TE OGH 2000/4/4 10ObS256/99s

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Veröffentlicht am 04.04.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und DI Werner Conrad (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Josef D*****, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 1999, GZ 10 Rs 87/99h-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Dezember 1998, GZ 7 Cgs 195/98d-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der am 5. 11. 1946 geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt, insbesondere auch nicht jenen des Berufskraftfahrers. Beim Kläger liegen innerhalb des 15jährigen Beobachtungszeitraums vor dem Stichtag (1. 4. 1998) 97 Beitragsmonate, die auf die Tätigkeit als "LKW-Chauffeur" entfallen. Davon arbeitete der Kläger die letzten 60 Beitragsmonate bei einem Lieferbetonunternehmen. Dort hatte er sein Fahrzeug mit Beton zu beladen, ein Zusatzmittel in den Beton zu mischen und den Beton an Abladestellen in Niederösterreich und Oberösterreich zu liefern. Die Strecken- und Terminplanung lag jeweils beim Kläger. Fest steht weiters, dass der Kläger auch mit Fahrten ins Ausland (Transport von Christbäumen) betraut war. Wann, in welchem Ausmaß und im Rahmen welchen Versicherungsverhältnisses der Kläger derartige Auslandstransporte durchführte und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiefür im Einzelnen erforderlich waren, wurde vom Erstgericht allerdings nicht festgestellt.

Vor dem 15jährigen Beobachtungszeitraum liegen weitere 152 Beitragsmonate und 93 Ersatzmonate. Welche Tätigkeiten der Kläger dabei im Einzelnen verrichtete, wurde vom Erstgericht ebenfalls nicht festgestellt.

Der Kläger verfügt über keinen "Gefahrengutschein" und hatte keine qualifizierten Reparaturarbeiten (zB Getriebeausbau, Motorreparatur), sondern lediglich kleine Servicearbeiten wie Ölwechsel oder Schmierarbeiten zu verrichten.

Der Kläger ist auf Grund der im Einzelnen festgestellten gesundheitlichen Leiden nur mehr in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten zu verrichten. Ausgeschlossen sind solche Arbeiten, die in mehr als der halben Arbeitszeit in gebückter Haltung durchzuführen sind, die mit häufigem Bücken (öfter als sieben mal pro Stunde) verbunden sind oder die mehr als die halbe Arbeitszeit im Gehen zu verrichten sind. Anmarschwege von 500 m sind dem Kläger jedoch zumutbar. Der Kläger muss Arbeiten mit erhöhter Verletzungsgefahr meiden und soll nach 30 bis 60 Minuten Stehen oder Sitzen einen Haltungswechsel durchführen. Der Kläger ist anlernbar, unterweisbar und für Aufsichtstätigkeiten geeignet. Er ist im Rahmen seines medizinischen Leistungskalküls noch in der Lage, die Tätigkeiten eines Prägers, Bohrers, Stanzers, eines Verpackers, eines Kassiers bei einer Selbstbedienungstankstelle, eines Wachorgans oder eines Portiers zu verrichten.

Mit Bescheid vom 13. 5. 1998 lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Invaliditätspension mit der Begründung ab, dass er nicht invalid sei. Der Kläger, der keinen Berufsschutz genieße, sei noch im Stande, eine auf dem Arbeitsmarkt bewertete Tätigkeit auszuüben.

