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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der K S in M, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josfes-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 5. Dezember 2001, Zl. RV1276/1-8/2001, betreffend Einkommensteuer 1999 (Arbeitnehmerveranlagung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Volksschullehrerin und beantragte für das Jahr 1999 u.a. die Aufwendungen für den Besuch eines Kurses unter dem Titel "Kunst- und Gestaltungstherapie" am Institut für Kunst und Therapie in München, als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag im Instanzenzug ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe des § 16 Abs. 1 EStG 1988 und § 20 Abs. 1 EStG 1980 aus, Lehre und Rechtsprechung stimmten darin überein, dass auch die Kosten der Berufsfortbildung als Werbungskosten in Betracht kämen. Diese lägen dann vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessere, um seinen Beruf besser ausüben zu können. Fortbildungskosten dienten dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Allerdings seien Werbungskosten eines Arbeitnehmers nur Aufwendungen, welche die Ausübung des Dienstes mit sich bringe, soweit sie nicht durch die allgemeine Lebensführung (§ 20 EStG) bedingt seien. Zwischen dem als Werbungskosten bezeichneten Aufwand und den Einnahmen, zu deren Erzielung der Aufwand notwendig sei, müsse ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Aufwendungen, die mit den Einnahmen nur in einem mittelbaren Zusammenhang stünden, seien nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Werbungskosten. Ließen sich die Aufwendungen für die Lebensführung und die Aufwendungen beruflicher Natur nicht einwandfrei trennen, sei der gesamte Betrag nicht abzugsfähig.
Vor diesem Hintergrund prüfte die belangte Behörde, ob im gegenständlichen Fall die Aufwendungen für den Besuch des strittigen vierjährigen Lehrgangs für Kunst- und Gestaltungstherapie die oben angeführten Voraussetzungen für die Anerkennung als Werbungskosten erfüllten. Nach dem Programminhalt werde unter Kunst- und Gestaltungstherapie eine Therapieform verstanden, die heute kaum mehr in einer Klinik fehle. Auch im ambulanten Bereich werde sie zunehmend eingesetzt. Die Besonderheit liege darin, dass sie den ganzen Menschen erfasse, als physisches, psychisches und geistiges Wesen. Der Gestaltungsprozess umfasse Ausdruck und Verarbeitung psychischer Inhalte. Ein Bildungsschwerpunkt bestehe unter anderem im bildnerischen Bereich, welcher im Regelunterricht sowie in unverbindlichen Übungen zur Anwendung kommen könne. Die Bildungsmaßnahme dauere insgesamt vier Jahre. Sie sei vom Arbeitsamt, vom Berufsverband (deutscher Fachverband für Kunst- und Gestaltungstherapie) und von der deutschen Gesellschaft für künstlerische Therapieformen und Therapie mit kreativen Medien, den Dachverband der Kunst- und Kreativitätstherapeuten, anerkannt. Auf Ansuchen erfolge eine Graduierung, welche zur Führung des Titels Kunsttherapeutin grad. DGKT bzw. DFKGT berechtige und mit dem Status eines graduierten Mitgliedes verbunden sei.
Der Nutzen, den diese Kursbesuche auch für die Arbeit der Beschwerdeführerin als Volksschullehrerin hätten, werde in keiner Weise in Zweifel gezogen. Die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten würden bei ihrer schulischen und pädagogischen Tätigkeit, sowie im Aufgabenbereich der schulischen Erziehung und Betreuung unbestritten verbessert, dennoch könne daraus keine typische berufsspezifische Fortbildung abgeleitet werden. In diesem Zusammenhang sei auszuführen, dass es sich bei Gestaltungspädagogik um ein pädagogisches Konzept handle, dass sich stark auf Persönlichkeitsentwicklung des Pädagogen selbst konzentriere. In dieser Weise werde Gestaltungspädagogik auch in der Informationsbroschüre des Instituts für Kunst und Therapie umschrieben, aufbauend auf dem Gedanken, dass das Selbstverständnis und die Weiterentwicklung des Pädagogen selbst die Grundlage für eine sinnvolle Arbeit sei. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen könne festgestellt werden, dass sich der Lehrgang wohl an die Berufsgruppe pädagogisch Tätiger im weitesten Sinn wende, im Vordergrund stehe jedoch die Selbsterfahrung dieser Personen. Der strittige Lehrgang vermittle somit Fähigkeiten, die der Person als solcher in ihren beruflichen und außerberuflichen Bereichen zugute kämen. Diesen Eindruck hätten auch die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren unterstrichen, wonach die Kurse unter anderem deswegen besucht würden, um das sogenannte "Burn-Out-Syndrom" bei einem Lehrer zu verhindern. Auch mit ihrer Tätigkeitsbeschreibung (Unterricht mit Problemschülern) könne die Beschwerdeführerin letztlich nur den Eindruck verstärken, dass die eigene Persönlichkeitsentwicklung im Mittelpunkt ihrer Zielsetzung gestanden sei.
