TE OGH 2000/3/23 10Ob42/00z

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Veröffentlicht am 23.03.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert M*****, Koch, ***** vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, wider die beklagte Partei Maria Ida W*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr. Horst Wendling und Dr. Katja Kaiser, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 17. Dezember 1999, GZ 2 R 576/99s-22, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom 1. September 1999, GZ 2 C 897/98p-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichrtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.Nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO ist eine außerordentliche Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichrtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung bedarf, sei den Revisionsausführungen in Kürze Folgendes entgegen gehalten:Obwohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung bedarf, sei den Revisionsausführungen in Kürze Folgendes entgegen gehalten:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Regelung des § 879 Abs 1 ABGB nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige Rechtsgeschäfte (Krejci in Rummel ABGB2 § 879 Rz 5 mwN) wie eine Kündigung (SZ 56/72;Nach ständiger Rechtsprechung gilt die Regelung des Paragraph 879, Absatz eins, ABGB nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige Rechtsgeschäfte (Krejci in Rummel ABGB2 Paragraph 879, Rz 5 mwN) wie eine Kündigung (SZ 56/72;

6 Ob 642/90; 6 Ob 602/93 = WoBl 1995, 18/5 ua; Krejci aaO Rz 191;

Binder in Schwimann, ABGB2 § 1120 Rz 44 mwN). Wegen des Grundsatzes der Privatautonomie ist die Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nur dann zu bejahen, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, oder wenn bei einer Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Haltung verletzten und den durch sie geförderten Interessen besteht (Judikaturnachweise bei Apathy in Schwimann, ABGB2 § 879 Rz 8). Dies ist jeweils an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.Binder in Schwimann, ABGB2 Paragraph 1120, Rz 44 mwN). Wegen des Grundsatzes der Privatautonomie ist die Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nur dann zu bejahen, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, oder wenn bei einer Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Haltung verletzten und den durch sie geförderten Interessen besteht (Judikaturnachweise bei Apathy in Schwimann, ABGB2 Paragraph 879, Rz 8). Dies ist jeweils an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.

Das Berufungsgericht hat in Anlehnung an die denselben Bestandvertrag wie den nunmehr gegenständlichen, jedoch eine bereits 1981 eingebrachte, auf § 1120 ABGB gestützte Kündigung betreffende Entscheidung 1 Ob 501/83 (SZ 56/72) die - vom Beklagten substantiiert eingewendete - Sittenwidrigkeit der vorliegenden Kündigung deshalb bejaht, weil der verstorbene Ehemann der Beklagten die Liegenschaft vom Rechtsvorgänger des Klägers auf eine Dauer von 99 Jahren angemietet hat, weil er den gesamten Bestandzins im Voraus bezahlte, weil nicht Wohnräumlichkeiten, sondern ein unverbautes Grundstück angemietet wurde, auf dem der Bestandnehmer ausschließlich mit Eigenmitteln ein Wochenendhaus errichtete und weil schließlich der Bestandvertrag nur deshalb geschlossen wurde, weil dem an sich gewünschten Ankauf der Liegenschaft (wegen Ausländereigenschaft des Käufers) die nötige grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt worden war. Dem Berufungsgericht ist bei dieser Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Aufkündigung unter Berücksichtigung der besonderen - durchaus ungewöhnlichen - Umstände des Einzelfalls keine Verkennung der Rechtslage vorzuwerfen, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden muss.Das Berufungsgericht hat in Anlehnung an die denselben Bestandvertrag wie den nunmehr gegenständlichen, jedoch eine bereits 1981 eingebrachte, auf Paragraph 1120, ABGB gestützte Kündigung betreffende Entscheidung 1 Ob 501/83 (SZ 56/72) die - vom Beklagten substantiiert eingewendete - Sittenwidrigkeit der vorliegenden Kündigung deshalb bejaht, weil der verstorbene Ehemann der Beklagten die Liegenschaft vom Rechtsvorgänger des Klägers auf eine Dauer von 99 Jahren angemietet hat, weil er den gesamten Bestandzins im Voraus bezahlte, weil nicht Wohnräumlichkeiten, sondern ein unverbautes Grundstück angemietet wurde, auf dem der Bestandnehmer ausschließlich mit Eigenmitteln ein Wochenendhaus errichtete und weil schließlich der Bestandvertrag nur deshalb geschlossen wurde, weil dem an sich gewünschten Ankauf der Liegenschaft (wegen Ausländereigenschaft des Käufers) die nötige grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt worden war. Dem Berufungsgericht ist bei dieser Beurteilung der Sittenwidrigkeit der Aufkündigung unter Berücksichtigung der besonderen - durchaus ungewöhnlichen - Umstände des Einzelfalls keine Verkennung der Rechtslage vorzuwerfen, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden muss.

