Index
L24004 Gemeindebedienstete Oberösterreich;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des A S in M, vertreten durch Dr. August Rogler, Rechtsanwalt in 4840 Vöcklabruck, Parkstraße 15, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 13. Juli 2005, Zl. Gem- 227399/26-2005-WW/PI, betreffend Abweisung einer Vorstellung in einer Angelegenheit nach dem Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Vöcklabruck, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Prof. Haslinger & Partner, Rechtsanwälte in 4014 Linz, Kroatengasse 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Ruhestandsversetzung als Gemeindebediensteter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur mitbeteiligten Stadtgemeinde. Am 30. August 1993 erlitt er bei einem Verkehrsunfall eine Prellung des Kopfes und des Bauches, sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. April 1996 wurde dieser Unfall gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes, LGBl. Nr. 36/1969, als Dienstunfall anerkannt und ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer eine Versehrtenrente aus Anlass dieses Dienstunfalles nicht gebühre.
Die Behörde erster Instanz legte ihrem Bescheid sachverhaltsmäßig zu Grunde, dass die durch den Unfall bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den vorliegenden, unabhängig voneinander erstellten Gutachten dreier Sachverständiger ein Ausmaß habe, das einen Rentenanspruch nicht begründe. Das Unfallereignis vom 30. August 1993 habe zu keinen Unfallfolgen in erwerbsmindernder Höhe geführt, wobei in der Begründung dieses Bescheides als Folge des Dienstunfalles eine "Rotatorenmanschettenruptur" festgestellt wurde.
Gegen die Nichtzuerkennung einer Versehrtenrente erhob der Beschwerdeführer Berufung.
2. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Juni 1998 wurde diese Berufung aus denselben Gründen abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
3. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 gab die belangten Behörde der Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 8. Juli 1998 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurück. Die belangte Behörde begründete die Aufhebung im Wesentlichen damit, es sei zu Unrecht ungeprüft geblieben, ob überhaupt im zeitlichen Anschluss an den Dienstunfall eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers um mindestens 20 % während eines Zeitraumes von mehr als drei Monaten eingetreten sei. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Versehrtenrente sei von den Gemeindeinstanzen schon deshalb verneint worden, weil eine allenfalls eingetretene Minderung der Erwerbsfähigkeit jedenfalls nicht auf die Folgen des Dienstunfalles, sondern auf schon bestehende degenerative Vorschädigungen zurückzuführen seien. Bei der Beurteilung der Bedingtheit der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Dienstunfalles gingen aber Lehre und Rechtsprechung von der Theorie der "wesentlichen Bedingung" aus, wonach für eine solche Bedingtheit dann, wenn der Unfallschaden auf mehrere Ursachen zurückgehe, erforderlich sei, dass der Unfall eine wesentliche Ursache der Schädigung sei. Dies sei dann der Fall, wenn er nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund trete. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, sei eine wesentliche Bedingung. Wirkten bei Entstehung einer Körperschädigung eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis zusammen, sei zu beurteilen, ob das Unfallereignis eine wesentlich mitwirkende Bedingung für die Schädigung gewesen sei, oder ob die krankhafte Veranlagung allein oder überragende Ursache gewesen sei. Unter diesem Aspekt seien die eingeholten Gutachten nicht schlüssig gewesen.
4. Nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens des Univ. Prof. DDr. V sowie Vorlage eines Gutachtens des Facharztes für Unfallchirurgie Prim. Dr. R samt Ergänzungen, wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit (Ersatz-)Bescheid vom 18. Jänner 2001 die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 27 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes 1969 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG erneut ab.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer wiederum Vorstellung an die belangte Behörde, welche dieser mit Bescheid vom 23. Juli 2001 wiederum Folge gab, den bekämpften Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde aufhob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese zurückverwies. Begründend stellte die belangte Behörde zunächst fest, sowohl die Gemeindebehörden als auch sie selbst seien durch die im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheide vom 8. Juni 1998 und 21. Dezember 1998 gebunden. Feststellungen über den Grad und die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit (eventuell auch nur für einen begrenzten Zeitraum) nach dem Unfallereignis und die diesbezügliche rechtliche Beurteilung fehlten im bekämpften Bescheid zur Gänze. Die Gemeindebehörde habe im fortgesetzten Verfahren ihre negative Entscheidung insbesondere auf das Gutachten des Univ. Prof. DDr. V und seine ergänzende Stellungnahme gestützt, welcher festgestellt habe, dass infolge der erst sechs Jahre nach dem gegenständlichen Unfall durchgeführten Untersuchung eine Beurteilung vornehmlich nur an Hand der vorgelegten schriftlichen Aufzeichnungen habe erfolgen können und die Beschwerdesymptomatik als Unfallfolge für den begrenzten Zeitraum vom Unfallereignis bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit zugeordnet werden könne. Die Schlussfolgerungen dieses Sachverständigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine Unfallkausalität nicht anzunehmen sei, führe wieder nur zu Feststellungen, wie sie sich bereits im vorangegangenen Verfahren dargestellt hätten. Die einzelnen, im bisherigen Verfahren von den Parteien eingeholten gutachterlichen Beurteilungen tendierten mehr oder minder deutlich jeweils in die Richtung, die dem jeweiligen Parteieninteresse diene. Nach dem Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung sei es den Gemeindebehörden bisher nicht gelungen, die unfallbedingte Kausalität einer mindestens 20 %igen Erwerbsminderung durch einen Zeitraum von länger als drei Monaten nach dem Unfall schlüssig und einwandfrei zu widerlegen. Ein solch eindeutiger Beweis sei infolge des verstrichenen Zeitraumes nicht mehr zu erwarten. Bei ganzheitlicher Betrachtung des Verfahrensablaufes und der einzelnen Beweismittel komme die Behörde damit zum Ergebnis, dass insbesondere unter Zugrundelegung der fachärztlichen Begutachtung von Prim. Dr. R die Kausalität zwischen Unfall und der dadurch bewirkten Minderung der Erwerbsfähigkeit als plausibel anzusehen sei.
6. Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Stadtgemeinde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit seinem Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2001/12/0193-7, den Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 23. Juli 2001 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufhob. Der Verwaltungsgerichtshof bestätigte in Beantwortung der Frage nach der Kausalität der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Folgen eines Arbeits- bzw. Dienstunfalles unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung die bereits von der belangten Behörde ihrem Bescheid vom 21. Dezember zu Grunde gelegte "Theorie der wesentlichen Bedingung" - wobei zur Vermeidung weiterer Wiederholungen auf dieses Erkenntnis verwiesen wird - und ergänzte fallbezogen unter Berücksichtigung der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Theorie der "wesentlichen Bedingung", der Ersatzbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 18. Jänner 2001 sei zwar rechtswidrig (und die Aufhebung durch die Vorstellungsbehörde damit vom Ergebnis her zutreffend), weil nach den eingangs wiedergegebenen Feststellungen dieses Bescheides die Beschwerden des Beschwerdeführers als Unfallfolge für den Zeitraum vom Unfallereignis bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit am 6. Dezember 1993 dem Unfall zuzuordnen seien; es hätte dieser Leidenszustand aber auch durch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis ebenso ausgelöst werden können, wobei die Gemeindebehörde aber nicht dargelegt habe, welches konkrete andere, "alltäglich vorkommende Ereignis" in gleicher Weise den Leidenszustand des Beschwerdeführers hätte auslösen können. Deshalb sei auf die differenzierende Stellungnahme des Sachverständigen Univ. Prof. DDr. V einzugehen gewesen. Danach seien nur solche Belastungen als "alltäglich" anzusehen, die im Leben altersentsprechend üblicherweise mit gewisser Regelmäßigkeit, wenn auch nicht jeden Tag, aufträten.
Dennoch habe die Vorstellungsbehörde dadurch ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, dass sie - aufbauend auf dem noch nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt - zum Ergebnis gelangt sei, die Kausalität zwischen dem Unfall des Beschwerdeführers vom 30. August 1993 und der dadurch bewirkten Minderung seiner Erwerbsfähigkeit sei als plausibel anzusehen und damit dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde für das weitere Verfahren die für die Aufhebung im angefochtenen Bescheid tragende "Sachverhaltsprämisse" bindend übertragen habe. Sie habe die Aufhebung des gemeindebehördlichen Bescheides in Verkennung der Rechtslage auf eine mangelhaft begründete Sachverhaltsannahme gestützt, was ihren Bescheid ihrerseits mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet habe.
7. In Bindung an dieses Verwaltungsgerichtshoferkenntnis gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den (Ersatz-)Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 18. Jänner 2001 mit Bescheid vom 29. August 2003 Folge, hob den bekämpften Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurück.
8. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. Dezember 2004 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. April 1996 neuerlich (nunmehr im dritten Rechtsgang) gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 27 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wurde auf die vom Verwaltungsgerichtshof überbundene Rechtsansicht verwiesen und ausgeführt, die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der behaupteten Minderung der Erwerbsfähigkeit treffe den Antragsteller. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt habe der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren nicht nachweisen können, dass die Folgen des Unfalles vom 30. August 1993 unfallbedingt zu einer mehr als 20 %igen Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Dauer von mehr als drei Monaten geführt habe. Überragende Ursache der Beschwerden des Beschwerdeführers seien die festgestellten degenerativen Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule und der Brustwirbelsäule, die nicht auf den Unfall vom 30. August 1993 zurückzuführen seien. Nach dem ergänzten Gutachten des Univ. Prof. DDr. V habe es zum Fortschreiten der Degeneration nicht einmal besonderer Belastungen durch Gehen, Laufen, Treppensteigen oder ähnlichem bedurft, sondern wäre auch ohne diese alltäglichen Belastungen der Krankheitsverlauf im Wesentlichen gleich gewesen, weshalb der Unfall für die aufgetretenen Beschwerden keine wesentliche Bedingung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darstelle. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung weiterer medizinischer Gutachten sei nicht zu folgen gewesen, weil das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 13. April 2004 nachvollziehbar und schlüssig sei, der Beschwerdeführer diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei und die von ihm selbst noch im Schriftsatz vom 25. Mai 2004 angekündigten Gegengutachten nicht vorgelegt habe, was darauf hindeute, dass er selbst keinen Sachverständigen gefunden habe, der die Ausführungen des Univ. Prof. DDr. V im konkreten Fall hätte in Frage stellen können.
