TE OGH 2000/6/6 10ObS150/00g

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Veröffentlicht am 06.06.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Robert Göstl und Dr. Heinz Paul (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Heinrich F*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Harald Fahrner, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Februar 2000, GZ 12 Rs 280/99d-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Juli 1999, GZ 16 Cgs 89/99f-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nachdem sich die beklagte Partei mit gerichtlichem Vergleich vom 20. 1. 1999 verpflichtet hatte, dem Kläger ab 1. 2. 1999 eine Erwerbsunfähigkeitspension nach § 132 GSVG im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen, wurde mit Bescheid der beklagten Partei vom 19. 3. 1999 die ihm ab 1. 2. 1999 zustehende Pension der Höhe nach mit monatlich S 14.570,10 festgestellt. Eine Begründung für die Berechnung der Pensionshöhe ist in dem Bescheid nicht enthalten.Nachdem sich die beklagte Partei mit gerichtlichem Vergleich vom 20. 1. 1999 verpflichtet hatte, dem Kläger ab 1. 2. 1999 eine Erwerbsunfähigkeitspension nach Paragraph 132, GSVG im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen, wurde mit Bescheid der beklagten Partei vom 19. 3. 1999 die ihm ab 1. 2. 1999 zustehende Pension der Höhe nach mit monatlich S 14.570,10 festgestellt. Eine Begründung für die Berechnung der Pensionshöhe ist in dem Bescheid nicht enthalten.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer höheren Pension. Er sei von 1958 bis 1972 als Bergmann vor allem unter Tag beschäftigt gewesen und habe auch Pensionsversicherungsbeiträge bei der Sozialversicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus eingezahlt. Damit stehe ihm nach § 248b ASVG eine höhere Erwerbsunfähigkeitspension zu.Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger fristgerecht Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer höheren Pension. Er sei von 1958 bis 1972 als Bergmann vor allem unter Tag beschäftigt gewesen und habe auch Pensionsversicherungsbeiträge bei der Sozialversicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus eingezahlt. Damit stehe ihm nach Paragraph 248 b, ASVG eine höhere Erwerbsunfähigkeitspension zu.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Voraussetzungen für eine Höherversicherung nach § 248b ASVG seien deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger sein Dienstverhältnis zu dem Bergbaubetrieb freiwillig und nicht wegen Einschränkung oder Stilllegung dieses Betriebes beendet habe.Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Voraussetzungen für eine Höherversicherung nach Paragraph 248 b, ASVG seien deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger sein Dienstverhältnis zu dem Bergbaubetrieb freiwillig und nicht wegen Einschränkung oder Stilllegung dieses Betriebes beendet habe.

Das Erstgericht sprach dem Kläger die Pension in der dem Bescheid entsprechenden Höhe zu und wies das Mehrbegehren ab. Es stellte fest dass der Kläger insgesamt 486 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate erworben habe und im Zeitraum 19. 4. 1960 bis 6. 5. 1972 bei der W***** AG in verschiedenen bergmännischen Funktionen tätig gewesen sei. Bis Dezember 1964 habe er unter Tag gearbeitet und sei dann verschüttet worden. In der Folge sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, unter Tag zu arbeiten, weshalb er sein Dienstverhältnis im Jahr 1972 gekündigt habe.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Höherversicherung nach § 248b ASVG nicht erfülle. Er habe zwar während seiner Beschäftigung Beiträge auf Grund von wesentlich bergmännischen Arbeiten entrichtet und sei auch am Stichtag nicht mehr der knappschaftlichen Pensionsversicherung zugehörig gewesen. Es fehle aber das Tatbestandsmerkmal der Beendigung des Dienstverhältnisses wegen Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen Betriebes, weil der Kläger sein Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch beendet habe.Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Höherversicherung nach Paragraph 248 b, ASVG nicht erfülle. Er habe zwar während seiner Beschäftigung Beiträge auf Grund von wesentlich bergmännischen Arbeiten entrichtet und sei auch am Stichtag nicht mehr der knappschaftlichen Pensionsversicherung zugehörig gewesen. Es fehle aber das Tatbestandsmerkmal der Beendigung des Dienstverhältnisses wegen Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen Betriebes, weil der Kläger sein Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch beendet habe.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und billigte auch die Rechtsansicht der ersten Instanz.

