TE OGH 2000/5/2 10ObS19/00t

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Veröffentlicht am 02.05.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Richard Thöndel (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Franz G*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Rudolf Rabl und Dr. Wolfgang Aigner OEG in Ried im Innkreis, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert Stifter-Straße 65, 1200 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Versehrtenrente, über Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. November 1999, GZ 11 Rs 228/99z-18, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. August 1999, GZ 19 Cgs 251/98z-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der in W***** Gde V*****m***** wohnhafte Kläger war als Kfz-Mechaniker bei S***** GmbH & Co KG mit dem Sitz in V*****m***** beschäftigt, wobei er in der Zweigstelle dieses Unternehmens in V*****b***** tätig war. Am 9. 2. 1999 erhielt der Kläger von seinem Dienstgeber den Auftrag, nach Dienstschluss einen Vorführwagen von der Zweigstelle in V*****m***** zu holen und mit diesem am nächsten Tag zur Arbeit nach V*****b***** zu fahren. Um 17,45 Uhr holte der Kläger den Vorführwagen ab. Er nutzte die Gelegenheit und fuhr von der Werkstatt zu einem potentiellen Kunden, der in der Werkstatt bekannt war und Interesse für einen PKW dieser Art gezeigt hatte; er hatte dem Kläger anlässlich einer Reparatur erklärt, er solle sich bei ihm melden, wenn er ein passendes Fahrzeug für ihn hätte. Ein Kontakt für einen beabsichtigten Kauf seitens dieses Interessenten bestand zum Kläger, nicht aber zu dessen Dienstgeber. Da der in T***** Gde V*****m***** wohnhafte Kunde nicht zu Hause war, fuhr der Kläger zu seinem Wohnhaus und anschließend zum Eisstockschießen in der Nähe von V*****b*****, wo er sich bis 23,00 Uhr aufhielt. Anlässlich der Heimfahrt suchte der Kläger den Kunden wieder auf, wobei dieser mit dem Fahrzeug eine Probefahrt machte. Anschließend fuhr der Kläger gegen Mitternacht nach Hause. Etwa um 0,15 Uhr ereignete sich wenige Meter vor seinem Wohnhaus ein Verkehrsunfall, bei dem der Kläger mit dem Vorführwagen auf nasser Fahrbahn und vermutlich mit überhöhter Fahrgeschwindigkeit ins Schleudern geriet und gegen einen Baum prallte. Er zog sich einen Bruch der Halswirbelsäule und eine schwere Schädelverletzung zu.

Um auf der Rückfahrt vom Eisstockschießen zu dem potentiellen Kunden zu gelangen, musste der Kläger von der von ihm aus Richtung V*****b***** kommend benützten B 1 rechts nach T***** abzweigen. Die anschließende Heimfahrt führte auf der Lokalstraße von T***** zurück zur B 1 und rechts einbiegend in Fortsetzung des ursprünglich auf dieser Straße von V*****b***** kommend eingehaltenen Weges bis zur Abzweigung nach W***** und von dort auf der Lokalstraße zu seinem Wohnhaus, in dessen Nähe sich der Unfall ereignete (Straßenkarte bzw Ortsplan V*****m*****).

Beim Dienstgeber des Klägers war es möglich, dass auch Mitarbeiter, die mit dem Autoverkauf nichts zu tun hatten, Autoverkäufe vermitteln. Hiezu bestand zwar kein Auftrag, sie erhielten jedoch für die Vermittlung eine Provision. Eine Verpflichtung zur Vermittlung von Autoverkäufen bestand nicht. Die Vermittlung erfolgte aus freien Stücken und aufgrund eigener Initiative.

Die beklagte Partei sprach mit Bescheid vom 15. 10. 1998 aus, dass ein unter Versicherungsschutz liegender Arbeitsunfall nicht vorliege, weil sich der Kläger auf einer Privatfahrt befunden habe.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Klage begehrt der Kläger die Gewährung einer Versehrtenrente für die Folgen des Verkehrsunfalles vom 10. 2. 1998, weil er sich auf einem mit einer betrieblichen Tätigkeit zusammenhängenden Weg befunden habe.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens mit der im Bescheid gegebenen Begründung; der Unfall habe sich in der Freizeit des Klägers bei einer privaten Fahrt ereignet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Da der Kläger keinen Auftrag des Arbeitgebers zur Vermittlung des Autoverkaufs gehabt, ihn auch hiezu keine Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag getroffen habe und der Kläger freiwillig als Autovermittler aufgetreten sei, was nicht dem Kernbereich seiner Tätigkeit entsprochen habe, sei der Unfall, der sich im Zusammenhang mit einer Autovermittlung ereignet habe nicht im notwendigen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden. Ein unfallversicherungsgeschützter Arbeitsunfall liege daher nicht vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Unfall des Klägers habe sich in der Freizeit ereignet, die dem persönlichen, unversicherten Lebensbereich zuzuordnen sei. Dafür, dass der Kläger einem potentiellen Kunden gegen 23,00 Uhr den Vorführwagen gezeigt habe, habe weder ein dienstlicher Auftrag noch eine arbeitsvertragliche Verpflichtung bestanden. Der Besuch habe in erster Linie den eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers gedient, weil er sich einen Kaufabschluss und damit den Erhalt einer Provision erhofft habe; allfällige betriebliche Interessen hätten nur eine unbedeutende Nebenursache gebildet. Ein örtlicher, zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung sei nicht gegeben gewesen. Die auf freiwilliger Basis und ohne Weisung des Dienstgebers vorgenommene Vorführung eines PKW könne einem vernünftigen Menschen nicht als Ausübung der Erwerbstätigkeit erscheinen. Die subjektive Auffassung des Klägers, eine betriebliche Tätigkeit zu verrichten, genüge nicht. Der Kläger als unselbständig Erwerbstätiger könne auch nicht mit einem selbständig Erwerbstätigen, für den die Vermittlung eines PKW-Verkaufes der Förderung seines eigenen Betriebes gedient hätte, verglichen werden. Der Unfall habe sich in der unversicherten Freizeit anlässlich einer privaten Tätigkeit des Klägers ereignet, sodass das erhobene Begehren nicht zu Recht bestehe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass seinem Begehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich im Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Abgesehen davon, dass vom Berufungsgericht verneinte angebliche Verfhrensmängel erster Instanz im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 ua), kommt der Frage, ob der Kläger von seinem Dienstgeber beauftragt worden war, Autoverkäufe zu vermitteln, wie noch darzulegen sein wird, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Unterlassung von weiteren Beweisaufnahmen zu dieser Frage war daher schon aus diesem Grund entbehrlich.Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Abgesehen davon, dass vom Berufungsgericht verneinte angebliche Verfhrensmängel erster Instanz im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht werden können (SSV-NF 7/74 ua), kommt der Frage, ob der Kläger von seinem Dienstgeber beauftragt worden war, Autoverkäufe zu vermitteln, wie noch darzulegen sein wird, keine entscheidende Bedeutung zu. Die Unterlassung von weiteren Beweisaufnahmen zu dieser Frage war daher schon aus diesem Grund entbehrlich.