9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer erneut Vorstellung an die belangte Behörde, welche mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. Juli 2005 diese Vorstellung als unbegründet abwies. Dabei ging sie von folgendem, von der Berufungsbehörde festgestellten Sachverhalt aus (Anonymisierung durch den Senat):
"Am 30.8.1993 habe sich der Berufungswerber als Lenker eines Pkws im Rahmen eines Verkehrsunfalls verletzt. Bei der Aufnahme in das LKH Vöcklabruck sei auf Grund von Röntgenaufnahmen eine schwere Arthrose im Bereich der Cervikalwirbel beschrieben, jedoch keine posttraumatischen Veränderungen festgehalten worden. Als Diagnose seien eine Prellung des Kopfes und des Bauches sowie eine Zerrung der Halswirbelsäule angeführt worden. Ab 5.10.1993 habe sich der Berufungswerber unter der Diagnose eines Schleudertraumas der Halswirbelsäule in Behandlung bei Dr. A. (Facharzt für Orthopädie). Von diesem würde eine massive Schonhaltung der Halswirbelsäule beschrieben und massive Beschwerden im Bereich des Hinterhauptes bis in den Scheitel angegeben. Es gebe keinen Hinweis auf Parese oder ein neurologisches Defizit. Aus den durchgeführten Röntgenkontrollen der Halswirbelsäule werde keine frische knöcherne Verletzung beschrieben, jedoch werden ausgedehnte degenerative Veränderungen entlang der gesamten Halswirbelsäule vermerkt. In den gedrehten Aufnahmen von der Halswirbelsäule sehe man eine massive Verschmälerung der Intervertebralforamina auf Höhe C 3 bis C 6 beidseits. Die Behandlung bei Dr. A. sei am 16.12.1993 abgeschlossen. Bei einer weiteren Behandlung am 8.3.1994 weise der Berufungswerber eine erhebliche Einschränkung der Lateralflexion und Rotation nach rechts auf. Ab 15.12.1993 sei der Berufungswerber auch beim Facharzt für Neurologie, Dr. H., in Behandlung gestanden. Dieser beschreibe am 31.3.1994 ein chronisches Cervikalsyndrom mit deutlicher Blockierung der mittleren und unteren Halswirbelsäule, besonders bei Rechtsdrehung.
Ab 8.11.1994 unterziehe sich der Berufungswerber einer Untersuchung im Allgemeinen öffentlichen Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wels. Dabei gebe er Missempfindungen und herabgesetzte Empfindlichkeit im Bereich des dritten bis fünften Fingers rechts mit Schmerzen und Verschlimmerung der Symptomatik in der rechten Hand an, weiters werde eine beginnende Koxarthrose links und ein Hallux rigidus beidseits diagnostiziert. In einer Untersuchung vom 1.12.1994 werden deutliche degenerative Veränderungen im unteren HWS-Bereich mit zackigen Wirbelkantenauflagerungen, die zu einer Wirbelkanalverengung bei C 5/C 6 und C 6/C 7 führen, beschrieben. Es habe keine pathologische Vorwölbung der Bandscheiben bestanden, es habe keine posttraumatische Veränderung im Bereich des Halsmarkes festgestellt werden können.
Eine neurologisch psychiatrische Begutachtung durch Dr. K. am 9.11.1994 komme zum Ergebnis, dass der Unfall vom 30.8.1993 keine unfallbedingten Dauerfolgen aus neurologisch psychiatrischer Sicht ausgelöst habe.
Am 30.3.1995 habe sich der Berufungswerber neuerlich in Untersuchung an die unfallchirurgische Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Wels begeben. Er klage dabei über Schmerzen im Bereich der rechten Schulter bei reduzierter Kraft bei Abspreizen des Armes im Schultergelenk, einen deutlich schmerzhaften Bewegungsbogen im Schultergelenk, über nächtliche Schmerzen, welche zu Durchschlafstörungen führen.
Im orthopädischen Gutachten von Dr. I. und Dr. B. werde aus orthopädischer Sicht eine Unfallkausalität der bestehenden Beschwerden verneint. Es werden Bewegungseinschränkungen in der Halswirbelsäule und rechten Schulterregion als degenerative Veränderungen der Zwischenwirbelgelenksflächen von: C 2 bis C 7 und Bandscheibendegeneration zwischen C 5 und C 7 beschrieben. Neurologische Ausfälle sensibler oder motorischer Art der Nervenwurzel C 1 bis C 8 beidseits finden sich nicht. Die Schmerzen in den betroffenen Regionen seien nach Auffassung von Dr. I. und Dr. B. nur mit geringer Wahrscheinlichkeit durch ein Schleudertrauma verstärkt worden. Eine Besserungsmöglichkeit der Beschwerden sei bereits 1995 vom Sachverständigen als unwahrscheinlich angesehen worden. Vom 21.7. bis 4.8.1995 sei der Berufungswerber stationär in die orthopädische Abteilung des AKH Linz aufgenommen worden. Ein HWS-Röntgen vom 22.7.1995 ergebe massive degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule links mehr wie rechts vom 5. bis zum 7. Halswirbel mit isolierter Drehfehlstellung vom 5. gegenüber dem 6. Halswirbel. Gleiches bestätige die Magnetresonanzuntersuchung der Halswirbelsäule vom 26./27.7.1995.
Vom 30.10. bis 9.11.1995 erfolge erneut eine stationäre Aufnahme an der orthopädischen Abteilung des AKH Linz mit der Diagnose: Impingement rechte Schulter, Cervikalsyndrom und degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule. Aus dem Operationsbericht vom 31.10.1995 ergebe sich, dass nach Entfernung des Schleimbeutels unter dem Deltamuskel eine Rotatorenmanschette zur Ansicht komme, die keinerlei Defekte aufweise. Der postoperative Verlauf sei unauffällig gewesen. Bereits vor Weihnachten 1995 seien die starken Schmerzen des Berufungswerbers wiedergekehrt.
