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L22008 Landesbedienstete Vorarlberg;Norm
BDG 1979 §56 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Thoma und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Ing. M in M, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 24. September 2002, Zl. PrsP- 0900.173614, betreffend Versagung der Genehmigung zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung gemäß § 28 des (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetzes 1988 iVm. § 32 des (Vorarlberger) Landesbedienstetengesetzes 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Vorarlberg. Seine Dienststelle ist das Landeshochbauamt Feldkirch, wo er als bautechnischer Amtssachverständiger tätig ist.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2002 meldete der Beschwerdeführer der Vorarlberger Landesregierung eine Nebenbeschäftigung "als Techniker für Baudienstleistungen (bestehendes Gewerbe für Zeichenbüro zum Zwecke der Erstellung von Planskizzen auf Grund vorgegebener Entwürfe) und als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Liegenschaftsbewertungen". Die gegenständlichen Beschäftigungen würden seine dienstlichen Aufgaben in keiner Weise behindern. Befangenheit in Ausübung seines Dienstes oder Gefährdung sonstiger wesentlicher dienstlicher Interessen könnten ausgeschlossen werden, da es sich hier um Fachgebiete handle, die nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stünden. Die Einkünfte aus der Nebenbeschäftigung würden voraussichtlich über EUR 3.700,-- betragen.
Auf diesem Schreiben findet sich ein handschriftlicher Vermerk des Leiters des Landeshochbauamtes Feldkirch, wonach die Ausübung der Nebenbeschäftigung nicht befürwortet werde, weil bautechnische Sachverständige primär im Außendienst tätig seien und nicht kontrolliert werden könnte, ob einer privaten oder dienstlichen Tätigkeit nachgegangen werde.
Mit Schreiben vom 9. Juli 2002 teilte die Vorarlberger Landesregierung dem Beschwerdeführer mit, dass der gemeldeten Nebenbeschäftigung nicht zugestimmt werden könne, weil insbesondere bei dienstlichen Aufgaben mit vielen Außendiensten die Gefahr bestehe, dass dienstliche Arbeitszeiten und Zeiten, die für private Geschäfte aufgewendet würden, nicht einwandfrei getrennt werden könnten. Dem Beschwerdeführer werde aber die Gelegenheit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom 30. Juli 2002 gab der Beschwerdeführer
folgende Stellungnahme ab:
"Bautechnische Dienstleistungen:
Hier handelt es sich um Computerarbeitszeiten, die ich nur von zu Hause aus erledigen kann, da sich die Infrastruktur (Computer mit großem Bildschirm, Zeichenprogramm, technische Programme) auch dort befindet. In der Hauptsache werden fertige Entwürfe bzw. Teile von Plänen an mich übermittelt und ich stelle diese dann fertig (z.B. Werkspläne, Detailpläne usw.). Sollten Augenscheine notwendig sein, werden diese von mir ausschließlich am Abend bzw. am Wochenende durchgeführt.
Sachverständigentätigkeit:
In den letzten 5 Jahren wurden ca. 30 Gutachten (in der Hauptsache Verkehrswertermittlungen für Liegenschaften) erstellt, das heißt, dass im Jahr mit ca. 6-10 Gutachten gerechnet werden kann. Lokalaugenscheine werden nur am Abend bzw. am Wochenende durchgeführt. Die Erstellung der Gutachten selber wird wiederum von zu Hause aus erledigt, da sich der PC mit den entsprechenden Programmen auch dort befindet.
Eine einwandfreie Trennung von privaten Geschäften und dienstlichen Arbeitszeiten kann ich zusichern, zumal sich die private geschäftliche Tätigkeit in der Hauptsache im Oberland abspielt und meine dienstlichen Agenden im Bezirk Bregenz sind.
