Irrtum über das Ende der Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde. Dieser Irrtum hätte indessen bei nur geringer Aufmerksamkeit durch einfaches Nachrechnen anlässlich der Unterfertigung dieser Beschwerde durch den Beschwerdeführervertreter am 25. August 2006 bemerkt werden müssen, bezieht sich doch das Vorbringen zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde schon in dieser auf die Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides der belangten Behörde an den Beschwerdeführer am 7. Juli 2006 (vgl. zu ähnlich gelagerten Fällen etwa die hg. Beschlüsse vom 16. Mai 2002, Zlen 2002/20/0215, 0216, und vom 14. Jänner 2003, Zlen 2002/01/0429, 0508).
Auf dem Boden der zitierten Rechtsprechung hat daher im vorliegenden Fall das Hindernis an der Einhaltung der Beschwerdefrist im Sinne des § 46 Abs. 3 VwGG jedenfalls am 25. August 2006 zu bestehen aufgehört und somit an diesem Tag die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist begonnen. Der erst am 26. September 2006 zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag erweist sich demnach als verspätet, weshalb er zurückzuweisen war.
Bei diesem Ergebnis ist auch die - unstrittig verspätete Beschwerde - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 30. November 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006191152.X00Im RIS seit
23.03.2007Zuletzt aktualisiert am
23.03.2009