Am 21.4.1996 sei eine Begutachtung durch Dr. R. erfolgt, in dessen Gutachten von einem Riss der Rotatorenmanschette die Rede sei, welche durch Naht versorgt worden sein soll. In der letzten Stellungnahme von Prim. Dr. R. vom 8.12.1999 nehme Dr. R. zur Kenntnis, dass eine Rotatorenmanschettennaht nur als geplante Therapie erwähnt worden sei, tatsächlich aber keine Defekte an der Rotatorenmanschette gefunden worden seien. Dennoch gehe Dr. R. auf Grund der Magnetresonanztomographieuntersuchung der rechten Schulter von 10.6.1999 davon aus, dass im Bereich der Rotatorenmanschette eine Verletzung vorliege und ein Trauma an der rechten Schulter mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Ursache für die Verhinderung im Bereich der rechten Schulter gewesen sei. Dr. R. schätze die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Berufungswerbers insgesamt mit 70 % ein, wovon er selbst im Gutachten 1996 (und in den Folgegutachten), die trotz veränderter Befundsituation (Rotatorenmanschette!) nicht abgeändert würden, zu 40 % auf ein Trauma zurückführe, sodass offenbar aus der Sicht von Prim. Dr. R. 28 % Minderung der Erwerbsfähigkeit auf den Unfall vom 30.8.1993 zurückzuführen seien.
Vom 28.8. bis 3.9.1996 sei der Berufungswerber erneut an der orthopädischen Abteilung des AKH Linz stationär aufgenommen worden, wiederum mit der Diagnose Cervikalsyndrom mit degenerativen Wirbelsäulenveränderungen ua. In seinem Gutachten vom 21.1.1997 komme Dr. R zum Ergebnis, dass die beim Berufungswerber zweifelsfrei bestehenden Beschwerden in der rechten Halswirbelsäule und im Bereich der rechten Schulter nicht in erwerbsmindernder Höhe unfallkausal gewesen seien.
Bei einer ambulanten Begutachtung des Berufungswerbers vom 27.8.1997 an der orthopädischen Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern in Wels beschreibe der Berufungswerber die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule rechts mit Schmerzausstrahlung in den rechten Arm. Die Röntgenbilder der rechten Schulter und der HWS zeigen mittelgradige Osteoporose und Spondylose auf der Höhe des 5. und 6. Halswirbels, grobes Spondylarthrose vom 3. bis zum 6. Halswirbel beidseits, die Zwischenwirbellöcher zwischen dem 3. und 4. sowie dem 5. und 6. Halswirbel rechtsseitig sowie zwischen dem 3. und 4., 4. und 5. und 5. und 6. Halswirbel linksseitig seien deutlich eingeengt.
Auf Grund des Bescheides der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21.12.1998, Gem-227399/6-1998-Schw, sei dem Berufungswerber mit Schreiben vom 20.4.1999 mitgeteilt worden, dass eine Untersuchung durch Prof Dr. V beabsichtigt sei. Dabei sei von dessen Rechtsvertreter als Reaktion vorgeschlagen worden, die Röntgenuntersuchungen bei Dozent Dr. K in L durchzuführen (was am 10. 6.1999 erfolgt sei), weiters sei die Auffassung vertreten worden, dass ein orthopädisches Gutachten erforderlich sei. Gegen die Person des Sachverständigen Dr. V wurden in diesem Schreiben vom 4.5.1999 keine Bedenken geäußert.
Vom 14.6. bis 17.6.1999 sei der Berufungswerber stationär an der Universitätsklinik für Unfallchirurgie in Wien untersucht worden. Dabei seien als Ergebnis der Untersuchung folgende Diagnosen erhoben worden:
1. Degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule mit Einschränkung der Beweglichkeit für alle Bewegungsqualitäten;
2. Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule mit degenerativen Veränderungen dieses Wirbelsäulenabschnittes;
3. eingeschränkte Beweglichkeit der Schulter mit Kraftreduktion des rechten Armes im Seitenvergleich;
4. sensible Wurzelirritation der cervikalen Wurzel 6 rechts.
Beim Unfall vom 30.8.1993 habe der Berufungswerber eine Stauchung und/oder Zerrung der Halswirbelsäule (neben anderen, im gegenständlichen Verfahren unerheblichen Verletzungen) erlitten. Die Verletzungsfolgen hätten weder zu neurologischen Ausfallserscheinungen noch zu röntgenologisch erfassbaren Brüchen und/oder Verrenkungen im Bereich der Halswirbelsäule geführt. Keinesfalls sei eine schwere Verletzung der Halswirbelsäule vorgelegen, da diese nach der Unterteilung von Erdmann als Gruppe 3 zusammengefasste Verletzungsfolge immer mit manifesten nervösen Ausfallserscheinungen und/oder erfassbaren Verrenkungen oder Verrenkungsbrüchen im Bereich der Halswirbelsäule einhergehe. Die von der ersten Befunderhebung an beschriebenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien derart massiv gewesen, dass der Heilungsprozess für die Zerrung der Halswirbelsäule unter erschwerten Bedingungen und unter Verlängerung der Rekonvaleszenzzeit von statten habe gehen müssen. Zerrverletzungen der Halswirbelsäule heilen bis zur Erlangung der völligen Beschwerdefreiheit in einer konkreten Zeit ab, sie verursachen definitionsgemäß keinen unfallkausalen Dauerschaden, während es die Eigenart von degenerativen Wirbelsäulenerkrankungen sei, dass sie die Eigenschaft zur Progredienz und zur Verschlechterung sowie zur Wiederkehr der Beschwerden haben. Die beim Berufungswerber bestehenden Einschränkungen des Bewegungsausmaßes sowie die Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke hätten zu Nackenschmerzen, Schulterschmerzen, Schmerzen, die bis in den Hinterkopf ausstrahlten und Schmerzen geführt, die zwischen den beiden Schulterblättern empfunden würden. Die Beschwerden des Berufungswerbers als Unfallfolge seien für den Zeitraum vom Unfallereignis 30.8.1993 bis zur Wiederaufnahme der Arbeitstätigkeit am 6.12.1993 dem Unfall zuzuordnen, es hätte dieser Leidenszustand aber auch durch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis ebenso ausgelöst werden können: Jedenfalls die seit 1994 bestehenden Schmerzen hätten ihre überragende Ursache in den degenerativen Veränderungen, die zunehmend die gesamte Wirbelsäule erfassen.
