TE OGH 2000/4/26 9ObA9/00i

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Veröffentlicht am 26.04.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Jörg Krainhöfner und Wolfgang Neumeier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter M*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Markus Hupfauf, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Roland Paumgarten, Rechtsanwalt, *****, 6330 Kufstein, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R*****gesellschaft mbH, *****, (S 97/94 LG Innsbruck), wegen Feststellung (Streitwert S 666.018,50 sA), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. November 1999, GZ 15 Ra 107/99v-73, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 528a ZPO iVm § 510 Abs 3 ZPO).Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 526, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zurückgewiesen (Paragraph 528 a, ZPO in Verbindung mit Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof sprach schon mehrmals (zuletzt etwa der erkennende Senat in 9 Ob 179/98h) aus, dass der Lauf der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung beginnen kann, sodass es also nicht darauf ankommt, wann das die Versäumung verursachende Ereignis weggefallen ist, sondern wann es weggefallen sein könnte (RIS-Justiz RS0036537, RS0036621). Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist. Es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 Rz 7 zu §§ 148 f; RZ 1991/54; SSV-NF 7/40; infas 1993, A 77; RIS-Justiz RS0036608, RS0036827).Der Oberste Gerichtshof sprach schon mehrmals (zuletzt etwa der erkennende Senat in 9 Ob 179/98h) aus, dass der Lauf der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages nicht zwingend erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung beginnen kann, sodass es also nicht darauf ankommt, wann das die Versäumung verursachende Ereignis weggefallen ist, sondern wann es weggefallen sein könnte (RIS-Justiz RS0036537, RS0036621). Dies kann aber nur dann der Fall sein, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist. Es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 Rz 7 zu Paragraphen 148, f; RZ 1991/54; SSV-NF 7/40; infas 1993, A 77; RIS-Justiz RS0036608, RS0036827).

Ein bloß minderer Grad des Versehens liegt nicht mehr vor, wenn der Parteienvertreter die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (Fasching, Lb2 Rz 580; EvBl 1987/94; RZ 1991/60 ua). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein zumutbares Verhalten abgewendet werden können, so ist die Wiedereinsetzung zu verweigern. Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten von Rechtsanwälten sind diesen (und deren Verschulden wiederum gemäß § 39 ZPO den Parteien; zuletzt etwa ÖJZ-LSK 1999/171) zuzurechnen. Sie ermöglichen dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz der Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht des Anwalts bei der Kontrolle der Termin- und Fristenevidenz und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung des Kanzleiangestellten unterlaufen sind (Fasching aaO; RZ 1991/60; RIS-Justiz RS0036813).Ein bloß minderer Grad des Versehens liegt nicht mehr vor, wenn der Parteienvertreter die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (Fasching, Lb2 Rz 580; EvBl 1987/94; RZ 1991/60 ua). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein zumutbares Verhalten abgewendet werden können, so ist die Wiedereinsetzung zu verweigern. Irrtümer und Fehler der Kanzleiangestellten von Rechtsanwälten sind diesen (und deren Verschulden wiederum gemäß Paragraph 39, ZPO den Parteien; zuletzt etwa ÖJZ-LSK 1999/171) zuzurechnen. Sie ermöglichen dann eine Wiedereinsetzung, wenn sie trotz der Einhaltung der berufsgebotenen Sorgfaltspflicht des Anwalts bei der Kontrolle der Termin- und Fristenevidenz und trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung des Kanzleiangestellten unterlaufen sind (Fasching aaO; RZ 1991/60; RIS-Justiz RS0036813).

Aus der Entscheidung des erkennenden Senates in RZ 1991/54 ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrages wurde dort bejaht, weil nach dem (auch von den Vorinstanzen zugrunde gelegten) Vorbringen die rechtzeitige Kontrolle der Absendung durch den in der Sache betrauten Rechtsanwalt üblich war. Die Beschlüsse der Vorinstanzen wurden aufgehoben, weil kein bestimmter Sachverhalt als bescheinigt angenommen worden war. Nach einer weiteren Entscheidung des Senates in RZ 1991/60 ist die Unterlassung der Evidenzhaltung einer Rechtsmittelfrist durch einen Rechtsanwalt grundsätzlich als grobe Fahrlässigkeit zu qualifizieren. Dabei ist nun für den vorliegenden Fall zu beachten, dass nicht schon der Entschluss bzw der Auftrag, ein Rechtsmittel zur Post zu bringen, sondern erst die tatsächliche Postaufgabe selbst fristwahrend ist. Es ist unabdingbar, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Postaufgabe auch tatsächlich geschieht. Es bedarf daher für Rechtsmittel nicht nur der Errichtung, sondern auch der Kontrolle einer Fristenevidenz.

