TE OGH 2000/3/23 10Ob52/00w

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Veröffentlicht am 23.03.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Antonia G*****, geboren am 29. Mai 1926, wohnhaft derzeit *****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 11. Jänner 2000, GZ 3 R 7/00b-53, womit dem Rekurs der Sachwalterin Mag. Veronika Ö***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 10. Dezember 1999, GZ 19 P 188/98p-50, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss als nichtig aufgehoben und die Sachwalterschaftssache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 27. 9. 1999 wurde Mag. Veronika Ö***** für die Betroffene zur Sachwalterin für die Vertretung gegenüber Ämtern, Behörden und Sozialversicherungsanstalten bestellt.

Mit dem weiteren Beschluss des Erstgerichtes vom 10. 12. 1999 wurde der Antrag der Sachwalterin, die vorliegende Sachwalterschaft einzustellen, abgewiesen. Auch wenn derzeit keine konkreten Angelegenheiten bestünden, welche die Betroffene gegenüber Ämtern und Behörden zu regeln habe, könne doch nicht ausgeschlossen werden, dass solche rechtliche Angelegenheiten anfallen würden, besonders auch im Hinblick auf das ungelöste Wohnproblem der Betroffenen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Sachwalterin mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Sachwalterschaft aufgehoben werde.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht diesem Rekurs nicht Folge. Die Betroffene sei aus den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses nach wie vor schutzwürdig, weshalb die Voraussetzungen im Sinne des § 283 Abs 2 ABGB nicht vorlägen. Deshalb sei die Aufrechterhaltung der Sachwalterschaft im bisherigen Umfang indiziert. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht diesem Rekurs nicht Folge. Die Betroffene sei aus den zutreffenden Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses nach wie vor schutzwürdig, weshalb die Voraussetzungen im Sinne des Paragraph 283, Absatz 2, ABGB nicht vorlägen. Deshalb sei die Aufrechterhaltung der Sachwalterschaft im bisherigen Umfang indiziert. Der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 14, Absatz eins, AußStrG nicht zulässig.

Dagegen richtet sich eine Eingabe der Betroffenen, die als (rechtzeitiger) außerordentlicher Revisionsrekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Sachwalterin enthoben und die Sachwalterschaft beendet werde, gedeutet werden kann (vgl 10 Ob 506/96 = MietSlg 48.698; RIS-Justiz RS0006994).Dagegen richtet sich eine Eingabe der Betroffenen, die als (rechtzeitiger) außerordentlicher Revisionsrekurs mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass die Sachwalterin enthoben und die Sachwalterschaft beendet werde, gedeutet werden kann vergleiche 10 Ob 506/96 = MietSlg 48.698; RIS-Justiz RS0006994).

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil der Wahrnehmung einer Nichtigkeit erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (Fasching, ZPR2 Rz 1891; JBl 1997, 326; 9 Ob 11/98b; RIS-Justiz RS0041896). Eine Nichtigkeit liegt hier vor; sie ist aus Anlass des außerordentlichen Revisionsrekurses vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen:

Gegen den Beschluss über die Bestellung des Sachwalters steht dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter das Rechtsmittel des Rekurses zu (§ 249 Abs 2 AußStrG). Wird ein Rekurs nicht von dem Betroffenen (seinem Vertreter) erhoben, so ist er in zweifacher, gegebenenfalls in dreifacher, Ausfertigung zu überreichen; eine Ausfertigung ist dem Betroffenen (seinem Vertreter) zuzustellen. Ihnen steht es frei, binnen 14 Tagen nach Zustellung der Rekursschrift beim Gericht erster Instanz eine Rekursbeantwortung einzubringen (§ 249 Abs 3 AußStrG).Gegen den Beschluss über die Bestellung des Sachwalters steht dem Betroffenen, seinem Vertreter und dem bestellten Sachwalter das Rechtsmittel des Rekurses zu (Paragraph 249, Absatz 2, AußStrG). Wird ein Rekurs nicht von dem Betroffenen (seinem Vertreter) erhoben, so ist er in zweifacher, gegebenenfalls in dreifacher, Ausfertigung zu überreichen; eine Ausfertigung ist dem Betroffenen (seinem Vertreter) zuzustellen. Ihnen steht es frei, binnen 14 Tagen nach Zustellung der Rekursschrift beim Gericht erster Instanz eine Rekursbeantwortung einzubringen (Paragraph 249, Absatz 3, AußStrG).