In dem vom Berufungswerber zu ...des Bezirksgerichtes Vöcklabruck anhängig gemachten Schadenersatzprozess sei der dort beigezogene medizinische Sachverständige Dr. K. (mündliche Berufungsverhandlung vom 18.9.1995) ebenfalls davon ausgegangen, dass der Berufungswerber beim Unfall vom 30.8.1993 nur eine Verstauchung oder Zerrung der Halswirbelsäule erlitten und bereits im Unfallszeitpunkt eine chronische Arthrose der Halswirbelsäule bestanden habe. Auch dieser Sachverständige gehe auf Seite 2 des Verhandlungsprotokolls davon aus, dass im gegenständlichen Fall die unfallkausalen Schmerzen ohne wesentliche zeitliche Unterbrechung in durch das chronische Cervkialsyndrom bedingte Schmerzen übergegangen seien, welche nicht mehr als unfallkausal bezeichnet werden können (S 5 des Protokolls der Berufungsverhandlung vom 18.9.1997, Aktseite 209). Eine vom Berufungswerber zu 2 C 3431/95 des BG Vöcklabruck eingebrachte Feststellungsklage der Haftung des Unfallverursachers für künftige Schäden sei in diesem Verfahren rechtskräftig abgewiesen worden, auch das Landesgericht Wels als Berufungsgericht habe keine Bedenken gegen die vom Sachverständigen Dr. Re. gezogene Schlussfolgerung gehabt, wonach die beim Berufungswerber jetzt bestehenden Einschränkungen ihre Ursache nicht im Unfall vom 30.8.1993 haben. Insbesondere sei das Landesgericht Wels davon ausgegangen, dass die Schulterbeschwerden des Berufungswerbers nicht auf den Unfall zurückzuführen seien und an dieser Überzeugung auch die gegenteiligen Ausführungen von Prim. Dr. R. in dessen Berichten nichts ändern. Es sei auch kein Anlass zur Einholung eines Gutachtens eines anderen (weiteren) Sachverständigen gesehen worden (insbesondere S. 13 des Urteils des LG Wels vom 17.5.1999). Dafür sei insbesondere auch der Umstand als wesentlich angesehen worden, dass akute Beschwerden im Bereich der rechten Schulter im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall nicht in den Krankengeschichten festgehalten worden seien.
Bei der vorliegenden Schädigung beim Antragsteller handle es sich um degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, deren Ursache wiederkehrende Mikrotraumen im Verlauf eines Berufslebens und heriditäre, näher nicht definierbare, unter Umständen auch erbbedingte Bereitschaft Voraussetzungen seien. Es handle sich um ein prozesshaft verlaufendes Krankheitsbild, wobei die Erkrankung nach eigenen Gesetzmäßigkeiten und von Fall zu Fall unterschiedlich in ihrer Ausprägung verlaufe. Diese prozesshafte Erkrankung hätte beim Antragsteller auch ohne den gegenständlichen Unfall zum selben Krankheitsbild geführt, und zwar unabhängig von der körperlichen Tätigkeit, die in der Folge ausgeführt worden wäre. Zum weiteren Fortschreiten der Degeneration hätte es nicht einmal körperlicher Belastungen durch Gehen, Laufen, Treppen Steigen oder durch leichtes bzw. mittelschweres Heben bedurft. Die Beschwerden des Antragstellers seien vornehmlich dem an sich krankhaft verlaufenden degenerativen Prozess zuzuordnen und nur im geringsten Anteil mit dem Unfall in Zusammenhang zu bringen und es sei daher davon auszugehen, dass diese Beschädigung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne den Unfall vom 30.08.1993 in der der Krankheit anhaftenden Geschwindigkeit als Eigenart eingetreten wäre.
Es könne nicht festgestellt werden, dass im Zeitraum 30.08.1993 bis 06.12.1993 der unfallskausale Anteil des Krankenstandes des Antragstellers 20 % überschritten habe."