Eine Einschränkung der Flexibilität bzw. Aufgabenerfüllung kann ebenfalls ausgeschlossen werden, da das Ausmaß der Nebenbeschäftigung (ca. 10 Schätzgutachten, fallweise Erstellen von CAD-Planskizzen auf Grund vorgegebener Entwürfe) als gering im Umfang eingestuft werden kann.
Weiters ergeben sich zu den dienstlichen Aufgaben keine Berührungspunkte, da es sich hier um verschiedene Aufgabengebiete handelt."
Die Vorarlberger Landesregierung erließ daraufhin den mit 24. September 2002 datierten Bescheid mit folgendem Spruch:
"Gemäß § 28 LBedG 1988 iVm § 32 Abs 2 und 4 LBedG 2000 wird die Genehmigung zur Ausübung der Nebenbeschäftigung als Techniker für Baudienstleistungen und als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Liegenschaftsbewertungen versagt."
In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, der Beschwerdeführer stehe als bautechnischer Amtssachverständiger des Landeshochbauamtes Feldkirch hauptsächlich der Bezirkshauptmannschaft Bregenz zur Dienstleistung zur Verfügung. Eine Hauptaufgabe bei der Ausübung dieser Tätigkeit liege in der Beratung von Sachbearbeitern der Bezirkshauptmannschaften und von planenden und bauausführenden Firmen und Institutionen in hochbautechnischen Fragen. Dazu zähle die Prüfung der Bewilligungsfähigkeit von Projekten in bautechnischer Hinsicht ebenso wie die Begutachtung von Vorprojekten und die Amtshilfe für Gemeinden in diesen Angelegenheiten. Eine weitere Hauptaufgabe sei die Begutachtung in Bauverfahren und anderen Verfahren. Dabei habe der Beschwerdeführer etwa Baueingaben und Bauanzeigen auf ihre Vollständigkeit gemäß der Baueingabeverordnung, auf technische Mängel und auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen und zu begutachten. Ebenso müsse er die unterschiedlichen Vorschreibungen auf Grund verschiedener gesetzlicher Bestimmungen mit anderen Sachverständigen koordinieren, habe bei der Feststellung des für die Bescheiderstellung wesentlichen Sachverhaltes mitzuwirken, Gutachten für Bau- und Errichtungsbewilligungen zu verfassen und eigenständige oder kommissionelle Schlussprüfungen des Bauobjektes vorzunehmen. In der Überwachung der Bauausführung seien insbesondere die auf der Baustelle aufliegenden Pläne auf ihre Übereinstimmung mit der genehmigten Eingabe zu überprüfen, Schnurgerüstabnahmen durchzuführen sowie der Rohbauzustand und der Baufortschritt auf ihre bescheidgemäße Ausführung hin zu überprüfen. Schließlich sei es auch Aufgabe des Beschwerdeführers, Stellungnahmen etwa betreffend die Kontrolle und die Bestätigung von Gutachten gerichtlich beeideter Sachverständiger (Parifizierungsgutachten nach dem Wohnungseigentumsgesetz 2002) abzugeben, Grundstücke und Gebäude zu besichtigen, Flächenwidmungs- , Bebauungs- und Leitungspläne einzuholen, sowie Bewertungsgutachten nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz zu erstellen. Bei länger dauernden Abwesenheiten, wie beispielsweise bei Krankheit oder Urlaub, werde der Beschwerdeführer von den anderen, den Bezirkshauptmannschaften beigegebenen bzw. zur Verfügung stehenden bautechnischen Amtssachverständigen vertreten. Umgekehrt vertrete der Beschwerdeführer andere Amtssachverständige bei deren Abwesenheiten. Er werde daher fallweise auch bei den im Oberland gelegenen Bezirkshauptmannschaften Feldkirch und Bludenz tätig.
Gemäß § 28 des Landesbedienstetengesetzes 1988 (LBedG 1988) in Verbindung mit § 32 des Landesbedienstetengesetzes 2000 (LBedG 2000) sei Nebenbeschäftigung jede Beschäftigung, die der Landesbedienstete außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübe. Der Landesbedienstete dürfe keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindere oder die Vermutung der Befangenheit in Ausübung seines Dienstes hervorrufe oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährde. Die Genehmigung sei bei Vorliegen eines dieser Gründe zu versagen.
