TE OGH 2000/4/4 10ObS62/00s

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Veröffentlicht am 04.04.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dipl. Ing. Werner Conrad (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Milorad S*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 1999, GZ 23 Rs 78/99p-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 25. August 1999, GZ 48 Cgs 8/98g-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 15. 3. 1949 in Jugoslawien geborene Kläger hat keinen Beruf erlernt. In den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 8. 1997) war er als Hilfsarbeiter beschäftigt. Aufgrund verschiedener näher festgestellter gesundheitsbedingter Beeinträchtigungen kann der Kläger seit Antragstellung nur mehr halbzeitig leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen und im Stehen unter Vermeidung von längerem Gehen (nicht mehr als eine Stunde) verrichten. Vermieden werden müssen das Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 5 kg, häufiges Bücken, überwiegend vorgeneigte Haltung, exponierte Stellen wie Leitern und Gerüste, Arbeiten an Maschinen mit Verletzungsgefahr und alle Tätigkeiten unter starken Stress erzeugenden Bedingungen, Nacht-, Schicht-, Mengen- und Zeitdrucktätigkeiten. Ausgeschlossen sind Arbeiten, die ein präzises Bewegen und Hantieren mit kleinen Werkstücken erfordern. Krankenstände von 7 Wochen pro Jahr oder mehr sind nicht zu erwarten. Bei diesem medizinischen Leistungskalkül kann der Kläger beispielsweise noch industrielle Tischarbeiten wie etwa Verpackungs- und Sortiertätigkeiten durchführen.

Mit Bescheid vom 17. 11. 1997 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter den Antrag des Klägers vom 31. 7. 1997 auf Invaliditätspension ab.

Das Erstgericht wies das dagegen auf Zahlung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 8. 1997 gerichtete Klagebegehren ab. Da der Kläger die genannten Verweisungstätigkeiten, aber auch solche eines Portiers oder Kassiers noch verrichten könne, sei es nicht invalid im Sinne des hier anzuwendenden § 255 Abs 3 ASVG.Das Erstgericht wies das dagegen auf Zahlung der Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 8. 1997 gerichtete Klagebegehren ab. Da der Kläger die genannten Verweisungstätigkeiten, aber auch solche eines Portiers oder Kassiers noch verrichten könne, sei es nicht invalid im Sinne des hier anzuwendenden Paragraph 255, Absatz 3, ASVG.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Beweisverfahrens und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Der Kläger könne zwar möglicherweise wegen des psychiatrisch zu beurteilenden Leidenszustandes und seines intellektuellen Defizits nicht auf die Tätigkeiten eines Kassiers oder Portiers verwiesen werden, doch bestünden gegen die übrigen Verweisungstätigkeiten keine Bedenken.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines Klagebegehrens und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 ZPO keiner näheren Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz entgegen zu halten, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausreichend begründet, warum es der Einholung von weiteren Sachverständigengutachten und auch der beantragten Einvernahme eines "informierten Vertreters des Arbeitsamtes" nicht bedurfte. Dass insoweit auch kein - der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender - Feststellungsmangel gegeben ist, wird sogleich auszuführen sein.Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, ZPO keiner näheren Begründung. Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz entgegen zu halten, dass angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht neuerlich mit Revision geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 mwN ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht ausreichend begründet, warum es der Einholung von weiteren Sachverständigengutachten und auch der beantragten Einvernahme eines "informierten Vertreters des Arbeitsamtes" nicht bedurfte. Dass insoweit auch kein - der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender - Feststellungsmangel gegeben ist, wird sogleich auszuführen sein.

Der weiters geltend gemachte Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beweiswürdigung bzw Tatsachenfeststellung zählt nicht zu den in § 503 ZPO taxativ (erschöpfend) aufgezählten Revisionsgründen (Kodek/Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 1 mwN); auch das ASGG sieht diesbezüglich keine Ausnahme vor (10 ObS 437/97f ua). Auf diese Ausführungen ist daher nicht einzugehen.Der weiters geltend gemachte Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beweiswürdigung bzw Tatsachenfeststellung zählt nicht zu den in Paragraph 503, ZPO taxativ (erschöpfend) aufgezählten Revisionsgründen (Kodek/Rechberger, ZPO2 Paragraph 503, Rz 1 mwN); auch das ASGG sieht diesbezüglich keine Ausnahme vor (10 ObS 437/97f ua). Auf diese Ausführungen ist daher nicht einzugehen.