Die bloße Nützlichkeit des Aufwandes sei jedoch für die Anerkennung von Werbungskosten nicht ausreichend. In diesem Zusammenhang werde festgehalten, dass für die Beurteilung des vorliegenden Berufungsfalles nur der objektive Sachverhalt maßgebend sei und nicht die subjektive Einschätzung der Beschwerdeführerin oder des Arbeitgebers, wonach diese den Besuch der Seminare und Kurse als beruflich notwendig beurteilt hätten. Die strittigen Seminarreihen verfolgten in einem nicht unerheblichen Ausmaß private Lebensinteressen, wenn die Beschwerdeführerin dies auch bestreite. Daran vermöge auch der Hinweis nichts zu ändern, dass Kollegen aus der von ihr besuchten Seminarreihe von den zuständigen Finanzämtern die strittigen Aufwendungen als Werbungskosten anerkannt erhalten hätten. In seiner Entscheidung vom 15. April 1998, 98/14/0004, habe der Verwaltungsgerichtshof einer Lehrerin Aufwendungen für einen Lehrgang ähnlichen Inhaltes versagt.
Von einer berufsspezifischen Fortbildung für eine Volksschullehrerin könne bei der gegebenen Sachlage keine Rede sein. Die Tätigkeit einer Volksschullehrerin sei mit Kunst- und Gestaltungstherapie nicht verwandt, vielmehr liege ein gemischter Aufwand vor, der auch im privaten Bereich von Bedeutung sei, wobei die persönlichkeitsbildende Komponente im Vordergrund stehe. Die Aufwendungen seien daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig, sondern den Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Mit der Behauptung einer Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides "infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften" rügt die Beschwerdeführerin die entscheidende Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, dass der gegenständliche Lehrgang Fähigkeiten vermittle, die der Person als solcher in ihren beruflichen und außerberuflichen Bereichen zugute kämen, wobei die Selbsterfahrung dieser Personen im Vordergrund stehe, als unrichtig. Letzteres sei eine reine Erfindung der belangten Behörde, die mit der Realität nichts zu tun habe. Unter Bezugnahme auf die im Berufungsverfahren vorgelegte Informationsbroschüre des Institutes für Kunst und Therapie München, meint die Beschwerdeführerin, bei denkrichtiger Auswertung dieser Broschüre hätte die belangte Behörde zum Ergebnis kommen müssen, dass der Lehrgang gänzlich berufsbezogen sei.
Mit diesem Vorbringen, welches in Wahrheit schon die Rechtsrüge darstellt, zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Es trifft, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verkürzt zum Ausdruck gebracht hat, zu, dass in der entsprechenden Broschüre als Besonderheit der Kunst- und Gestaltungstherapie angeführt wird, dass sie "den ganzen Menschen erfasst, als physisches, psychisches und geistiges Wesen. Der Gestaltungsprozess umfasst Ausdruck und Verarbeitung psychischer Inhalte. Gleichzeitig ist er ein Erkenntnisprozess und eine Chance, Neues zu erkunden und zu erproben. Durch seine Handlungsorientierung, die zugleich Unbewusstes zulässt und Hingabe verlangt, fordert er den Gestaltenden heraus, Dimensionen in sich zu entdecken, die er vielleicht längst vergessen hat und die ihm einen neuen Zugang zu sich und seinen Möglichkeiten eröffnen. Dazu gehören: Phantasie, Eigenverantwortung, Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen, Kompetenz mit Unbekanntem (das heißt auch Krisen) umzugehen, Distanz zu den eigenen Problemen, Änderung des Blickwinkels, größere Freiheit im Umgang mit Ideen, Grenzen und Erfahrungen, Mut, Neues zu wagen. Entsprechend fordert auch eine Ausbildung zum Kunst- und Gestaltungstherapeuten die Entdeckung seiner selbst als seelischgeistiges Wesen heraus. Sie konfrontiert mit dem Abenteuer, sich auf Unbekanntes einzulassen und in der Begegnung mit anderen Menschen daran zu wachsen."
