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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art130 Abs2 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des Z G, (geboren 1960), vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19/1/1/30, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 13. Oktober 2006, Zl. SD 921/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und 2 Z. 1 sowie § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer befinde sich unbestritten seit Oktober 2000 im Bundesgebiet. Er sei geschieden und weise berufliche, aber keine familiären Bindungen in Österreich auf. Es bestünden keine Sorgepflichten.
Der Beschwerdeführer sei am 13. Dezember 2005 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 2 und 148 erster Fall StGB sowie des Vergehens nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (fünf Monate unbedingt; zehn Monate bedingt; Probezeit drei Jahre) rechtskräftig verurteilt worden. Dem Urteil liege zugrunde, dass der Beschwerdeführer
"a) am 10.04.2003 als Geschäftsführer einer Firma mit Bereicherungsvorsatz Verfügungsberechtigte der Fa. A zur Ausstellung einer 'A Card' und damit zur Übergabe von Treibstoffen und Schmiermittel im Wert von ca. 22.000 Euro verleitet sowie
b) in der Nacht zum 31.08.2005 einen Hydro-Hammer im Wert von ca. 20.000 Euro zum Nachteil der Firma L gestohlen (mit dem LKW abtransportiert) hat."
Bereits am 1. Juni 2004 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil sei zugrunde gelegen, dass er im Jahr 2002 einen PKW (Audi 80) im Wert von EUR 3.780,--, den er am 24. Juni 2002 unter Eigentumsvorbehalt und Zahlung eines Teilbetrags in der Höhe von ca. EUR 960,-- gekauft gehabt habe, nach Jugoslawien verbracht und dort mit Bereicherungsvorsatz verkauft habe.
In seiner Berufung habe der Beschwerdeführer die erstgenannte Verurteilung bzw. den dahinter liegenden Sachverhalt nicht bestritten, er habe aber vorgebracht, dass ihm die hier zweitgenannte Verurteilung unbekannt wäre. Außerdem hätte die Erstbehörde den Grundsatz des Parteiengehörs verfehlt und Fehler bei der Ermessensübung begangen.
Nach dem Vorgesagten könne kein Zweifel bestehen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers, das den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfülle, den öffentlichen Interessen zuwider laufe und eine große Verletzung der öffentlichen Ordnung darstelle, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbots insbesondere auch zur Verhütung von Straftaten und zum Schutz des Eigentumsrechts anderer grundsätzlich zulässig sei.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG müssten der sechsjährige inländische Aufenthalt des Beschwerdeführers und seine Berufstätigkeit berücksichtigt werden. Den daraus ableitbaren beachtlichen persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet stehe die von seinem Fehlverhalten ausgehende große Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber. Wegen der Mehrzahl bzw. Wiederholung der kriminellen Angriffe auf fremdes Vermögen in bedeutendem Umfang sei das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - Verhinderung strafbarer Handlungen und Schutz fremden Eigentums - dringend geboten, und die Auswirkungen der fremdenpolizeilichen Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers seien nicht schwerwiegender als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Je gravierender das öffentliche Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots sei, desto mehr müssten auch beachtliche private und berufliche Interessen des Beschwerdeführers in den Hintergrund treten. Im vorliegenden Fall handle es sich um einen sehr hohen vom Tatvorsatz umfassten Schaden und um eine gewerbsmäßige Vorgangsweise, die die durch den mehrjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich ableitbare Integration des Beschwerdeführers entscheidend zu mindern vermöge. Der besonderen Schädlichkeit des Fehlverhaltens habe nicht zuletzt auch das Strafgericht durch die Verhängung einer 15-monatigen, wenn auch zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe Rechnung getragen.
Reiche schon diese einmalige Verurteilung wegen eines Verbrechens für die Erlassung der vorliegenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus, sei doch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auch noch eine zweite Vorstrafe wegen eines Vermögensdelikts aufweise. Insoweit die diesbezügliche Kenntnis in der Berufung bestritten werde, sei auf die Strafbemessungsgründe des (unbestrittenen) Urteils aus dem Jahr 2005 zu verweisen, wo "die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall" als erschwerend berücksichtigt worden seien. Der Beschwerdeführer hätte die Heranziehung dieser Vorstrafe sicher nicht zugelassen, wenn sie nicht den Tatsachen entsprechen würde. Abgesehen davon scheine in dem Urteil, das der Beschwerdeführer jetzt nicht mehr kennen wolle, ausdrücklich auf, dass er auf Rechtsmittel verzichtet habe.
Auch der Hinweis in der Berufung, dass dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt worden wäre, sei unzutreffend. Im Akt liege eine vom Beschwerdeführer unterfertigte Niederschrift vom 3. Oktober 2005 (angefertigt bei der Polizeiabteilung der Staatsanwaltschaft Wien) ein, wonach ihm die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbots zur Kenntnis gebracht und er über seine persönlichen Verhältnisse befragt worden sei.
