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L92051 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Burgenland;Norm
ABGB §143;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des IS in S, vertreten durch Dr. Josef Wolfgang Deitzer, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Wiener Straße 36-38, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Juni 2004, Zl. 6-SO-N2349/4-2004, betreffend Kostenersatz für Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 25. Juni 2004 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, ab 1. November 2002 einen monatlichen Kostenersatz in Höhe von EUR 149,30 zu den für die Unterbringung seiner Mutter im Altenwohn- und Pflegeheim "Haus St. Franziskus" in G. aus Sozialhilfemitteln aufgewendeten Kosten zu leisten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Mutter des Beschwerdeführers sei seit 1. November 2002 im Altenwohn- und Pflegeheim "Haus St. Franziskus" in G. untergebracht. Die monatlichen Kosten der Unterbringung beliefen sich auf durchschnittlich EUR 2.002,33 (EUR 65,83 x 365 : 12). Die Hilfeempfängerin trage durch Leistung von 80 % ihrer Pension und des Pflegegeldes der Stufe 3 zur Deckung der Heimkosten bei; Pension und Pflegegeld machten insgesamt EUR 968,99 aus. Die Mutter des Beschwerdeführers sei daher nicht im Stande, sich selbst zu erhalten. Nun seien die zum Unterhalt verpflichteten Angehörigen im Rahmen ihrer - nach bürgerlichem Recht bestehenden -
Unterhaltspflicht verpflichtet, die Kosten der Sozialhilfe zu ersetzen. Die Hilfeempfängerin habe insgesamt sechs Kinder. Zwei dieser Kinder hielten sich in Australien auf und hätten von der belangten Behörde nicht erreicht werden können. Zwei weiteren Kindern könne auf Grund ihrer persönlichen Einkommensverhältnisse (zu geringes Einkommen) kein Kostenbeitrag vorgeschrieben werden. Johann Sch., dem Bruder des Beschwerdeführers sei auf Grund seiner Einkommens- und Familienverhältnisse ein monatlicher Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 137,30 vorgeschrieben worden.
Der Beschwerdeführer verfüge über ein Einkommen von monatlich EUR 1.646,81 (EUR 1.411,55 x 14 : 12). Nach Abrechnung der absetzbaren Sonderbelastungen in Höhe von monatlich EUR 402,60 (§ 365,-- für Wohnkosten (Mietkosten für eine Wohnung und Berücksichtigung einer zweiten Wohnung, Gemeindeabgaben, Müllbehandlungsbeitrag, Rauchfangkehrergebühren, Feuerversicherung und dgl.) und EUR 37,60 für sonstige monatliche Kosten (Grundgebühren für Strom, Gas und Wasser für zwei Haushalte)) sei von einem anrechenbaren monatlichen Einkommen des Beschwerdeführers von EUR 1.244,21 auszugehen. Die Ehegattin des Beschwerdeführers beziehe zwar ein eigenes Einkommen in Höhe von monatlich EUR 417,93 und trage daher ebenfalls zum Unterhalt der Familie bei. Auf Grund der besonderen familiären und finanziellen Lage des Beschwerdeführers werde dieses Einkommen aber nicht berücksichtigt, sondern es werde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer die Familie alleine erhalten müsse. Unter Bedachtnahme auf die Kostenbeitrags- und Kostenersatzrichtlinien nach dem Bgld. Sozialhilfegesetz 2000 errechne sich der dem Beschwerdeführer zumutbare Kostenersatz mit 12 % der Bemessungsgrundlage von EUR 1.244,21, das seien EUR 149,31 bzw. gerundet EUR 149,30. Mit dem verbleibenden Einkommen sei es dem Beschwerdeführer möglich, seinen eigenen Unterhalt bzw. den seiner Familie zu bestreiten. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe zu Gunsten seines Bruders Johann Sch. auf Erb- und Pflichtteilsansprüche nach seiner Mutter verzichtet, sei zu bemerken, dass ein solcher Verzicht seine Unterhaltspflicht gegenüber seiner Mutter nicht ausschließe. Zum Vorbringen, es sei die Entscheidung des Bruders gewesen, die Mutter in das Heim zu geben, obwohl diese nach Auffassung des Beschwerdeführers kein Pflegefall gewesen sei, werde auf das amtsärztliche Gutachten vom 30. Dezember 2003 hingewiesen. Diesem Gutachten sei unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine Unterbringung der Mutter des Beschwerdeführers in einem Altenwohn- und Pflegeheim auf Grund ihres körperlichen und geistigen Zustandes notwendig gewesen sei. Eine Betreuung im Rahmen der Hauskrankenpflege hätte nicht (mehr) erfolgen können und sei daher nicht möglich gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 45 Abs. 1 Bgld. Sozialhilfegesetz 2002, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 5/2000 (Bgld. SHG), haben Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten, sofern nicht eine Anrechnung ihres Einkommens gemäß § 8 Abs. 5 erfolgt ist.
Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht gemäß § 45 Abs. 3 Bgld. SHG nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt (§ 145 ABGB) wäre oder wenn er eine soziale Härte bedeuten würde.
Mit der Wendung "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweist das Gesetz auf Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 2. Mai 2005, Zl. 2003/10/0215, und die dort zitierte Vorjudikatur). Nach der somit heranzuziehenden Bestimmung des § 143 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht im Stande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat (Abs. 1). Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach Kräften zu leisten (Abs. 2). Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des stammeseigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat das Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet (Abs. 3).
Voraussetzung für die Unterhaltspflicht des Nachfahren ist der Mangel der Selbsterhaltungsfähigkeit des Vorfahren. Entscheidend für die Beurteilung dieser Frage ist, ob der Vorfahre in der Lage ist, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse zu decken. Zu diesen gehören bei altersbedingt betreuungsbedürftigen Menschen auch die erhöhten Kosten eines menschenwürdigen Heimaufenthaltes und notwendiger Pflege. Vorfahren mit unzureichender Altersversorgung oder ungedeckten Pflegekosten sind daher nicht selbsterhaltungsfähig (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0057, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass der Mutter des Beschwerdeführers seit 1. November 2002 Sozialhilfe durch Unterbringung im Altenwohn- und Pflegeheim "Haus St. Franziskus" gewährt wird, wofür Kosten in Höhe von durchschnittlich EUR 2.002,33 pro Monat auflaufen; durch Eigenleistungen der Mutter des Beschwerdeführers (Pension und Pflegegeld) werden hievon monatlich EUR 968,99 abgedeckt.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass in Ansehung der offenen Restkosten eine Heranziehung des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Unterhaltspflicht zum Tragen komme.
Dem hält der Beschwerdeführer zunächst entgegen, er habe nicht die Möglichkeit gehabt, die Notwendigkeit der Unterbringung seiner Mutter im Altenwohn- und Pflegeheim zu überprüfen. Im Übrigen sei sein Bruder Johann Sch. auf Grund eines Übergabsvertrages vom 9. August 1968 (samt Nachtrag vom 9. Februar 1973) einerseits verpflichtet, der Mutter ein lebenslängliches Wohnrecht im übergebenen Haus einzuräumen und andererseits, sie bis zu ihrem Lebensende zu pflegen und zu betreuen. Dies bedeute, dass für den Fall der Unmöglichkeit der Betreuung im Haus die Kosten einer Heimunterbringung von Johann Sch. zu übernehmen seien. Die belangte Behörde hätte daher unter Berücksichtigung des Übergabsvertrages zum Ergebnis gelangen müssen, dass das Vermögen seiner Mutter ausreiche, um die Kosten der Heimunterbringung zu decken.
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde am 30. Dezember 2003 mit näherer Begründung amtsärztlich festgestellt, dass eine Betreuung der Mutter des Beschwerdeführers im Rahmen der Hauskrankenpflege auf Grund ihres körperlichen und geistigen Zustandes nicht (mehr) möglich gewesen sei. Die darauf gestützte Auffassung der belangten Behörde, die Unterbringung der Mutter des Beschwerdeführers im Altenwohn- und Pflegeheim sei erforderlich gewesen, ist nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nicht die Möglichkeit gehabt, die Notwendigkeit der Unterbringung seiner Mutter zu überprüfen, ist zu entgegnen, dass er nicht konkret dargelegt hat, was er gegen das amtsärztliche Gutachten einzuwenden habe.
Soweit er jedoch meint, sein Bruder Johann Sch. sei auf Grund des Übergabsvertrages vom 9. August 1968 (samt Nachtrag vom 9. Februar 1973) zur Tragung der Unterbringungskosten verpflichtet, ist Folgendes zu sagen:
Laut § 2 Abs. 2 lit. a des - in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden - Übergabsvertrages verpflichtete sich der Übernehmer Johann Sch., den Übergebern (u.a. der Mutter des Beschwerdeführers) ein lebenslängliches Wohnrecht im Haus KNr. 110 in St. einzuräumen und laut § 2 Abs. 2 lit. b des erwähnten Vertrages weiters zur "Pflege und Abwartung" der Übergeber "bis zu ihrem Ableben". Aus dem Übergabsvertrag ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme des Beschwerdeführers, der Übernehmer sei für den Fall der Unmöglichkeit, die Übergeber häuslich zu pflegen und zu warten, zur Bezahlung der Kosten einer Heimunterbringung verpflichtet. Weder bietet nämlich der Wortlaut des Vertrages dieser Annahme eine Stütze, noch hat der Beschwerdeführer Umstände aufgezeigt, aus denen (dennoch) eine dieser Annahme entsprechende Absicht der Vertragsparteien zu erkennen wäre.
