Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely und Helmuth Prenner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leopold K*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, wider die beklagte Partei I*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch DDr. Wolfgang Doppelbauer, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 222.679,14 brutto abzüglich S 16.489,87 netto sA (Revisionsinteresse S 141.125,45 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. September 1999, GZ 8 Ra 100/99f-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 8. Jänner 1999, GZ 8 Cga 108/98t-11, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.370,-- (darin S 1.395,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Begründetheit der Entlassung des Klägers zutreffend verneint, sodass auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Ausführungen der Revisionswerberin ist ergänzend zu erwidern:Das Berufungsgericht hat die Begründetheit der Entlassung des Klägers zutreffend verneint, sodass auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 2 ZPO). Den Ausführungen der Revisionswerberin ist ergänzend zu erwidern:
Auszugehen ist davon, dass die Beklagte dem bei ihr knapp 3 1/2 Jahre lang beschäftigten Kläger, der als Entwickler für Steuerungsanlagen tätig war, schon nach dem ersten halben Jahr der Tätigkeit immer wieder das Gehalt schuldig blieb und ihm mit unrichtigen Versprechungen vertröstete und hinhielt. Trotz der Intervention der gesetzlichen Interessenvertretung und dreier Klagen des Klägers leistete die Beklagte nur verspätete Teilzahlungen. Zuletzt stellte der Kläger über Anraten seiner Bank den Antrag, über das Vermögen der Beklagten den Konkurs zu eröffnen. Nachdem der Kläger das ihm hierauf von der Beklagten unterbreitete Anbot einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht akzeptierte, wurde er entlassen.
Die Revisionswerberin begründet die Entlassung damit, dass durch den Antrag des Klägers (Arbeitnehmers), über das Vermögen der Beklagten (Arbeitgeberin) den Konkurs zu eröffnen, das dienstliche Vertrauen gänzlich verloren gegangen sei. Dem Kläger könne bei seinem Konkursantrag, wenn er auch nicht berechtigt gewesen sei, zwar "kaum" ein Missbrauch vorgeworfen werden, jedoch sei es eine häufig beobachtete Tatsache, dass Arbeitnehmer, welche wissen, dass ihr Arbeitsverhältnis schon bald ende, nicht mehr mit voller Konzentration, Eifer und Pflichterfüllung tätig seien.
Beim Konkursantrag handelt es sich um ein Gläubigerrecht (§ 70 Abs 1 KO), das grundsätzlich auch dem Arbeitnehmer als Gläubiger von Gehaltsforderungen offensteht. Eine rechtsmissbräuchliche Ausübung dieses Rechtes (vgl Übersicht bei Sprung, Zum Missbrauch des Konkurseröffnungsantrages, JBl 1969, 237 ff) wirft nicht einmal die Beklagte dem Kläger vor. Ihrem Standpunkt, bereits die Stellung des Konkursantrages an sich verwirkliche den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 dritter Fall AngG, kann nicht beigetreten werden. Der Entlassungstatbestand setzt voraus, dass sich der Arbeitnehmer einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt. Die Begehungshandlung muss pflichtwidrig und schuldhaft sein (Kuderna, Entlassungsrecht2 86 f). Richtig ist der Hinweis, dass an dienstliches Verhalten des Arbeitnehmers strengere Voraussetzungen zu stellen sind als an außerdienstliches Verhalten (Kuderna aaO 87; ArbBeim Konkursantrag handelt es sich um ein Gläubigerrecht (Paragraph 70, Absatz eins, KO), das grundsätzlich auch dem Arbeitnehmer als Gläubiger von Gehaltsforderungen offensteht. Eine rechtsmissbräuchliche Ausübung dieses Rechtes vergleiche Übersicht bei Sprung, Zum Missbrauch des Konkurseröffnungsantrages, JBl 1969, 237 ff) wirft nicht einmal die Beklagte dem Kläger vor. Ihrem Standpunkt, bereits die Stellung des Konkursantrages an sich verwirkliche den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach Paragraph 27, Ziffer eins, dritter Fall AngG, kann nicht beigetreten werden. Der Entlassungstatbestand setzt voraus, dass sich der Arbeitnehmer einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt. Die Begehungshandlung muss pflichtwidrig und schuldhaft sein (Kuderna, Entlassungsrecht2 86 f). Richtig ist der Hinweis, dass an dienstliches Verhalten des Arbeitnehmers strengere Voraussetzungen zu stellen sind als an außerdienstliches Verhalten (Kuderna aaO 87; Arb
10.212 ua). Dies könnte jedoch - soweit es hier relevant ist - nur ein pflichtwidriges und schuldhaftes Verhalten des Klägers betreffen. Ein solches liegt jedoch nicht vor. Dass der Konkursantrag dienstliche Interessen der Beklagten berührte, machte ihn noch nicht pflichtwidrig. Die in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung der Revisionswerberin, der Kläger könnte in Zukunft (nach Stellung des Konkursantrages) nicht mehr mit voller Konzentration, Eifer und Pflichterfüllung tätig sein, findet in den erstgerichtlichen Feststellungen keine Grundlage. Selbst der Geschäftsführer der Beklagten attestierte dem Kläger, dass er mit dessen Arbeit stets zufrieden war (ON 10, AS 43). Die Entlassung eines Arbeitnehmers kann nicht auf bloße Verdachtsmomente gestützt werden; der Arbeitgeber hat vor dem Ausspruch der Entlassung zu prüfen, ob sich der Angestellte tatsächlich eines pflichtwidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat oder nicht (Kuderna aaO 87; Arb 9.238; RIS-Justiz RS0028842). Den Vertrauensverlust im Arbeitsverhältnis hat hier ausschließlich die Arbeitgeberin zu vertreten, betraf doch ihre Säumnis bei den Gehaltszahlungen - wie sie selbst in der Revision ausführt - ein "Kernelement" des Arbeitsvertrages.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E57146 09B03209European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00320.99W.0302.000Dokumentnummer
JJT_20000302_OGH0002_009OBA00320_99W0000_000