Es wurde über Auftrag der Vorstellungsbehörde das Gutachten des Sachverständigen Univ. Prof. DDr. V wie folgt ergänzt:
"Bei der vorliegenden Schädigung handelt es sich um degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule als deren Ursache wiederkehrende Mikroträumen im Verlaufe eines Berufslebens und heriditäre, näher nicht definierbare auch unter Umständen erbbedingte Bereitschaft Voraussetzungen sind. Nachdem es sich bei der Spondylarthrose um ein prozesshaft verlaufendes Krankheitsbild handelt und die krankhaften Veränderungen der wirbelkörpervereinigenden Bänder, der Bandscheiben, Degeneration der kleinen Wirbelgelenke' und deren Verbindungen zur Voraussetzung hat, verläuft die Erkrankung nach eigenen Gesetzmäßigkeiten und von Fall zu Fall unterschiedlich in ihrer Ausprägung. Diese prozesshafte Erkrankung hätte beim Beschwerdeführer auch ohne den gegenständlichen Unfall, der lediglich möglicherweise zu einer Verschlimmerung, allerdings niemals als Ursache des Prozesses in Frage kommend, zum selben Krankheitsbild geführt, unabhängig von der körperlichen Tätigkeit, die in der Folge ausgeführt worden wäre. Zum weiteren Fortschreiten der Degeneration bedarf es keiner besonderen Belastung durch Gehen, Laufen, Treppensteigen oder durch leichtes bzw. mittelschweres Heben. Diese Tätigkeiten führen möglicherweise zu Modifikationen des Verlaufes, sie können aber nicht ursächlich für die Entstehung verantwortlich gemacht werden.
.....
Gerade da die ausgeprägten röntgenologischen Veränderungen, sowie klinischen Symptome anlässlich der Begutachtung voll ausgeprägt sind und in der gutachterlichen Beurteilung der kausale Anteil des gegenständlichen Unfalles vom 30.8.1993 eine hintanzureihende Rolle spielte, kann davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung der röntgenologischen Veränderungen, die im Ansatz bereits auf den Erstaufnahmen 1993 zu sehen sind, vornehmlich den an sich krankhaft verlaufenden degenerativen Prozess zuzuordnen sind und nur im geringsten Ausmaß mit dem Unfall in Zusammenhang zu bringen sind, d. h. dass die Entwicklung des Krankheitsbildes in der Zeit von 7 Jahren jenen Grad der Ausprägung gefunden hat, wie anlässlich der diversen Begutachtungen beschrieben werden konnte. Es ist davon auszugehen, dass diese Beschädigung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne Unfall in der der Krankheit anhaftenden Geschwindigkeit als Eigenart eingetreten wäre.
Mit Nachdruck wird darauf verwiesen, dass die gegenständlichen, durch Juristen erdachten Fragestellungen zum Teil Spekulationen darstellen, die Fragen selbst Spekulationen auslösen. Wollte man sich Spekulationen fernhalten, müsste man als naturwissenschaftlich fundierter Mediziner derartige Fragen von sich weisen, da hier die Vermischung zweier Prozesse nämlich die der Unfallfolge und jene einer chronisch verlaufenden Erkrankung erzwungen werden. Derartige Fragen sollten ihrer Natur nach aus medizinischer Sicht abgewiesen werden."
Die belangte Behörde kam auf Grund dieses von ihr ergänzten und festgestellten Sachverhaltes rechtlich zu dem Schluss, Aufhebungsgrund des vorangegangenen Verwaltungsgerichtshoferkenntnisses vom 26. Mai 2003, Zl. 2001/12/0193-7, sei gewesen, dass zur Wahrscheinlichkeit einer alternativen Schädigung durch andere alltäglich vorkommende Ereignisse keine ausreichenden Feststellungen getroffen worden seien. Insoweit sich der Vorstellungswerber auf Beweismittel gestützt habe, die vor diesem Erkenntnis gelegen seien, gehe das darauf bezughabende Vorbringen schon deshalb ins Leere, weil der Verwaltungsgerichtshof diese Beweismittel selbst in seinem Erkenntnis aufgegriffen, entsprechend bewertet und deren Aussagekraft zur Wahrscheinlichkeit einer alternativen Schädigung durch andere alltäglich vorkommende Ereignisse als nicht ausreichend angesehen habe. Vielmehr seien die notwendigen Feststellungen nur durch ein ergänzendes Ermittlungsverfahren zu treffen gewesen. Deshalb sei eine ergänzende Stellungnahme des beigezogenen Sachverständigen eingeholt worden, der einräume, dass der gegenständliche Unfall möglicherweise zu einer Verschlimmerung geführt habe, der Leidenszustand des Beschwerdeführers aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne Unfall in der der Krankheit anhaftenden Geschwindigkeit als Eigenart eingetreten wäre. Auf das Ausmaß der der Krankheit anhaftenden Geschwindigkeit (bzw. ob der Krankheitsverlauf durch den Unfall beschleunigt worden sei) werde nicht näher eingegangen. Fest stehe lediglich, dass die Entwicklung der röntgenologischen Veränderungen nur im geringsten Anteil kausal mit dem Unfall im Zusammenhang zu bringen seien. Zum weiteren Fortschreiten der Degeneration bedürfe es keiner besonderen Belastung durch Gehen, Laufen, Treppensteigen oder durch leichtes bzw. mittelschweres Heben. Der Sachverständige habe darauf verwiesen, dass die ihm gestellten Fragen zum Teil Spekulationen darstellten, die wiederum nur Spekulationen auslösen könnten.
