TE OGH 2000/4/13 8ObA231/99z

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Veröffentlicht am 13.04.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Heinz Nagelreiter und Dr. Eberhard Piso als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Stefan R*****, vertreten durch Dr. Ernst Eypeltauer ua, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Österreichischer W***** KG, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Anmeldung zur Sozialversicherung (Streitwert S 50.000,--), infolge Rekurses und Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Juni 1999, GZ 12 Ra 77/99a, 12 Ra 78/99y-11, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. Dezember 1998, GZ 17 Cga 180/98y-5, hinsichtlich des Hauptbegehrens und des diesbezüglichen Verfahrens als nichtig aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen wurde und hinsichtlich des Eventualbegehrens abgeändert wurde,

1. den

Beschluss

gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

2. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist begünstigter Behinderter iSd Behinderteneinstellungsgesetzes und war zumindest seit 1. 1. 1991 bei der beklagten Partei als Bewacher beschäftigt.

Am 13. 9. 1996 beantragte die beklagte Partei beim Bundessozialamt die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers. Diesem Antrag wurde mit Bescheid vom 5. 6. 1997 stattgegeben. Die vom Kläger dagegen erhobene Berufung blieb laut Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 19. 2. 1998 erfolglos. Daraufhin sprach die beklagte Partei am 19. 2. 1998 die Kündigung zum 5. 3. 1998 aus und meldete den Kläger mit diesem Tag bei der Gebietskrankenkasse ab. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. 8. 1998 wurde der Bescheid der Berufungskommission wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Kläger begehrt im vorliegenden Verfahren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihn mit 24. 6. 1998 rückwirkend bei der Gebietskrankenkasse anzumelden, in eventu die Feststellung, dass die beklagte Partei für alle Schäden und Nachteile hafte, der aus der Unterlassung dieser Anmeldung mit 5. 3. 1998 künftig entstehen. Infolge Aufhebung des Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof liege nun rückwirkend keine rechtskräftige Zustimmung zur Kündigung vor, weshalb das Arbeitsverhältnis als von Anfang an ungekündigt anzusehen sei.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei wegen Nichtigkeit Folge, hob das Verfahren und die Entscheidung über das Hauptbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, die klagende Partei rückwirkend mit 24. 6. 1998 bei der Gebietskrankenkasse anzumelden bzw die Abmeldung mit 23. 6. 1998 zu stornieren, als nichtig auf und wies die Klage hinsichtlich des Hauptbegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Das Eventualbegehren, es werde festgestellt, dass die beklagte Partei dem Kläger für sämtliche Schäden und Nachteile hafte, welche ihm durch die Unterlassung der rückwirkenden Anmeldung der klagenden Partei bei der Gebietskrankenkasse mit 5. 3. 1998 künftig entstehen, wies es ab, da aus der Unterlassung der Meldung des Bestehens eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses kein Schaden entstehen könne, weil das Versicherungsverhältnis meldeunabhängig bestehe. Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, weil es sich bei der Frage, ob bei Nichtigkeit des Hauptbegehrens über das Eventualbegehren zu entscheiden sei, um eine Frage des Verfahrensrechts von erheblicher Bedeutung handle. Dies gelte auch für die materiellrechtliche Frage, ob bei Nichtanmeldung zur Krankenversicherung hinsichtlich des behaupteten möglichen Schadens ein Feststellungsbegehren gerechtfertigt sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs und die Revision des Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des Ersturteiles, in eventu im Sinn der Stattgebung des Eventualbegehrens; hilfsweise stellt er auch einen Aufhebungsantrag.

Die beklagte Partei beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs und die Revision sind nicht berechtigt.

1. Zum Rekurs:

Im Hinblick auf das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Pflicht des Arbeitgebers zur Anmeldung gemäß §§ 33 ff ASVG ist die Zurückweisung des Hauptbegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zu billigen (siehe 9 ObA 121/91; vgl 7 Ob 84/75).Im Hinblick auf das Bestehen einer öffentlich-rechtlichen Pflicht des Arbeitgebers zur Anmeldung gemäß Paragraphen 33, ff ASVG ist die Zurückweisung des Hauptbegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zu billigen (siehe 9 ObA 121/91; vergleiche 7 Ob 84/75).

2. Zur Revision:

Nach herrschender Judikatur und Lehre ist auch bei Zurückweisung des Hauptbegehrens über das Eventualbegehren zu entscheiden (5 Ob 695/82; 8 Ob 603/88; Fasching, Komm III 19).Nach herrschender Judikatur und Lehre ist auch bei Zurückweisung des Hauptbegehrens über das Eventualbegehren zu entscheiden (5 Ob 695/82; 8 Ob 603/88; Fasching, Komm römisch III 19).

