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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
DBAbk Liechtenstein 1971 Art14;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des Corsin B in R, vertreten durch Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Gilmstraße 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 27. Oktober 2005, Zl. RV/0259-F/03, betreffend Einkommensteuer 1996 bis 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der seit Jänner 1996 in Österreich wohnt, ist Verwaltungsrat, Geschäftsführer und Alleinbegünstigter der im Jahr 1993 gegründeten B-Establishment mit Sitz in Liechtenstein. Unternehmensgegenstand ist die Softwareentwicklung sowie der Handel mit Hard- und Software.
Die Einkünfte aus der Geschäftsführungstätigkeit der B-Establishment erklärte der Beschwerdeführer als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In Liechtenstein wurden nach Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein von den jährlichen Bruttobezügen in Höhe von jeweils 47.600,00 SFR eine Quellensteuer von 4% einbehalten.
In Bescheiden mit Ausfertigungsdatum 4. Juli 2003 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für die Jahre 1996 bis 2002 fest. Dabei wertete es die Einkünfte aus der Geschäftsführertätigkeit für das liechtensteinische Unternehmen als solche aus selbständiger Arbeit, gegenüber den Erklärungen des Beschwerdeführers erhöhte es die Einkünfte im Schätzungswege um jeweils 100.000,00 S. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an der B-Establishment wesentlich beteiligt sei und nach innerstaatlichem Recht daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit vorlägen. Dem Ersuchen, die Geschäftsabschlüsse beizubringen, sei nicht entsprochen worden. Der Umstand, dass seit 1996 ein gleich bleibender Bruttobezug erklärt worden sei und die Mitarbeiter zum Teil wesentlich höhere Löhne bezogen hätten, sei nicht erläutert worden, weshalb eine Hinzuschätzung vorgenommen worden sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und beantragte, die bis einschließlich 30. Juni 2001 erzielten Einkünfte gemäß Artikel 14 iVm Artikel 23 DBA-Liechtenstein von der Besteuerung auszunehmen und die ab 1. Juli 2001 erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit den tatsächlichen Einkommensverhältnissen entsprechend und unter Berücksichtigung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 Abs. 1 EStG festzusetzen.
Das Finanzamt gab der Berufung mit Berufungsvorentscheidung nur insoweit teilweise Folge, als es das Betriebsausgabenpauschale im beantragten Ausmaß berücksichtigte.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit statt, als sie die Höhe der Hinzuschätzung verminderte. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, das Besteuerungsrecht für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die aus Aktivbezügen herrührten, falle nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Liechtenstein grundsätzlich dem Tätigkeitsstaat zu. Grenzgänger blieben jedoch im Ansässigkeitsstaat steuerpflichtig. Der Tätigkeitsstaat besitze in solchen Fällen ein 4%iges Quellenbesteuerungsrecht, das im Ansässigkeitsstaat Österreich eine Anrechnungsverpflichtung auslöse.
Nach einer im April 2001 geschlossenen Verständigungsvereinbarung sei mit der Liechtensteinischen Steuerverwaltung Einvernehmen darüber erzielt worden, dass sich die Aufteilung der Besteuerungsrechte bei Dienstnehmern von Kapitalgesellschaften ungeachtet einer allfälligen Beteiligung des Dienstnehmers an der Gesellschaft stets nach Art. 15 des DBA-Liechtenstein richte. Diese Regelung sei in Form einer Rechtsverordnung kundgemacht worden (BGBl. II Nr. 215/2001). Die Verordnung sei nach deren § 2 mit 1. Juli 2001 in Kraft getreten und auf die ab diesem Zeitpunkt zufließenden Einkünfte anzuwenden.
Im Falle der Heranziehung der Zuteilungsregel des Art. 15 DBA-Liechtenstein komme das Besteuerungsrecht nach dessen Abs. 4 Österreich zu. Abgesehen davon erfolge im Verhältnis zu Liechtenstein infolge des anzuwendenden Anrechnungsverfahrens (Art. 23 Abs. 2 DBA-Liechtenstein) die Einbeziehung der liechtensteinischen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in die österreichische Besteuerungsgrundlage sogar unabhängig davon, ob Grenzgängereigenschaft bestehe oder nicht. Die Frage sei daher insoweit von Bedeutung, als Liechtenstein im Falle der Grenzgängereigenschaft die in Art. 15 Abs. 4 DBA-Liechtenstein vorgesehene Besteuerungsgrenze von 4 Prozent beachten müsse.
Unbestritten sei, dass die Geschäftsführerbezüge nach innerstaatlichem Recht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iSd § 22 Z 2 EStG 1988 darstellten.
