TE OGH 2000/5/3 4Ob9/00b

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Veröffentlicht am 03.05.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H*****, Inc., *****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einschränkung der einstweiligen Verfügung (Streitwert 56.250 S), infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 26. November 1999, GZ 3 R 176/99w-30, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 5. August 1999, GZ 37 Cg 230/98x-26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Die zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin erlassene einstweilige Verfügung wird in ihrem Punkt a) dahin eingeschränkt, dass der Beklagten aufgetragen wird, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, für die nur für Männer über 18 Jahre zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung auch für die Anwendung an Frauen und an Männern unter 18 Jahren zu betreiben; das darüber hinausgehende Verbot, für die nicht zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung zu betreiben, wird aufgehoben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 5.805,92 S bestimmten Kosten des Aufhebungsverfahrens (darin 960,32 S USt und 44 S Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Klägerin hat die halben Äußerungskosten vorläufig selbst zu tragen; die halben Äußerungskosten hat sie endgültig selbst zu tragen."

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 8.929,92 S bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 1.488,32 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Auf Antrag der Klägerin wurde gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten (ua) verboten wurde, "a) für die nicht zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung zu betreiben...". Mit der Begründung, dass sich infolge Zulassung der Arzneispezialität VIAGRA am 14. 9. 1998 die wesentlichen Umstände geändert hätten, beantragte die Beklagte, die einstweilige Verfügung zu Punkt a) gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO aufzuheben. In der Tagsatzung vom 30. 7. 1999 schränkte die Beklagte ihren Aufhebungsantrag ein. Die einstweilige Verfügung solle in Punkt a) so eingeschränkt werden, dass sie zu lauten habe: "a) für die nur für Männer über 18 Jahre zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung auch für die Anwendung an Frauen und an unter 18jährigen Männern zu betreiben".Auf Antrag der Klägerin wurde gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten (ua) verboten wurde, "a) für die nicht zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung zu betreiben...". Mit der Begründung, dass sich infolge Zulassung der Arzneispezialität VIAGRA am 14. 9. 1998 die wesentlichen Umstände geändert hätten, beantragte die Beklagte, die einstweilige Verfügung zu Punkt a) gemäß Paragraph 399, Absatz eins, Ziffer 2, EO aufzuheben. In der Tagsatzung vom 30. 7. 1999 schränkte die Beklagte ihren Aufhebungsantrag ein. Die einstweilige Verfügung solle in Punkt a) so eingeschränkt werden, dass sie zu lauten habe: "a) für die nur für Männer über 18 Jahre zugelassene Arzneispezialität VIAGRA Werbung auch für die Anwendung an Frauen und an unter 18jährigen Männern zu betreiben".

Die Klägerin sprach sich gegen die Einschränkung der einstweiligen Verfügung aus. Die Beklagte sei nicht beschwert.