Dagegen richtet sich die Klage auf Gewährung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 4. 1998 (Stichtag). Der Kläger genieße Berufsschutz als Kraftfahrer. Er sei nicht mehr im Stande, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Kläger, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag als Kraftfahrer (ohne Berufsschutz) gearbeitet habe, noch im Stande sei, ausreichende Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Feststellungen ab. Dabei vertrat es die Rechtsauffassung, dass der Kläger den Beruf des Berufskraftfahrers weder erlernt noch angelernt habe. Die Kenntnisse, Fähigkeiten und ausgeübten Tätigkeiten des Klägers hätten nicht dem Berufsbild des Berufskraftfahrers entsprochen. Der Kläger müsse sich daher auf dem gesamten Arbeitsmarkt verweisen lassen. Das medizinische Leistungskalkül erlaube dem Kläger noch verschiedene Verweisungstätigkeiten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Das Fehlen von Kenntnissen über den Transport gefährlicher Güter auf Straßen, die auch zum Berufsbild des Berufskraftfahrers gehören, stehe der Qualifikation als Berufskraftfahrer entgegen. Der Berufsschutz werde nicht allein durch das Lenken eines Spezialfahrzeuges für Fertigbeton begründet. Beim Beimischen von Betonzusätzen handle es sich um eine einfache Tätigkeit, die nach entsprechenden Anweisungen des Arbeitgebers durchgeführt werden könne. Vor allem aber sei dem Kläger entgegenzuhalten, dass zum Berufsbild des Berufskraftfahrers das Ausführen von kaufmännischen Arbeiten für den Transport (kaufmännisches Rechnen, Schriftverkehr, Ausfertigen von für den Transport erforderlichen Papieren), Kenntnisse des einschlägigen Zahlungsverkehrs, Handhabung der für die jeweilige Beförderung erforderlichen Papiere, Grundkenntnisse über die für den Straßentransport wesentlichen Versicherungen, Grundkenntnisse der wichtigsten fremdsprachigen Fachausdrücke für das Transportwesen, Grundkenntnisse über die für den Straßengütertransport wesentlichen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts und Handelsrechts (unter besonderer Berücksichtigung des Schadenersatzrechts und des Dienstnehmerhaftrechts), der Zollvorschriften, des Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts gehören. Dem Vertreter des Klägers wäre es freigestanden, durch entsprechende Fragestellung auf Klärung aller wesentlich erscheinenden Umstände hinzuwirken. Die Unterlassung der Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens begründe keinen Verfahrensmangel, weil es sich bei der Beurteilung des Berufsschutzes um eine Rechtsfrage handle.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO); berechtigt ist jedoch die Rechtsrüge des Klägers (§ 503 Z 4 ZPO).Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO) liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, Satz 3 ZPO); berechtigt ist jedoch die Rechtsrüge des Klägers (Paragraph 503, Ziffer 4, ZPO).

Gemäß § 255 Abs 1 ASVG gilt ein Versicherter, der überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig war, als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe abgesunken ist.Gemäß Paragraph 255, Absatz eins, ASVG gilt ein Versicherter, der überwiegend in erlernten oder angelernten Berufen tätig war, als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe abgesunken ist.

Nach § 255 Abs 2 ASVG liegt ein angelernter Beruf im Sinne des Abs 1 leg cit vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist der Berufsschutz nicht erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die nach den Ausbildungsvorschriften (hier: Berufskraftfahrer - Ausbildungsverordnung BGBl 1995/902; gleichermaßen auch die hiedurch aufgehobenen Verordnungen BGBl 1987/396 und BGBl 1992/508) zum Berufsbild des Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass er über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von Ausgelernten (Facharbeitern) des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppe) unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden. Es reicht allerdings nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränken, die von Ausgelernten (Facharbeitern) allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht werden (SSV-NF 2/78, 3/70 ua). Das Fehlen von einzelnen, nicht zentralen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Lehrberufes steht dagegen der Annahme des Berufsschutzes nicht entgegen (SSV-NF 12/5; infas 1998, S 17).Nach Paragraph 255, Absatz 2, ASVG liegt ein angelernter Beruf im Sinne des Absatz eins, leg cit vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist der Berufsschutz nicht erst dann zu bejahen, wenn der Versicherte alle Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die nach den Ausbildungsvorschriften (hier: Berufskraftfahrer - Ausbildungsverordnung BGBl 1995/902; gleichermaßen auch die hiedurch aufgehobenen Verordnungen BGBl 1987/396 und BGBl 1992/508) zum Berufsbild des Lehrberufes zählen und daher einem Lehrling während der Lehrzeit zu vermitteln sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass er über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die üblicherweise von Ausgelernten (Facharbeitern) des jeweiligen Berufes in dessen auf dem Arbeitsmarkt gefragten Varianten (Berufsgruppe) unter Berücksichtigung einer betrieblichen Einschulungszeit verlangt werden. Es reicht allerdings nicht aus, wenn sich die Kenntnisse und Fähigkeiten nur auf ein Teilgebiet oder mehrere Teilgebiete eines Tätigkeitsbereiches beschränken, die von Ausgelernten (Facharbeitern) allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht werden (SSV-NF 2/78, 3/70 ua). Das Fehlen von einzelnen, nicht zentralen Kenntnissen und Fähigkeiten eines Lehrberufes steht dagegen der Annahme des Berufsschutzes nicht entgegen (SSV-NF 12/5; infas 1998, S 17).