Der Beschwerdeführer vertrete die Auffassung, erst infolge der mit Verordnung kundgemachten Verständigungsvereinbarung erfolge die Zuteilung des Besteuerungsrechtes nach Art. 15 DBA-Liechtenstein. Für die vor dem Inkrafttreten der Verordnung liegenden Zeiträume habe die Zuteilung nach Art. 14 DBA-Liechtenstein zu erfolgen, was zur Folge habe, dass die Bezüge in Österreich von der Besteuerung auszunehmen seien.
Ein internationaler Steuerfall sei zunächst nach inländischem Recht zu beurteilen, wobei zu klären sei, ob steuerbare Einkünfte vorlägen und welcher Einkunftsart sie gegebenenfalls zuzurechnen seien. In der nächsten Phase sei zu prüfen, welchem Staat die Besteuerungsrechte hinsichtlich dieser Einkünfte nach dem DBA zukämen. Ergebe sich, dass nach den Vorschriften des DBA Österreich steuerberechtigt sei, richte sich die weitere Steuererhebung, dh. die Geltendmachung des österreichischen Steueranspruches, wiederum ausschließlich nach innerstaatlichem Recht (Hinweis auf Loukota, SWI 12/1998, 559 ff).
Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern seien weder in Artikel 14 noch in Artikel 15 DBA-Liechtenstein genannt; deren abkommensrechtliche Beurteilung gehe aus dem Abkommen selbst somit nicht unmittelbar hervor.
Der Verwaltungsgerichtshof sei hinsichtlich der abkommensrechtlichen Qualifikation der Bezüge von wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern in seinem zum DBA-Schweiz ergangenen Erkenntnis vom 20. September 2001, 2000/15/0116, - wie bereits in seiner früheren Rechtsprechung (Hinweis auf das Erkenntnis vom 21. Mai 1997, 96/14/0084) - von einem statischen Verweis des Abkommens auf das originär innerstaatliche Recht des Anwenderstaates ausgegangen. Die im Abkommen nicht näher definierten Begriffe "selbständige Tätigkeit" und "unselbständige Arbeit" iSd Art. 14 und 15 DBA-Liechtenstein seien daher nach der innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens zu interpretieren.
Das DBA-Liechtenstein sei am 5. November 1969 unterzeichnet worden und am 7. Dezember 1970 in Kraft getreten. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Liechtenstein sei das Geschäftsführerentgelt eines Gesellschafters ungeachtet der Höhe seiner Beteiligung an der GmbH grundsätzlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit subsumiert worden. Erst mit Erkenntnis des verstärkten Senates vom 9. Dezember 1980, 1666, 2223, 2224/79, habe der Verwaltungsgerichtshof in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung, welche Gesellschafter-Geschäftsführer als Dienstnehmer behandelte, ausgesprochen, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH dann nicht in einem Dienstverhältnis zu dieser Gesellschaft stehe, wenn er die Tätigkeit auf Grund der Höhe seiner Beteiligung am Stammkapital - eine Beteiligung von 50% reiche dafür bereits aus - oder auf Grund einer gesellschaftsvertraglichen Regelung (Sperrminorität) nicht nach den Weisungen eines anderen ausüben müsse. In Reaktion auf dieses Erkenntnis sei mit dem AbgÄG 1981, BGBl. Nr. 620/1981, ua. § 22 Abs. 1 Z 2 EStG 1972 dahingehend geändert worden, dass Gehälter und sonstige Vergütungen, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für eine sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisende Beschäftigung gewährt werden, Einkünfte aus selbständiger Arbeit seien. Die Bestimmung sei am 1. Jänner 1982 in Kraft getreten.
Zählten die Einkünfte eines Gesellschafter-Geschäftsführers im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Liechtenstein nach österreichischem Besteuerungsrecht aber nicht zu den selbständigen, sondern zu den nichtselbständigen Einkünften, komme abkommensrechtlich nicht die Zuteilungsnorm für selbständige Tätigkeit iSd Art. 14 DBA-Liechtenstein, sondern jene für unselbständige Arbeit iSd Art. 15 zur Anwendung.
Das Ergebnis der im Verordnungsweg kundgemachten Verständigungsvereinbarung zwischen Österreich und Liechtenstein stehe somit im Einklang mit der vom Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen vertretenen Auffassung. Wenn auch das Bundesministerium für Finanzen grundsätzlich die Auffassung vertrete, dass nicht auf das innerstaatliche Recht im Zeitpunkt des Abschlusses eines Doppelbesteuerungsabkommens, sondern auf jenes im Zeitpunkt der Anwendung des Abkommens abgestellt werden müsse (Hinweis auf Jirousek, ÖStZ 2001, 723; und Jirousek, SWI 1998, 112), vertrete die Finanzverwaltung bezüglich des Besteuerungsrechts für Gesellschafter-Geschäftsführerbezüge im Verhältnis zu Liechtenstein ebenfalls die Auffassung, aufgrund der besonderen Beziehungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein sei auch schon vor Inkrafttreten der Verordnung nach Art. 15 DBA-Liechtenstein vorzugehen gewesen (Hinweis auf EAS 296 (SWI 1993, 307) und EAS 1671 (SWI 2000, 340), anders allerdings EAS 1426 (SWI 1999, 192)).
