Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Walter Benesch (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Anna H*****, ohne Beschäftigungsangabe, *****, im Revisionsverfahren nicht vertreten, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. November 1999, GZ 10 Rs 209/99z-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4. Mai 1999, GZ 30 Cgs 163/98z-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der Klägerin als Bezugsberechtigter nach dem am 29. Mai 1998 verstorbenen Leopold H***** für die Zeit vom 1. Mai 1998 bis 29. Mai 1998 S 8.843,19 an anteiligem Pflegegeld der Stufe 5 zu bezahlen, abgewiesen wird.
Text
Entscheidungsgründe:
Leopold H*****, der Gatte der Klägerin, bezog von der beklagten Partei seit 1. August 1996 ein Pflegegeld der Stufe 1 in Höhe von S 2.000 monatlich. Nach Stellung eines Antrages auf Erhöhung des Pflegegeldes ist Leopold H***** am 29. Mai 1998 verstorben.
Mit Bescheid vom 10. September 1998 sprach die beklagte Partei gegenüber der fortsetzungsberechtigten Klägerin aus, dass für April 1998 ein Pflegegeld der Stufe 5, für den Sterbemonat Mai 1998 hingegen kein Pflegegeld gebühre.
Mit der gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides gerichteten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem für den Sterbemonat Mai 1998 gebührenden Pflegegeld der Stufe 5 und der dafür erhaltenen Vorschusszahlung in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 1.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens unter Hinweis auf die Bestimmung des § 47 Abs 4 BPGG.Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens unter Hinweis auf die Bestimmung des Paragraph 47, Absatz 4, BPGG.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es gelangte in rechtlicher Hinsicht unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 10 ObS 108/98z (= SSV-NF 12/46) zu dem Ergebnis, dass der Klägerin der Differenzbetrag zwischen dem für den Sterbemonat gebührenden anteiligen Pflegegeld der Stufe 5 in Höhe von S 10.843,19 und der dafür im Jänner 1997 erhaltenen Vorschussleistung in Höhe des Pflegegeldes der Stufe 1 von S 2.000, somit ein Betrag von S 8.843,19, gebühre.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass der geleistete Vorschuss nicht den Zuspruch des sich für den Sterbemonat auf Grund des tatsächlichen Pflegebedarfs ergebenden Pflegegeldes verhindere.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klageabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Die beklagte Partei verweist mit Recht auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach auf Grund der in § 47 Abs 4 BPGG vorgesehenen (einmaligen) Vorschusszahlung in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes der Anspruch des Pflegebedürftigen bzw Eintrittsberechtigten auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgegolten ist und daher für den Sterbemonat (über diese Vorschusszahlung hinaus) keine weitere Leistung mehr gebührt (10 ObS 114/99h; 10 ObS 229/99w; 10 ObS 260/99d; 10 ObS 18/00w; RIS-Justiz RS0112659). In diesen Entscheidungen wurde näher dargelegt, dass durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 201, eine Aliquotierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat eingeführt wurde und das Pflegegeld nicht mehr wie bisher monatlich im Voraus, sondern nunmehr im Nachhinein am 1. des Folgemonats ausgezahlt wird. Damit es durch diese Umstellung der Auszahlung des Pflegegeldes ab 1997 für die Pflegegeldbezieher zu keiner Unterbrechung des Bezuges kam, wenn das Pflegegeld für Dezember 1996 bereits am 1. Dezember, das Pflegeld für Jänner 1997 hingegen erst am 1. Februar 1997 zur Auszahlung gelangte, wurde in § 47 Abs 4 BPGG eine spätestens am 1. Jänner 1997 flüssig zu machende Vorschusszahlung in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes angeordnet. Diese Vorschusszahlung gebührt gemäß § 47 Abs 4 BPGG anstelle des aliqoten Pflegegeldteiles im Sterbemonat. Es war die Absicht des Gesetzgebers, dass diese (einmalige) Vorschusszahlung den Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgelten soll und somit für den Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll. Deshalb hat der Gesetzgeber auch keine Bestimmungen über eine allfällige Verrechnung oder Rückforderung für die Fälle vorgesehen, bei denen im Sterbemonat ein höheres oder auch geringeres anteiliges Pflegegeld gebühren würde als im Monat der Vorschusszahlung (Dezember 1996).Die beklagte Partei verweist mit Recht auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach auf Grund der in Paragraph 47, Absatz 4, BPGG vorgesehenen (einmaligen) Vorschusszahlung in der Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes der Anspruch des Pflegebedürftigen bzw Eintrittsberechtigten auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgegolten ist und daher für den Sterbemonat (über diese Vorschusszahlung hinaus) keine weitere Leistung mehr gebührt (10 ObS 114/99h; 10 ObS 229/99w; 10 ObS 260/99d; 10 ObS 18/00w; RIS-Justiz RS0112659). In diesen Entscheidungen wurde näher dargelegt, dass durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, Bundesgesetzblatt 201, eine Aliquotierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat eingeführt wurde und das Pflegegeld nicht mehr wie bisher monatlich im Voraus, sondern nunmehr im Nachhinein am 1. des Folgemonats ausgezahlt wird. Damit es durch diese Umstellung der Auszahlung des Pflegegeldes ab 1997 für die Pflegegeldbezieher zu keiner Unterbrechung des Bezuges kam, wenn das Pflegegeld für Dezember 1996 bereits am 1. Dezember, das Pflegeld für Jänner 1997 hingegen erst am 1. Februar 1997 zur Auszahlung gelangte, wurde in Paragraph 47, Absatz 4, BPGG eine spätestens am 1. Jänner 1997 flüssig zu machende Vorschusszahlung in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes angeordnet. Diese Vorschusszahlung gebührt gemäß Paragraph 47, Absatz 4, BPGG anstelle des aliqoten Pflegegeldteiles im Sterbemonat. Es war die Absicht des Gesetzgebers, dass diese (einmalige) Vorschusszahlung den Anspruch auf den aliquoten Teil der Leistung im Sterbemonat pauschaliert abgelten soll und somit für den Sterbemonat keine Leistung mehr gebühren soll. Deshalb hat der Gesetzgeber auch keine Bestimmungen über eine allfällige Verrechnung oder Rückforderung für die Fälle vorgesehen, bei denen im Sterbemonat ein höheres oder auch geringeres anteiliges Pflegegeld gebühren würde als im Monat der Vorschusszahlung (Dezember 1996).
Der erkennende Senat hat in den zitierten Entscheidungen auch näher dargelegt, dass gegen die Anwendung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit bestehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz noch nicht gleichheitswidrig. Das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen (Regelfall/Härtefall) hängt davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist und welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsfolgen haben. Der Gesetzgeber kann in Grenzen aus Gründen der Verwaltungsökonomie einfache und leicht handhabbare Regelungen schaffen.Der erkennende Senat hat in den zitierten Entscheidungen auch näher dargelegt, dass gegen die Anwendung der Übergangsbestimmung des Paragraph 47, Absatz 4, BPGG keine Bedenken aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit bestehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitsgrundsatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz noch nicht gleichheitswidrig. Das Ausmaß der hinzunehmenden ungleichen Auswirkungen (Regelfall/Härtefall) hängt davon ab, ob eine differenzierende Lösung ohne erhebliche Schwierigkeiten vollziehbar ist und welches Gewicht die unterschiedlichen Rechtsfolgen haben. Der Gesetzgeber kann in Grenzen aus Gründen der Verwaltungsökonomie einfache und leicht handhabbare Regelungen schaffen.
In den Fällen, in denen im Sterbemonat eines Pflegegeldbeziehers keine höhere Pflegegeldstufe gebührt als im Vergleichsmonat Dezember 1996, führt die vom Gesetzgeber im § 47 Abs 4 BPGG vorgesehene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat mit der in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes erhaltenen Vorschusszahlung regelmäßig zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers, wobei das Ausmaß dieser Begünstigung vom jeweiligen Todestag des Anspruchsberechtigten abhängig ist. Umgekehrt kann es aber durch die vorgesehene Pauschalierung bei einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfes im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 - wie im vorliegenden Fall - auch zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, wobei eine solche Schlechterstellung vor allem dann eintreten wird, wenn der Anspruchsberechtigte erst gegen Monatsende stirbt. Hingegen muss es bei einem frühen Todestag des Anspruchsberechtigten selbst bei einer in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod häufig eintretenden Erhöhung des Pflegebedarfes nicht unbedingt zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, sondern es kann insbesondere, wenn der Anspruchsberechtigte am Beginn des Monates stirbt, auch zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers kommen. Diese Ausführungen zeigen, dass je nach Änderung des Pflegebedarfes