Insoweit der Beschwerdeführer die fachliche Kompetenz des Gutachters in Zweifel ziehe, werde darauf verwiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis ausdrücklich Bezug auf das von diesem Sachverständigen erstellte Gutachten genommen und keinerlei Bedenken an dessen fachlicher Eignung geäußert habe. Aus der zurückhaltenden Beantwortung der ihm gestellten Fragen durch den Sachverständigen sei nach Ansicht der Vorstellungsbehörde vielmehr zu folgern, dass es nach dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht (mehr) möglich sei, bei einem derart weit in der Vergangenheit liegenden Vorfall konkretere Aussagen zu einer möglicherweise unfallbedingten Verschlimmerung des prozesshaften Krankheitsverlaufes zu treffen, weil die Entwicklung der röntgenologischen Veränderungen nur im geringsten Anteil kausal mit dem Unfall im Zusammenhang zu bringen seien. Es wäre daher am Beschwerdeführer gelegen gewesen, allenfalls dem Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten oder unter Anbietung tauglicher Beweismittel darzutun, dass die Aussagen des Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar seien. Ein weiteres Gutachten sei vom Beschwerdeführer aber nicht vorgelegt worden, er sei dem Sachverständigen auch nicht auf gleichem fachlichen Niveau entgegengetreten. Es könne daher ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die schlüssigen und unwiderlegten Ausführungen des Sachverständigen Univ. Prof. DDr. V dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis entsprächen. Von wem dieses Gutachten im Auftrag gegeben worden sei, sei ohne Belang. Ungeachtet dessen, dass es zum weiteren Fortschreiten der Degeneration keiner besonderen Belastung durch Gehen, Laufen, Treppensteigen oder durch leichtes bzw. mittelschweres Heben bedürfe, bliebe letztlich offen, ob bzw. in welchem konkreten Ausmaß der Unfall zu einer Beschleunigung bzw. Verschlimmerung des prozesshaften Krankheitsverlaufes geführt habe. Somit hätten für die Entscheidung wesentliche Fragen nicht vollständig beantwortet werden können. In einem solchen Fall stelle sich die Frage nach der Beweislastverteilung. Nach den Regeln über die Beweislast sei zu beurteilen, wem es zum Nachteil gereiche, dass ein für den gesetzlichen Tatbestand wesentliches Sachverhaltselement nicht habe erwiesen werden können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gälten in Sozialrechtssachen die allgemeinen Regeln über die objektive Beweislast, weshalb jeder, der ein Recht für sich in Anspruch nehme, die rechtsbegründenden Tatsachen beweisen müsse. Grundsätzlich ändere die Amtswegigkeit des Verfahrens nichts daran, dass den Kläger die objektive Beweislast für die rechtserzeugenden Sachverhalte treffe. Nach dem hier anzuwendenden § 27 Abs. 1 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes treffe den Beschwerdeführer die Beweislast; die bestehenden Unklarheiten gingen daher zu seinen Lasten. Vor diesem Hintergrund habe kein Anlass bestanden, von Amts wegen weitere medizinische Gutachten einzuholen. Er selbst habe ein - angekündigtes - ärztliches Gutachten nicht vorgelegt. Aus diesen Gründen sei nicht ersichtlich, weshalb der bekämpfte Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt habe.
10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
11. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 27 Abs. 1 des Oberösterreichischen Gemeinde-Unfallfürsorgegesetzes, LGBl. Nr. 36/1969 in der Fassung LGBl. Nr. 75/2003, besteht Anspruch auf Versehrtenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit des Bediensteten (Funktionärs) durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit länger als drei Monate ab dem nach § 7 maßgeblichen Zeitpunkt um mindestens 20 v.H. vermindert ist. Die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung fällt die Versehrtenrente mit dem Tag nach dem Wegfall der durch den Dienstunfall oder die Berufskrankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit, spätestens nach Ablauf des dritten Monats nach dem nach § 7 maßgeblichen Zeitpunkt an. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung ist die Versehrtenrente nach dem Grad der durch den Dienstunfall oder durch die Berufskrankheit herbeigeführten Minderung der Erwerbsfähigkeit zu bemessen.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die erstinstanzliche Entscheidung sei ca. dreieinhalb Jahre, jene der Berufungsbehörde länger als fünf Jahre nach dem Unfall, ergangen. Unter Einrechnung der Vorstellungs- bzw. Beschwerdeverfahren seien nunmehr annähernd zwölf Jahre vergangen, was den Eindruck erwecke, die Gemeindebehörden hätten es von vornherein darauf angelegt, dem Beschwerdeführer durch langen Zeitablauf die Beweisführung unmöglich zu machen. Abgesehen von der grundsätzlichen Amtswegigkeit des Verfahrens hätte der Beschwerdeführer aber bei den Gemeindebehörden auch Beweisanträge gestellt, die unbeachtet geblieben seien, wodurch die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs verletzt worden seien. Demgegenüber sei ihm zur Einholung eines Privatgutachtens eine wesentlich kürzere Frist gesetzt worden. Insgesamt weise das vorliegende Verfahren eine überlange Verfahrensdauer auf, die es dem Beschwerdeführer praktisch nicht ermögliche, seinen Standpunkt durchzusetzen. Im ursprünglichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. April 1996 sei festgestellt worden, dass Folge des Dienstunfalles eine "Rotatorenmanschettenruptur" gewesen sei. Dies sei von ihm in keiner Phase des Verfahrens bekämpft worden. Dieser Ausspruch sei daher in Rechtskraft erwachsen. Lediglich die Feststellung, dass aus diesen Unfallsfolgen eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht resultiert habe, sei bekämpft worden. Es hätte daher die festgestellte Dienstunfallsfolge, nämlich die Rotatorenmanschettenruptur, den behördlichen Entscheidungen zu Grunde gelegt werden müssen, wobei es insbesondere unzulässig sei, wenn in weiteren Bescheiden der Gemeindebehörden diese Verletzung nunmehr angezweifelt und nicht als unfallkausal angesehen werde.