Letztlich kommt auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu. Zunächst ist ihr entgegenzuhalten, dass das Verweisungsfeld für Versicherte, die keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch ist und dass es für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung ist, ob der Versicherte aufgrund der konkreten Arbeitsmarktsituation in den Verweisungsberufen einen Dienstposten finden wird, da für den Fall der Arbeitslosigkeit die Leistungszuständigkeit der Arbeitslosenversicherung besteht (SSV-NF 6/56 mwN ua). Dass ältere und in ihrer Arbeitsfähigkeit geminderte Arbeitssuchende gegenüber jüngeren und voll arbeitsfähigen Mitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt weniger Chancen haben, schließt sie noch nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus (10 ObS 48/91; 10 ObS 27/98p ua). Dass in den vom Berufungsgericht genannten Verweisungsberufen österreichweit wenigstens 100 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, wurde zu Recht als offenkundig angesehen (vgl SSV-NF 5/96) und wird vom Revisionswerber auch gar nicht angezweifelt. Er meint, seiner Verweisbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehe die Tatsache entgegen, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze und eine nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes notwendige Erlaubnis haben müsse, um überhaupt eine Erwerbstätigkeit in Österreich ausüben zu dürfen. Angesichts der herrschenden Arbeitsmarktlage sei aber auszuschließen, dass ihm die Möglichkeit eröffnet würde, eine legale Erwerbstätigkeit aufzunehmen.Letztlich kommt auch der Rechtsrüge keine Berechtigung zu. Zunächst ist ihr entgegenzuhalten, dass das Verweisungsfeld für Versicherte, die keinen erlernten oder angelernten Beruf ausgeübt haben, mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch ist und dass es für die Frage der Invalidität ohne Bedeutung ist, ob der Versicherte aufgrund der konkreten Arbeitsmarktsituation in den Verweisungsberufen einen Dienstposten finden wird, da für den Fall der Arbeitslosigkeit die Leistungszuständigkeit der Arbeitslosenversicherung besteht (SSV-NF 6/56 mwN ua). Dass ältere und in ihrer Arbeitsfähigkeit geminderte Arbeitssuchende gegenüber jüngeren und voll arbeitsfähigen Mitarbeitern auf dem Arbeitsmarkt weniger Chancen haben, schließt sie noch nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus (10 ObS 48/91; 10 ObS 27/98p ua). Dass in den vom Berufungsgericht genannten Verweisungsberufen österreichweit wenigstens 100 Arbeitsplätze zur Verfügung stehen, wurde zu Recht als offenkundig angesehen vergleiche SSV-NF 5/96) und wird vom Revisionswerber auch gar nicht angezweifelt. Er meint, seiner Verweisbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stehe die Tatsache entgegen, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitze und eine nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes notwendige Erlaubnis haben müsse, um überhaupt eine Erwerbstätigkeit in Österreich ausüben zu dürfen. Angesichts der herrschenden Arbeitsmarktlage sei aber auszuschließen, dass ihm die Möglichkeit eröffnet würde, eine legale Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Dieses Argument ist nicht zielführend. Dass ein Ausländer in Österreich nur unter den Voraussetzungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes beschäftigt werden darf, schließt ihn nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus (SSV-NF 6/28; 10 ObS 229/98v; 10 ObS 157/99g). Die Ursache für die Verschlechterung (Minderung) der Arbeitsfähigkeit muss der körperliche oder geistige Zustand des Versicherten sein. Umstände, die zwar eine geminderte Arbeitsfähigkeit zur Folge haben oder einen Beitrag zu einer solchen leisten, mit dem Gesundheitszustand des Versicherten aber nichts zu tun haben, führen nicht zur Invalidität. Keine Invalidität liegt daher vor, wenn nicht der Gesundheitszustand des Versicherten kausal für die verminderte Arbeitsfähigkeit ist, sondern hierfür andere Gründe maßgebend sind, wie etwa die Nichterteilung der für die Beschäftigung von Ausländern erforderlichen behördlichen Genehmigungen (so bereits Wachter, ZAS 1989, 18).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit wurden nicht dargetan und sind auch nicht ersichtlich.

Anmerkung

E57591 10C00620

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00062.00S.0404.000

Dokumentnummer

JJT_20000404_OGH0002_010OBS00062_00S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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