Somit könne nach Ansicht der belangten Behörde aus der Inkrafttretensbestimmung der Verordnung nicht abgeleitet werden, dass für vor dem in der Verordnung angeführten Stichtag liegende Zeiträume die Aufteilung von Gesellschafter-Geschäftsführerbezügen nach Art. 14 DBA-Liechtenstein zu erfolgen habe.
Abkommensrechtliche Bestimmungen seien jedoch lediglich für die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Staaten, gegenständlich zwischen Österreich und Liechtenstein maßgeblich. In welcher Weise ein Staat, dem eine Steuerquelle durch ein Doppelbesteuerungsabkommen zugeteilt wird, diese ausschöpfe, richte sich hingegen ausschließlich nach innerstaatlichem Recht. Die abkommensrechtlich zur Anwendung kommende Zuteilungsregel für unselbständige Arbeit iSd Art. 15 DBA-Liechtenstein ändere nichts daran, dass Einkünfte des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers aus seiner sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses aufweisenden Beschäftigung innerstaatlich nach § 22 Z 2 EStG 1988 zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit zählten.
Im weiteren wird im angefochtenen Bescheid im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen die belangte Behörde die Hinzuschätzung auf folgende Beträge verminderte: 55.200,00 S (1996), 57.300,00 S (1997) und 58.800,00 S (1998 bis 2001) bzw. 4.272,00 EUR (2002).
Gegen diesen Bescheid, soweit er Zeiträume vor dem 1. Juli 2001 betrifft (Inkrafttreten der Verordnung BGBl. II Nr. 215/2001), wendet sich die Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über Beschwerde erwogen:
Art. 3, 14, 15 und 23 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 24/1971 (DBA-Liechtenstein), lauten auszugsweise:
"Artikel 3
ALLGEMEINE DEFINITIONEN
(1)
(2) Bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.
...
Artikel 14
SELBSTÄNDIGE ARBEIT
(1) Einkünfte, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt. Verfügt sie über eine solche feste Einrichtung, so dürfen die Einkünfte in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie dieser festen Einrichtung zugerechnet werden können.
(2) Der Ausdruck 'freier Beruf' umfasst insbesondere die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, literarische, künstlerische, erzieherische oder unterrichtende Tätigkeit sowie die selbständige Tätigkeit der Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Architekten und Wirtschaftstreuhänder.
...
Artikel 15
UNSELBSTÄNDIGE ARBEIT
(1) Vorbehaltlich der Artikel 16, 18, 19 und 20 Absatz 2 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn
a) der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält, und
b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und
c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.
(3) Regelmäßig wiederkehrende Bezüge oder Unterstützungen die von den österreichischen Bundesbahnen an liechtensteinische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Liechtenstein haben, mit Rücksicht auf ihre gegenwärtige oder frühere Dienst- oder Arbeitsleistung gewährt werden (Besoldungen, Löhne, Ruhe- oder Versorgungsgenüsse u. dgl.), unterliegen der Besteuerung nur in Liechtenstein.
(4) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit solcher Personen, die in einem Vertragstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger), werden in dem Vertragstaat besteuert, in dem sie ansässig sind. Der Staat des Arbeitsortes ist jedoch berechtigt, von den erwähnten Einkünften eine Steuer von höchstens vier vom Hundert im Abzugsweg an der Quelle zu erheben.
...
Artikel 23
METHODEN ZUR VERMEIDUNG DER DOPPELBESTEUERUNG
(1) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in Liechtenstein besteuert werden, so nimmt Österreich, vorbehaltlich des Absatzes 2, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; Österreich darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.
(2) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach den Artikeln 7, 10, 11, 12, 13 Absatz 2, 15 und 16 in Liechtenstein besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Liechtenstein gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die Einkünfte entfällt, die aus Liechtenstein bezogen werden.
(3) ...
(4) ..."
Gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit Gehälter und sonstige Vergütungen, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital mehr als 25 % beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Einkünfte, die auf Grund des in den Streitjahren bestehenden originär innerstaatlichen Rechts gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 in Österreich als Einkünfte aus selbständiger Arbeit steuerpflichtig sind, unter
Artikel 14 oder unter Artikel 15 DBA-Liechtenstein zu subsumieren sind.
