TE OGH 2000/5/23 10Ob106/00m

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Veröffentlicht am 23.05.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Hopf und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Siegfried W*****, 2. Ernst B*****, 3. Dietmar L*****, und 4. Anton P*****, alle vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer und Dr. Robert Schneider, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Fa. I***** AG, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Pitschmann und Dr. Rainer Santner, Rechtsanwälte in Feldkirch, und den auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten Dr. Reinhard P*****, wegen jeweils S 124.000 s. A. (Erst- bis Drittkläger) und S 148.000 s. A. (Viertkläger), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2000, GZ 3 R 197/99s-66, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Erst-, Zweit- und Drittkläger begehren von der Beklagten die Zahlung von jeweils S 124.000 s. A., der Viertkläger begehrt die Zahlung von S 148.000 s. A. Die Kläger brachten vor, dass sie mit jeweils gesonderten Kaufverträgen vom 26. 1. 1992 (Erstkläger), 27. 2. 1992 (Zweitkläger), 26. 1. 1992 (Drittkläger) und 13. 4. 1992 (Viertkläger) sogenannte Wochenanteile an einem Objekt in Teneriffa verbunden mit Eigentum an einer Appartementeinheit erworben hätten. Der vom Erst-, Zweit- und Drittkläger dafür bezahlte Kaufpreis von jeweils S 124.000 sowie der vom Viertkläger bezahlte Kaufpreis von S 148.000 sollten vereinbarungsgemäß von der Beklagten treuhänderisch verwaltet und erst dann an den Verkäufer freigegeben werden, wenn das Appartement bezugsbereit und lastenfrei in das Eigentum des Käufers übergeben werden könne. Da sich das gekaufte Objekt in einem desolaten und vollkommen unbewohnbaren Zustand befinde, seien die Kläger mit Schreiben vom 4. 8. 1995 (Erstkläger), 9. 10. 1995 (Zweit- und Drittkläger) und 2. 2. 1996 (Viertkläger) rechtswirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten und die Kläger als formelle Streitgenossen hätten somit Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen an die Beklagte geleisteten Kaufpreise.

Das Erstgericht gab den Klagebegehren vollinhaltlich statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten und des Nebenintervenienten keine Folge. Es sprach aus, dass gegen seine Entscheidung die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu beurteilen gewesen sei.Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten und des Nebenintervenienten keine Folge. Es sprach aus, dass gegen seine Entscheidung die ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig sei, weil eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu beurteilen gewesen sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der Beklagten, worin der Antrag gestellt wird, der Oberste Gerichtshof möge diese Revision zulassen und die angefochtene Entscheidung im Sinne der Klageabweisung abändern, hilfsweise aufheben, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 3 ZPO idF WGN 1997 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar S 52.000, nicht aber insgesamt S 260.000 übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht für zulässig erklärt hat.Nach Paragraph 502, Absatz 3, ZPO in der Fassung WGN 1997 ist die Revision - außer im Fall des Paragraph 508, Absatz 3, dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar S 52.000, nicht aber insgesamt S 260.000 übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht für zulässig erklärt hat.

Wurden - wie im vorliegenden Fall - in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand - und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes -, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 502 mwN ua). Nach § 55 Abs 1 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder in einem rechtlichen Zusammenhang stehen (Z 1) oder sie von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind ( Z 2).Wurden - wie im vorliegenden Fall - in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand - und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes -, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 55, Absatz eins, JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu Paragraph 502, mwN ua). Nach Paragraph 55, Absatz eins, JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie von einer einzelnen Partei gegen eine einzelne Partei erhoben werden und in einem tatsächlichen oder in einem rechtlichen Zusammenhang stehen (Ziffer eins,) oder sie von mehreren Parteien oder gegen mehrere Parteien erhoben werden, die Streitgenossen nach Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO sind ( Ziffer 2,).

