TE OGH 2000/3/30 15Os17/00

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Veröffentlicht am 30.03.2000
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Der Oberste Gerichtshof hat am 30. März 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder, Dr. Schmucker, Dr. Zehetner und Dr. Danek als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Greinert als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Erich B***** wegen des Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach §§ 15, 209 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. November 1999, GZ 4b Vr 6528/99-34, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten und des Verteidigers Mag.Weilguni zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlass wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in seinem Schuldspruch 2. sowie demgemäß auch im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Erich B***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 27. Juli 1999 in Wien außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung von einer unmündigen Person an sich vornehmen zu lassen versucht, indem er Knaben aufforderte, sie mögen ihm einen Knaben vermitteln, der an ihm einen Handverkehr durchführen solle, und zwar

a) drei türkische Knaben zur Vermittlung eines asiatischen Knaben,

b) drei türkische Knaben und Zeljko S***** zur Vermittlung des am 21. September 1985 geborenen Marvin G*****,

gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.gemäß Paragraph 259, Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm nach dem Schuldspruch 1 weiter zur Last liegende Verbrechen der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach §§ 15, 209 StGB wird Erich B***** nach § 209 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Die Aussprüche über die Vorhaftanrechnung und den Verfahrenskostenersatz erster Instanz werden aus dem erstgerichtlichen Urteil übernommen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich B***** (abweichend von der gegen ihn wegen des teils vollendeten und teils versuchten Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach den §§ 207 Abs 1 und 15 StGB erhobenen Anklage) des Verbrechens der versuchten gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach §§ 15, 209 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 27. Juli 1999 in Wien versucht, nach Vollendung des 19. Lebensjahres mit einer Person, die das 14., aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet hatte, gleichgeschlechtliche Unzucht zu treiben, indem er

1. dem am 21. September 1985 geborenen Marvin G***** über dessen Badehose zumindestens fünf Sekunden lang fest auf dessen Geschlechtsteil griff,

2. Knaben aufforderte, sie mögen ihm einen Knaben vermitteln, der an ihm einen Handverkehr durchführen solle, und zwar

a) drei türkische Knaben zur Vermittlung eines asiatischen Knaben,

b) drei türkische Knaben und Zeljko S***** zur Vermittlung des unter Punkt1 genannten Unmündigen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen gerichtete, auf Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet unter Hinweis auf die (zusammenfassenden) Ausführungen in der Beweiswürdigung (US 7) eine Undeutlichkeit der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite. Sie übergeht dabei aber die ausdrücklichen und unmissverständlichen Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten (US 5).

Der weitere Einwand einer offenbar unzureichenden Begründung der subjektiven Tatseite missachtet, dass das Schöffengericht nicht nur die (widersprüchliche) Einlassung des Beschwerdeführers erwogen, sondern auch dessen durch sein Vorleben dokumentierte Neigung zu Unzuchtshandlungen an Unmündigen sowie die den Schuldspruch untermauernden Aussagen der Zeugen Zeljko S***** und Marvin G***** in seine Beweiswürdigung miteinbezogen hat (US 6 ff). Daher geht auch der weitere Einwand einer unvollständigen Urteilsbegründung ins Leere, weil sich das Erstgericht entgegen der Beschwerde ausdrücklich mit der Verantwortung des Angeklagten auseinandergesetzt hat (US 7).

Die Tatsachenrüge (Z 5a) verweist insbesondere auf die durch die Angaben des Zeugen H***** bestätigte ungenützte Fluchtmöglichkeit des Angeklagten vor Eintreffen der Polizei. Angesichts der übrigen bereits angeführten und vom Erstgericht auch in seine Erwägungen einbezogenen Beweisergebnisse werden daraus aber keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen geweckt.

Im Hinblick auf die Aufhebung des Schuldspruches 2. erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere, nur gegen diesen gerichtete Vorbringen.

Wenn die Rechtsrüge (Z 9 lit a) neuerlich fehlende Feststellungen der subjektiven Tatseite behauptet, übergeht sie die bereits dargestellten Konstatierungen zum Vorsatz des Angeklagten (US 5 und 7) und gelangt damit nicht zur prozessordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich nicht am gesamten Urteilssachverhalt orientiert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Aus ihrem Anlass überzeugte sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon, dass beim Schuldspruch2. das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten unrichtig angewendet worden ist.

