TE OGH 2000/6/27 11Os76/00

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Veröffentlicht am 27.06.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cliff J***** u.a. wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB und anderer Delikte, AZ 4a Vr 3442/00 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Tony D***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 16. Mai 2000, AZ 20 Bs 157, 158/00 (= ON 140), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juni 2000 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner und Dr. Habl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Lackner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cliff J***** u.a. wegen des Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2,, Absatz 3, dritter Fall, Absatz 4, Ziffer 3, SMG und Paragraph 15, StGB und anderer Delikte, AZ 4a römisch fünf r 3442/00 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten Tony D***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 16. Mai 2000, AZ 20 Bs 157, 158/00 (= ON 140), in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Tony D***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit der im Kopf bezeichneten Entscheidung, mit der auch über den Einspruch des Beschuldigten gegen die Anklageschrift entschieden und der Anklage Folge gegeben wurde, gab das Oberlandesgericht einer Beschwerde des Beschuldigten Tony D***** gegen den Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. April 2000 (ON 128) auf Fortsetzung der über D***** am 7. November 1999 vom Untersuchungsrichter des Jugendgerichtshofes Wien verhängten Untersuchungshaft (ON 47) wegen des (dringenden) Verdachtes des teils vollendeten, teils im Stadium des Versuches verbliebenen Verbrechens nach § 28 Abs 2, Abs 3 dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB sowie der Vergehen nach §§ 28 Abs 1 und 27 Abs 1 SMG nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft mit Wirksamkeit bis 17. Juli 2000 an.Mit der im Kopf bezeichneten Entscheidung, mit der auch über den Einspruch des Beschuldigten gegen die Anklageschrift entschieden und der Anklage Folge gegeben wurde, gab das Oberlandesgericht einer Beschwerde des Beschuldigten Tony D***** gegen den Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14. April 2000 (ON 128) auf Fortsetzung der über D***** am 7. November 1999 vom Untersuchungsrichter des Jugendgerichtshofes Wien verhängten Untersuchungshaft (ON 47) wegen des (dringenden) Verdachtes des teils vollendeten, teils im Stadium des Versuches verbliebenen Verbrechens nach Paragraph 28, Absatz 2,, Absatz 3, dritter Fall, Absatz 4, Ziffer 3, SMG und Paragraph 15, StGB sowie der Vergehen nach Paragraphen 28, Absatz eins und 27 Absatz eins, SMG nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft mit Wirksamkeit bis 17. Juli 2000 an.

Nach der nunmehr rechtskräftigen Anklage liegt Tony D***** zur Last, in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider als Mitglied einer Bande durch den Verkauf von insgesamt über 3.500 Gramm Heroin und Kokain mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt Suchtgift in einer die Grenzmenge des § 28 Abs 6 SMG jedenfalls um mehr als das 25-fache übersteigenden großen Menge in Verkehr gesetzt und hinsichtlich einer Menge von 0,9 Gramm Kokain durch deren Bereithalten zum Verkauf in Verkehr zu setzen versucht zu haben (Punkt A der Anklageschrift), sowie darüberhinaus gemeinsam mit Cliff J***** als Mittäter am 18. August 1999 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich rund 109,2 Gramm Heroin und 71,5 Gramm Kokain mit dem Vorsatz besessen zu haben, dass es in Verkehr gesetzt werde (B) und schließlich vom 14. August 1999 bis 4. November 1999 Suchtgift, nämlich Marihuana und Kokain wiederholt für den Eigenkonsum erworben und besessen zu haben (C).Nach der nunmehr rechtskräftigen Anklage liegt Tony D***** zur Last, in Wien den bestehenden Vorschriften zuwider als Mitglied einer Bande durch den Verkauf von insgesamt über 3.500 Gramm Heroin und Kokain mit durchschnittlichem Wirkstoffgehalt Suchtgift in einer die Grenzmenge des Paragraph 28, Absatz 6, SMG jedenfalls um mehr als das 25-fache übersteigenden großen Menge in Verkehr gesetzt und hinsichtlich einer Menge von 0,9 Gramm Kokain durch deren Bereithalten zum Verkauf in Verkehr zu setzen versucht zu haben (Punkt A der Anklageschrift), sowie darüberhinaus gemeinsam mit Cliff J***** als Mittäter am 18. August 1999 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich rund 109,2 Gramm Heroin und 71,5 Gramm Kokain mit dem Vorsatz besessen zu haben, dass es in Verkehr gesetzt werde (B) und schließlich vom 14. August 1999 bis 4. November 1999 Suchtgift, nämlich Marihuana und Kokain wiederholt für den Eigenkonsum erworben und besessen zu haben (C).

Rechtliche Beurteilung

In seiner gegen die Abweisung der Haftbeschwerde eingebrachten Grundrechtsbeschwerde versucht der Angeklagte vorerst, mit der Behauptung, er habe die ihm angelasteten Tathandlungen, wenn überhaupt, so jedenfalls als Jugendlicher begangen, die ihm Volljährigkeit attestierenden Annahmen der Gerichte durch die Anfechtung der Kompetenz des Sachverständigen Univ. Prof. Dr. S*****, auf dessen Gutachten die Altersbestimmung vornehmlich beruht, in Zweifel zu ziehen.

Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzugestehen, dass die Haftentscheidung durch ein nach den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften unzuständiges Gericht einen Verstoß gegen Art 5 EMRK darstellt und damit grundrechtsrelevant ist. Die Frage, ob der Beschwerdeführer noch Jugendlicher ist, also das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kommt daher in der Tat entscheidende Bedeutung zu, weil in diesem Fall der Jugendgerichtshof Wien und nicht das Landesgericht für Strafsachen Wien, an welches die Strafsache im Hinblick auf die angenommene Großjährigkeit des Beschuldigten nach Verhängung der Untersuchungshaft abgetreten worden war, für die in erster Instanz zu treffenden (weiteren) Haftentscheidungen zuständig wäre, welches im Übrigen auch die privilegierenden Bestimmungen des § 35 JGG zu beachten hätte.Dem Beschwerdeführer ist zunächst zuzugestehen, dass die Haftentscheidung durch ein nach den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften unzuständiges Gericht einen Verstoß gegen Artikel 5, EMRK darstellt und damit grundrechtsrelevant ist. Die Frage, ob der Beschwerdeführer noch Jugendlicher ist, also das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, kommt daher in der Tat entscheidende Bedeutung zu, weil in diesem Fall der Jugendgerichtshof Wien und nicht das Landesgericht für Strafsachen Wien, an welches die Strafsache im Hinblick auf die angenommene Großjährigkeit des Beschuldigten nach Verhängung der Untersuchungshaft abgetreten worden war, für die in erster Instanz zu treffenden (weiteren) Haftentscheidungen zuständig wäre, welches im Übrigen auch die privilegierenden Bestimmungen des Paragraph 35, JGG zu beachten hätte.

Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass in der Verfahrensphase vor Beginn der Hauptverhandlung auch in Bezug auf die Altersbestimmung des Täters eine bloße Verdachtslage genügt und deren Verifizierung dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleibt, in welchem diese unter dem Aspekt des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 1 StPO bedeutsame Frage ungeachtet der die Volljährigkeit bereits bejahenden Einspruchsentscheidung neuerlich aufgegriffen und durch entsprechende Antragstellung releviert werden kann.Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass in der Verfahrensphase vor Beginn der Hauptverhandlung auch in Bezug auf die Altersbestimmung des Täters eine bloße Verdachtslage genügt und deren Verifizierung dem Erkenntnisverfahren vorbehalten bleibt, in welchem diese unter dem Aspekt des Nichtigkeitsgrundes des Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer eins, StPO bedeutsame Frage ungeachtet der die Volljährigkeit bereits bejahenden Einspruchsentscheidung neuerlich aufgegriffen und durch entsprechende Antragstellung releviert werden kann.

Für die - vorläufige - Annahme der Volljährigkeit besteht indes mangels eines urkundlichen Nachweises durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. S***** in Verbindung mit der Einschätzung des Untersuchungsrichters eine hinreichende Grundlage. In Medien geäußerte Bedenken an der Eignung der vom Sachverständigen herangezogenen Untersuchungsmethoden und persönliche Angriffe gegen den Sachverständigen selbst stellen von vornherein kein taugliches Mittel zur Widerlegung des Gutachtens dar. Soferne sich diese Angriffe jedoch auf eine sachlich fundierte Kritik zurückführen lassen, wird dem durch die in der Hauptverhandlung ohnedies vorgesehene Vernehmung des Sachverständigen und erforderlichenfalls durch die Beiziehung eines oder mehrerer anderer Sachverständiger an seiner Stelle Rechnung zu tragen sein, worauf bereits das Oberlandesgericht in seiner Einspruchsentscheidung hingewiesen hat. Soweit der Beschwerdeführer den dringenden Tatverdacht bestreitet, bleibt sein Vorbringen völlig unsubstantiiert. Insbesondere kann ein entsprechendes Vorbringen nicht durch den Hinweis auf ein einen anderen Beschuldigten betreffendes Grundrechtsbeschwerdeerkenntnis ersetzt werden. Der Einwand des Fehlens eines dringenden Tatverdachtes ist daher einer sachlichen Erörterung entzogen. Weil schließlich auch die angenommenen Haftgründe unbekämpft blieben, zeigt sich, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Oberlandesgerichtes im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) als unbegründet abzuweisen war.Für die - vorläufige - Annahme der Volljährigkeit besteht indes mangels eines urkundlichen Nachweises durch das Gutachten des Sachverständigen Dr. S***** in Verbindung mit der Einschätzung des Untersuchungsrichters eine hinreichende Grundlage. In Medien geäußerte Bedenken an der Eignung der vom Sachverständigen herangezogenen Untersuchungsmethoden und persönliche Angriffe gegen den Sachverständigen selbst stellen von vornherein kein taugliches Mittel zur Widerlegung des Gutachtens dar. Soferne sich diese Angriffe jedoch auf eine sachlich fundierte Kritik zurückführen lassen, wird dem durch die in der Hauptverhandlung ohnedies vorgesehene Vernehmung des Sachverständigen und erforderlichenfalls durch die Beiziehung eines oder mehrerer anderer Sachverständiger an seiner Stelle Rechnung zu tragen sein, worauf bereits das Oberlandesgericht in seiner Einspruchsentscheidung hingewiesen hat. Soweit der Beschwerdeführer den dringenden Tatverdacht bestreitet, bleibt sein Vorbringen völlig unsubstantiiert. Insbesondere kann ein entsprechendes Vorbringen nicht durch den Hinweis auf ein einen anderen Beschuldigten betreffendes Grundrechtsbeschwerdeerkenntnis ersetzt werden. Der Einwand des Fehlens eines dringenden Tatverdachtes ist daher einer sachlichen Erörterung entzogen. Weil schließlich auch die angenommenen Haftgründe unbekämpft blieben, zeigt sich, dass der Beschwerdeführer durch den Beschluss des Oberlandesgerichtes im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (Paragraph 8, GRBG) als unbegründet abzuweisen war.

Anmerkung

E58401 11d00760

Schlagworte

Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in Jus-Extra OGH-St 2906 = ÖJZ-LSK 2000/236 = EvBl 2000/219 S 908 - EvBl 2000,908 = SSt 63/98 XPUBLEND

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0110OS00076..0627.000

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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