Im gegenständlichen Fall liegt eine sogenannte subjektive Klagenhäufung (mehrere Personen treten als Kläger oder Beklagter auf) vor. Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen dieser Streitgenossen findet nach der zitierten Bestimmung des § 55 Abs 1 Z 2 JN nur dann statt, wenn eine materielle Streitgenossenschaft im Sinn des § 11 Z 1 ZPO vorliegt. Diese liegt dann vor, wenn die Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Eine Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund im Sinn des § 11 Z 1 ZPO setzt einen einheitlichen rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung des Anspruches hinzutreten (SZ 60/277; SZ 56/162 mwN uva; RIS-Justiz RS0035450; RS0035411). Im konkreten Fall leiten aber die Kläger ihre Forderungen gegen die Beklagte aus zwar gleichartigen, aber doch jeweils getrennten Kaufverträgen ab. Der ihren Klagebegehren jeweils zugrundeliegende rechtserzeugende Sachverhalt ist daher nicht derselbe; ihre Klagebegehren haben lediglich gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche im Sinn des § 11 Z 2 ZPO zum Gegenstand (vgl WoBl 1995/88; EvBl 1983/6; JBl 1980, 430; MietSlg 31.730 mwN uva).Im gegenständlichen Fall liegt eine sogenannte subjektive Klagenhäufung (mehrere Personen treten als Kläger oder Beklagter auf) vor. Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen dieser Streitgenossen findet nach der zitierten Bestimmung des Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer 2, JN nur dann statt, wenn eine materielle Streitgenossenschaft im Sinn des Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO vorliegt. Diese liegt dann vor, wenn die Streitgenossen in Ansehung des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus demselben tatsächlichen Grund oder solidarisch berechtigt oder verpflichtet sind. Eine Berechtigung oder Verpflichtung aus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund im Sinn des Paragraph 11, Ziffer eins, ZPO setzt einen einheitlichen rechtserzeugenden Tatbestand voraus, ohne dass für einen Streitgenossen noch weitere rechtserzeugende Tatsachen für die Ableitung des Anspruches hinzutreten (SZ 60/277; SZ 56/162 mwN uva; RIS-Justiz RS0035450; RS0035411). Im konkreten Fall leiten aber die Kläger ihre Forderungen gegen die Beklagte aus zwar gleichartigen, aber doch jeweils getrennten Kaufverträgen ab. Der ihren Klagebegehren jeweils zugrundeliegende rechtserzeugende Sachverhalt ist daher nicht derselbe; ihre Klagebegehren haben lediglich gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche im Sinn des Paragraph 11, Ziffer 2, ZPO zum Gegenstand vergleiche WoBl 1995/88; EvBl 1983/6; JBl 1980, 430; MietSlg 31.730 mwN uva).

Bei den Klägern handelt es sich somit um bloß formelle Streitgenossen, deren Ansprüche für die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit nicht zusammenzurechnen sind (§ 55 Abs 1 Z 2, Abs 5 JN). Der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, hat daher im Hinblick auf die gesondert zu wertenden Begehren der Kläger den maßgeblichen Wert von S 260.000 jeweils nicht überstiegen. In diesem Fall kann eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen 4 Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.Bei den Klägern handelt es sich somit um bloß formelle Streitgenossen, deren Ansprüche für die Frage der Rechtsmittelzulässigkeit nicht zusammenzurechnen sind (Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer 2,, Absatz 5, JN). Der Wert des Entscheidungsgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, hat daher im Hinblick auf die gesondert zu wertenden Begehren der Kläger den maßgeblichen Wert von S 260.000 jeweils nicht überstiegen. In diesem Fall kann eine Partei nach Paragraph 508, Absatz eins und 2 ZPO binnen 4 Wochen nach der Zustellung des Berufungserkenntnisses den beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.

Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgericht (§ 508 Abs 1 ZPO) gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des § 502 Abs 3 ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (§ 508 ZPO). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese sowie die Revisionsausführungen zur Sache an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien, dann wird es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des § 84 Abs 3 ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Dies gilt nach § 474 Abs 2 zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes sodann verweigern, wäre ihre Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501).Im vorliegenden Fall hat die Rechtsmittelwerberin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die Revision für zulässig erachte. Der Revision fehlt freilich die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgericht (Paragraph 508, Absatz eins, ZPO) gestellt werde. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage ist der Rechtsmittelschriftsatz jedenfalls nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, sind doch im Streitwertbereich des Paragraph 502, Absatz 3, ZPO Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch der zweiten Instanz die ordentliche Revision nicht zulässig ist, nur dem Gericht zweiter Instanz (sofort), nicht aber dem Obersten Gerichtshof vorzulegen (Paragraph 508, ZPO). Ist das Erstgericht der Meinung, einer solchen Vorgangsweise stehe das Fehlen des ausdrücklichen Antrags entgegen, das Berufungsgericht möge seinen Zulässigkeitsausspruch abändern, und es genüge die im Rechtsmittel ohnehin enthaltene Zulassungsbeschwerde deshalb nicht, weil diese sowie die Revisionsausführungen zur Sache an den Obersten Gerichtshof gerichtet seien, dann wird es einen, mit Fristsetzung verbundenen Verbesserungsauftrag zu erteilen haben. Fehlt nämlich einem fristgebundenen Schriftsatz ein Inhaltserfordernis im Sinn des Paragraph 84, Absatz 3, ZPO, dann ist ein Verbesserungsverfahren einzuleiten. Dies gilt nach Paragraph 474, Absatz 2, zweiter Satz ZPO auch für das Fehlen des Rechtsmittelantrags. Sollte die Rechtsmittelwerberin die Verbesserung ihres Schriftsatzes sodann verweigern, wäre ihre Revision jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0109501).

Aus diesen Erwägungen ist der Akt dem Erstgericht zurückzustellen.

Anmerkung

E58009 10A01060

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0100OB00106.00M.0523.000

Dokumentnummer

JJT_20000523_OGH0002_0100OB00106_00M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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