Es handelt sich bei § 249 Abs 2 und 3 AußStrG um eine Sonderbestimmung gegenüber der allgemeinen Verfahrensbestimmung des § 9 AußStrG (Ent/Hopf, Sachwalterrecht, Anm 2 zu §§ 249 f; Maurer/Tschugguel, Sachwalterrecht2, Rz 4 zu § 249 AußStrG; NZ 1985, 177; NZ 1986, 131). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Regelung des Rechtsmittelverfahrens im Sachwalterrecht das Ziel, gegenüber der Entmündigungsordnung einen verbesserten Rechtsschutz des Betroffenen zu gewährleisten. Nur dem Betroffenen und seinem Vertreter wurde das Recht eingeräumt, sich zu einem nicht von ihnen erhobenen Rekurs durch Rekursbeantwortung zu äußern (Ent/Hopf aaO 96 f; Maurer/Tschugguel aaO Rz 14 zu § 249 AußStrG; Mayr/Fucik, Verfahren Außerstreitsachen, 94; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 Rz 114). Gemäß § 251 AußStrG ist die Bestimmung des § 249 AußStrG auf die Beendigung, die Einschränkung oder die Erweiterung der Sachwalterschaft entsprechend anzuwenden.Es handelt sich bei Paragraph 249, Absatz 2 und 3 AußStrG um eine Sonderbestimmung gegenüber der allgemeinen Verfahrensbestimmung des Paragraph 9, AußStrG (Ent/Hopf, Sachwalterrecht, Anmerkung 2 zu Paragraphen 249, f; Maurer/Tschugguel, Sachwalterrecht2, Rz 4 zu Paragraph 249, AußStrG; NZ 1985, 177; NZ 1986, 131). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Regelung des Rechtsmittelverfahrens im Sachwalterrecht das Ziel, gegenüber der Entmündigungsordnung einen verbesserten Rechtsschutz des Betroffenen zu gewährleisten. Nur dem Betroffenen und seinem Vertreter wurde das Recht eingeräumt, sich zu einem nicht von ihnen erhobenen Rekurs durch Rekursbeantwortung zu äußern (Ent/Hopf aaO 96 f; Maurer/Tschugguel aaO Rz 14 zu Paragraph 249, AußStrG; Mayr/Fucik, Verfahren Außerstreitsachen, 94; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren3 Rz 114). Gemäß Paragraph 251, AußStrG ist die Bestimmung des Paragraph 249, AußStrG auf die Beendigung, die Einschränkung oder die Erweiterung der Sachwalterschaft entsprechend anzuwenden.

Das Erstgericht hat im vorliegenden Fall den § 249 Abs 3 AußStrG nicht beachtet und der Betroffenen keine Ausfertigung des Rekurses der Sachwalterin gegen den Beschluss auf Abweisung des Enthebungs- und Einstellungsantrages zugestellt, sondern den Akt sogleich dem Rekursgericht vorgelegt. Dieses entschied meritorisch über den Rekurs, ohne auf das Unterbleiben einer Zustellung der Rekursschrift an die Betroffene Bedacht zu nehmen. Damit wurde aber das hier geltende Gebot der Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens verletzt und dadurch der Betroffenen das rechtliche Gehör durch einen ungesetzlichen Vorgang im Sinne des § 277 Abs 1 Z 4 ZPO entzogen; der Betroffenen war es nämlich nicht möglich, sich durch eine Rekursbeantwortung am Rechtsmittelverfahren zu beteiligen. Die Verletzung des vorgeschriebenen rechtlichen Gehörs begründet auch im Außerstreitverfahren eine Nichtigkeit (Birkner, Parteistellung und rechtliches Gehör im Außerstreitverfahren, 57; SZ 56/109; 8 Ob 574/87; RIS-Justiz RS0005982). Die davon betroffene Entscheidung des Rekursgerichtes ist deshalb von Amts wegen als nichtig aufzuheben (JBl 1997, 326; EvBl 1997/30; 4 Ob 172/98t; 3 Ob 105/97f; 4 Ob 2331/96i; 10 Ob 352/99h; RIS-Justiz RS0042158).Das Erstgericht hat im vorliegenden Fall den Paragraph 249, Absatz 3, AußStrG nicht beachtet und der Betroffenen keine Ausfertigung des Rekurses der Sachwalterin gegen den Beschluss auf Abweisung des Enthebungs- und Einstellungsantrages zugestellt, sondern den Akt sogleich dem Rekursgericht vorgelegt. Dieses entschied meritorisch über den Rekurs, ohne auf das Unterbleiben einer Zustellung der Rekursschrift an die Betroffene Bedacht zu nehmen. Damit wurde aber das hier geltende Gebot der Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens verletzt und dadurch der Betroffenen das rechtliche Gehör durch einen ungesetzlichen Vorgang im Sinne des Paragraph 277, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO entzogen; der Betroffenen war es nämlich nicht möglich, sich durch eine Rekursbeantwortung am Rechtsmittelverfahren zu beteiligen. Die Verletzung des vorgeschriebenen rechtlichen Gehörs begründet auch im Außerstreitverfahren eine Nichtigkeit (Birkner, Parteistellung und rechtliches Gehör im Außerstreitverfahren, 57; SZ 56/109; 8 Ob 574/87; RIS-Justiz RS0005982). Die davon betroffene Entscheidung des Rekursgerichtes ist deshalb von Amts wegen als nichtig aufzuheben (JBl 1997, 326; EvBl 1997/30; 4 Ob 172/98t; 3 Ob 105/97f; 4 Ob 2331/96i; 10 Ob 352/99h; RIS-Justiz RS0042158).

Das Rekursgericht wird die Zustellung einer Gleichschrift des Rekurses an die Betroffene zu veranlassen und nach Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach Ablauf der Rekursbeantwortungsfrist erneut zu entscheiden haben.

Der Oberste Gerichtshof hat aus Anlass des Revisionsrekurses die Nichtigkeit wahrgenommen.

Anmerkung

E57533 10A00520

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0100OB00052.00W.0323.000

Dokumentnummer

JJT_20000323_OGH0002_0100OB00052_00W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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