Der Verwaltungsgerichtshof vertrete zur Zulässigkeit von Nebenbeschäftigungen - was die Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes anlange - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine wesentliche Aufgabe des Dienstrechtes darin liege, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu gewährleisten. Das Gesetz wolle verhindern, dass der Beamte auf Grund seiner Nebenbeschäftigung in Situationen gerate, in denen seine Fähigkeit zur unparteiischen Entscheidung gehemmt sein könnte und der von der dienstlichen Tätigkeit des Beamten berührte Personenkreis Anlass habe, an der Objektivität der Amtsführung zu zweifeln. Die Zweifel an der Unbefangenheit müssten sich nicht notwendigerweise auf die Person des die Nebenbeschäftigung ausübenden Beamten beziehen, sie könnten vielmehr auch in seinem dienstlichen Umfeld gelegen sein. Ergebe sich die Vermutung der Befangenheit in Ausübung des Dienstes aus der Art der Dienstverrichtung und der Nebenbeschäftigung, bestehe keine Verpflichtung zur Durchführung weiterer Ermittlungsschritte.
Die Dienstbehörde könne dem Beschwerdeführer nicht folgen, wenn er darlege, dass es sich bei den beabsichtigten Tätigkeiten im Rahmen der Nebenbeschäftigung um Fachgebiete handle, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit stünden und dass sich zu den dienstlichen Aufgaben keine Berührungspunkte ergäben, weil es sich um verschiedene Aufgabengebiete handle. Die beschriebenen dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers deckten sich nämlich im Gegenteil in wesentlichen Bereichen mit den Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Nebenbeschäftigung ausüben möchte. So habe er als bautechnischer Amtssachverständiger unter anderem Pläne auf ihre Vereinbarkeit mit den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere mit der Baueingabeverordnung, zu überprüfen und sodann als Entscheidungsgrundlage für die Behörde ein bautechnisches Gutachten zu erstatten. In seiner Nebenbeschäftigung erstelle er nach seinen eigenen Angaben CAD-Planskizzen auf Grund vorgegebener Entwürfe sowie Werkspläne und Detailpläne für Baueingaben von Bauwerbern und stelle sie gegen Entgelt zur Verfügung. Dass der Beschwerdeführer dabei nicht unmittelbar in Behördenverfahren mitwirke, in denen er als Privater im Rahmen der Nebenbeschäftigung die beschriebenen Dienstleistungen erbringe oder dass er auf Grund seiner Nebenbeschäftigung gar in die Lage versetzt werde, behördliche Entscheidungen in eine bestimmte Richtung zu beeinflussen, sei für die Unzulässigkeit der Nebenbeschäftigung nicht von Belang. Vielmehr genüge schon, dass die Nebenbeschäftigung ihrer Natur nach die volle Unbefangenheit im Dienst beeinträchtigen könne, was hier der Fall sei. Nach Ansicht der Dienstbehörde könnte nämlich allein schon das Tätigwerden als Begutachter von Baueingaben sowie als Berater von planenden und bauausführenden Firmen in hochbautechnischen Fragen im Rahmen des Dienstes auf der einen Seite und als Planverfasser und Baueingaben vorbereitender Gewerbetreibender auf der anderen Seite in der Bevölkerung den Eindruck erwecken, dass in Zweifelsfällen (die es in Bauverfahren bei der Prüfung der Bewilligungsfähigkeit eines Vorhabens immer wieder gebe) die befassten Baubehörden und die für sie tätigen bautechnischen Amtssachverständigen allein schon wegen des dienstlichen Naheverhältnisses eher geneigt seien, vom Beschwerdeführer verfasste Planunterlagen und vorbereitete Baueingaben in der Tendenz günstiger zu beurteilen als andere. Dies gelte in gleicher Weise für die Erstellung von Gutachten nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit auf der einen und für die Erstellung von Schätzgutachten bei Verkehrswertermittlungen für Liegenschaften im Rahmen der privaten, gewerblichen Tätigkeit auf der anderen Seite.