Aus dem Wortlaut des DBA-Liechtenstein selbst ist für die im Beschwerdefall strittige Rechtsfrage, unter welche der beiden Bestimmungen des DBA die Einkünfte des Beschwerdeführers einzureihen sind, kein Hinweis zu gewinnen. Eine eigene Begriffsabgrenzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit und aus nichtselbständiger Arbeit enthält das Abkommen diesbezüglich nicht. Auch eine Auslegung aus dem Zusammenhang des Abkommens selbst scheidet im Beschwerdefall aus.
Für die Anwendung des DBA-Liechtenstein kann in solchen Fällen somit das nationale Recht des anwendenden Vertragstaates herangezogen werden. Dabei ist in Auslegung des jeweiligen Abkommens die Frage zu lösen, ob das Abkommen - in einer Art rechtshistorischer Betrachtungsweise - an die Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens (einschließlich der seinerzeit bestehenden Rechtsprechung) anknüpfen will oder ob das Abkommen vom Verständnis eines sich evolutionär weiterentwickelnden innerstaatlichen Rechts ausgeht und damit - wohl von nicht vorhersehbaren Brüchen in der Rechtsentwicklung abgesehen - vom jeweils im Zeitpunkt der Abkommensanwendung bestehenden innerstaatlichen Recht ausgeht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 30. März 2006, 2002/15/0098, zum Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern, BGBl. Nr. 221/1955, zu Recht erkannt, dass dieses grundsätzlich an die bei Vertragsanwendung bestehende innerstaatliche Rechtslage anknüpft. In diesem Erkenntnis wird auch auf das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, 2000/15/0116, Bezug genommen, in welchem der Gerichtshof im Zusammenhang mit dem DBA-Schweiz 1975, BGBl. Nr. 64/1975, festgestellt hat, dass Begriffe, deren Bedeutung aus dem Abkommen selbst nicht erschlossen werden kann, nach der jeweiligen innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Schweiz zu interpretieren seien, und darauf hingewiesen, dass sich dieses Verständnis des DBA-Schweiz aus der Besonderheit von dessen Art. 3 Abs. 2 ergibt.
Für den Beschwerdefall kommt ebenfalls dem Art. 3 Abs. 2 des DBA-Liechtenstein Bedeutung zu:
Art. 3 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens lautet:
"Bei der Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder im Abkommen nicht definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm im Anwendungszeitraum nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, für die das Abkommen gilt, wobei die Bedeutung nach dem in diesem Staat anzuwendenden Steuerrecht den Vorrang vor einer Bedeutung hat, die der Ausdruck nach anderem Recht dieses Staates hat."
Art. 3 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens stellt somit auf das innerstaatliche Recht "im Anwendungszeitraum" ab. Demgegenüber enthält Art. 3 Abs. 2 des DBA-Liechtenstein - wie auch Art. 3 Abs. 2 des DBA-Schweiz - diesen Verweis auf den Anwendungszeitraum gerade nicht. Solcherart ist auch für das DBA-Liechtenstein festzustellen, dass Begriffe, deren Bedeutung aus dem Abkommen selbst nicht erschlossen werden kann, nach der jeweiligen innerstaatlichen Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Abkommens zu interpretieren sind.
Für den Beschwerdefall ergibt sich sohin, dass für die Einkünfte eines wesentlich beteiligten Gesellschafter- Geschäftsführers trotz geänderter innerstaatlicher Rechtslage - nicht die Zuteilungsnorm für selbständige Tätigkeit iSd Art. 14 DBA-Liechtenstein, sondern jene für unselbständige Arbeit iSd Art. 15 conv. cit. zur Anwendung kommt. Wie der Beschwerdeführer in der Beschwerde zu Recht ausführt, war im Zeitpunkt des Abschlusses des DBA-Liechtenstein das Geschäftsführerentgelt eines Gesellschafters ungeachtet der Höhe seiner Beteiligung an der GmbH grundsätzlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu subsumieren. Bei Einmanngesellschaften, bei denen der Gesellschafter auch Geschäftsführer war, lagen ebenfalls grundsätzlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1963, 1010/61). Die aufgrund des hg Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom 9. Dezember 1980, 1666, 2223, 2224/79, erfolgte Novellierung des § 22 EStG 1972, wonach zu den Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit stets die Gehälter und Vergütungen jeder Art gerechnet werden, die der an der Kapitalgesellschaft zu mehr als 25 % beteiligte Gesellschafter erhält, trat erst mit 1. Jänner 1982 (BGBl. Nr. 620/1981) in Kraft.
Der Beschwerdeführer ist somit nicht dadurch in seinen Rechten verletzt worden, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Zuteilungsregelungen des Art. 15 des DBA-Liechtenstein angewandt hat.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 19. Dezember 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005150158.X00Im RIS seit
26.01.2007Zuletzt aktualisiert am
17.05.2013