Die zweimalige (erfolglose - vgl US 8) Aufforderung des Angeklagten gegenüber insgesamt vier Kindern, ihm einen asiatischen Knaben und überdies den vom Beschwerdeführer als schon über 14 Jahre alt eingeschätzten, aber tatsächlich noch unmündigen Marvin G***** "zu vermitteln", welche sodann an ihm einen Handverkehr durchführen sollten, ist - entgegen der konkludent zum Ausdruck gebrachten Rechtsmeinung des Erstgerichtes (US 8) - weder eine Ausführungshandlung zum Verbrechen der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach § 209 StGB, noch eine im Sinn des § 15 Abs 2 StGB der Ausführung der Straftat unmittelbar vorangehende Handlung, sondern nur eine (straflose) Vorbereitungshandlung. Die strafbarkeitsbegründende Ausführungsnähe setzt nämlich voraus, dass die inkriminierte Handlung im unmittelbaren sinnfälligen Konnex aber auch in zeitlicher Nähe zum Ausführungsbeginn steht (Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 30). Da Kontakte mit jenen Personen, die der Angeklagte zu gleichgeschlechtlichen Handlungen bewegen wollte, im inkriminierten Zeitpunkt noch nicht hergestellt waren, hätte es aber vorliegend noch weiterer Schritte des Täters bedurft, um zur tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung zu gelangen.Die zweimalige (erfolglose - vergleiche US 8) Aufforderung des Angeklagten gegenüber insgesamt vier Kindern, ihm einen asiatischen Knaben und überdies den vom Beschwerdeführer als schon über 14 Jahre alt eingeschätzten, aber tatsächlich noch unmündigen Marvin G***** "zu vermitteln", welche sodann an ihm einen Handverkehr durchführen sollten, ist - entgegen der konkludent zum Ausdruck gebrachten Rechtsmeinung des Erstgerichtes (US 8) - weder eine Ausführungshandlung zum Verbrechen der gleichgeschlechtlichen Unzucht mit Personen unter 18 Jahren nach § 209 StGB, noch eine im Sinn des § 15 Abs 2 StGB der Ausführung der Straftat unmittelbar vorangehende Handlung, sondern nur eine (straflose) Vorbereitungshandlung. Die strafbarkeitsbegründende Ausführungsnähe setzt nämlich voraus, dass die inkriminierte Handlung im unmittelbaren sinnfälligen Konnex aber auch in zeitlicher Nähe zum Ausführungsbeginn steht (Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 30). Da Kontakte mit jenen Personen, die der Angeklagte zu gleichgeschlechtlichen Handlungen bewegen wollte, im inkriminierten Zeitpunkt noch nicht hergestellt waren, hätte es aber vorliegend noch weiterer Schritte des Täters bedurft, um zur tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung zu gelangen.

Die misslungene Aufforderung des Angeklagten, ihm geeignete Tatopfer im Sinn des § 209 StGB zuzuführen, stellt eine versuchte Veranlassung der angesprochenen Knaben (Vermittler) zu einem sonstigen Tatbeitrag nach § 12 dritter Fall StGB dar. Die Tat ist aber auch unter diesem Gesichtspunkt nicht strafbar, weil das vergebliche Bemühen um Unterstützung für den unmittelbaren Täter nur eine strafbare Vorbereitungshandlung darstellt (Hager/Massauer aaO RN 193 f).

Das unter 2. inkriminierte Verhalten des Angeklagten ist daher nicht gerichtlich strafbar und der dem entgegen gefällte Schuldspruch mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO behaftet. Dieser war von Amts wegen wahrzunehmen, im aufgezeigten Umfang mit Kassierung (auch des Strafausspruches) und in der Sache selbst mit einem Freispruch vorzugehen.

Bei der dadurch notwendig gewordenen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend den Umstand, dass der Angeklagte schon mehrfach wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist, und den raschen Rückfall; als mildernd die Tatsachen, dass es beim Versuch geblieben ist und dass er sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können.

Auf Grund dieser Strafzumessungsgründe ist insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen Vorverurteilungen trotz der einmaligen kurzen Tathandlung die verhängte Freiheitsstrafe schuld-und unrechtsangemessen.

Eine bedingte Strafnachsicht, welcher Art auch immer, ist ausgeschlossen, weil keineswegs sämtliche Voraussetzungen des § 43 StGB erfüllt sind (Foregger/Fabrizy StGB7 § 43 Rz 7).Eine bedingte Strafnachsicht, welcher Art auch immer, ist ausgeschlossen, weil keineswegs sämtliche Voraussetzungen des Paragraph 43 &, #, 160 ;, S, t, G, B, erfüllt sind (Foregger/Fabrizy StGB7 § 43 Rz 7).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Textnummer

E57556

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0150OS00017..0330.000

Im RIS seit

30.06.2000

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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