Diesen Befund vermöge auch der Hinweis des Beschwerdeführers, dass sein dienstlicher Wirkungskreis der Bezirk Bregenz sei, sich seine private Tätigkeit aber hauptsächlich im Oberland (in den Bezirken Feldkirch und Bludenz) abspiele, nicht zu entkräften. Wie bereits oben ausgeführt sei er nämlich dienstlich verpflichtet, in Vertretung der den Bezirkshauptmannschaften Feldkirch und Bludenz beigegebenen bautechnischen Amtssachverständigen (etwa bei durch Urlaub oder Krankheit bedingten Verhinderungen) seine dienstliche Tätigkeit fallweise auch in dem genannten Raum Oberland zu entfalten.
Darüber hinaus sehe die Dienstbehörde durch die Art der dienstlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Nebenbeschäftigung wesentliche dienstliche Interessen gefährdet. Dazu halte die Dienstbehörde aber ausdrücklich fest, dass sie keinen Anlass habe, an den Angaben des Beschwerdeführers, dass er die Nebenbeschäftigung ausschließlich in der Freizeit ausübe, zu zweifeln. Der Vorgesetzte habe aber schon auf Grund der dienstrechtlichen Vorschriften (§ 19 LBedG 2000) die Pflicht, die ihm unterstellten Mitarbeiter unterstützend zu überwachen und zu kontrollieren, und zwar unabhängig davon, ob er dazu im konkreten Fall einen Anlass sehe oder nicht. Die Kontrolle einer genauen Trennung von dienstlichen und privaten Tätigkeiten könne aber beim Beschwerdeführer nur durch einen verstärkten Einsatz oder eine unverhältnismäßige Ausweitung von Kontrolleinrichtungen sichergestellt werden, weil er seinen Dienst nahezu jeden Tag (auch) außerhalb der Dienststelle zu versehen habe. Darin liege die Gefährdung wesentlicher dienstlicher Interessen.
Schließlich dürften die Beispielswirkungen einer solchen Nebenbeschäftigung nicht übersehen werden. Würde auch allen anderen hochbautechnischen Amtssachverständigen im Land eine solche Nebenbeschäftigung genehmigt werden, wenn sie darum ansuchten (was aus Gründen der Gleichbehandlung nahe läge), könnte sich der Eindruck in der Bevölkerung verfestigen, dass der Dienstgeber Land es toleriere, wenn im Baudienst des Landes private und dienstliche Tätigkeiten vermengt würden. Dies sei mit dem Ansehen und dem nötigen Vertrauen der Bürger in die Funktionsfähigkeit, Sparsamkeit und Effizienz des öffentlichen Dienstes keinesfalls vereinbar.
Daher sei die Genehmigung der Nebenbeschäftigung zu versagen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser mit Beschluss vom 23. September 2003, B 1665/02-4, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hatte, wurde sie vom Beschwerdeführer ergänzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über das Dienstrecht jener Landesbeamten, für die nicht das Landesbedienstetengesetz 2000 gilt (Landesbedienstetengesetz 1988 - LBedG 1988), LGBl. Nr. 1, lauten (auszugsweise; die wiedergegebenen Passagen sowie der Gesetzestitel jeweils idF. LGBl. Nr. 49/2000):
"§ 1
Anwendungsbereich des Gesetzes
Dieses Gesetz findet Anwendung auf
...
c) jene Personen, die am 30. Juni 2000 Landesbedienstete waren und bis zum 15. Oktober 2000 keine Erklärung abgegeben haben, dass sich ihr Dienstverhältnis nach dem Landesbedienstetengesetz 2000 richtet.
