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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des Prof. Dr. F in A, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. Juni 2006, Zl. IIIa1-W- 60.184/2, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Wasserrechtsangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde A, vertreten durch Dr. Klaus Gürtler, Rechtsanwalt in 6060 Hall in Tirol, Stadtgraben 25), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei beantragte bei der Wasserrechtsbehörde die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Inbetriebsetzung des B-bachgerinnes zu ökologischen Zwecken.
Mit Kundmachung vom 2. August 2005 beraumte die Bezirkshauptmannschaft I (BH) für 24. August 2005 über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung an.
Diese Kundmachung wurde u.a. folgenden Parteien - jeweils
gesondert - zugestellt:
"...
4. Wassergenossenschaft A-bach, zH Obmann Herrn (Beschwerdeführer),
5. Herrn (Beschwerdeführer)."
In der Verhandlungsschrift der BH vom 24. August 2005 findet sich unter der Überschrift "Stellungnahme des Vertreters der Wassergenossenschaft A-bach" folgende Erklärung des Beschwerdeführers:
"Grundsätzlich wird auf die Zustimmungserklärung vom 27.12.2004 verwiesen, in welcher die Wassergenossenschaft A-bach der Wassermenge von 30 l/s für die Wiederinbetriebsetzung des Bbachgerinnes zustimmt. Es darf in diesem Zusammenhang jedoch ausgeführt werden, dass die Wassergenossenschaft A-bach die Ansicht vertritt, dass der A-bach mit einer Wassermenge von 650 l/s beschickt werden muss, damit die derzeit dort betriebenen Kraftwerke entsprechend ihrer genehmigten Konsenswassermenge betrieben werden können."
Mit Bescheid vom 27. Jänner 2006 erteilte die BH der mitbeteiligten Partei die beantragte Bewilligung.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin heißt es, die Berufung richte sich in keiner Weise grundsätzlich gegen die Beschickung des B-baches, sondern lediglich dagegen, dieses Wasserbenutzungsrecht ohne Berücksichtigung der Rechte des Beschwerdeführers zu erteilen. Nach dessen Meinung sollte die Beschickung des B-baches vorwiegend dadurch erreicht werden, dass die Stadtwerke H verpflichtet werden, bei ausreichender Wassermenge genügend Wasser überzuleiten, um den B-bach ohne Beeinträchtigung der Abachwassermenge beschicken zu können. Ergänzend sei anzuführen, dass der Beschwerdeführer seine Stellungnahme nicht nur für die Wassergenossenschaft A-bach, sondern auch für sich bzw. sein Wasserrecht abgegeben habe, was im Bescheid nicht angeführt worden sei. Im erstinstanzlichen Bescheid schienen bei den Wasserrechten Sonstiger die Kraftwerksbesitzer am A-bach nicht auf, also auch nicht der Beschwerdeführer. Demgemäß werde auf S 14 des Bescheides angeführt, dass bestehende Rechte nicht verletzt würden. Entsprechend sei im erstinstanzlichen Bescheid auch auf bestehende wasserrechtliche Verhältnisse nicht eingegangen worden. Da jedoch der Beschwerdeführer Wasserberechtigter am unterliegenden Kraftwerk am A-bach sei, werde durch eine Entnahme von 30 l/sek. in den B-bach für den Fall, dass dadurch weniger als 650 l/sec. in den A-bach gelangten, in bestehende wasserrechtliche Verhältnisse eingegriffen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 19. Juni 2006 wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück.
Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe eine Erklärung in der Verhandlung vor der Erstbehörde nur für die Wassergenossenschaft A-bach, nicht aber im eigenen Namen abgegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei auch als Grundeigentümer am Wasserrechtsverfahren beteiligt gewesen, wie sich schon aus der Ladung zur mündlichen Verhandlung ergebe. Er sei daher Partei im Sinne des § 12 WRG 1959. Die Niederschrift vom 24. August 2006 sei von der Behörde mittels eines Tonbandes erstellt worden. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht möglich gewesen, den Inhalt des Diktierten unmittelbar nach der mündlichen Verhandlung auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Dem Beschwerdeführer sei die Ladung zur mündlichen Verhandlung sowohl in eigener Person als auch als Vertreter der Wassergenossenschaft A-bach zugestellt worden. Er habe daher berechtigterweise davon ausgehen können, dass seine Einwendungen sowohl hinsichtlich der von ihm vertretenen Wassergenossenschaft A-bach als auch bezüglich seiner eigenen Person berücksichtigt würden. Es könne ihm nicht zugemutet werden, bei der Tonbandaufnahme darauf zu achten, ob seitens des Verhandlungsleiters diktiert werde, dass die Einwendungen namens der Wassergenossenschaft A-bach und des Beschwerdeführers oder allenfalls nur im Namen der Wassergenossenschaft erhoben würden. In diesem Zusammenhang sei auch auf die weitreichende Manuduktionspflicht der Behörde zu verweisen. Das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung hätte daher auch als Vorbringen des Beschwerdeführers selbst gewertet werden müssen. Außerdem hätte eine Präklusion nicht zur Zurückweisung, sondern zur Abweisung seiner Berufung führen müssen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, und beantragt, die Beschwerde unter Kostenzuspruch abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 42 Abs. 1 und 2 AVG lautet:
"§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs. 5 zweiter Satz ist nicht anwendbar. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, daß ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.
(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben."
Nach § 44 Abs. 1 AVG ist über jede mündliche Verhandlung eine Verhandlungsschrift nach den §§ 14 und 15 aufzunehmen.
§ 15 AVG lautet:
"§ 15. Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine gemäß § 14 aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig."
Der Beschwerdeführer behauptet weder, dass die Verhandlungsschrift nicht gemäß § 14 AVG aufgenommen worden sei, noch, dass er Einwendungen gegen die Niederschrift erhoben habe. Diese liefert daher vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2005.
Unzutreffend ist die Auffassung des Beschwerdeführers, es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, darauf zu achten, ob der Verhandlungsleiter beim Diktieren der Erklärung des Beschwerdeführers diese als Stellungnahme des Beschwerdeführers sowohl in eigener Sache als auch als Obmann der Wassergenossenschaft oder nur als Stellungnahme in der letztgenannten Funktion formuliert habe. Abgesehen davon behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht, dass seine Erklärung in der Verhandlungsschrift nicht dem entspreche, was er erklärt habe. Er meint nur, die Erklärung hätte auch als solche in eigener Sache verstanden werden müssen bzw. er hätte zu einer entsprechenden Stellungnahme in eigener Sache angeleitet werden müssen. Beides ist unzutreffend.
Der Beschwerdeführer wurde, wie er selbst zugesteht, nicht nur als Obmann der Wassergenossenschaft A-bach, sondern auch in eigener Person zur mündlichen Verhandlung vor der BH geladen. Ob die Erklärung, welche der Beschwerdeführer bei dieser Verhandlung abgegeben hat, überhaupt als Einwendung im Rechtssinn anzusehen ist, braucht nicht geprüft werden. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre sie nicht dem Beschwerdeführer persönlich, sondern nur der Wassergenossenschaft A-bach zuzurechnen. Der eindeutige Wortlaut und auch die Überschrift zu dieser Erklärung lassen daran keinen Zweifel.
Die Anleitungspflicht gemäß § 13a AVG geht nicht so weit, dass eine Person, die unter Hinweis auf die Folgen gemäß § 42 AVG zu einer mündlichen Verhandlung ordnungsgemäß geladen wurde, vom Verhandlungsleiter ausdrücklich zur Erhebung von Einwendungen und deren inhaltlichen Ausgestaltung angeleitet werden müsste (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. April 1998, 98/05/0047, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Durch das Unterbleiben einer Einwendung für seine eigene Person hat der Beschwerdeführer seine Parteistellung verloren. In diesem Fall ist die Berufung zurück- und nicht abzuweisen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 7. Dezember 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006070095.X00Im RIS seit
04.01.2007