Vor diesem Hintergrund kann die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht geteilt werden, dass die von ihr angestrebte "Weiterbildung" voll und ganz mit ihren beruflichen Tätigkeiten korrespondiere. Keine entscheidende Rolle spielt dabei der Umstand, dass die belangte Behörde "verschweigt", dass die Beschwerdeführerin seit mehreren Jahren im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Kinder mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf unterrichte.
Die Beschwerdeführerin bringt auch vor, entscheidend sei, dass die Selbsterfahrung funktional rein dienenden Charakter habe, sowie, das eigene psychische Innenleben sei "das am nächsten verfügbare Übungsgebiet und gleichzeitig sei die physische Verfassung des Lehrenden (Therapierenden) wegen der insbesondere auch ganz unbewusst in der Beziehung zum Schüler (Klienten) auch ganz unbewusst ausgestrahlten und empfangenen Signale" von wesentlicher Bedeutung für den positiven Arbeitserfolg.
Ausschließlich oder vornehmlich beruflich nutzbare Lehrinhalte zeigt die Beschwerdeführerin auch damit nicht auf. Sie verkennt, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid einen Nutzen für die Arbeit der Beschwerdeführerin als Volksschullehrerin nicht in Abrede gestellt hat. Ganz im Gegenteil, die belangte Behörde hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein solcher Nutzen in keiner Weise in Zweifel gezogen werde. Die beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschwerdeführerin würden bei ihrer schulischen und pädagogischen Tätigkeit, sowie im Aufgabenbereich der schulischen Erziehung und Betreuung unbestritten verbessert.
Zutreffend stellte die belangte Behörde allerdings mit ihren diesbezüglichen Ausführungen in Abrede, dass es sich bei dem gegenständlichen Lehrgang um eine spezifisch auf die Bedürfnisse eines Lehrers abstellende Fortbildung handelt.
Auch das Vorbringen, es bestehe in Beziehung auf das Thema "Selbsterfahrung" kein relevanter Unterschied zum physischen Bereich, kann der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg verhelfen. Die Beschwerdeführerin meint in diesem Zusammenhang, wenn ein Lehrer für Leibeserziehung eine neue gymnastische Technik in seinen Unterricht einbauen wolle und sich dahingehend weiterbilde, müsse er die Technik zunächst selbst erlernen und habe in diesem Sinn eine Erweiterung seiner Selbsterfahrung. Gleiches gelte für einen Sportlehrer, etwa einen Skilehrer, der sich in einer neuen Sporttechnik weiterbilde (Fahren mit Carving-Schiern). Dazu sei lediglich darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Verweigerung der Anerkennung von Aufwendungen einer Turnlehrerin für einen Skikurs als Werbungskosten im Hinblick auf die nahe liegende private Veranlassung als nicht rechtswidrig beurteilt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, 2000/13/0163).
Wenn die Beschwerdeführerin meint, "zu ähnlichen Effekten komme es überall dort, wo der Beruf sich auf Tätigkeiten erstrecke, die auch im Rahmen der allgemeinen Lebenserfahrung und Lebensgestaltung positiv bewertet würden", und daraus offenbar die gebotene Abzugsfähigkeit entsprechender Aufwendungen als beruflich veranlasst abzuleiten versucht, ist darauf hinzuweisen, dass gerade in solchen Überschneidungsfällen eine berufliche Veranlassung insbesondere dann nicht angenommen werden kann, wenn sich die Aufwendungen nicht als notwendig erweisen (vgl. abermals das zitierte Erkenntnis vom 30. Mai 2001, aber etwa auch das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2004, 2000/15/0009). Dass der Besuch des gegenständlichen Lehrganges für eine Volkschullehrerin notwendig ist, hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.
Soweit die Beschwerdeführerin eine inhaltliche Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides deswegen rügt, weil die belangte Behörde eine Anerkennung der Aufwendungen deswegen verweigert habe, weil sich einer entsprechenden "Fortbildung" nur ein relativ kleiner Prozentsatz von Lehrern unterzogen habe, hat sie die Begründung des angefochtenen Bescheides missverstanden. Die belangte Behörde hat die Anerkennung der Aufwendungen für den Lehrgang in München nicht aus diesem Grund verweigert, sondern weil die Inhalte des Lehrganges nicht ausreichend berufsspezifisch gewesen seien. Dieser Beurteilung kann aber vor dem Hintergrund der oben wiedergegebenen Angaben in der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Broschüre nicht entgegengetreten werden.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. Dezember 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2002140012.X00Im RIS seit
16.01.2007