Das Erstgericht wies den Einschränkungsantrag mangels Beschwer zurück. Soweit VIAGRA zugelassen worden sei, seien allfällige Werbemaßnahmen der Beklagten von der einstweiligen Verfügung nicht umfasst.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach - aufgrund eines Antrags nach § 508 ZPO - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Spruch komme zum Ausdruck, dass das Verbot die Werbung für die Arzneispezialität VIAGRA nicht erfasse, soweit diese zugelassen sei. Ein Exekutionsverfahren könne nur eingeleitet werden, wenn die Beklagte für nicht zugelassene Indikationen werbe. Die Beklagte wolle die Einschränkung der einstweiligen Verfügung auf einen Inhalt erreichen, den diese ohnehin bereits habe.Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach - aufgrund eines Antrags nach Paragraph 508, ZPO - aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im Spruch komme zum Ausdruck, dass das Verbot die Werbung für die Arzneispezialität VIAGRA nicht erfasse, soweit diese zugelassen sei. Ein Exekutionsverfahren könne nur eingeleitet werden, wenn die Beklagte für nicht zugelassene Indikationen werbe. Die Beklagte wolle die Einschränkung der einstweiligen Verfügung auf einen Inhalt erreichen, den diese ohnehin bereits habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Gemäß § 399 Abs 1 Z 2 EO kann die Aufhebung oder Einschränkung der einstweiligen Verfügung beantragt werden, wenn sich inzwischen die Verhältnisse, in Anbetracht deren die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, derart geändert haben, dass es des Fortbestands dieser Verfügung zur Sicherung der Partei, auf deren Antrag sie bewilligt wurde, nicht mehr bedarf. Die einstweilige Verfügung ist demnach aufzuheben (einzuschränken), wenn die Rechte des Antragstellers nicht mehr oder nur mehr in einem geringeren Maß gefährdet sind (Heller/Berger/Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung4, 2886).Gemäß Paragraph 399, Absatz eins, Ziffer 2, EO kann die Aufhebung oder Einschränkung der einstweiligen Verfügung beantragt werden, wenn sich inzwischen die Verhältnisse, in Anbetracht deren die einstweilige Verfügung bewilligt wurde, derart geändert haben, dass es des Fortbestands dieser Verfügung zur Sicherung der Partei, auf deren Antrag sie bewilligt wurde, nicht mehr bedarf. Die einstweilige Verfügung ist demnach aufzuheben (einzuschränken), wenn die Rechte des Antragstellers nicht mehr oder nur mehr in einem geringeren Maß gefährdet sind (Heller/Berger/Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung4, 2886).

Das trifft auch für den vorliegenden Fall zu:

Seit der - von der Klägerin nicht bestrittenen - Zulassung der Arzneispezialität VIAGRA für die Anwendung an Männern über 18 Jahren ist die in der Werbung für die nicht zugelassene Arzneispezialität VIAGRA bestehende Gefährdung der Rechte der Klägerin dahin vermindert, dass sie nur besteht, wenn und soweit die Beklagte für die Anwendung von VIAGRA an Männern unter 18 Jahren und an Frauen wirbt. Die Verminderung der Gefährdung hat ihre Ursache in der Zulassung der Arzneispezialität VIAGRA für die Anwendung an Männern über 18 Jahren und damit in einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse; diese führt dazu, dass die Klägerin der einstweiligen Verfügung insoweit nicht mehr bedarf.

Ihr entsteht demnach aus der Einschränkung der einstweiligen Verfügung kein Rechtsnachteil, während die Beklagte gezwungen sein kann, Exekutionen abzuwehren, wenn die einstweilige Verfügung im bisherigen Umfang aufrecht bleibt und ein Exekutionsantrag - wenn auch wider besseres Wissen - gestellt wird. Der Beklagten muss daher ein Rechtsschutzbedürfnis an der Einschränkung der einstweiligen Verfügung zuerkannt werden; daraus folgt, dass insoweit auch ihre Beschwer durch die einstweilige Verfügung zu bejahen gewesen wäre, wenn die Zulassung von VIAGRA bereits im Sicherungsverfahren zu berücksichtigen gewesen wäre. Die gegenteiligen Ausführungen im Beschluss vom 22. Juni 1999, 4 Ob 129/99w, können nicht aufrechterhalten werden, weil sie nicht darauf Bedacht nehmen, dass die Zulassung einer Arzneispezialität zu einer Änderung des anspruchsbegründenden Sachverhalts führt, die - anders als eine Gesetzesänderung - dem Exekutionsgericht nicht bekannt sein muss.

Mit der Einschränkung der einstweiligen Verfügung erhält die Klägerin kein aliud. Ihr Begehren war darauf gerichtet, der Beklagten Werbung für die nicht zugelassene Arzneispezialität VIAGRA zu untersagen. Was die Anwendung an Männern unter 18 Jahren und an Frauen betrifft, ist VIAGRA nach wie vor eine "nicht zugelassene Arzneispezialität". Was darunter zu verstehen ist, wird in der eingeschränkten Fassung nur genauer als im Sicherungsantrag umschrieben.