Was das Eventualbegehren betrifft, ist dem Berufungsgericht zwar beizupflichten, dass das Krankenversicherungsverhältnis von einer Meldung unabhängig ist, doch weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass er sein Feststellungsbegehren nicht mit dem Verlust des Krankengeldanspruches, sondern mit dem durch die Verzögerung der Auszahlung infolge Nichtanmeldung durch den beklagten Arbeitgeber verursachten Schaden - er sei gezwungen gewesen, zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes einen Kredit aufzunehmen - begründet hat. Dieses Vorbringen wäre grundsätzlich geeignet gewesen, das Feststellungsbegehren zu rechtfertigen. Es erübrigt sich aber hierüber, insbesondere über die Frage der Kausalität der Nichtanmeldung für eine allfällige - bisher auch nicht bewiesene - Kreditaufnahme ein Beweisverfahren durchzuführen und deshalb die Entscheidung des Berufungsgerichtes über das Eventualbegehren zur Verfahrensergänzung aufzuheben, weil die Rechtssache aus folgendem Grund im Sinn der Bestätigung der Abweisung des Eventualbegehrens spruchreif ist:

Zwischenzeitig hat nämlich der erkennende Senat mit seiner Entscheidung vom 27. 1. 2000, 8 ObA 7/00b in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien über den 5. 3. 1998 hinaus bis zum 22. 6. 1999 nicht aufrecht besteht. Zwar wurde mit der Aufhebung der (ersten) Entscheidung der Berufungskommission durch den Verwaltungsgerichtshof rückwirkend die Rechtskraft der Zustimmung des Behindertenausschusses beseitigt. Die Berufungskommission hat aber mit ihrer zweiten Entscheidung die Zustimmung des Behindertenausschusses abermals bestätigt. Damit wurde die schon seinerzeit erteilte Zustimmung des Behindertenausschusses wieder voll wirksam. Unter den gegebenen Umständen war es daher geboten, dieser Zustimmung im Ergebnis jene Wirkung zuzuerkennen, die einer nachträglichen Zustimmung iSd § 8 Abs 2 zweiter Satz BEinstG zukommt.Zwischenzeitig hat nämlich der erkennende Senat mit seiner Entscheidung vom 27. 1. 2000, 8 ObA 7/00b in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien über den 5. 3. 1998 hinaus bis zum 22. 6. 1999 nicht aufrecht besteht. Zwar wurde mit der Aufhebung der (ersten) Entscheidung der Berufungskommission durch den Verwaltungsgerichtshof rückwirkend die Rechtskraft der Zustimmung des Behindertenausschusses beseitigt. Die Berufungskommission hat aber mit ihrer zweiten Entscheidung die Zustimmung des Behindertenausschusses abermals bestätigt. Damit wurde die schon seinerzeit erteilte Zustimmung des Behindertenausschusses wieder voll wirksam. Unter den gegebenen Umständen war es daher geboten, dieser Zustimmung im Ergebnis jene Wirkung zuzuerkennen, die einer nachträglichen Zustimmung iSd Paragraph 8, Absatz 2, zweiter Satz BEinstG zukommt.

Damit steht nunmehr rechtskräftig fest, dass die von der beklagten Partei zum 5. 3. 1998 ausgesprochene Kündigung rechtswirksam und somit das Dienstverhältnis per diesem Tag beendet war. Diesem Urteil, welches die für das vorliegende Verfahren essentielle Vorfrage der Beendigung des Dienstverhältnisses mit 5. 3. 1998 endgültig geklärt hat, kommt für das vorliegende Verfahren Bindungswirkung zu (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1501), sodass ein Schadenersatzanspruch wegen verspäteter Auszahlung des Krankengeldes infolge Nichtanmeldung durch die beklagte Partei und deshalb erforderlicher Kreditaufnahme durch den Kläger nicht mehr in Betracht kommen kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Der nicht zweckdienliche Schriftsatz der beklagten Partei vom 15. 3. 2000 ist nicht zu honorieren.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO. Der nicht zweckdienliche Schriftsatz der beklagten Partei vom 15. 3. 2000 ist nicht zu honorieren.

Anmerkung

E57892 08B02319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:008OBA00231.99Z.0413.000

Dokumentnummer

JJT_20000413_OGH0002_008OBA00231_99Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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