Ob im Hinblick darauf, dass auch nicht im Verkauf tätige Dienstnehmer des Unternehmens, in dem der Kläger beschäftigt war, regelmäßig Autoverkäufe vermittelten und dies vom Dienstgeberunternehmen nicht nur geduldet, sondern durch die Gewährung von Provisionen auch gefördert wurde, mit derartigen Aktivitäten zusammenhängende Tätigkeiten dem Schutzbereich der durch die sonstige arbeitsvertragliche Tätigkeit begründeten Unfallversicherung unterliegen, ist für die Beurteilung des erhobenen Begehrens nicht entscheidend. Selbst wenn man diesbezüglich dem vom Kläger vertretenen Standpunkt folgte, wäre letztlich für ihn nichts gewonnen.

Nach den Feststellungen bestand die Hauptbeschäftigung des Klägers am Unfalltag im Eisstockschießen, sohin einer Freizeittätigkeit, bei der er sich bis 23 Uhr aufhielt. Der Unfall ereignete sich nach der Abzweigung von der Bundesstraße 1 aus Richtung V*****b***** kommend auf dem Weg von der Bundesstraße 1 nach W***** (Wohnort des Klägers), sohin auf einem Weg, den der Kläger im Zug der Heimfahrt vom Einsstockschießen in jedem Fall zurückgelegt hätte. Anlässlich dieses Heimweges hat er den potentiellen Kunden in T***** aufgesucht und anschließend, nach Erreichen der Bundesstraße 1 den ursprünglichen Heimweg wieder fortgesetzt.

Für Verrichtungen, die sowohl im privaten wie auch im betrieblichen Interesse liegen (sogenannte gemischte Tätigkeiten) besteht Versicherungsschutz, wenn die Verrichtung im Einzelfall wesentlich dazu bestimmt war, auch betrieblichen Interessen zu dienen. Standen bei der unfallbringenden Verrichtung die privaten Interessen so im Vordergrund, dass sie die wesentliche Ursache für die Verrichtung bildeten und traten die betrieblich bedingten Interessen daneben so weit in den Hintergrund, dass sie nur einen Nebenzweck des Handelns bildeten, so sind die Voraussetzungen für den Unfallversicherungsschutz nicht erfüllt; der Unfall ist in diesem Fall nicht vom Schutzbereich der Unfallversicherung umfasst (idS SSV-NF 6/24, 50 ua).

Der wesentliche Grund für den Weg von V*****b***** nach W***** war die Teilnahme des Klägers am Eisstockschießen. Das Aufsuchen des Kunden in T***** bildete nur einen Einschub in den im Rahmen einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit zurückgelegten Heimweg. Selbst wenn man die Kontaktaufnahme mit dem Kunden der beruflichen Sphäre des Klägers zuordnete, könnte dies nur einen Unfallversicherungsschutz für den ausschließlich zu diesem Zweck unternommenen Weg, also den Weg von der Bundesstraße 1 nach T***** und zurück begründen. Die Weiterfahrt auf Bundesstraße 1 nach Beendigung des Besuches beim Interessenten in T***** und Rückkehr auf diese Route war ident mit dem Heimweg von der privaten Verrichtung. Diese stand dabei so im Vordergrund, dass der unterwegs erfolgte Kundenbesuch keine wesentliche Bedingung für die Zurücklegung dieses gemischten Weges bildete. Der Weg ist daher schon aus diesem Grund nicht der betrieblichen Sphäre zuzuordnen, so dass es sich erübrigt, zur Frage Stellung zu nehmen, ob der vom Kläger angebahnte Kundenkontakt vom Schutzbereich der Unfallversicherung umfasst war.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E58272 10C00190

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00019.00T.0502.000

Dokumentnummer

JJT_20000502_OGH0002_010OBS00019_00T0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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