Zutreffend macht der Revisionswerber geltend, dass sein "Tätigkeitsprofil" nicht ausreichend geklärt wurde, womit nichts anderes gerügt wird, als dass der Inhalt seiner Berufstätigkeit nicht ausreichend geprüft wurde. Das Erstgericht stellte zwar fest, dass der Kläger als "LKW-Chauffeur" gearbeitet hat und welche Tätigkeiten der Kläger beim letzten Arbeitgeber, einem Lieferbetonunternehmen, zu verrichten hatte, ohne aber weiter zu klären, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger davor im Einzelnen verrichtete, zumal zum einen von Auslandstransporten mit Christbäumen, zum anderen davon die Rede ist, dass der Kläger (jedenfalls) auch in den übrigen Beitragsmonaten des Beobachtungszeitraumes als Kraftfahrer arbeitete. Bezüglich der Berufstätigkeiten vor dem Beobachtungszeitraum fehlen ebenfalls Feststellungen. Hinsichtlich der Auslandstransporte mit Christbäumen blieb offen, wann, in welchem Ausmaß, im Rahmen welchen Versicherungsverhältnisses diese verrichtet wurden und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiefür im Einzelnen erforderlich waren. Ohne genaue und vollständige Feststellung des Inhaltes der vom Kläger im Einzelnen verrichteten Tätigkeiten kann nicht beurteilt werden, ob diese im Sinne des § 255 Abs 2 ASVG qualifiziert waren. Die Klärung der Frage, ob ein Versicherter Berufsschutz genießt, ist aber in allen Fällen, in denen ausgehend vom Bestehen eines Berufsschutzes die Verweisbarkeit in Frage gestellt ist, eine unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn nach dem Inhalt des Prozessvorbringens hierüber keine ausreichende Klarheit besteht und nach der Aktenlage nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass der Versicherte nur als einfacher Hilfsarbeiter tätig war, hat das Gericht auf Grund der Bestimmung des § 87 Abs 1 ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Nur dann, wenn jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass ein Versicherter eine angelernte Tätigkeit ausgeübt hat, bedarf es keiner weiteren Erhebungen und Feststellungen über die genaue Art der Tätigkeit (SSV-NF 3/46, 3/136, 4/119, 6/46, 8/21 ua). Vom Fehlen jeglichen Anhaltspunktes kann hier jedoch nicht gesprochen werden.Zutreffend macht der Revisionswerber geltend, dass sein "Tätigkeitsprofil" nicht ausreichend geklärt wurde, womit nichts anderes gerügt wird, als dass der Inhalt seiner Berufstätigkeit nicht ausreichend geprüft wurde. Das Erstgericht stellte zwar fest, dass der Kläger als "LKW-Chauffeur" gearbeitet hat und welche Tätigkeiten der Kläger beim letzten Arbeitgeber, einem Lieferbetonunternehmen, zu verrichten hatte, ohne aber weiter zu klären, welche konkreten Tätigkeiten der Kläger davor im Einzelnen verrichtete, zumal zum einen von Auslandstransporten mit Christbäumen, zum anderen davon die Rede ist, dass der Kläger (jedenfalls) auch in den übrigen Beitragsmonaten des Beobachtungszeitraumes als Kraftfahrer arbeitete. Bezüglich der Berufstätigkeiten vor dem Beobachtungszeitraum fehlen ebenfalls Feststellungen. Hinsichtlich der Auslandstransporte mit Christbäumen blieb offen, wann, in welchem Ausmaß, im Rahmen welchen Versicherungsverhältnisses diese verrichtet wurden und welche Kenntnisse und Fähigkeiten hiefür im Einzelnen erforderlich waren. Ohne genaue und vollständige Feststellung des Inhaltes der vom Kläger im Einzelnen verrichteten Tätigkeiten kann nicht beurteilt werden, ob diese im Sinne des Paragraph 255, Absatz 2, ASVG qualifiziert waren. Die Klärung der Frage, ob ein Versicherter Berufsschutz genießt, ist aber in allen Fällen, in denen ausgehend vom Bestehen eines Berufsschutzes die Verweisbarkeit in Frage gestellt ist, eine unabdingbare Entscheidungsvoraussetzung. Wenn nach dem Inhalt des Prozessvorbringens hierüber keine ausreichende Klarheit besteht und nach der Aktenlage nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden kann, dass der Versicherte nur als einfacher Hilfsarbeiter tätig war, hat das Gericht auf Grund der Bestimmung des Paragraph 87, Absatz eins, ASGG diese Frage von Amts wegen zu überprüfen und hierüber Feststellungen zu treffen. Nur dann, wenn jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass ein Versicherter eine angelernte Tätigkeit ausgeübt hat, bedarf es keiner weiteren Erhebungen und Feststellungen über die genaue Art der Tätigkeit (SSV-NF 3/46, 3/136, 4/119, 6/46, 8/21 ua). Vom Fehlen jeglichen Anhaltspunktes kann hier jedoch nicht gesprochen werden.