Bemerkenswert erscheint im vorliegenden Fall, dass die mit der eingeschriebenen Aufgabe zweier Briefe (darunter die gegenständliche Berufung) und weiteren nicht eingeschriebenen Sendungen beauftragte Kanzleikraft des Klagevertreters (ON 68, AS 533), nur eine Sendung eingeschrieben aufgab, ohne dass ihr das Fehlen der zweiten, die gegenständliche Berufung enthaltenden Sendung auffiel, die auf der Fahrt zum Postamt unbemerkt unter den Fahrersitz gerutscht war und von ihr erst Wochen später wieder aufgefunden wurde. Entscheidend ist aber letztlich, dass im Wiedereinsetzungsantrag, der alle begründenden Umstände zu enthalten hat (§ 149 Abs 1 ZPO; Gitschthaler aaO Rz 2 zu §§ 148 f), keine organisatorischen Maßnahmen behauptet wurden, wie die tatsächliche Durchführung fristgebundener Aufträge geprüft wird, und von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommen wurde, dass in der Kanzlei des Klagevertreters keine Kontrolle stattfindet, ob die richtige Anzahl von (gesondert, das heißt nicht bei den Bezug habenden Schriftstücken aufbewahrten) Postaufgabescheinen für die entsprechende Anzahl von Einschreibesendungen tatsächlich vorliegt. Ob eine wirksame Kontrolle etwa dadurch geschieht, dass von einer Kanzleikraft vor der weiteren Kalenderierung auf der im Handakt verbleibenden Durchschrift der fristgebundenen Eingabe nach der Postaufgabe ein entsprechender Vermerk angebracht und/oder der Postaufgabeschein angeheftet wird, ein Posteinschreibebuch geführt wird udgl. kann hier schon deshalb dahingestellt bleiben, weil feststeht, dass überhaupt keine nachträgliche Kontrolle stattfand.Bemerkenswert erscheint im vorliegenden Fall, dass die mit der eingeschriebenen Aufgabe zweier Briefe (darunter die gegenständliche Berufung) und weiteren nicht eingeschriebenen Sendungen beauftragte Kanzleikraft des Klagevertreters (ON 68, AS 533), nur eine Sendung eingeschrieben aufgab, ohne dass ihr das Fehlen der zweiten, die gegenständliche Berufung enthaltenden Sendung auffiel, die auf der Fahrt zum Postamt unbemerkt unter den Fahrersitz gerutscht war und von ihr erst Wochen später wieder aufgefunden wurde. Entscheidend ist aber letztlich, dass im Wiedereinsetzungsantrag, der alle begründenden Umstände zu enthalten hat (Paragraph 149, Absatz eins, ZPO; Gitschthaler aaO Rz 2 zu Paragraphen 148, f), keine organisatorischen Maßnahmen behauptet wurden, wie die tatsächliche Durchführung fristgebundener Aufträge geprüft wird, und von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommen wurde, dass in der Kanzlei des Klagevertreters keine Kontrolle stattfindet, ob die richtige Anzahl von (gesondert, das heißt nicht bei den Bezug habenden Schriftstücken aufbewahrten) Postaufgabescheinen für die entsprechende Anzahl von Einschreibesendungen tatsächlich vorliegt. Ob eine wirksame Kontrolle etwa dadurch geschieht, dass von einer Kanzleikraft vor der weiteren Kalenderierung auf der im Handakt verbleibenden Durchschrift der fristgebundenen Eingabe nach der Postaufgabe ein entsprechender Vermerk angebracht und/oder der Postaufgabeschein angeheftet wird, ein Posteinschreibebuch geführt wird udgl. kann hier schon deshalb dahingestellt bleiben, weil feststeht, dass überhaupt keine nachträgliche Kontrolle stattfand.

Davon abgesehen bildet aber die Schwere des Verschuldens, auf die es hier ankommt, im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage, weil sie - so auch im vorliegenden Fall - von den Umständen des Einzelfalles abhängt (RIS-Justiz RS0044262, RS0089215 ua; vgl auch RS0036590). Das Rekursgericht bejahte in Anwendung der vorstehenden Grundsätze ein den minderen Grad des Versehens bereits übersteigendes Verschulden des Klagevertreters. Berücksichtigt man, dass an einen rechtskundigen Parteienvertreter bei der Beurteilung, ob ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige, im Umgang mit Gerichten unerfahrenen Personen (RZ 1998/21; EvBl 1987/94 ua), dann hat das Rekursgericht bei der Beurteilung des Verschuldensgrades den ihm eingeräumten rechtlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Entgegen der Behauptung im Revisionsrekurs ist es auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.Davon abgesehen bildet aber die Schwere des Verschuldens, auf die es hier ankommt, im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage, weil sie - so auch im vorliegenden Fall - von den Umständen des Einzelfalles abhängt (RIS-Justiz RS0044262, RS0089215 ua; vergleiche auch RS0036590). Das Rekursgericht bejahte in Anwendung der vorstehenden Grundsätze ein den minderen Grad des Versehens bereits übersteigendes Verschulden des Klagevertreters. Berücksichtigt man, dass an einen rechtskundigen Parteienvertreter bei der Beurteilung, ob ein minderer Grad des Versehens vorliegt, ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige, im Umgang mit Gerichten unerfahrenen Personen (RZ 1998/21; EvBl 1987/94 ua), dann hat das Rekursgericht bei der Beurteilung des Verschuldensgrades den ihm eingeräumten rechtlichen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Entgegen der Behauptung im Revisionsrekurs ist es auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Richtig ist bloß der Hinweis, dass das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes auf Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages - bei Zugrundelegung eines verspäteten Wiedereinsetzungsantrages gemäß seiner Rechtsansicht - mit der Maßgabe hätte bestätigen müssen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen wird (§ 148 Abs 3 ZPO; RZ 1991/54); eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG wird damit aber im Hinblick auf den ohnehin eindeutigen Entscheidungswillen nicht aufgezeigt.Richtig ist bloß der Hinweis, dass das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichtes auf Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages - bei Zugrundelegung eines verspäteten Wiedereinsetzungsantrages gemäß seiner Rechtsansicht - mit der Maßgabe hätte bestätigen müssen, dass der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen wird (Paragraph 148, Absatz 3, ZPO; RZ 1991/54); eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG wird damit aber im Hinblick auf den ohnehin eindeutigen Entscheidungswillen nicht aufgezeigt.

Anmerkung

E57765 09B00090

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:009OBA00009.00I.0426.000

Dokumentnummer

JJT_20000426_OGH0002_009OBA00009_00I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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