Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer und Dr. Zechner als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zum AZ 21 Nc 1/00f anhängigen Rechtssache des Antragstellers Ing. Valentin G*****, Philippinen, wegen Bewilligung der Verfahrenshilfe folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers gegen die vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz mit Beschluss vom 16. Februar 2000 ausgesprochene Abweisung des Verfahrenshilfeantrags wird das Oberlandesgericht Wien bestimmt.
Text
Begründung:
Der Antragsteller beabsichtigt u. a. die Einbringung einer Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich auf Zahlung von "85 Millionen EU-Dollar". Als Klagegrund will er sich auf "die staatliche Enteignung des Gesamtvermögens ... in Gratkorn ... ohne Benachrichtigung" stützen. Deshalb sei "das Bezirksgericht f. ZRS Graz schuldig", Schadenersatz zu leisten.
Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz wies den Verfahrenshilfeantrag mit Beschluss vom 16. 2. 2000 ab.
Dagegen erhob der Antragsteller Rekurs.
Mit Verfügung vom 28. 6. 2000 legte daraufhin das Oberlandsgericht Graz (dortiges AZ 5 R 81/00x) die Akten zwecks Erlassung einer Delegierungsentscheidung nach § 9 Abs 4 AHG dem Obersten Gerichtshof vor und berichtete:Mit Verfügung vom 28. 6. 2000 legte daraufhin das Oberlandsgericht Graz (dortiges AZ 5 R 81/00x) die Akten zwecks Erlassung einer Delegierungsentscheidung nach Paragraph 9, Absatz 4, AHG dem Obersten Gerichtshof vor und berichtete:
Der Antragsteller, der Miteigentümer einer Liegenschaft gewesen sei, stütze den behaupteten Amtshaftungsanspruch offenkundig auf deren Zwangsversteigerung im Verfahren 10 E 34/76 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz. Der Vorsitzende desjenigen Senats des Oberlandsgerichts Graz, der nach der Geschäftsverteilung über den Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags zu entscheiden hätte, war damals Leiter der Gerichtsabteilung 10 des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz. Im Lichte der Entscheidung 1 Nd 5/00 des Obersten Gerichtshofs könne das Oberlandesgericht Graz über das Rechtsmittel des Antragstellers somit nicht entscheiden.
Der erkennende Senat hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof sprach in der Entscheidung 1 Nd 5/00 aus, § 9 Abs 4 AHG regle einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung und solle gewährleisten, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen könne, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet werde, die nach § 1 Abs 1 AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der rechtspolitische Grund jener Bestimmung ziele darauf ab, alle betroffenen Gerichte, aus deren Verhalten als Klagegrund ein Amtshaftungsanspruch bzw ein nach dem Amtshaftungsgesetz zu beurteilender Anspruch abgeleitet werde, von der Entscheidung über solche Ansprüche auszuschließen, sollten doch Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand hätten. Deshalb könne ein bestimmter Gerichtshof erster Instanz nicht über eine Amtshaftungsklage verhandeln und entscheiden, wenn der geltend gemachte Anspruch aus dem Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs abgeleitet werde. Diese Rechtslage beruhe auf einer sinngemäßen Anwendung der aus dem zu engen Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG ableitbaren Grundsätze auf der Sache nach ähnliche Sachverhalte. Danach müsse aber auch ein als Klagegrund in Betracht kommendes Verhalten des Richters eines Landesgerichts den Delegierungstatbestand erfüllen, wenn dieser Richter nunmehr gerade bei jenem Oberlandesgericht ernannt sei, das in der Verfahrenshilfesache und in einem allfälligen Zivilprozess, in dem ein Amtshaftungsanspruch und deren Wesen nach dem Amtshaftungsgesetz unterliegende weitere Ansprüche zu beurteilen seien, als Rechtsmittelgericht einzuschreiten hätte. Andernfalls ergäbe sich aus der kollegialen Nahebeziehung jenes Richters zu den Richtern des jeweiligen Spruchkörpers desselben Gerichtshofs der gleiche Anschein einer Befangenheit wie im Falle der Zuständigkeit eines Gerichtshofs erster Instanz für eine Amtshaftungsklage, die sich auf das Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs als Klagegrund stütze.1. Der Oberste Gerichtshof sprach in der Entscheidung 1 Nd 5/00 aus, Paragraph 9, Absatz 4, AHG regle einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung und solle gewährleisten, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern nicht entstehen könne, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet werde, die nach Paragraph eins, Absatz eins, AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wären. Der rechtspolitische Grund jener Bestimmung ziele darauf ab, alle betroffenen Gerichte, aus deren Verhalten als Klagegrund ein Amtshaftungsanspruch bzw ein nach dem Amtshaftungsgesetz zu beurteilender Anspruch abgeleitet werde, von der Entscheidung über solche Ansprüche auszuschließen, sollten doch Richter eines Gerichtshofs nicht über Ansprüche erkennen, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand hätten. Deshalb könne ein bestimmter Gerichtshof erster Instanz nicht über eine Amtshaftungsklage verhandeln und entscheiden, wenn der geltend gemachte Anspruch aus dem Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs abgeleitet werde. Diese Rechtslage beruhe auf einer sinngemäßen Anwendung der aus dem zu engen Delegierungstatbestand des Paragraph 9, Absatz 4, AHG ableitbaren Grundsätze auf der Sache nach ähnliche Sachverhalte. Danach müsse aber auch ein als Klagegrund in Betracht kommendes Verhalten des Richters eines Landesgerichts den Delegierungstatbestand erfüllen, wenn dieser Richter nunmehr gerade bei jenem Oberlandesgericht ernannt sei, das in der Verfahrenshilfesache und in einem allfälligen Zivilprozess, in dem ein Amtshaftungsanspruch und deren Wesen nach dem Amtshaftungsgesetz unterliegende weitere Ansprüche zu beurteilen seien, als Rechtsmittelgericht einzuschreiten hätte. Andernfalls ergäbe sich aus der kollegialen Nahebeziehung jenes Richters zu den Richtern des jeweiligen Spruchkörpers desselben Gerichtshofs der gleiche Anschein einer Befangenheit wie im Falle der Zuständigkeit eines Gerichtshofs erster Instanz für eine Amtshaftungsklage, die sich auf das Verhalten eines Richters desselben Gerichtshofs als Klagegrund stütze.
2. An der unter 1. dargestellten Ansicht ist festzuhalten. Vor deren Hintergrund und unter Zugrundelegung des anlässlich der Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof erstatteten und aufgrund der beigeschlossenen Akten verifizierten Berichts kann das Oberlandesgericht Graz nicht über den Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags entscheiden. Gemäß § 9 Abs 4 AHG ist daher ein anderes Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Antragstellers zu bestimmen.2. An der unter 1. dargestellten Ansicht ist festzuhalten. Vor deren Hintergrund und unter Zugrundelegung des anlässlich der Aktenvorlage an den Obersten Gerichtshof erstatteten und aufgrund der beigeschlossenen Akten verifizierten Berichts kann das Oberlandesgericht Graz nicht über den Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags entscheiden. Gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AHG ist daher ein anderes Oberlandesgericht zur Entscheidung über das Rechtsmittel des Antragstellers zu bestimmen.
Anmerkung
E58609 01J00230European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2000:0010ND00023..0711.000Dokumentnummer
JJT_20000711_OGH0002_0010ND00023_0000000_000