...
§ 28
Anwendung von Bestimmungen des Landesbedienstetengesetzes 2000
In diesem Abschnitt sind folgende Bestimmungen des zweiten Abschnittes des I. Hauptstückes des Landesbedienstetengesetzes 2000 sinngemäß anzuwenden:
...
§ 32 - Nebenbeschäftigung und Nebentätigkeit -
..."
1.2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des am 1. Jänner 2001 in Kraft getretenen Landesbedienstetengesetzes 2000, LGBl. Nr. 50, lauten (auszugsweise):
"§ 1
Anwendungsbereich des Gesetzes
...
(3) Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf
...
c) jene Personen, die am 30. Juni 2000 Landesbedienstete waren und bis zum 15. Oktober 2000 keine Erklärung (§ 108) abgegeben haben, wonach sich ihr Dienstverhältnis nach dem Landesbedienstetengesetz 2000 bestimmen soll,
nur so weit Anwendung, als dies vom Landesbedienstetengesetz
1988 ausdrücklich angeordnet wird.
...
§ 32
Nebenbeschäftigung und Nebentätigkeit
(1) Nebenbeschäftigung ist jede Beschäftigung, die der Landesbedienstete außerhalb seines Dienstverhältnisses ausübt.
(2) Der Landesbedienstete darf keine Nebenbeschäftigung ausüben, die ihn an der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben behindert oder die Vermutung der Befangenheit in Ausübung seines Dienstes hervorruft oder sonstige wesentliche dienstliche Interessen gefährdet.
(3) Jede erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung ist dem Dienstgeber schriftlich zu melden. Nebenbeschäftigungen gelten als erwerbsmäßig, wenn die daraus zu erwartenden Einkünfte oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteile im Jahr 3.700 Euro übersteigen. Einkünfte oder sonstige wirtschaftliche Vorteile aus mehreren Nebenbeschäftigungen sind dabei zusammenzurechnen.
(4) Der Landesbedienstete,
a) dessen Wochenarbeitszeit nach § 53 auf die Hälfte herabgesetzt worden oder mit dem vertraglich eine Teilzeitbeschäftigung vereinbart worden ist oder
b) der eine Teilzeitbeschäftigung an Stelle des Karenzurlaubes nach § 49 in Anspruch nimmt oder
c) der sich in einem Sonderurlaub nach § 41 befindet, darf eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung nur mit
Genehmigung des Dienstgebers ausüben. Die Genehmigung ist in den Fällen des Abs. 2 sowie dann zu versagen, wenn die Ausübung dieser Nebenbeschäftigung dem Grund der nach lit. a bis c getroffenen Maßnahme entgegensteht.
...
§ 108
Erklärung
(1) Die Landesbediensteten, die am 30. Juni 2000 Landesbedienstete nach dem Landesbedienstetengesetz 1988 sind, können eine schriftliche Erklärung abgeben, wonach sich ihr Dienstverhältnis nach dem vorliegenden Gesetz bestimmen soll. ...
..."
1.2.2. Der RV zum LBedG 2000 (46. Beilage im Jahre 2000 zu den Sitzungsberichten des XXVII. Vorarlberger Landtages) ist auszugsweise Folgendes zu entnehmen:
"Zu § 32:
Diese Bestimmung (vgl. § 34 des geltenden Landesbedienstetengesetzes) wurde in Anlehnung an Bundesdienstrecht (§ 56 Beamten-Dienstrechtsgesetz) formuliert. Die Grenze der Erwerbsmäßigkeit der Nebenbeschäftigung wurde auf 3.650 Euro, das sind etwa 50.000 Schilling, angehoben. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage wird weiters nicht mehr darauf abgestellt, ob die Einkünfte aus der Nebenbeschäftigung 10 % des Jahresbezuges des Landesbediensteten überschreiten.