Der Oberste Gerichtshof hat sich mit dem Berufsbild eines Berufskraftfahrers in den letzten Jahren bereits in zahlreichen Entscheidungen zu befassen gehabt (SSV-NF 2/66 = SZ 61/147; SSV-NF 4/80, 8/17, 9/35, 9/63; ARD 4.551/6/94; des weiteren [unveröffentlicht] 10 ObS 124/93, 10 ObS 57/95, 10 ObS 130/97h, 10 ObS 104/99p, 10 ObS 234/99f, 10 ObS 290/99s, 10 ObS 365/99w).

Fest steht, dass der Kläger zwar keine Berufskraftfahrerausbildung absolviert hat, doch hat er nach den Feststellungen Tätigkeiten verrichtet, die maßgebliche Kenntnisse erfordern, die Gegenstand dieser Ausbildung sind. Der Kläger war nach den Feststellungen nicht nur im Inland, sondern auch im internationalen Güterverkehr tätig, worüber jedoch nähere Feststellungen über das Ausmaß und die damit im Einzelnen verbundenen Anforderungen fehlen. Der Kläger hatte die notwendige Routen- und Terminplanung selbst vorzunehmen. Wie bereits ausgeführt, könnte aber auch dies nicht zur Bejahung des Berufsschutzes führen, wenn gelernte Kraftfahrer über viel weitergehende Kenntnisse verfügen, die in der Praxis von einschlägigen Facharbeitern auch verlangt werden.