Die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

In mehreren - ähnliche Sachverhalte betreffenden - Entscheidungen vom 6. 2. 1996 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass § 248b ASVG in der damaligen Fassung nur auf Fälle anzuwenden sei, in denen das Ausscheiden aus dem knappschaftlichen Betrieb nach dem 31. 10. 1975 erfolgte (10 ObS 282/95 = SSV-NF 10/10; 10 ObS 223/95, 10 ObS 228/95, 10 ObS 236/95, 10 ObS 252/95, 10 ObS 277/95, 10 ObS 6/96). Dass diese Bestimmung selbst dann nicht anzuwenden war, wenn das Ausscheiden aus dem knappschaftlichen Betrieb vor dem 31. 10. 1975 aus Gründen der Betriebsstilllegung oder Rationalisierung erfolgte, wurde in diesen Entscheidungen für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet. Mit der Novellierung des § 248b ASVG durch die 55. ASVG-Novelle (BGBl I 1998/138) sollte zur Vermeidung von Härten klargestellt werden, dass auch vor dem 31. 10. 1975 aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung unfreiwillig ausgeschiedene Personen von der Möglichkeit der Beitragsanrechnung für die Höherversicherung Gebrauch machen können (RV 1234 BlgNR 20. GP, 37). Daher wurde die Bezugnahme auf § 245 Abs 7 ASVG und das dort enthaltene Datum 31. 10. 1975 eliminiert. § 248b ASVG lautet nunmehr:In mehreren - ähnliche Sachverhalte betreffenden - Entscheidungen vom 6. 2. 1996 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass Paragraph 248 b, ASVG in der damaligen Fassung nur auf Fälle anzuwenden sei, in denen das Ausscheiden aus dem knappschaftlichen Betrieb nach dem 31. 10. 1975 erfolgte (10 ObS 282/95 = SSV-NF 10/10; 10 ObS 223/95, 10 ObS 228/95, 10 ObS 236/95, 10 ObS 252/95, 10 ObS 277/95, 10 ObS 6/96). Dass diese Bestimmung selbst dann nicht anzuwenden war, wenn das Ausscheiden aus dem knappschaftlichen Betrieb vor dem 31. 10. 1975 aus Gründen der Betriebsstilllegung oder Rationalisierung erfolgte, wurde in diesen Entscheidungen für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet. Mit der Novellierung des Paragraph 248 b, ASVG durch die 55. ASVG-Novelle (BGBl römisch eins 1998/138) sollte zur Vermeidung von Härten klargestellt werden, dass auch vor dem 31. 10. 1975 aus der knappschaftlichen Pensionsversicherung unfreiwillig ausgeschiedene Personen von der Möglichkeit der Beitragsanrechnung für die Höherversicherung Gebrauch machen können (RV 1234 BlgNR 20. GP, 37). Daher wurde die Bezugnahme auf Paragraph 245, Absatz 7, ASVG und das dort enthaltene Datum 31. 10. 1975 eliminiert. Paragraph 248 b, ASVG lautet nunmehr:

"Für Versicherte, die im Stichtag (§ 223 Abs 2) wegen Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen Betriebes (Zeche, Grube, Revier) oder eines einem solchen gleichgestellten Betriebes (§ 15) nicht der knappschaftlichen Pensionsversicherung leistungszugehörig sind und die Beiträge auf Grund von wesentlich bergmännischen oder ihnen gleichgestellten Arbeiten (§ 236 Abs 6) entrichtet haben, gelten diese Beträge im Ausmaß von 5,5 vH der allgemeinen Beitragsgrundlage auf Antrag als zur Höherversicherung entrichtet.""Für Versicherte, die im Stichtag (Paragraph 223, Absatz 2,) wegen Einschränkung oder Stilllegung eines knappschaftlichen Betriebes (Zeche, Grube, Revier) oder eines einem solchen gleichgestellten Betriebes (Paragraph 15,) nicht der knappschaftlichen Pensionsversicherung leistungszugehörig sind und die Beiträge auf Grund von wesentlich bergmännischen oder ihnen gleichgestellten Arbeiten (Paragraph 236, Absatz 6,) entrichtet haben, gelten diese Beträge im Ausmaß von 5,5 vH der allgemeinen Beitragsgrundlage auf Antrag als zur Höherversicherung entrichtet."

Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, wird die Zielgruppe der genannten Bestimmung ausschließlich aus Bergleuten gebildet, die unfreiwillig aus der Beschäftigung im Bergbau ausgeschieden sind; für diese Fälle soll das Modell der Höherversicherung ein Äquivalent für die erzwungene Beendigung der knappschaftlichen Pensionsversicherung darstellen. Weiters sollte durch die Novellierung klargestellt werden, dass nunmehr auch Personen, die vor dem 31. 10. 1975 aus dieser Pensionsversicherung ausgeschieden sind, von der Möglichkeit der Beitragsanrechnung Gebrauch machen können.

Der Kläger ist nach den Feststellungen nicht "wegen Einschränkung oder Stillegung eines knappschaftlichen Betriebes" aus seiner Beschäftigung im Bergbau ausgeschieden, sondern hat sein Dienstverhältnis durch Kündigung selbst aufgelöst, weil er sich - offenbar aus gesundheitlichen Gründen - nicht mehr in der Lage gesehen habe, unter Tag zu arbeiten. Dass der Betrieb seines Arbeitgebers damals (1972) eingeschränkt oder stillgelegt worden sei, wurde werde behauptet noch festgestellt. Deshalb geht auch die Argumentation des Revisionswerbers ins Leere, wonach es keine Rolle spielen dürfe, ob der Dienstgeber den Dienstnehmer kündige oder der Dienstnehmer selbst die Kündigung ausspreche, sofern die objektiven Voraussetzungen der Einschränkung oder Stilllegung des Betriebes gegeben seien. Sekundäre Feststellungsmängel liegen nicht vor.

Schließlich hält es der Revisionswerber mit den Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung für unvereinbar, dass der Gesetzgeber in Rechtspositionen eingreife und ungeachtet einer Beitragszahlung keinen Leistungsanspruch eröffne; § 248b ASVG sei daher verfassungswidrig und einem Gesetzesprüfungsverfahren zu unterziehen. Der Oberste Gerichtshof, der diese Bedenken bereits in den oben genannten Entscheidungen vom 6. 2. 1996 (siehe insbesondere SSV-NF 10/10) zerstreut hat, kann sich diesem Standpunkt auch nunmehr ebenso wenig anschließen wie das Berufungsgericht. Der Revisionswerber führt dem gegenüber auch keine neuen Argumente ins Treffen. Unklar bleibt auch sein Hinweis auf die Übergangsbestimmung des § 575 Abs 14 ASVG, wonach § 248b ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden (alten) Fassung auf (Knappschafts-)Gleitpensionen mit einem nach dem 31. 12. 1997 und vor dem 1. 8. 1998 liegenden Stichtag weiterhin anzuwenden sind, wenn dies bis zum 31. 12. 1998 beantragt wird. Abgesehen davon, dass es hier nicht um eine Gleitpension geht, liegt der Stichtag des Klägers (1. 2. 1999) nicht im dargestellten Rahmen. Nach § 575 Abs 1 Z 1 ASVG ist § 248b ASVG in der novellierten Fassung mit 1. 8. 1998 in Kraft getreten.Schließlich hält es der Revisionswerber mit den Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung für unvereinbar, dass der Gesetzgeber in Rechtspositionen eingreife und ungeachtet einer Beitragszahlung keinen Leistungsanspruch eröffne; Paragraph 248 b, ASVG sei daher verfassungswidrig und einem Gesetzesprüfungsverfahren zu unterziehen. Der Oberste Gerichtshof, der diese Bedenken bereits in den oben genannten Entscheidungen vom 6. 2. 1996 (siehe insbesondere SSV-NF 10/10) zerstreut hat, kann sich diesem Standpunkt auch nunmehr ebenso wenig anschließen wie das Berufungsgericht. Der Revisionswerber führt dem gegenüber auch keine neuen Argumente ins Treffen. Unklar bleibt auch sein Hinweis auf die Übergangsbestimmung des Paragraph 575, Absatz 14, ASVG, wonach Paragraph 248 b, ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden (alten) Fassung auf (Knappschafts-)Gleitpensionen mit einem nach dem 31. 12. 1997 und vor dem 1. 8. 1998 liegenden Stichtag weiterhin anzuwenden sind, wenn dies bis zum 31. 12. 1998 beantragt wird. Abgesehen davon, dass es hier nicht um eine Gleitpension geht, liegt der Stichtag des Klägers (1. 2. 1999) nicht im dargestellten Rahmen. Nach Paragraph 575, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG ist Paragraph 248 b, ASVG in der novellierten Fassung mit 1. 8. 1998 in Kraft getreten.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E58576 10C01500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00150.00G.0606.000

Dokumentnummer

JJT_20000606_OGH0002_010OBS00150_00G0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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