TE Vwgh Beschluss 2006/12/19 2006/21/0339

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Veröffentlicht am 19.12.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2006/21/0340

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über den Antrag des R, vertreten durch Dr. Michael Zerobin, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog Leopold Straße 2, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 6. September 2006, Zl. Fr 564/03, betreffend Ausweisung, und in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den vorgenannten Bescheid, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 22. September 2006 der angefochtene (im zweiten Rechtsgang nach Aufhebung des ersten Berufungsbescheides mit hg. Erkenntnis vom 17. November 2005, Zl. 2005/21/0185, erlassene) Bescheid zugestellt. Dieser übermittelte mit Schreiben vom 29. September 2006 diesen Bescheid an den Beschwerdeführer an die von diesem angegebene Adresse M-Gasse mit dem Hinweis, dass gegen diesen Bescheid eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof "zu erheben wäre". Da sich der Beschwerdeführer bei seinem Vertreter bis 22. Oktober 2006 nicht gemeldet hatte, schickte dieser ihm am 23. Oktober 2006 ein weiteres Schreiben an dieselbe Adresse mit dem Ersuchen um unverzügliche Terminvereinbarung, weil in Kürze die Frist zur Verfassung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde ablaufe. Gleichzeitig versuchte der Vertreter mit der Schwester und einem Freund des Beschwerdeführers telefonisch Kontakt aufzunehmen. Am 3. November 2006 wurden beide Schreiben gemeinsam mit dem Aufkleber "zurück - unbekannt" retourniert. Obwohl der Rücksendevermerk hinsichtlich des ersten Schreibens den Stempel 24. Oktober 2006 trägt, ist auch dieses Schreiben erst gemeinsam mit dem zweiten Brief retourniert worden.

Vermutlich am 7. November 2006 wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers im Zug eines Telefonats mit der Polizei Wiener Neustadt mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer an der Adresse R-Gasse gemeldet sei. Anlässlich eines am 9. November 2006 vereinbarten Termins sprach der Beschwerdeführer am 13. November 2006 vor und gab bekannt, dass er an der seinerzeit bekannt gegebenen Adresse M-Gasse nicht mehr wohne, sondern wieder in der R-Gasse erreichbar sei. Er habe vom Bescheid keine Kenntnis gehabt.

Dieses Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag ist nicht geeignet, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund darzutun.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Das Verschulden des Parteienvertreters trifft die von diesem vertretene Partei. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 13. März 1997, Zl. 97/18/0098).

Es kann dahinstehen, ob den Vertreter des Beschwerdeführers selbst ein Verschulden trifft, das darin gelegen sein könnte, dass er sich nicht spätestens nach Rücklangen der Briefe (sofort am letzten Tag der Beschwerdefrist) auf andere Weise vergewissert habe, ob die Erhebung einer Beschwerde gewünscht wird (vgl. auch dazu den bereits zitierten Beschluss Zl. 97/18/0098). Jedenfalls hätte es aber die den Beschwerdeführer selbst treffende Sorgfaltspflicht geboten, angesichts der ihm bekannten Anhängigkeit eines Ausweisungsverfahrens, das bereits im ersten Rechtsgang zu einem Verwaltungsgerichtshofverfahren geführt hatte, die Änderung seiner Adresse seinem Vertreter ohne Verzug bekannt zu geben. Diese Sorgfaltspflichtverletzung ist als ein den Grad minderen Versehens überschreitendes Verschulden zu werten (vgl. auch dazu den zitierten Beschluss vom 13. März 1997).

Somit muss der Wiedereinsetzungsantrag erfolglos bleiben.

Die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006210339.X00

Im RIS seit

07.03.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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