Andererseits steht fest, dass der Kläger über keinen "Gefahrengutschein" verfügt, wobei allerdings wiederum nicht feststeht, ob der Kläger Kenntnisse bezüglich des Transportes gefährlicher Güter hat- soweit sie in der Berufskraftfahrerlehre vermittelt werden - und wie weit solche Kenntnisse bei gelernten Kraftfahrern in der Praxis überhaupt vorausgesetzt werden. Dies wird im weiteren Verfahren zu prüfen sein. Im Hinblick darauf, dass sehr verschiedene Arten von Gefahrgütern in Frage kommen (explosive bzw brennbare Stoffe, strahlendes Material, Säuren ua), die jeweils spezifische Kenntnisse fordern, ist es nicht auszuschließen, dass hier zwar allenfalls gewisse Grundkenntnisse verlangt werden, die speziellen Kenntnisse über die im Einzelfall nach der Art des Betriebes transportierten Güter im Rahmen einer betrieblichen Einschulung vermittelt werden (SSV-NF 12/5). Im Übrigen ist aber bezüglich des "Gefahrengutscheines" (genauer: Bescheinigung über die Gefahrgutlenkerschulung) zu beachten, dass zwar im Rahmen der Berufskraftfahrerlehre Kenntnisse über den Transport gefährlicher Güter auf der Straße vermittelt werden (vgl § 4 Pos 15 Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung, BGBl 1995/902), der Transport gefährlicher Güter auf der Straße aber neben der als selbstverständlich vorausgesetzten Lenkerberechtigung für die jeweils in Frage kommende "Beförderungseinheit" eine besondere Ausbildung des Lenkers nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG), BGBl I 1998/145, (bzw vor dem 1. 9. 1998 nach dem Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße und Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967 und der Straßenverkehrsordnung 1960 [GGSt]) voraussetzt, deren nähere Details in der Gefahrgutbeförderungungsverordnung (GGBV), BGBl II 1999/303, (bzw vorher Gefahrgut-Lenkerausbildungsverordnung, BGBl 1987/506) geregelt sind. Der erfolgreiche Abschluss der Berufskraftfahrerlehre ersetzt diese besondere Ausbildung nicht. Das bloße Fehlen einer Bescheinigung über die Gefahrgutlenkerschulung kann daher der Annahme, ob der Kläger jemals im Beruf des Berufskraftfahrers angelernt wurde, nicht entgegenstehen.Andererseits steht fest, dass der Kläger über keinen "Gefahrengutschein" verfügt, wobei allerdings wiederum nicht feststeht, ob der Kläger Kenntnisse bezüglich des Transportes gefährlicher Güter hat- soweit sie in der Berufskraftfahrerlehre vermittelt werden - und wie weit solche Kenntnisse bei gelernten Kraftfahrern in der Praxis überhaupt vorausgesetzt werden. Dies wird im weiteren Verfahren zu prüfen sein. Im Hinblick darauf, dass sehr verschiedene Arten von Gefahrgütern in Frage kommen (explosive bzw brennbare Stoffe, strahlendes Material, Säuren ua), die jeweils spezifische Kenntnisse fordern, ist es nicht auszuschließen, dass hier zwar allenfalls gewisse Grundkenntnisse verlangt werden, die speziellen Kenntnisse über die im Einzelfall nach der Art des Betriebes transportierten Güter im Rahmen einer betrieblichen Einschulung vermittelt werden (SSV-NF 12/5). Im Übrigen ist aber bezüglich des "Gefahrengutscheines" (genauer: Bescheinigung über die Gefahrgutlenkerschulung) zu beachten, dass zwar im Rahmen der Berufskraftfahrerlehre Kenntnisse über den Transport gefährlicher Güter auf der Straße vermittelt werden vergleiche Paragraph 4, Pos 15 Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung, BGBl 1995/902), der Transport gefährlicher Güter auf der Straße aber neben der als selbstverständlich vorausgesetzten Lenkerberechtigung für die jeweils in Frage kommende "Beförderungseinheit" eine besondere Ausbildung des Lenkers nach dem Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG), BGBl römisch eins 1998/145, (bzw vor dem 1. 9. 1998 nach dem Bundesgesetz über die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße und Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967 und der Straßenverkehrsordnung 1960 [GGSt]) voraussetzt, deren nähere Details in der Gefahrgutbeförderungungsverordnung (GGBV), BGBl römisch II 1999/303, (bzw vorher Gefahrgut-Lenkerausbildungsverordnung, BGBl 1987/506) geregelt sind. Der erfolgreiche Abschluss der Berufskraftfahrerlehre ersetzt diese besondere Ausbildung nicht. Das bloße Fehlen einer Bescheinigung über die Gefahrgutlenkerschulung kann daher der Annahme, ob der Kläger jemals im Beruf des Berufskraftfahrers angelernt wurde, nicht entgegenstehen.