Auch in seinen Ausführungen zur geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Inhaltes verweist der Beschwerdeführer auf die Länge des Verfahrens sowie darauf, dass gerade im konkreten Fall die Gemeindebehörde praktisch selbst über die sie selbst treffende Zahlungsverpflichtung zu entscheiden habe und das Verfahren hierüber verschleppen könne. Damit werde das Recht auf "fair trial" eklatant verletzt. Es sei auch rechtswidrig, dem Beschwerdeführer die "strenge Beweislast" aufzubürden, welcher auf Grund des langen Zeitablaufes nicht mehr entsprochen werden könne. Vielmehr sei er in einem solchen Fall "prima facie" zu entscheiden, nämlich nach dem Ablauf der konkreten Leidens- bzw. Geschehensabläufe, wie es immer dann zu geschehen habe, wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung, insbesondere auf Grund von Umständen, die nicht im Bereich des Antragstellers lägen, der strenge Beweis nicht mehr geführt werden könne. Die belangte Behörde habe daher eine - materiell gesehen - unrichtige Beweislastverteilungsthese angewendet und die konkrete Verfahrenssituation im Hinblick auf die Beweislast unbeachtet gelassen.
Insoweit der Beschwerdeführer die lange Dauer des Verfahrens unter verschiedenen Gesichtspunkten für rechtswidrig hält, ist er darauf zu verweisen, dass dies für die Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne Belang ist. Aus dem oben dargelegten Verfahrensverlauf kann ein dem § 73 AVG widersprechender Verfahrensstillstand keiner Phase des Verwaltungsgeschehens entnommen werden. Von einer rechtswidrigen bzw. gar amtsmissbräuchlichen Verzögerung des Verfahrensabschlusses kann insbesondere auch im Hinblick auf die vielfältigen, von mehreren Sachverständigen zu untersuchenden medizinischen Fragen, deren Beantwortung jeweils dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelt und Gegenstand weiterer Beweisanträge wurden, nicht die Rede sein. Dass die Gemeindeinstanzen im eigenen Wirkungsbereich über eine dem Gemeinwesen zuzurechnende Zahlungspflicht zu entscheiden hatten, macht die mit diesem Verfahren befassten Organe nicht befangen. Organen der Gemeinde ist vielmehr grundsätzlich zuzubilligen, dass sie ungeachtet der jeweiligen Interessenslage ihre Entscheidungen in behördlichen Angelegenheiten dem Gesetz entsprechend treffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2004, Zl. 2004/05/0089).
Der Beschwerdeführer weist auch zu Unrecht darauf hin, dass im erstinstanzlichen Bescheid als Unfallfolge eine "Rotatorenmanschettenruptur" festgestellt worden sei, was alle Behörden bei ihren Entscheidungen hätte binden müssen. Eine rechtliche Bindung an diese Feststellung der Behörde erster Instanz liegt aber schon deshalb nicht vor, weil sie sich nicht im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides findet, sondern lediglich in dessen Begründung, weshalb sie auch nicht in Rechtskraft erwachsen konnte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2006, Zl. 2003/12/0102).
Auch hinsichtlich der Frage der Beweislastverteilung erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht rechtswidrig. In Verfahren, welche die Zuerkennung von Versorgungsansprüchen zum Gegenstand haben, nur auf Antrag der Partei durchgeführt werden und in deren Verlauf das Vorliegen der gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen für die Zuerkennung eines solchen Versorgungsanspruchs zu prüfen ist, hat der Antragsteller unbeschadet der Amtswegigkeit des Verfahrens im Falle der Unerweislichkeit einer anspruchsbegründenden Tatsache die Beweislast zu tragen, auch wenn dies die in Betracht kommenden Gesetze nicht ausdrücklich anordnen. Dies hat die belangte Behörde zutreffend erkannt. Die eingeholten medizinischen Gutachten haben keinen Nachweis für das Vorliegen eines Kausalzusammenhanges zwischen dem Unfallereignis und dem Leidenszustand des Beschwerdeführers ergeben; sie haben einen solchen Kausalzusammenhang vielmehr ausdrücklich verneint. Abgesehen davon kann eine Verschiebung der Beweislast im Sinne des "prima-facie-Beweises" nur dann in Betracht kommen, wenn ein allgemein, also für jedermann in gleicher Weise bestehender Beweisnotstand gegeben ist und wenn objektiv typische, also auf allgemein gültigen Erfahrungssätzen beruhende Geschehensabläufe für den Anspruchswerber sprechen (OGH SSV-NF 4/50). Das von den Behörden durchgeführte Beweisverfahren hat nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer Leidenszustände aufweist, die im Allgemeinen geradezu typischerweise unfallbedingt auftreten, sodass auch die Anwendung der Grundsätze des "prima-facie"-Beweises nicht in Betracht kommt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei betreffend Vorlageaufwand war abzuweisen, weil ihr eine Aktenvorlage nicht aufgetragen worden war.
Wien, am 18. Dezember 2006
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastBefangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung eigener WirkungsbereichEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005090133.X00Im RIS seit
25.01.2007Zuletzt aktualisiert am
10.12.2014