im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 und nach dem Todestag des Anspruchsberechtigten die vom Gesetzgeber für den Sterbemonat vorgesehene pauschalierte Abgeltung in bestimmten Fällen zu einer finanziellen Begünstigung oder auch Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers in einem durchaus vergleichbaren Ausmaß führen kann, während sich bei der für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung maßgebenden Durchschnittsbetrachtung keine beträchtlichen Unterschiede ergeben. Wenn auch vom erkennenden Senat nicht verkannt wird, dass durch die vorgesehene Pauschalierung auch Härtefälle - wie im vorliegenden Fall - entstehen können, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine an einer durchschnittlichen Betrachtung orientierte einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Weiters ist zu berücksichtigen, dass diese Pauschalierung nicht den laufenden Pflegegeldbezug sondern nur den (einmaligen) Pflegegeldbezug im Sterbemonat des Anspruchsberechtigten betrifft und das Pflegegeld selbst gemäß § 1 BPGG als Beitrag zur pauschalierten Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert ist.In den Fällen, in denen im Sterbemonat eines Pflegegeldbeziehers keine höhere Pflegegeldstufe gebührt als im Vergleichsmonat Dezember 1996, führt die vom Gesetzgeber im Paragraph 47, Absatz 4, BPGG vorgesehene Pauschalierung des Pflegegeldanspruches im Sterbemonat mit der in Höhe des für Dezember 1996 ausgezahlten Pflegegeldes erhaltenen Vorschusszahlung regelmäßig zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers, wobei das Ausmaß dieser Begünstigung vom jeweiligen Todestag des Anspruchsberechtigten abhängig ist. Umgekehrt kann es aber durch die vorgesehene Pauschalierung bei einer wesentlichen Erhöhung des Pflegebedarfes im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 - wie im vorliegenden Fall - auch zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, wobei eine solche Schlechterstellung vor allem dann eintreten wird, wenn der Anspruchsberechtigte erst gegen Monatsende stirbt. Hingegen muss es bei einem frühen Todestag des Anspruchsberechtigten selbst bei einer in den letzten Lebensmonaten vor dem Tod häufig eintretenden Erhöhung des Pflegebedarfes nicht unbedingt zu einer finanziellen Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers kommen, sondern es kann insbesondere, wenn der Anspruchsberechtigte am Beginn des Monates stirbt, auch zu einer finanziellen Begünstigung des Pflegegeldbeziehers kommen. Diese Ausführungen zeigen, dass je nach Änderung des Pflegebedarfes im Sterbemonat gegenüber dem Vergleichsmonat Dezember 1996 und nach dem Todestag des Anspruchsberechtigten die vom Gesetzgeber für den Sterbemonat vorgesehene pauschalierte Abgeltung in bestimmten Fällen zu einer finanziellen Begünstigung oder auch Schlechterstellung des Pflegegeldbeziehers in einem durchaus vergleichbaren Ausmaß führen kann, während sich bei der für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung maßgebenden Durchschnittsbetrachtung keine beträchtlichen Unterschiede ergeben. Wenn auch vom erkennenden Senat nicht verkannt wird, dass durch die vorgesehene Pauschalierung auch Härtefälle - wie im vorliegenden Fall - entstehen können, muss es dem Gesetzgeber gestattet sein, eine an einer durchschnittlichen Betrachtung orientierte einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Weiters ist zu berücksichtigen, dass diese Pauschalierung nicht den laufenden Pflegegeldbezug sondern nur den (einmaligen) Pflegegeldbezug im Sterbemonat des Anspruchsberechtigten betrifft und das Pflegegeld selbst gemäß Paragraph eins, BPGG als Beitrag zur pauschalierten Abgeltung der pflegebedingten Mehraufwendungen konzipiert ist.
Auf Grund dieser Erwägungen hält der erkennende Senat nach nunmehr ständiger Rechtsprechung seine in der Entscheidung SSV-NF 12/46 zur Auslegung der Übergangsbestimmung des § 47 Abs 4 BPGG geäußerte gegenteilige Rechtsansicht nicht mehr aufrecht.Auf Grund dieser Erwägungen hält der erkennende Senat nach nunmehr ständiger Rechtsprechung seine in der Entscheidung SSV-NF 12/46 zur Auslegung der Übergangsbestimmung des Paragraph 47, Absatz 4, BPGG geäußerte gegenteilige Rechtsansicht nicht mehr aufrecht.
In Stattgebung der Revision der beklagten Partei war somit das allein noch strittige Begehren auf Gewährung eines anteiligen Pflegegeldes für die Zeit vom 1. Mai 1998 bis 29. Mai 1998 abzuweisen.
Anmerkung
E57402 10C00440European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00044.00V.0321.000Dokumentnummer
JJT_20000321_OGH0002_010OBS00044_00V0000_000