…"
2. Die Beschwerde ist begründet.
2.1. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer, der am 30. Juni 2000 Landesbediensteter nach dem LBedG 1988 war, keine Erklärung gemäß § 108 LBedG 2000 abgegeben hat. Es findet daher auf ihn gemäß § 1 lit. c LBedG 1988 das LBedG 1988 weiterhin Anwendung. § 28 LBedG 1988 ordnet jedoch ausdrücklich an, dass u.a. § 32 LBedG 2000 sinngemäß anzuwenden ist.
2.2.1. Die belangte Behörde hat nach dem - oben wiedergegebenen - Spruch des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdeführer "die Genehmigung zur Ausübung der Nebenbeschäftigung als Techniker für Baudienstleistungen und als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Liegenschaftsbewertungen versagt". Sie hat diese Entscheidung auf § 28 LBedG 1988 in Verbindung mit § 32 Abs. 2 und 4 LBedG 2000 gestützt.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist verfehlt.
Die belangte Behörde hat nämlich offenbar übersehen, dass eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung nur dann einer Genehmigung des Dienstgebers bedarf, wenn einer der in § 32 Abs. 4 lit. a bis c LBedG 2000 angeführten Fälle vorliegt. Die in § 32 Abs. 4 letzter Satz leg.cit. enthaltene Wendung "Die Genehmigung ist in den Fällen des Abs. 2 ... zu versagen" bezieht sich, wie eine den sprachlichen und inhaltlichen Zusammenhang berücksichtigende Auslegung zweifelsfrei zeigt, nur auf die ausschließlich nach Abs. 4 erster Satz geforderten Genehmigungen und begründet nicht etwa implizit eine Genehmigungspflicht auch anderer, nicht in Abs. 4 erster Satz erfasster, Nebenbeschäftigungen.
Da es im Beschwerdefall aber keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, dass eine im Sinne des § 32 Abs. 4 erster Satz LBedG 2000 genehmigungspflichtige Nebenbeschäftigung vorliegt - auch der angefochtene Bescheid enthält hiezu keine diesbezüglichen Feststellungen -, hat die belangte Behörde dadurch, dass sie dem Beschwerdeführer eine Genehmigung versagt hat, deren Erteilung zur Ausübung der gegenständlichen Nebenbeschäftigung gar nicht erforderlich gewesen wäre, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
2.2.2. Darüber hinaus ist die belangte Behörde auf Folgendes hinzuweisen:
Vorauszuschicken ist, dass der angefochtene Bescheid nicht etwa so gedeutet werden kann, dass mit ihm die Ausübung einer bereits begonnenen Nebenbeschäftigung untersagt wird. Gemäß Art. II Abs. 6 Z. 1 EGVG finden die Verwaltungsverfahrensgesetze - dazu zählt nach Art. I leg. cit. auch das VVG -, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, u.a. keine Anwendung für die Behandlung der Angelegenheiten des Dienstverhältnisses der Angestellten der Länder. Zu den derartige Angelegenheiten regelnden Gesetzen zählt u.a. das LBedG 1988. Das LBedG 1988 enthält weder eine ausdrückliche Ermächtigung der Dienstbehörde, im Fall eines (möglichen) Widerspruchs zu § 28 LBedG 1988 in Verbindung mit § 32 LBedG 2000 einen Untersagungs(Unterlassungs)Bescheid zu erlassen, noch sieht es im Sinn des Art. II Abs. 6 Z. 1 EGVG ausdrücklich die Anwendung des VVG vor. Ein gegenüber dem Beamten erlassener, auf § 32 Abs. 2 LBedG 2000 gestützter "Untersagungsbescheid" könnte daher nicht nach § 5 VVG "vollstreckt" werden (vgl. zur Umdeutung auf § 56 BDG 1979 gestützter "Untersagungsbescheide" in Feststellungsbescheide, mit denen die Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung festgestellt wird, die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2005, Zlen. 2002/12/0253, 2003/12/0026, 2003/12/0176 und 2003/12/0200).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 1. Oktober 2004, Zl. 2000/12/0195, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu § 56 BDG 1979 ausgesprochen, dass diese Bestimmung keine ausdrückliche Ermächtigung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides enthält, eine solche auch nicht aus § 1 Abs. 1 Z. 12 DVV 1981 abzuleiten ist und daher die in der Rechtsprechung allgemein für die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entwickelten Voraussetzungen gelten. Ein auf Antrag oder von Amts wegen zu erlassender Bescheid, mit dem die Zulässigkeit/Unzulässigkeit einer Nebenbeschäftigung festgestellt werden soll, ist wegen der Subsidiarität des Feststellungsbescheides nur zulässig, solange die (beabsichtigte) Nebenbeschäftigung noch nicht aufgenommen wurde. Nach dem Beginn der Ausübung stehen andere Verfahren (Disziplinarverfahren; Verfahren nach §§ 38 und 40 BDG 1979) zur Verfügung, in denen eine allfällige Unzulässigkeit der bereits ausgeübten Nebenbeschäftigung zu klären ist (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 27. September 2005, Zl. 2000/12/0265).