Das Berufungsgericht hielt dem Kläger, wie schon erwähnt, entgegen, dass zum Berufsbild des Berufskraftfahrers eine ganze Reihe von Rechtskenntnissen aber auch Kenntnisse über kaufmännisches Rechnen, Schriftverkehr, Zahlungsverkehr etc gehören, ohne dass allerdings vom Erstgericht festgestellt wurde, ob beim Kläger diese Kenntnisse fehlen und - was vor allem wesentlich ist - ob sie für die von ihm verrichteten Tätigkeiten erforderlich waren. Dies wird nachzuholen sein. Hiezu ist aber bereits jetzt festzuhalten, dass der Mangel an Kenntnissen von im Rahmen der Berufsausbildung vermittelten theoretischen Fächern nur dann ins Gewicht fällt, wenn es sich um Kenntnisse handelt, die für die praktische Ausübung der Tätigkeit eines Berufskraftfahrers am Arbeitsmarkt erforderlich sind. Nach der zitierten Rechtsprechung kommt es in erster Linie darauf an, was von gelernten Arbeitern am Arbeitsmarkt üblicherweise verlangt wird. Die Ausbildung im Handels- und Transportrecht, kaufmännischen Rechnen und Schriftverkehr etc zählen zwar zu den Kenntnissen, die im Rahmen des Lehrberufes eines Berufskraftfahrers zu vermitteln sind, es steht aber nicht fest, wie weit sie in der Praxis von gelernten Arbeitern tatsächlich verlangt werden sowie in welchem Umfang der Kläger über einschlägige Kenntnisse verfügt bzw ob und wie weit diese hinter den in der Praxis verlangten Kenntnissen zurückbleiben (SSV-NF 12/5).

Der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung SSV-NF 9/63 lag ein Sachverhalt zugrunde, nach dem der dortige Kläger ausschließlich Viehtransport im Inland durchgeführt hatte. Ihm fehlten Kenntnisse des internationalen Transportwesens, sodass schon aus diesem Grund die Annahme eines Anlernberufes nicht in Frage kam. Im Hinblick darauf, dass der Kläger im vorliegenden Verfahren auch Auslandsfahrten durchführte, dem zufolge offenbar über weitergehende Kenntnisse als der Versicherte in SSV-NF 9/63 verfügt und daher die Voraussetzungen für den geltend gemachten Berufsschutz nicht von vornherein verneint werden können, dies insbesondere auch nicht mit dem Hinweis, er wäre "nur" mit einem Spezialfahrzeug gefahren, erweist sich die Feststellungsgrundlage im aufgezeigten Sinn ergänzungsbedürftig. Dabei wird auch auf die Frage des Erfordernisses von Kenntnissen über vor allem größere Reparaturarbeiten als zum Berufsbild gehörig einzugehen sein (SSV-NF 12/5).

Derzeit fehlt für den vom Berufungsgericht angestellten Vergleich der vom Kläger angelernten und ausgeübten Kenntnisse und Fähigkeiten mit jenen, die im Lehrberuf Berufskraftfahrer tatsächlich erforderlich sind (Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung BGBl 1995/902; Berufslexikon des AMS Österreich, Bd 1 Lehrberufe 1997, 38 f) die notwendige Tatsachengrundlage.