Die Einschränkung der einstweiligen Verfügung führt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dazu, dass die einstweilige Verfügung weiter wäre als vom Obersten Gerichtshof erlassen (bestätigt). Ihr - insoweit auf § 2 UWG gestützter - Antrag, der Beklagten zu verbieten, die Arzneispezialität VIAGRA mit einer nicht zugelassenen Indikation (Anwendung an Frauen) - insbesondere auch unter gleichzeitiger Propagierung von Anwendungs- beobachtungen - anzubieten und zu vertreiben, wurde nicht deshalb abgewiesen, weil die Beklagte VIAGRA nicht auch für Frauen angeboten hätte, sondern wegen fehlender Irreführungseignung einer derartigen Angabe.Die Einschränkung der einstweiligen Verfügung führt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht dazu, dass die einstweilige Verfügung weiter wäre als vom Obersten Gerichtshof erlassen (bestätigt). Ihr - insoweit auf Paragraph 2, UWG gestützter - Antrag, der Beklagten zu verbieten, die Arzneispezialität VIAGRA mit einer nicht zugelassenen Indikation (Anwendung an Frauen) - insbesondere auch unter gleichzeitiger Propagierung von Anwendungs- beobachtungen - anzubieten und zu vertreiben, wurde nicht deshalb abgewiesen, weil die Beklagte VIAGRA nicht auch für Frauen angeboten hätte, sondern wegen fehlender Irreführungseignung einer derartigen Angabe.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO; §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat ursprünglich die Aufhebung von Punkt a) der einstweiligen Verfügung beantragt und ihren Antrag in der Verhandlung eingeschränkt. Im Ausmaß der - mangels anderer Anhaltspunkte mit der Hälfte zu bewertenden - Einschränkung ist sie als unterlegen anzusehen. Der Streitwert des Aufhebungsantrags beträgt bis zur Einschränkung 112.500 S (der Gesamtstreitwert von 450.000 S bezog sich auf vier Begehren, die mangels anderer Anhaltspunkte gleich zu bewerten sind); der eingeschränkte Antrag ist - wieder mangels anderer Anhaltspunkte - mit der Hälfte, somit mitDie Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO; Paragraphen 41,, 50 ZPO. Die Beklagte hat ursprünglich die Aufhebung von Punkt a) der einstweiligen Verfügung beantragt und ihren Antrag in der Verhandlung eingeschränkt. Im Ausmaß der - mangels anderer Anhaltspunkte mit der Hälfte zu bewertenden - Einschränkung ist sie als unterlegen anzusehen. Der Streitwert des Aufhebungsantrags beträgt bis zur Einschränkung 112.500 S (der Gesamtstreitwert von 450.000 S bezog sich auf vier Begehren, die mangels anderer Anhaltspunkte gleich zu bewerten sind); der eingeschränkte Antrag ist - wieder mangels anderer Anhaltspunkte - mit der Hälfte, somit mit

56.200 S, zu bewerten. Für den "verbessernden Schriftsatz" waren der Beklagten keine Kosten zuzuerkennen, weil dieser Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Der Antrag hätte in den Revisionsrekurs aufgenommen werden müssen; mit den nach TP 3 C zu bestimmenden Kosten des Revisionsrekurses ist auch der Antrag nach § 508 ZPO abgegolten (Anm 1 zu TP 3 C idF WGN 1997).56.200 S, zu bewerten. Für den "verbessernden Schriftsatz" waren der Beklagten keine Kosten zuzuerkennen, weil dieser Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war. Der Antrag hätte in den Revisionsrekurs aufgenommen werden müssen; mit den nach TP 3 C zu bestimmenden Kosten des Revisionsrekurses ist auch der Antrag nach Paragraph 508, ZPO abgegolten Anmerkung 1 zu TP 3 C in der Fassung WGN 1997).

Anmerkung

E58112 04AA0090

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0040OB00009.00B.0503.000

Dokumentnummer

JJT_20000503_OGH0002_0040OB00009_00B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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