Diese Judikatur kann auf § 32 LBedG 2000 übertragen werden, weil diese Bestimmung - wie sich den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien entnehmen lässt - in Anlehnung an Bundesdienstrecht formuliert wurde und in den hier entscheidenden Punkten im Wesentlichen § 56 BDG 1979 entspricht. Auch § 32 LBedG 2000 enthält keine ausdrückliche Ermächtigung zur Erlassung eines Feststellungsbescheides. Im Bereich des LBedG 1988 kann die allfällige Unzulässigkeit einer bereits ausgeübten Nebenbeschäftigung ebenfalls im Rahmen eines Disziplinarverfahrens geklärt werden bzw. kann die Ausübung einer unzulässigen Nebenbeschäftigung ein dienstliches Interesse für eine Personalmaßnahme im Sinne des § 28 LBedG 1988 in Verbindung mit § 34 Abs. 1 LBedG 2000 begründen.
Im Verwaltungsakt findet sich ein klarer Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer die Nebenbeschäftigung als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Liegenschaftsbewertungen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits ausgeübt hat. Im Schreiben vom 30. Juli 2002 hat der Beschwerdeführer nämlich dargelegt, dass er in den letzten fünf Jahren ca. 30 Gutachten (in der Hauptsache Verkehrswertermittlungen für Liegenschaften) erstellt habe. Dies legt die Annahme nahe, dass der Beschwerdeführer auch die Nebenbeschäftigung als Techniker für Baudienstleistungen bereits im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ausgeübt hat, wofür auch der Hinweis in seinem Schreiben vom 27. Juni 2002 auf ein "bestehendes Gewerbe für Zeichenbüro zum Zwecke der Erstellung von Planskizzen auf Grund vorgegebener Entwürfe" spricht.
Selbst wenn man vor diesem sachlichen und rechtlichen Hintergrund davon ausgehen wollte, dass es sich beim angefochtenen Bescheid - entgegen seiner unmissverständlichen Formulierung - nach der Intention der belangten Behörde um einen Feststellungsbescheid handeln sollte, hätte die belangte Behörde bei dieser Deutung dadurch, dass sie trotz der im Akt befindlichen Hinweise auf die bereits erfolgte Ausübung der im angefochtenen Bescheid umschriebenen Tätigkeiten deren Unzulässigkeit nach § 32 Abs. 2 LBedG 2000 festgestellt hätte, ohne präzise sachverhaltsbezogene Darlegungen zum Fortbestand eines Feststellungsinteresses zu erstatten, die Funktion des Feststellungsbescheides als subsidiären Rechtsbehelf verkannt (vgl. das zu § 56 BDG 1979 ergangene hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2002/12/0253).
2.3. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2.4. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 14. Dezember 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003120211.X00Im RIS seit
06.02.2007