Im fortgesetzten Verfahren wird in Abhängigkeit von der Frage, ob der Kläger jemals im Beruf des Berufskraftfahrers angelernt wurde, auch die Frage, wann dieser Anlernvorgang allenfalls abgeschlossen war (vgl SSV-NF 7/129) und ob der Kläger im Beobachtungszeitraum in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate eine Berufstätigkeit ausübte, für die Kenntnisse und Fähigkeiten des angelernten Berufes erforderlich waren (SSV-NF 2/98, 4/166, 8/103), zu klären sein. Ist der Berufsschutz des Klägers zu bejahen, wird auch im Hinblick auf eine allfällige Verweisbarkeit zu prüfen sein, ob der Kläger - abgesehen von seiner bisherigen Tätigkeit als "LKW-Chauffeur", deren Ausübbarkeit von den Vorinstanzen ohne nähere Begründung stillschweigend verneint wird - allenfalls auf andere, allerdings noch näher zu untersuchende Tätigkeiten wie etwa Fahrer von Dienstpersonenkraftwagen oder eines Direktionschauffeurs verwiesen werden kann (10 ObS 205/97p, 10 ObS 365/99w). In der Entscheidung des Senates vom 9. 11. 1999, 10 ObS 290/99s, wurde dem Erstgericht im fortgesetzten Verfahren aber auch aufgetragen, gegebenenfalls weiters zu prüfen, ob nicht auch noch andere einschlägige, wenn auch nicht unmittelbar mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Verweisungsberufe, wie beispielsweise der Beruf eines Fuhrparkleiter, für den Kläger in Betracht kämen. Allgemein ist für eine zulässige Verweisung entscheidend, dass sich die Tätigkeit, auf die der Versicherte mit Berufsschutz verwiesen werden soll, qualitativ hervorhebt und nicht bloß untergeordnet ist (SSV-NF 7/62, 9/40 ua); die Teiltätigkeit muss noch als Ausübung des erlernten Berufes angesehen werden können (SSV-NF 9/35 mwN).Im fortgesetzten Verfahren wird in Abhängigkeit von der Frage, ob der Kläger jemals im Beruf des Berufskraftfahrers angelernt wurde, auch die Frage, wann dieser Anlernvorgang allenfalls abgeschlossen war vergleiche SSV-NF 7/129) und ob der Kläger im Beobachtungszeitraum in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate eine Berufstätigkeit ausübte, für die Kenntnisse und Fähigkeiten des angelernten Berufes erforderlich waren (SSV-NF 2/98, 4/166, 8/103), zu klären sein. Ist der Berufsschutz des Klägers zu bejahen, wird auch im Hinblick auf eine allfällige Verweisbarkeit zu prüfen sein, ob der Kläger - abgesehen von seiner bisherigen Tätigkeit als "LKW-Chauffeur", deren Ausübbarkeit von den Vorinstanzen ohne nähere Begründung stillschweigend verneint wird - allenfalls auf andere, allerdings noch näher zu untersuchende Tätigkeiten wie etwa Fahrer von Dienstpersonenkraftwagen oder eines Direktionschauffeurs verwiesen werden kann (10 ObS 205/97p, 10 ObS 365/99w). In der Entscheidung des Senates vom 9. 11. 1999, 10 ObS 290/99s, wurde dem Erstgericht im fortgesetzten Verfahren aber auch aufgetragen, gegebenenfalls weiters zu prüfen, ob nicht auch noch andere einschlägige, wenn auch nicht unmittelbar mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Verweisungsberufe, wie beispielsweise der Beruf eines Fuhrparkleiter, für den Kläger in Betracht kämen. Allgemein ist für eine zulässige Verweisung entscheidend, dass sich die Tätigkeit, auf die der Versicherte mit Berufsschutz verwiesen werden soll, qualitativ hervorhebt und nicht bloß untergeordnet ist (SSV-NF 7/62, 9/40 ua); die Teiltätigkeit muss noch als Ausübung des erlernten Berufes angesehen werden können (SSV-NF 9/35 mwN).

Da somit zusammenfassend wesentliche Fragen bisher nicht erörtert und die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen wurden, kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger Berufsschutz genießt und welche Verweisungstätigkeiten für ihn in Frage kommen. Das Verfahren erweist sich daher als ergänzungsbedürftig, weshalb der Revision Folge zu geben war. Da es offenbar noch einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, um die Sache spruchreif zu machen, war unter Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E57540 10C02569

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00256.99S.0404.000

Dokumentnummer

JJT_20000404_OGH0002_010OBS00256_99S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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