Wenn die belangte Behörde daher gestützt auf den Wortlaut des Übergabsvertrages zur Auffassung gelangte, die Mutter des Beschwerdeführers verfüge mangels eines vertraglichen Anspruchs auf die Bezahlung der Unterbringungskosten nicht über die erforderlichen Eigenmittel, sie sei vielmehr im Ausmaß des - oben dargestellten - Differenzbetrages zur Selbsterhaltung nicht im Stande, so ist das nicht als rechtswidrig zu beanstanden.
Was nun das Ausmaß der Heranziehung des unterhaltspflichtigen Beschwerdeführers zum Kostenersatz anlangt, hat die belangte Behörde sein Gesamteinkommen mit durchschnittlich monatlich EUR 1.646,81 (EUR 1.411,55 x 14 : 12) angenommen, hievon Sonderbelastungen in Höhe von EUR 402,60 monatlich abgezogen und von der solcherart gewonnenen Bemessungsgrundlage (EUR 1.244,21) 12 % als Kostenersatz vorgeschrieben.
Der Beschwerdeführer rügt, dass mangels Bezifferung der einzelnen Positionen der Abzug für Sonderbelastung nicht überprüfbar sei. Weiters sei nicht berücksichtigt worden, dass seine Ehegattin nach einer Hüftoperation gehbehindert und er daher auf einen Pkw angewiesen sei. Nicht berücksichtigt worden sei auch, dass seine Ehegattin ihm gegenüber einen monatlichen Unterhaltsanspruch in Höhe von EUR 366,17 habe. Schließlich habe die belangte Behörde auch dem Gebot zur ordnungsgemäßen Bescheidbegründung nicht entsprochen.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf die hg. Judikatur hinzuweisen, wonach sich die "Angemessenheit" des den Vorfahren von ihren Kindern gebührenden Unterhaltes nach den Lebensverhältnissen sowohl des verpflichteten Kindes als auch des berechtigten Vorfahren richtet und grundsätzlich mit 22 % der Bemessungsgrundlage (das ist regelmäßig das Nettoeinkommen) des unterhaltspflichtigen Kindes anzunehmen ist. Von der Bemessungsgrundlage sind nur lebens- und existenznotwendige Ausgaben abzugsfähig, nicht aber Ausgaben des täglichen Lebens, wie insbesondere Wohnungskosten (Mietzins und dgl.). Die Unterhaltsleistung des Kindes darf jedoch - unter Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten - seinen angemessenen Unterhalt nicht gefährden (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2006, Zl. 2003/10/0057, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Weitere Sorgepflichten des unterhaltspflichtigen Kindes führen nicht, wie das dem Beschwerdeführer offenbar vor Augen steht, zum Abzug eines näher ermittelten Betrages von der Bemessungsgrundlage, sondern zu einer entsprechenden Minderung des oben erwähnten Prozentsatzes (22%). Sorgepflichten gegenüber der Ehefrau haben demnach je nach den Umständen des Falles eine Reduzierung von 0 bis 3 % zur Folge (vgl. Gitschthaler, Unterhaltsrecht (2001) Rz 250, und die dort zitierte Judikatur des OGH).
Selbst wenn man jedoch im vorliegenden Fall eine Minderung des Prozentsatzes um 3 % und daher eine angemessene Unterhaltsleistung des Beschwerdeführers in Höhe von 19 % der von der belangten Behörde - nach Abzug von Wohnungskosten - ermittelten Bemessungsgrundlage annimmt, so wurde er durch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages in Höhe von (lediglich) 12 % dieser Bemessungsgrundlage im Recht, nur im Rahmen der gesetzlichen Unterhaltspflicht zum Kostenersatz herangezogen zu werden, nicht verletzt. Ein Grund zur Annahme, die Vorschreibung des Kostenersatzes würde - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - den angemessenen Unterhalt des Beschwerdeführers gefährden bzw. eine soziale Härte bedeuten, ist nicht ersichtlich und wurde von ihm konkret auch nicht vorgebracht.
Soweit der Beschwerdeführer aber unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides rügt, hat er nicht zugleich auch deren Wesentlichkeit iSd § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG dargetan. Gleiches gilt für das Vorbringen, es hätte berücksichtigt werden müssen, dass er wegen der Gehbehinderung seiner Ehegattin auf den Besitz und die Verwendung eines Pkws angewiesen sei.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. Dezember 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004100131.X00Im RIS seit
01.02.2007