Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Volksbank L*****, vertreten durch Dr. Markus Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Mag. Sandra S*****, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 1,000.000,-, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. September 1999, GZ 3 R 76/99x-31, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Wer eine Urkunde ungelesen unterfertigt, macht ihren durch die Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung, es sei denn, der Urkundeninhalt wäre so außergewöhnlich, dass ein Einverständnis damit nicht angenommen werden kann (SZ 53/128; SZ 58/69 u. v. a.). Die Anforderungen an die Aufklärungspflicht - auch von Kreditinstituten - dürfen nicht überspannt werden; primär muss dem Bankkunden zugemutet werden, dass er seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren weiß. Vom Kreditinstitut ist zu fordern, dass es nicht eine Vertragsgestaltung wählt, die das Ausmaß der Verpflichtungen unklar lässt und damit zu Irrtümern Anlass gibt (SZ 58/69 mwH). Derartige außergewöhnliche oder unklare Formulierungen wurden im hier zu entscheidenden Fall nicht verwendet, vielmehr ergab sich nach den Feststellungen die persönliche Haftung und deren Umfang klar aus den der Beklagten zugeleiteten Urkunden. Eine Verpflichtung zu persönlicher Kontaktaufnahme durch die Klägerin bestand schon deshalb nicht, weil die Klägerin davon ausgehen konnte, die Beklagte als Mehrheitsgesellschafterin und Geschäftsführerin der um Kredit ansuchenden Ges. m. b. H. sei über deren wirtschaftliche Verhältnisse informiert oder könne Informationen zumindest leicht erlangen. Ein allfälliger Irrtum der Beklagten kann daher nicht als von der Klägerin veranlasst angesehen werden (vgl 3 Ob 237/97t).Wer eine Urkunde ungelesen unterfertigt, macht ihren durch die Unterschrift gedeckten Text zum Inhalt seiner Erklärung, es sei denn, der Urkundeninhalt wäre so außergewöhnlich, dass ein Einverständnis damit nicht angenommen werden kann (SZ 53/128; SZ 58/69 u. v. a.). Die Anforderungen an die Aufklärungspflicht - auch von Kreditinstituten - dürfen nicht überspannt werden; primär muss dem Bankkunden zugemutet werden, dass er seine wirtschaftlichen Interessen ausreichend zu wahren weiß. Vom Kreditinstitut ist zu fordern, dass es nicht eine Vertragsgestaltung wählt, die das Ausmaß der Verpflichtungen unklar lässt und damit zu Irrtümern Anlass gibt (SZ 58/69 mwH). Derartige außergewöhnliche oder unklare Formulierungen wurden im hier zu entscheidenden Fall nicht verwendet, vielmehr ergab sich nach den Feststellungen die persönliche Haftung und deren Umfang klar aus den der Beklagten zugeleiteten Urkunden. Eine Verpflichtung zu persönlicher Kontaktaufnahme durch die Klägerin bestand schon deshalb nicht, weil die Klägerin davon ausgehen konnte, die Beklagte als Mehrheitsgesellschafterin und Geschäftsführerin der um Kredit ansuchenden Ges. m. b. H. sei über deren wirtschaftliche Verhältnisse informiert oder könne Informationen zumindest leicht erlangen. Ein allfälliger Irrtum der Beklagten kann daher nicht als von der Klägerin veranlasst angesehen werden vergleiche 3 Ob 237/97t).
Es muss hier nicht näher auf die Frage eingegangen werden, ob die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Sittenwidrigkeit der Bürgschaftsübernahme durch Familienangehörige (SZ 68/64; SZ 71/117; 8 Ob 320/99p u. a.) auch im Falle der Interzession der Mehrheitsgesellschafterin für eine Ges. m. b. H., an der auch der Bruder der Bürgin Geschäftsanteile hält, anwendbar sein könnte. Selbst wenn man dies unterstellt, fehlt es nämlich nahezu an allen Voraussetzungen für ein - dem Wuchertatbestand nachgeformtes - Sittenwidrigkeitsurteil: In Anbetracht ihrer Beteiligung an der Ges. m. b. H. und ihrer Stellung als Geschäftsführerin lag ein beträchtliches Eigeninteresse der Beklagten an der Kreditgewährung vor, sodass der Bürgschaftsvertrag inhaltlich nicht zu missbilligen ist. Was das Zustandekommen der Bürgschaft betrifft, ist darauf zu verweisen, dass der Beklagten als Absolventin einer Handelsakademie und eines wirtschaftspädagogischen Studiums wohl nicht Unkenntnis der Bedeutung von Wechsel- und Bürgschaftserklärungen unterstellt werden kann. Auch hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 87/98w klargestellt, dass bei erwachsenen in voneinander unabhängigen familiären und beruflichen Lebensbereichen befindlichen Geschwistern eine zur Verdünnung der Entscheidungsfreiheit führende seelische Zwangslage im Allgemeinen nicht angenommen werden kann; das ausnahmsweise Vorliegen des Gegenteils wäre vom Interzedenten zu behaupten und zu beweisen. Diesen Beweis hat die Beklagte nicht erbracht. Selbst eine - hier gar nicht erwiesene - für die Gläubigerbank bei realistischer Betrachtungsweise sinnlose Gutstehung, kann ohne Hinzutreten weiterer Sittenwidrigkeitselemente nicht zur Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrages führen (SZ 68/64; 1 Ob 87/98w).
Anmerkung
E57296 08A03009European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0080OB00300.99X.0309.000Dokumentnummer
JJT_20000309_OGH0002_0080OB00300_99X0000_000