Da besonders berücksichtigungswürdige Gründe nicht erkannt und auch nicht vorgebracht worden seien, habe im Rahmen einer behördlichen Ermessensübung von der Erlassung des Aufenthaltsverbots nicht Abstand genommen werden können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe (§ 63 FPG), erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargelegte Fehlverhalten des Beschwerdeführers könne - selbst unter Berücksichtigung seiner privaten und beruflichen Situation - ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraums erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Auf dem Boden der insoweit unstrittigen Feststellungen betreffend die (rechtskräftige) Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 13. Dezember 2005 begegnet die (unbekämpfte) Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
1.2. Nach den - insoweit ebenso unbestrittenen - Ausführungen zu dem diesem Urteil zugrunde liegenden Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer im Jahr 2003 (wie oben I.1. dargestellt) das Verbrechen des schweren Betrugs gewerbsmäßig (somit in der Absicht, sich durch deren wiederholte Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, vgl. § 70 StGB) begangen und zudem im Jahr 2005 das Delikt des Diebstahls in der qualifizierten Form des schweren Diebstahls gesetzt. In Anbetracht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität kann auch die weitere Auffassung der belangten Behörde, dass auf Grund dieses gravierenden Fehlverhaltens die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer - in der Beschwerde nicht mehr in Abrede gestellt - schon im Jahr 2004 vom Landesgericht für Strafsachen wegen eines im Jahr 2002 gegen fremdes Vermögen gesetzten Fehlverhaltens verurteilt worden war und ihn diese Verurteilung nicht davon abhalten konnte, im Jahr 2005 die in Rede stehenden Straftaten zu begehen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er bereue sein Fehlverhalten zutiefst und sei durch seinen Gefängnisaufenthalt jedenfalls geläutert, ist schon deshalb nicht zielführend, weil die seit seinem letzten Fehlverhalten im Jahr 2005 vergangene Zeit viel zu kurz ist, um einen Wegfall oder auch eine maßgebliche Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr annehmen zu können. Dem Einwand, die belangte Behörde habe "die Milderungsgründe durch Einsicht in die Strafakten nicht genügend gewürdigt", ist entgegen zu halten, dass die belangte Behörde ihre Beurteilung eigenständig aus dem Blickwinkel des FPG und unabhängig von den strafgerichtlichen Erwägungen betreffend allfällige Milderungsgründe zu treffen hatte (vgl. aus der zum Fremdengesetz 1997 ergangenen ständigen hg. Judikatur, der wegen der insoweit unveränderten Rechtslage auch im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Bedeutung zukommt, etwa das Erkenntnis vom 12. November 1998, Zl. 98/18/0099). Wenn der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte nicht allein auf Grund der besagten Verurteilungen ein Aufenthaltsverbot erlassen dürfen, sondern ihm jedenfalls die Möglichkeit geben müssen, hiezu ausführlich (schriftlich oder mündlich) Stellung zu nehmen, so übersieht er, dass der behördlichen Beurteilung gemäß § 60 Abs. 1 FPG nicht die Tatsache zu Grunde liegt, dass er strafgerichtlich verurteilt wurde, sondern sein in Rede stehendes Fehlverhalten. Ferner wird in der Beschwerde nicht ausgeführt, welche konkreten Umstände in einer solchen Stellungnahme vorgebracht worden wären, die die Behörde zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigen) Ergebnis hätten führen können, weshalb es die Beschwerde verabsäumt hat, die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels darzutun.
2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid im Grund des § 66 Abs. 1 FPG. Der Beschwerdeführer lebe seit dem Jahr 2000 in Österreich und sei hier sozial und beruflich voll integriert. Er spreche die deutsche Sprache und sei dem österreichischen Staat noch nie zur Last gefallen. Er erhalte sich selbst und sei auch krankenversichert gewesen. In seinem Heimatland habe er keine Lebensgrundlage mehr.
2.2. Familiäre Interessen an einem Verbleib in Österreich kommen dem Beschwerdeführer unstrittig nicht zu. Die belangte Behörde hat zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend ist sie aber (entgegen der Beschwerde) zum Ergebnis gelangt, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 66 Abs. 1 FPG zulässig sei, liegt diesem doch ein im Licht des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Eigentumskriminalität verwerfliches Fehlverhalten zur Last, welches das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen durch den Beschwerdeführer sowie zum Schutz der Rechte Dritter, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten erscheinen lässt. Gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 66 Abs. 2 FPG, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbots in den Hintergrund treten würden, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die für eine aus seinem Aufenthalt und seiner beruflichen Tätigkeit in Österreich ableitbare Integration wesentliche soziale Komponente ist durch das schwerwiegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers entscheidend gemindert. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die fehlende Lebensgrundlage in seinem Heimatland geht fehl, weil § 66 FPG nicht den Schutz des Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2006, Zl. 2006/18/0074).
3. Schließlich bestand für die belangte Behörde auch kein Grund, von dem gemäß § 60 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen. Dass der Beschwerdeführer bislang rechtmäßig in Österreich einer Arbeit nachging und Steuern zahlte und dadurch (wie er meint) einen Beitrag zum Wohlergehen des Staates Österreich leistete, vermag entgegen der Beschwerde einen besonderen Umstand, der die belangte Behörde dazu hätte veranlassen müssen, von ihrem Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, nicht zu begründen.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 14. Dezember 2006
Schlagworte
Ermessen besondere RechtsgebieteErmessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180438.X00Im RIS seit
30.01.2007Zuletzt aktualisiert am
28.10.2011