Die Entscheidung des vorliegenden Falles hängt damit nicht mehr von der weiteren, vom Revisionswerber mangels einschlägiger Rechtsprechung als erheblich angesehenen Rechtsfrage ab, ob die Kündigungsmöglichkeit des § 1116a 2. Satz ABGB über seinen Wortlaut "Wohnungsmieten" hinaus analog auch für die Miete unbebauter Grundstücke gelte, auf denen der Mieter für seine Wohnzwecke ein Superädifikat errichtet habe.Die Entscheidung des vorliegenden Falles hängt damit nicht mehr von der weiteren, vom Revisionswerber mangels einschlägiger Rechtsprechung als erheblich angesehenen Rechtsfrage ab, ob die Kündigungsmöglichkeit des Paragraph 1116 a, 2. Satz ABGB über seinen Wortlaut "Wohnungsmieten" hinaus analog auch für die Miete unbebauter Grundstücke gelte, auf denen der Mieter für seine Wohnzwecke ein Superädifikat errichtet habe.

Richtig ist, dass auch ein unter Kündigungsverzicht abgeschlossener Mietvertrag durch den § 1116a ABGB erfasst wird und es den Vertragspartnern frei steht, dessen Anwendung ganz auszuschließen oder inhaltlich abzuändern, ein Verzicht auf das gesetzliche Kündigungsrecht aber unzweideutig erklärt werden muss (SZ 28/217; MietSlg 16.148; 18.202; SZ 47/4; Binder aaO § 1116a Rz 14 mwN; vgl auch Klang in Klang2 V 116 mwN). Ob die Vertragsparteien des gegenständlichen Mietvertrages einen solchen Kündigungsverzicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben, kann hier dahin gestellt bleiben, weshalb der Vorwurf, das Berufungsgericht habe unter Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einen solchen Verzicht angenommen, ins Leere geht.Richtig ist, dass auch ein unter Kündigungsverzicht abgeschlossener Mietvertrag durch den Paragraph 1116 a, ABGB erfasst wird und es den Vertragspartnern frei steht, dessen Anwendung ganz auszuschließen oder inhaltlich abzuändern, ein Verzicht auf das gesetzliche Kündigungsrecht aber unzweideutig erklärt werden muss (SZ 28/217; MietSlg 16.148; 18.202; SZ 47/4; Binder aaO Paragraph 1116 a, Rz 14 mwN; vergleiche auch Klang in Klang2 römisch fünf 116 mwN). Ob die Vertragsparteien des gegenständlichen Mietvertrages einen solchen Kündigungsverzicht ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben, kann hier dahin gestellt bleiben, weshalb der Vorwurf, das Berufungsgericht habe unter Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs einen solchen Verzicht angenommen, ins Leere geht.

Wegen der nur aus den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles zu gewinnenden Lösung der Rechtsfrage der Sittenwidrigkeit der Aufkündigung wurde die ordentliche Revision zutreffend für nicht zulässig erklärt. Die außerordentliche Revision ist mangels einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.Wegen der nur aus den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalles zu gewinnenden Lösung der Rechtsfrage der Sittenwidrigkeit der Aufkündigung wurde die ordentliche Revision zutreffend für nicht zulässig erklärt. Die außerordentliche Revision ist mangels einer erheblichen Rechtsfrage des materiellen Rechts im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO unzulässig.

Anmerkung

E57531 10A00420

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0100OB00042.00Z.0323.000

Dokumentnummer

JJT_20000323_OGH0002_0100OB00042_00Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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